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Pulsnitzer Wochenblatt lelegr.-^Lr.: Wochenblatt Pulsnitz 5lmts des k^önigl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem larik. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Inserats für denselben lag sind bis vormittags Ivtlhr aufzugeben. Oie künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum l 2 Pf., Lokalprcis 10 Pf. Beklame 25 Pf. Sei Wiederholungen Nabatt. §ernsprecher: Nr. 18. DSZirKS-AnZSigSr und Zeitung Vlatt Erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. Mit „Illustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft licher Beilage" und „§ür Baus und Berd". Nbonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Baus, durch die Post bezogen Mk. l.41. Nulcrnit? umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Orotzröhrsdorf, Bretnig, Bauswalde, Ohorn, Oberstsina, Diedsr- »zlUtSUlUtt I Ul OlM LlllllSgl-l lU^lSUl^Zll I> PUiSItlg, steina,Weitzbach,Obsr-u.Diederlichtsnau,§risdsrsdork-Ihiemendork,Mittelbach,Srotznaundorf,Lichtenberg,Mein-Vittmannsdork. Druck und Verlag von C. L. Sörstsr's Erven (Inh.: I. W. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Nedakteur: I. VV. Mohr in Pulsnitz. Yr. 62 Sonnaöend, dm 28. Mai 1910. 62. Jahrgang. Wegen Aufbringung von Mafsenschutt bleibt die ObornOdersteinasr äkkentlicds Slratzs im Gutsbesirk Vhorn vom 30. Mai an während der Bauzeit für den Fuhrwerksoerkehr gö^pkrrl Vas Sutsvorftsdsramt. HHWMMll m Sberßeim. Die zum SchulhauSneubaue in Obersteina erforderlichen gesamten Arbeiten sollen ganz oder geteilt durch öffentliche Ausschreibung vergeben werden. Kostenanschläge hierzu werden, soweit der Vorrat reicht, im Büro des bauleitenden Herrn Architekt Oeorg Vädr in OresVvN-N.» Klarastraße 6, vormittags -wischen s—12 Uhr und außer Sonnabends, nachmittags zwischen 2 bis 5 Uhr an Bewerber abgegeben; daselbst liegen auch die Baupläne und die allgemeinen Bedingungen «US. Die ausgeführten Kostenanschläge sind unterschrieben, versiegelt und mit entsprechender Aufschrift versehen, binnen 8 Tagen nach beendeter Aussperrung gleichfalls dort einzureichen. Der Schulvorstand behält sich die Auswahl unter den Bewerbern, sowie die Ablehnung sämtlicher Angebote ausdrücklich vor. Obersteina, den 29. Mai 1910. VSk 6Ä)UlVvrstanO. Lmil Schäfer, Vorsitzender. Das Wichtigste. Die Einigungsverhandlungen im Baugewerbe, die im Reichsamt des Innern gestern begannen, konnten noch nicht zu Ende geführt werden. In Kiel haben die ausgesperrten Bauarbeiter eine eigene Baumaterialienhandlung eröffnet. In Möckern bei Leipzig versuchte gestern der 16jäh- rige Drogistcnlehrling Köhler die 51jährige Wirt schafterin Dathe zu ermorden und zu berauben. Als fein Plan scheiterte beging er einen Selbst mordversuch. Der plötzlich aus dem Leben geschiedene Notar Ju stizrat Hubert in Oppenheim a. Rhein hat Un terschlagungen von über 100000 Mark begangen. Nachdem das preußische Abgeordnetenhaus sämtliche Abänderungsanträge zu tz 6 der Wahlrechtsvor lage (Drittelungsbezirke) und sodann gegen die Stimmen der Nationalliberalen und Freikonserva tiven den Paragraphen selbst abgelehnt hatte, er klärte der Ministerpräsident namens der Staats regierung, daß diese auf die Weiterberatung des Gesetzentwurfes keinen Wert mehr lege. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. (S. bes. Art.) Der König von Dänemark nahm die Demission des Ministeriums Zahle an. Das französische Unterseebot „Pluviüse" ist infolge eines Zusammenstoßes mit einem Postdampfer ge sunken. 23 Mann der Besatzung des Untersee bootes ertranken. (S. Tagesgesch.) MWe NWcMim. Während in früheren Jahren die am Horizont stei gende Sonne den Völkern vorwiegend eine Zeit der po litischen Stille brachte, als ob gleichsam ein Zusammen hang mit der unter der Hitze erfolgenden körperlichen Erschlaffung bestände, ist man jetzt schon mehrmals aus der Aufregung nicht herausgekommen und auch in diesem Jahre scheint eine politisch stille Zeit nicht so schnell Hereinbrechen zu wollen. Auch bei uns selbst hat man keine Ruhe, die Wahlrechtsvorlage in Preußen ist nun mehr wieder an das Abgeordnetenhaus gelangt, das letzte Stadium der Verhandlungen ist damit angebrochen. Die Zuspitzung der Verhältnisse in Preußen wird auch einen Rückschlag auf die Situation im Reiche ausüben und bei den nächsten Reichstagswahlen wird aller Vor aussicht nach mit selten da gewesener Heftigkeit der Kampf geführt werden. Kaiser Wilhelm ist in dieser Woche von seiner Eng- landsahrt zurückgekehrt und alsbald hatte der Monarch eine lange Unterredung mit dem Reichskanzler v. Beth mann-Hollweg, der ihm. über die politische Situation und verschiedene Fragen Bericht erstattete. Neber diese wird Herr v. Bethmann-Hollweg dem Kaiser, wie gesagt, nichts Allzuerfreuliches berichtet haben können, anders aber gestaltet sich das Bild, welches jetzt die Situation in der Außenpolitik bietet, Wilhelm II. hat wieder einmal bewiesen, welche Wirkung seine Persönlichkeit auszuüben vermag, und es ist unleugbar, daß sein Verhalten in London für die Gestaltung der internationalen Kon stellation zum mindesten für unabsehbare Zeit nicht ohne Einfluß bleiben dürfte. Die Engländer waren enthusias miert, von irgend einer deutschfeindlichen Strömung ist augenblicklich nichts mehr wahrzunehmen und man könnte nur wünschen, daß diese Stimmung von einiger Dauer wäre, man würde einander noch weiter nähertreten und sich gegenseitig bester verstehen lernen, was zweifellos dazu beitragen würde, etwa drohenden Konflikten die Schärfe zu nehmen und eine freundschaftliche Beilegung von Differenzen zu erleichtern. Nicht minder Eindruck hat in Frankreich die Liebenswürdigkeit gemacht, mit welcher Kaiser Wilhelm Herrn Pichon gegenübertrat und sich mit ihm einige Zeit unterhielt. ES lag auf der Hand, daß nur allgemeine Fragen kurz gestreift werden konnten, von der Besprechung irgendwelcher Abkommen überhaupt ganz abgesehen. Das Gespräch des Kaisers ist viel kommentiert worden, und wenn auch eine Richtig stellung der von französischen Blättern etwas fanatisch ausgeputzten Darstellung in der „Nordd. Allg. Ztg." er folgte, so wird auch in dieser deutschen offiziösen Stimme zugegeben, daß der Kaiser sich sehr energisch für die Er haltung des Friedens ins Zeug gelegt und erklärt hat, daß er festen Willens sei, die Aufrechterhaltung desselben, soweit e§ in seiner Kraft stehe, zu unterstützen. Daß der Kaiser die Bildung eines europäischen Staatenbundes angeregt habe, wird zwar dementiert, aber es hatte wohl auch niemand so recht geglaubt, daß der Kaiser sich mit voller Bestimmtheit in einem derartigen Sinne ausge sprochen haben könnte, da er nur zu gut weiß, daß einem derartigen Plane unüberwindliche Schwierigkeiten im Wege stehen. Daß er in der Theorie ein derartiges Projekt mit französischen Politikern gelegentlich deren Besuche auf deutschem Boden erörtert hat, steht hiermit keineswegs iw Widerspruch Jedenfalls ist die deutschfreundliche Tendenz, welche jetzt in maßgebenden Pariser Blättern zu Tage tritt, im hohen Maße zu begrüßen und auch hier wäre zu wün schen, daß nicht so bald ?in Ereignis eintrete, welches geeignet wäre, diese sich anspinnenden freundnachbarlichen Beziehungen zu stören. In diesen politischen Wonnemonat fällt auch noch ein weiteres Ereignis erfreulichen Charakters. Der ita lienische Minister des Aeußeren San Guiliano trifft in Berlin ein, um dem Kaiser und dem Kanzler seine Auf wartung zu machen. Es ist das erste Mal, daß ein ita lienischer Minister den Weg bis nach Berlin findet, während bisher höchstens Begegnungen an anderen Orten, meist nur in Italien, die Regel waren. Dieses Ereignis beweist, daß man im Apeninenreiche dartun will, daß das neue Kabinett getreulich am Dreibunde festhalten will, wie ja auch Herr v. Bethmann-Hollweg gelegentlich seines Aufenthaltes in Rom eine wirklich herzliche Auf- nähme gefunden hat. Aber nicht nur mit Deutschland will die neue italienische Regierung gute Beziehungen halten, sondern auch zu Oesterreich, das man nicht immer gern als Bundesgenossen in Italien erblickte. Gras San Guiliano wird sich voraussichtlich im August nach Oester reich begeben und dort nicht nur eine Zusammenkunft mit dem Grafen Aehrenthal haben, sondern Gelegenheit nehmen, sich auch dem Kaiser in Ischl vorzustellen. Angesichts dieser friedlichen und freundschaftlichen Tendenz der Großmächte untereinander braucht man einige Verhältnisse, welche unter anderen Umständen be denklich stören könnten, in ihrer Bedeutung nicht allzu hoch einzuschätzen. In Sonderheit sind es die Balkan- wirren, welche man noch immer mit Aufmerksamkeit zu verfolgen hat, ohne daß aber die Gefahr eines internatio nalen Konfliktes bestände. Die Kretamächte werden jedenfalls alles tun, um einen Brand zu verhüten, und es heißt auch, daß sie mit aller Energie auf der Insel vorgehen würden, falls man dort noch dreister werden sollte. An einen Krieg zwischen Griechenland und der Türkei ist kaum zu denken, die Griechen sind infolge der inneren Wirren zu geschwächt, um ein derartiges Wagnis auf sich zu nehmen, und sie werden sich hüten, es zum Aeußersten kommen zu lassen. Wenig Erfreuliches ist dagegen, wie immer, aus Rußland zu melden. Wieder einmal ist die Tat eines Terroristen zu verzeichnen, ein Beweis, wie im Lande des Zaren der Brand nach wie vor unter der Asche weiter glüht, um eines Tages doch wieder zu einer Hellen Flamme emporzulodern. Auch die Behandlung, welche Finnland zuteil wird, dürfte nicht dazu dienen, die Ruhe und Ordnung zu fördern. OerMcbes unv SScbsrscbss. Pulsnitz. (Sonntagsplauderei.) Der letzte Sonntag im Mai ist der morgige. Nun heißt es wieder von dem Blütenmond, dem schönsten Monat des Jahres, Abschied nehmen und auch bald vom Frühling selbst. Ein schönes, leider viel gemißbrauchtes Dichterwort lautet bekanntlich: „Nur einmal blüht im Jahr der Mai, Nur einmal blüht die Liebe." Unsere besten Sänger wetteifern im Preise des Lenzes und der Liebe. Ein sinniges Dichterwort lautet ferner: „Der Frühling des JahreS, wie glänzt er im Mai, Doch wenige Wochen, so ist er vorbei; Der Frühling des Lebens, wie ist er so schön, Doch wenige Jahre, so muß er vergehn; Der Frühling des Herzens, ein sonnig Gemüt, O liebliche Blume, die nimmer verblüht!" Uns will scheinen, dieser Dichter spricht nicht nur schöne, sondern auch wahre Worte. Wohl gleicht die Liebe einem sonnigen Maienmorgen mit all seinem bunten Zauber und wonnigem Duste. Aber das ist doch immer nur die junge, bräutliche Liebe, und wie es nicht immer Mai sein darf, so muß auch diese Liebe „verblühen". Wenn daher vom „Verblühen" der Liebe die Rede ist, so kann nur diese gemeint sein. Leider aber schätzt ein gut Teil namentlich unserer jüngeren Leute die Liebe als solche nicht höher ein. Das ist ein großer, verhängnisvoller Irrtum, der zum Teil die sozialen Mißstände der Gegen- wart verschuldet. Denn was diese Leute zusammenführt, das ist im besten Falle ein gegenseitiges Gefallen, aber keine tief im Innern wurzelnde Liebe, oder auch Rücksicht auf materielle Vorteile, wenn nicht gar noch schlimmeres. Die wahre Liebe „höret nimmer auf", denn „Glaube, Hoffnung, Liebe bleiben", aber „die Lrebe ist die größte unter ihnen". Mag daher auch gleich dem Blütenflor des Maimondes der erste Rausch verfliegen, die Liebe als solche wird davon nicht berührt, im Gegenteil, sie ver tieft und verstärkt sich vielmehr, sie wird geläutert, dem edlen Golde gleich, im Feuer der Prüfung und Heim suchung. Eine Liebe, die diesem nicht standhält, ist keine oder nur eine Scheinliebe gewesen, der tauben Blüte gleich, die wohl äußerlich prunkt und glänzt, in der Sommerhitze aber verdorrt und abfällt. Sie bringt keine Früchte, an der die echte Liebe so reich ist. Und welche sind es? O so unendlich viele, daß wir sie nicht auf zählen können. Wir nennen nur einige: Geduld, Sanft- mut, Hingabe, Vertrauen, Mitleid, Erbarmen, Gottver trauen, Glaube, Mut, Hoffnung, kurz, was wir ein edles, ein sonniges Gemüt nennen. Und hieran fehlt es leider unserer modernen Jugend noch sehr. Sie steht in der