Volltext Seite (XML)
Nr. 77. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 2. Juli 1910. Seite 2. Import). Vertrauenswürdigen Interessenten wird auf der Kanzlei der Kammer, Lessingstrsße 2 c während der üblichen Dienststunden nähere Auskunft erteilt. — Bei der Gedenkfeier zur 50jährigen Wiederkehr an das erste deutsche Turn- und Jugendfest und Grün dung dec Deutschen Turnerschaft in Koburg ist dem 84jährigen Vorsitzenden der Deutschen Turnerschaft, Ge heimen SanitätSrat I)r. Ferdinand Götz-Leipzig das Kom- thurkreuz vom Sachsen-Ernestinischen Hausorden verliehen worden. — Unter dem Vorsitz des Geheimen Sanitätsrats vr. Götz-Leipzig wird vom 22. bis 24. Juli in Straß burg eine Sitzung des Ausschusses der Deutschen Turner schaft stattfinden. — (Schülerausflug nach Pulsnitz.) Die „Rade berger Zeitung" schreibt: Mit den Schülern der ersten Klaffe unternahm am 27. Juni nachmittag Herr Ober lehrer Störzner-Arnsdorf eine größere Wanderung. Der Abmarsch von Arnsdork erfolgte nachmittag 1 Uhr. Das Ziel war das idyllisch gelegene Waldhaus droben am Eierberge bei Pulsnitz. Man wanderte über Kleinröhrs- dorf und Leppersdorf. Droben aus dem Eierberge machte man vor Beginn des Waldes Halt und hielt Umschau. Die Luft war so klar, daß das Auge bis hinaus in die Oschatzer und Wurzener Gegend schweifen konnte. Der Kolmberg Sei Oschatz war deutlich sichtbar. Das Erzge birge grüßte mit seinem langgestreckten Kamm herüber. Im Südwesten Hoven sich aus dem dunklen Waldgebiete dieser Gegend die roten Ziegeldächer der Landesanstalt Arnsdorf hervor. — In dem reizend gelegenen Waldhause, wo man eine längere Rast machte, fand man eine freund liche Aufnahme. Entzückend schön ist der Blick vom Waldhause auf Pulsnitz und seine höhenreiche Umgebung. Um 5 Uhr erfolgte der Aufbruch. Der Rückweg führte die Wanderschar über Pulsnitz, Vollung und Großröhrs dorf. In Pulsnitz besichtigte man das PreverS, ein aus der Hussitenzeit stammendes Blockhaus, dm Posern- Gedenkstein, das Grabmal von Ernst Rietschels Eltern, die alte Postsäule, das hystorisch-denkwürdige Rathaus, das Rietschel-Denkmal, die Stadtkirche, das alte Schloß, den Schloßteich mit seiner schönen Umgebung. Von Groß röhrsdorf aus führte der Weg die Wanderschar durch die Maffeney und über den Tannenberg. Kurz nach 9 Uhr abends kamen alle wohlbehalten daheim wieder an. Die Kinder hatten einen sechsstündigen Weg zurückgelegt, ohne ihnen große Ermüdung anzumerken. Sie haben auf die ser Wanderung wiederum ein schönes und geschichtlich interessantes Gebiet ihrer Heimat aus eigener Anschauung kennen gelernt und sind reich an neuen Eindrücken heim gekehrt. Sie kamen von neuem zu der Ueberzeugung: „Wie schön ist doch unsre Heimat!" — Die Jagd auf den Rehbock beginnt bei uns in Sachsen am 1. Juli. Der gestrige Freitag war daher für den Jäger ein großer Tag allererster Ordnung, und wer je mit der Büchse unter dem Arm hinausgewandert ist in den abendlichen Wald, der wird den Zauber be greifen, den das Ende der „jagdlosen Zeit" aus den Waid mann ausübt. — (Beginn der Getreideernte.) Auch die Ge treideernte fällt in diesem Jahre zeitiger, als das sonst der Fall gewesen. Bereits am vergangenen Mittwoch ist in der Großenhainer Gegend mit der Kornernte be gonnen worden. Die Hauptsache bei der Ernte bleibt, daß der Himmel auch richtiges Erntewetter bescheren möge, damit die Früchte des Feldes wohl geborgen wer den können. Wie eS in dieser Woche auSsah, scheint dies aber für die allernächste Zeit nicht der Fall zu sein. Die Temperatur hat sich merklich abgekühlt und seit dem „Siebenschläfer" hat es bis gestern jeden Tag geregnet. Dabei herrscht ein außergewöhnlich starker Wind, welcher den Obstbäumen schweren Schaden zufügen dürfte. Die Naturstimmung mutet zeitweise geradezu herbstlich an, und dabei stehen wir erst an Sommers-Beginn. Kamenz, 30. Juni. Gestern wurde im hiesigen Rats- keller ein Zivilanwärterverein für Kamenz und Umgegend (amtshauptmannschaftlicher Bezirk) gegründet, welcher im Anschlusse an den sächsischen Landesverband und an den Reichsverband einen Mittelpunkt für nicht- zivilversorgungSberechtigte Beamte und Anwärter der mittleren Laufbahn im Reichs-, Staats- und Gemeindc- dienste bilden und deren spezielle Interessen insbesondere den Bestrebungen des Bundes Deutscher Militäranwärter gegenüber vertreten will. Zum Vorsitzenden wurde Herr AmtShauptmannschaftS-ExpedientSeifert(BautzenerStr.82) gewählt, der weitere Auskunft erteilt und Anmeldungen Beitrittsfähiger gern entgegennimmt. Kamenz. Am bevorstehenden Sonntag und folgende Tage, bis mit Donnerstag, wird hier das Schützenfest, das sog. Königschießen, abgehalten. ES dürste diesmal mehr als früher das Ziel auch zahlreicher auswärtiger Besucher sein, wird es doch durch bedeutende Vergrößerung, u. a. durch Abbrennen eines Riesenfeuerwerks am Mon tag abend, genußreiche Stunden bieten und darf daher ein Abstecher nach Kamenz, der Lessingstadt, die auch in dem idyllischen Hutberg eine seltene Naturschönheit besitzt, empfohlen werden. In den nächsten Jahren soll das Schützenfest noch weiter ausgebaut werden, sodaß es immer mehr Geltung als Volksfest erlangt. Kamenz, 1. Juli. Se. Maj. dec König haben Aller- gnädigst geruht, Herrn vr. meci. Heyn die Stelle des Be- zirksarztes für den amtShauptmannfchastlichen Bezirk Ka menz zu übertragen. Kamenz. Herr Bezirksschulinspektor Schulrat Fink in Dresden, welcher während seiner früheren Amtierung als Schulinspektor in Kamenz sich allseitiger Wertschätz ung erfreute, und daher hier noch in bester Erinnerung steht, wird am 1. Oktober d. I. in den Ruhestand treten. Radeberg. (Nachtfröste.) Die Temperatur ist in den letzten Nächten so tief gesunken, daß in der hiesigen Umgegend ein großer Teil der Feld- und Gartensrüchte durch den Frost gelitten hat. 8. Dresden, 2. Juli. (50 jähriges Jubiläum der Genossenschaft des Johanniter-OrdenS im Königreich Sachsen.) Am morgigen Sonntag begeht in Anwesenheit des Herrenmeisters des Johanniter-Ordens, des Prinzen Eitel Friedrich von Preußen, die Genossen- schäft des Johanniter-OrdenS im Königreich Sachsen das 50jährige Jubiläum ihres Bestehens. Die Jubilarin hatte am 31,. Mai 1880 in Riesa ein eigenes Kranken haus mit 16 Betten eröffnet; zwölf Jahre hat es dort zum Segen der Bevölkerung bestanden. Als man an eine wesentliche Erweiterung denken mußte, verlegte man das Krankenhaus in die Ortschaft Dohna-Heidenau an der Elbe. Am 28. Juni 1902 wurde das neue Krankenhaus dort geweiht. Die Anzahl der Kranken sowie der Ver pflegtage ist seit 1902 fast ständig gewachsen (Kranke 1902 : 192, 1909 : 827; Verpflegtage 1902 : 6813, 1909 : 24585), ebenso die Anzahl der Freibetten (1902 : 16, 1909 : 82). Am Krankenhause sind zurzeit drei Aerzte, fünf Schwestern und neun Beamte ständig tätig. Unter den 54 Krankenhäusern des Ordens nimmt das der säch sischen Genossenschaft gehörige nach der Aufstellung des Johanniter-OrdensblatteS die fünfte Stelle ein. 8. Dresden, 1. Juli. (Aus dem Leben der „Bren nenden Blume". — Protest des Indianers Ojijatheka Bant-Sero gegen die Jndianerliteratur.) Der augenblick lich in Dresden lebende Indianer Ojijatheka Brant-Sero vom Stamme der Mohawkindianer hat einen Protest gegen den Dresdner Schriftsteller Karl May erlassen und dessen soeben erschienenes Jndianerbuch „Winnetou" als einen „dämlichen Witz" bezeichnet. Es wird daher inte ressieren, zu erfahren, wer eigentlich dieser protestierende Indianer ist. Ojijatheka Brant-Sero, zu deutsch „die brennende Blume", ist allerdings ein echter, wirklicher Indianer und fühlt sich als „Vollblut-Mohowk-Jndianer" von Karl May und allen Jndianergeschichten tödlich beleidigt. Abgesehen davon, daß „die brennende Blume" so naiv ist, in einem Jndianerroman geschichtlich Wahr heit zu erwarten, muß man ihm das Recht zugestehen, wenn er gegen unsere Jugend verderbende Schundliteratur den Tomahawk schwingt. ES ist aber die Frage: Hat gerade Herr Ojijatheka Brant-Sero, „die brennende Blume", der übrigens eine Indianer-Hochschule besucht hat, ein Recht darauf, sich als in seinem Nationalgefühl aufs tiefste verletzt hinzustellen? Die „brennende Blume" kam voriges Jahr mit einer Indianer- und Cowboytruppe, die im Zoologischen Garten Vorstellungen gab, nach Dresden. Dort führte Herr Ojijatheka Brant-Sero außer Reitkünsten rc. genau dieselben Szenen auf, besonders den Sturm auf das brennende Bauernhaus, über dessen Dar stellung auf den Titelbildern der Jndianergeschichten er sich jetzt entrüstet. Und dann trat die „brennende Blume" im Zirkus Angelo auf, ebenfalls mit Kriegsmalerei, Tomahawk, Büchse, kurz als „blutdürstender Indianer". Dort fand bald daraus die famose Verlobung der Zirkus besitzerin Uaäame 8olanß;e ck'^telaicke mit Herrn Ojijatheka Brant-Sero öffentlich im Zirkus statt! Und da wundert sich Herr Ojijatheka, daß die Schundromanheftchen solche Schauerbilder bringen, wenn er selbst sie im Zirkus und im Zoologischen Garten dargestellt! Wenn er selbst als mit Hochschulbildung versehener Indianer sich dazu her gibt, den „Bleichgesichtern" so etwas vorzumachen?! Früher fraßen die „unechten" Wilden auf den markten und Vogelwiesen rohe Tauben, jetzt zeigen ore „eckten" Indianer, seit Buffallo-Bill es eingeführt, Schauer szenen. Da dürfen sie sich denn doch nicht entrüsten darüber, daß sie in der Schundliteratur auch noch so „blutdürstend" dargestellt werden! Und wenn man, wie Herr Ojijatheka Brant-Sero, die „brennende Blume", als hochgebildeter Indianer selber bei solchem Klimbim mit gewirkt hat, schrecklich bemalt, im Federschmuck, heulend und einen Jndianertanz aufführend, dann'hat man jedes Recht verloren, „namens der Nation" großartig öffentlich zu protestieren. Vielleicht zieht sich Herr „brennende Blume" nun in seine Jagdgründe, will heißen Reserva tion, zurück — seine Rolle dürfte nach dieser Enthüllung in Dresden wohl ausgespielt sein! 8. Dresden, 1. Juli. (Der König und die — Schweinema gv von Barnitz.) Gelegentlich des vor letzten Königsbesuches spielte sich eine heitere Episode ab. Der WirtschaftSvoigt Gerber vom Rittergut Barnitz und der Voigt vom Erbgericht Krögis waren mit ihren Ar beitern erschienen, um dem König zu huldigen. Nie beiden Voigte meldeten sich beim Landesherrn und gleich zeitig trat aus der Reihe der Arbeiter eine alte lang jährige Arbeiterin an den König heran mit den Worten: „Und ich bin die Schweinemagd von Barnitz, allgütigster Herr!" Der König reichte der treuen Arbeiterin die Hand und war sichtlich vergnügt über deren resolutes Auftreten. Langebrück. Ein tragisches Geschick hat hier ein blühendes Menschenleben vernichtet. Die junge Gattin des hiesigen Ortspfarrers Herrn Täschner wurde vor eini gen Tagen von einer giftigen Fliege in den Finger ge stochen. Da die Hand schnell anschwoll, wurde Hilfe in einer Dresdner Klinik gesucht, wo ihr zwei Finger abge nommen wurden. Doch war die Infizierung allzu schnell vorgeschritten und eine Rettung der jungen Frau nicht mehr möglich. Nachdem sie in der Klinik am Sonntag noch einem gesunden Töchterchen das Leben geschenkt, ist sie am Donnerstag der Blutvergiftung erlegen. Der ganze Ort nimmt innigen Anteil an diesem herben Geschick, das über unser Pfarrhaus gekommen ist. — (HerrLanghammer.) Der Abgeordnete Lang. Hammer besitzt eine beneidenswerte Gemütsruhe. Auf die Entschließungen seiner Parteifreunde, in denen sein Verhalten in der Tiag-Angelegenheit getadelt wird, antwor tete er jetzt einfach mit der Aufrechterhaltung seiner frü heren Behauptungen, nach denen er ganz korrekt gehan. delt habe. Zum Schluffe seiner Erklärung aber sagt er, daß ihm für das Verhalten feiner Chemnitzer Freunde ein parlamentarischer Ausdruck fehle. Der Beschluß sei übrigens nur dadurch zustande gekommen, daß mehrere Herren aus dem Vorstande und Ausschüsse ausgetreten und durch seine Gegner ersetzt worden seien. So leicht werden also die Liberalen Herrn Langhammer immer noch nicht los werden! — Von einer Idylle aus der Vogelwelt wird aus Großporitzsch in der Lausitz berichtet. Im Hause eines dortigen Schlossermeisters quartierte sich zu Pfingsten ein Schwalbenpaar in die Schlafstube einer im ersten Stock gelegenen Wohnung ein. Während die beiden Schwalben den ersten Tag nur aus- und einflogen,^blie ben sie die nächsten Tage und Nächte in der Stube. Schließlich machten sie sich sogar ans Nestbauen, wozu sie den Platz auf der Gardinenstange wählten. Gegen wärtig kann man sehen, wie die zutraulichen Tiere ihre fünf Jungen füttern. Nebenbei sei nur bemerkt, daß die Schlafstube von 6 Personen bewohnt wird. Bad Elster. Wie seltsam zuweilen das Schicksal spielt, zeigt wieder ein Vorkommnis, das in Bad Elster viel be sprochen wird. Vor fast zwei Dezennien starb in diesem Badeorte am Herzschlage plötzlich die Gattin eines in Brasilien wohnhaften Großkaufmunns namens Molitor. Der tiefbetrübte Gatte übergab die sterblichen Ueberreste seiner geliebten Lebensgefährtin auf dem dortigen Fried- Hofe dem Schoße der Erde und scheute die weite Reise nicht, alljährlich um die Frühjahrs- und Sommerwende die letzte Ruhestätte der teuren Toten aufzusuchen. Auch Heuer war er eingetroffen, die Grabstätte zu schmücken und einige Wochen im Bade zu verleben, mit dem ihm so wehmütige Erinnerungen verknüpfen. Im Laufe der Jahre hatte er eine ganze Reihe von lieben Freunden ge funden, mit denen er am vergangenen Freitag das Cafe im Palasthotel „Wettiner Hof" besuchte. Wohlgelaunt trennte er sich von seinen Bekannten, bestellte noch für den nächsten Abend einen Tisch und verließ das Lokal. We nige Minuten später erlitt er auf dem Heimwege einen Herzschlag und sank entseelt zu Boden. Der alsbald her- beigeholts Arzt konnte nur den Tod des Mannes feststel len, dessen Beisetzung nun am Montag an der Seite der geliebten Frau, der er so lange über das Grab hinaus die Treue gehalten, erfolgte. riagssgssüdicvts. Deutsches Reich. Die Kieler Woche. Am gestrigen Freitag fand das sportliche Programm der Kieler Woche mit der Seewertfahrt des Kaiserlichen Jacht-KlubS und des Norddeutschen Regatta-Vereines von Kiel nach Tra vemünde seinen Abschluß. Auch einige kleine Wettfahr ten von Motorbooten fanden statt. Der Kaiser folgte einer Einladung des Fürsten oon Monaco zur Tafel aus dessen Jacht „Alice". An der Tafel nahm auch Prinz Heinrich, des Kaisers Bruder, teil. Der Kaiser besichtigte später den neuen Panzerkreuzer „Non der Tann" und nahm sodann militärische Meldungen entgegen. — Auf ein von der 64. Jahresversammlung deS brandenburgischen Hauptvereins der Gustav Adolf-Stiftung an den Kaiser gerichtetes Huldigungstelegramm ist fol gende Antwort eingegangen: „Se. Majestät der Kaiser und König haben den freundlichen Gruß der 64. Jahresversammlung des bran denburgischen Hauptvereins der Gustav Adolf-Stiftung huldvollst entgegengenommen und lassen allen Teilnehmern für die Kundgebung bestens danken. Se. Majestät wün schen den Bestrebungen der Gustav Adolf-Vereine, die Segnungen der Reformation durch treues Festhalten an dem evangelischen Bekenntnis und unermüdliche LtebeS- arbeit zu betätigen, auch ferner Gottes Schutz und Gnade. Geh. KabinettSrat v. Valentini." Der in den kaiserlichen Worten liegende stillschwei gende Protest gegen die Borromäus-Enzyklika ist unver kennbar für jeden, der zwischcn den Zeilen zu lesen versteht. — Die Kaiserin trifft am Montag in Kiel ein und begibt sich abends mit dem Kaiser an Bord der „Hohen- zollern" nach Swinemünde. Von dort tritt (der Kaiser die Nordlandreise an. Die Rückkehr erfolgt am 4. August. — Der Reichskanzler hat in Kiel vom Kaiser die erneute Versicherung seines unbedingten Vertrauens zu der inneren und äußeren Politik erhalten. — Der neue Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Kiderlen tritt seine Tätigkeit in Berlin am 1. Au gust an. — Der neue Finanzminister Lentze ist gestern früh in Kiel eingetroffen und hat sich sofort an Bord der „Hohenzollern" zur Audienz beim Kaiser begeben; er wird voraussichtlich im Laufe des heutigen Tages nach Berlin fahren. Der frühere Staatssekretär Dernburg ist Mittwoch Abend aus Kiel nach Berlin zurückgereist. — Preußens Sieg in der leidigen Schiffahrtsabgaben-Frage ist jetzt, wie schon mitgeteilt, durch die Schlußabstimmung im Bundesrat endgültig bestätigt worden. 2m Februar hatte das Abstimmungsresultat gezeigt, daß die zur Ablehnung des preu ßischen Antrages notwendige Stimmenzahl nicht aufzubringen war; statt der verfassungsgemäß erforderlichen 14 Stimmen votierten nur 12 Stimmen — die von Sachsen, Baden, Hessen und zwei Mitteldeutschen Kleinstaaten — mit Nein. Seitdem hat Preußen alles daran gesetzt, um den drei großen Bundesstaaten, die sich durch die Belastung ihrer Stromstratzen mit Recht in ihrer wirt schaftlichen Blüte bedroht sahen, ihren Widerspruch, der ja doch nichts mehr ausrichten konnte, durch verschiedene Zugeständnisse abzukaufen: Preußen nahm in Einzelheiten Aenderungen des ur sprünglichen Entwurfs, die diesen Bundesstaaten entgegenkamen, unter der Bedingung vor, daß diese Staaten dann bei der Schluß abstimmung für das ganze Gesetz stimmen müßten. Dieser Handel ist dem führenden Bundesstaat geglückt; die Annahme des umge- stalteten Entwurfs ist am Mittwoch im Bundesrat „einstimmig" erfolgt. Berlin. In der Frage der Schiffahrtsabgaben aus deutschen Flüssen wird amtlich mit einem Umfall Oester- reich-UngarnS bestimmt gerechnet, genau wie es seitens