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Nr. 2. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 8. Januar 1910. Seite 7. gleitung des Professors Seyffert von der chemischen Fabrik von Heyden und eines Danziger Herrn namens Walther unternehmen. Professor Poeschel, der auch die nordischen Gegenden wiederholt im Luftschiff bereist hat, zog es jedoch wegen der ungünstigen Wetterlage vor, noch einige Tage mit dem Aufstieg zu warten. So er folgte die Abreise erst am 2. Januar. Wie uns vom Sächsischen Verein für Luftschiffahrt mitgeteilt wird, hatte der Ballon „Heyden I" eine schnelle Fahrt. Im Korbe befanden sich als Führer Professor Poeschel, als Mit fahrende Professor Seyffert-Weißig und Walther-Danzig. Als die Luftschiffer mit einer Geschwindigkeit von 80 Kilometer die Stunde Krotoschin überflogen hatten, be schlossen sie, zur Landung überzugehen, um nicht nach Rußland getrieben zu werden. AIS die Landung schon eingeleitet worden war, erkannten die Insassen, daß sie gerade auf einen in der Dunkelheit schwer zu erkennen den großen Teich zusteuerten. Die Landung wurde noch mehr beschleunigt. Bei dem heftigen Ausstoß haben die Herren, wie der Sächsische Luftschifferverein mitteilt, ge ringfügige Verletzungen der Knöchel davongetragen, jedoch keineswegs ernste Kontusionen erlitten. — Dis Direktion der chemischen Fabrik von Heyden, die Eigentümerin des Ballons „Heyden I" teilt im Gegensatz zu der Auskunft des Sächsischen Vereins für Luftschiffahrt mit, daß die Insassen Knöchelbrüche erlitten haben, fodaß sie, abge sehen von Professor Seyffert, bis jetzt das Krankenhaus bezw. das Hotel in Krotoschin noch nicht verlassen konnten. Der Ballon selbst ist völlig unbeschädigt und ist bereits wieder in Weißig eingetroffen. Nur die Instrumente haben einigen Schaden erlitten. Immerhin liegt ein ernsterer Unfall vor. Teiche bilden für Nachtlandungen immer eine große Gefahr. Rektor Poeschel aber fürchtete, über die russische Grenze getrieben zu werden, da er sich der Unannehmlichkeiten seiner unfreiwilligen Landung in Frankreich zu Pfingsten v. I. erinnert haben wird. Wahrscheinlich hat er die Reißleins in noch beträchtlicher Höhe über dem Erdboden gezogen, sodaß der Ballon herniedersauste und der übliche Klimmzug am Korbring die Insassen nicht vor dem allzuheftigen Anprall schützen konnte. Es ist ein eigentümliches Mißgeschick, daß die beiden Ballons „Luna" und „Heyden I", von dene der eine vom Rektor, der andere von seinem früheren Schüler gesteuert wurde, an der Jahreswende betroffen hat. Rann der EelWsMjWl bet niedrigem Gebot den Zuschlag oemeigern? (Nachdruck auch im Auszug verboten.) . -—- j. K. Es ist eine nichts» leugnende Tatsache, daß bei gerichtlichen Versteigerungen Pfandstücke oft geradezu zu einem Schleuderpreis weggehen. Nicht nur der Schuld ner, sondern auch die Gläubiger werden dadurch arg ge- schädigt. Jener setzt sich der Gefahr aus, wegen der Rest schuld, die durch Versteigerung der Pfandstücke nicht ge deckt ist, nochmals gepfändet zu werden und der Gläubiger verliert zum Teil seine Forderung, wenn der Schuldner nichts pfändbares mehr besitzt. Gewiß sind zum großen Teil die Händlerringe daran schuld. Andererseits muß der Gerichtsvollzieher zu jedem Preis Zuschlägen. Das ist der hauptsächlichste Uebelstand. Tatsächlich verneint auch das Reichsgericht ein Recht des Gerichtsvollziehers, den Zuschlag zu verweigern. Allerdings soll er nach 8 820 des B. G.-B. Gold- oder Silbersachen nicht unter ihrem Gold- oder Silberwert zuschlagen. Allein, gerade aus dieser Ausnahmebestimmung folgt, daß er sonst den Zu schlag bei niedrigem Gebot nicht v.rsagen darf. Den selben Standpunkt nehmen die Geschäftsanweisungen der Gerichtsvollzieher ein; sie enthalten nirgends eine Vor schrift, daß die Verweigerung des Zuschlags zugelassen sei und daß zunächst die Weisung des Gläubigers einzu holen und das Verfahren einstweilen sinzustellen sei. Aus allen diesen Gründen wurde auch die Klage gegen einen Gerichtsvollzieher abgewiesen, der in Abwesenheit des Gläubigers ein Pfandstück um einen Spottpreis verstei gert und zugeschlagen hatte. Er hatte seine Geschäfts anweisung befolgt und von einer Fahrlässigkeit konnte keine Rede sein. Dennoch erscheint die Begründung der Klage beachtenswert. Der Gesetzgeber kann unmöglich gewollt haben, daß der Zweck der Pfändung, den Gläu biger zu befriedigen und den Schuldner von der Schuld zu befreien, so gründlich vereitelt wird. Eines neuen Gesetzes bedarf es auch nicht; es ist aber überaus er wünscht, daß die Justizverwaltungen die Geschäftsanwei sungen ändern und daß sie den Gerichtsvollziehern das Recht einräumen, wenigstens dann den Zuschlag zu ver sagen und eine neue Versteigerung anzuberaumen, wenn das Meistgebot in einem auffälligen Mißverhältnis zum Schätzungswert steht, der ohnedies meist gering genug angenommen wird. (Urteil des ReichS-GerichtS vom 22. Oktober 1909.) Osr Sstreldsmarkt. Wochenbericht vom 4. bis 7. Januar 1910. Die Zufuhren in Roggen bleiben infolge der das Dreschen verhindernden Witterung schwach, auch hatten die Landwirte mit Verkauf zurück, wohl weil sie wissen, daß ausländischer Roggen bedeutend teurer im Preise ist und auch sonst der Verkauf bei Land wirten nicht so drängt wie in früheren Jahren, wo die Getreide preise unter den Herstellungskosten entstanden. Eine gleiche Zurück haltung im Kaufen herrscht bei den Mehlabnehmern, sodaß die Lage jetzt als außerordentlich verwickelt zu bezeichnen ist. Gegen Ende der Woche kamen anregende Nachrichten des Auslandes, die in den führenden Börsen Deutschlands ziemliche Erhöhung der Preise für spätere Sichten bewirkten. Es ist natürlich schwer zu sagen, wie sich der weitere Verlauf dieser Bewegung gestalten wird. Noch mehr konnten sich die Preise für Hafer und Weizen bessern, während der Artikel Braugerste noch außerordentlich ge schäftslos und darniederliegt, sodaß die vorhandenen größeren Vor räte momentan kaum zu verkaufen sind. Stroh kann bei jetziger Witterung auch nicht verladen werden, ohne daß die Käufer dieses Artikels in Nachteil geraten. Die Düngemittelpreise sind so billig, daß allseitig nur empfohlen werden kann, hierin Abschlüsse für die nächsten Jahre zu machen. Dresdner Hrodukten-Vörse, 7. Januar 1910. Wetter: Trübe. Stimmung: Fester. Um 2 Uhr wurde amtlich notiert: Weizen, weißer, — — — M, brauner, neuer, 74—78 Kilo, 217—228 M, do. feuchter M, russischer rot 241—283 M, do. russisch, weiß M, Kansas 243—264 M, Argentinier M, Amerikanischer, weiß 246—264 M. Roggen, sächsischer 70-73 Kilo 161-167 M, russ. 185-188 M., Gerste, sächsische, 167—172 M, schlesische 169-184 M, Posener 164-179 M, böhmische 184-199 M, Futtergerste 134-140 M. Haser, sächsischer 164—170 M, beregneter 146—188 M. schlesischer 164—170 M., russischer 166—163 M. Mais Cinguantine M, alter 181—188 M, Laplata, gelb, 159—162 M, amerikan. Mircd-Mais Rnndmais, gelb, 188—162 M, do. neu, feucht M. Erbsen, 186—200 M, Wicken, sächs. 175—190 M. Buchweizen, inländischer 200—205 M, do. fremder 200—205 M. Oelsaaten, Winterraps, feucht —, trocken M. Leinsaat, feine 320,00—330,00 M, mittl. 305,00—320,00 M. Laplata 315,00—320,00 M. Bombay M. Vie MeljWemilW in Portugal. Ein furchtbares Unwetter hat in den letzten Tagen des verflossenen Dezembers die schönsten und reichsten Pro vinzen Portugals verheert. Die Flüsse des Landes schwol len an und zerstörten weithin alles Werk der Menschen. Besonders der wichtigste Ha sen Portugals, Oporto, erlitt durch die Hochflut des Douro großen Schaden. Die Hafen anlagen wurden überschwemmt, die verankerten Schiff: wurden von der Strömung fortgeris sen und scheiterten auf den Sandbänken an der Flußmün dung, die Straßen der niedrig gelegenen Viertel der Stadt wurden in venezianische Ka näle verwandelt. Ueberall un terbrach die Flut die Eisen bahnverbindungen, vernichtete die Saaten und richtete schwere Verheerungen aller Art an. Das schwergeprüfte kleine Land wird sich lange nicht von die sem Unheil erholen. Vsrmlscdtes. * Vom Sultan zum Tischler. Ex-Sultan Abdul Hamid hat sich jetzt in dec von 170 Mann ständig be wachten Villa Allatini in Sa loniki eine Tischler-Werkstatt eingerichtet, wo er bei Hobel und Säge die wetterwendische Laune seines Geschickes zu ver gessen sucht. Rüböl, raffiniertes 60,00 M. Rapskuchen (Dresdner Marken) lange 13,50 M, runde M. Leinkuchen (Dresdner Marken) l 19,50 M, II 19,00 M. Malz 30,00—32,00 M. Weizenmehle (Dresdner Marken): Kaiserauszug 37,50—38,00 M, Grießlerauszug 36,50—37,00 M, Semmelmehl 35,50—36,00 M, Bäckermundmehl 34,00—34,50 M, Grießlermundmehl 26,50 bis 27,00 M, Pohlmehl 19,00—20,00 M. Roggenmehle (Dresdner Marken) Nr. 0 25,50—26,00 M, Nr. 0/1 24,50—25,00 M, Nr. 1 23,50-24,00 M, Nr. 2 21,00—22,00 M, Nr. 3 17,50^18,00 M, Futtermehl 14,80—15,00 M, erst. der städtischen Abgabe. weizenkleie (Dresd. Mark.): grobe 12,00-12,20, feine 11,40—11,60. Roggenklsie (Dresdner Marken): 12,80—13,00 M. vutterpreise auf dem bissigen wockenmarkte. Sonnabend, den 8. Januar 1910. 4 Stück Mark 2.40. Marktpreise zu Kamenz am 5. Januar 1910. j niedrigst. Preis. Preis. 50 Kilo M. Pf. M. Pf. M. Pf. Korn 7 80 7 50 Heu 50 Kilo Mi? 5 50 Weizen 10 75 10 55 4 — Gerste 8 — 7 50 Klv^120v( Schütt- OtrohPfd (Waschin. 35 —— Hafer 8 — 7 50 30 — Heidekorn 10 50 10 — Butter Ko ^uuer 2 50 Hirse 17 — 16 — 2 20 Kartoffeln 2 60 — — Eier — 10 Erbsen 50 Kilo 15 — Marktpreise kür Schweins unv Isrksl in Kamenz am 5. Januar 1910. Läuferschweine: pro Paar: Ferkel: höchster Preis 110 Mk., höchster Preis 46 Mark, mittler „ 90 Mk., mittler „ 36 „ niedrigster „ 85 Mk., niedrigster „ 28 „ Zum Verkauf waren gestellt: 39 Läufer und 115 Ferkel. Für ausgesuchte feine Ware wurden Preise über Notiz gezahlt. Uebersicht über die an den hauptmarktorten Deutsch lands in der letzten Woche gezahlten Lettviehpreise Die Preise sind in Mark für 50 KZ: Schlachtgewicht bezw. Lebendgewicht (1 bedeutet Lebendgewicht) angegeben. Die erste Zahl bedeutet den niedrigsten, die zweite den höchsten für die betr. Viehgattung gezahlten Preis. (Unberechtigter Nachdruck verboten.) ->.... Hammel, Rindvieh Schafen. die am 5. Januar abgehaltenen Märkte. Großvieh Kälber Lämmer Schweine Aachen.... 46—74 60—112 62-74 70—73 Barmen . . . 50—65 80—90 65—74 68—73 Berlin .... 46—81 65—131 52—82 67—75 Bremen . . . 50—75 60—105 60—80 65-75 Breslau . . . 47—76 48—87 49-81 63—77 Bromberg. . . 21—361 30-42 l 23—331 46—501 Chemnitz . . . 45—80 45-60 l 24—351 68—81 Dortmund . . 52—77 46-58 l 70—75 65—73 Dresden . . . 46—84 71—86 66-86 68—77 Elberfeld . . . 52—80 72—95 50—65 64—74 Essen .... 55-82 38—75 50—78 65—75 Frankfurt a. M. 34-85 70—90 65—74 73—76 Hamburg . . . 50—73 100—142 59—78 58—71V» Hannover. . . 62—77 65—100 62—78 66—75 Husum .... 69—74 — — 45—501 Kiel 45—70 50-88 65—70 38—561 Köln a. Rh. . . 54—83 68—115 60—76 64—75 Leipzig.... 45—83 38—60l 26-411 65—75 Magdeburg . 28—42l 28—601 30—401 66—74 Mainz .... 70-78 76-82 70—78 Mannheim . . 48—84 75-90 60-70 74—75 Nürnberg . . . 56—85 52—69 40—60 73—76 Stettin.... 50—80 — 64—70 Zwickau . . . 45—78 45—591 27—361 66—79 Aufgestellt am 6. Januar 1910. Mitberücksichtigt sind noch Wettervorhersage der ^öuiglich Sächsischen Kandeswetterwarte;n Dresden. Sonntag, den 10. Januar: Magdeburger Wettervorhersage. Ziemlich trübe, etwas milder, stellenweise etwas Niederschläge. kiredUcks Nackricdtsn. Pulsnitz. Sonntag, den 9. Januar, I. nach der Erscheinung: V-9 Uhr Beichte I Pastor Resch 9 „ Predigt (Röm. 12, 1-6) j 5 „ Predigt (1. Mos. 28, 10—17). Pfarrer Schulze. 8 „ Jungfrauenverein. AmtSwoche: Hilssgcistl. Prehn. Gaben für die Epiphanien-Kollekte (äußere Mission) werden noch erbeten. Dienstag, den 11. Januar, abends 8 Uhr Bibelstunde im Konfirmandenzimmer (Joh. 13, 36—14 4). Pfarrer Schulze. Llcktonbsrg. Sonntag, den 9. Januar, I. Epiphaniensonntag: 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt ObsrNcdionau. Sonntag, den 9 Januar, 1. nach Epiphanias: 9 Uhr Predigt über Römer 12, 1—S. Vt2 „ Konfirmandenunterredung. Mittwoch, den 12. Januar: Abends 8 Uhr Vebel- stunde im Pfarrhause. Getauft am 2. Januar: Hulda Frieda, T. des Zimmer manns Friedrich Paul Jungnickel in Oberlichtenau. — Am 6. Jan.: Herbert Erwin, S. des Dachdeckers Erwin Gustav Gräfe in Ober lichtenau. Srotznaunvork. Sonntag, den 9. Januar, 1. nach Epiphan.: 9 Uhr Predigtgottesdienst. Text: Röm. 12, 1—8. Getauft: Hilda Martha, T. des Hausbesitzers und Zim mermanns I. E. Börner, hier.