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Nr. 73. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 23. Juni 1910. Seite 3 einen Rippenbruch, der zweite, der bekannte Herrenreiter Müllbraus aus Greiz brach den linken Arm und der dritte der herausgeschleuderten Insassen, Kaufmann Kraus aus Reichenbach in Sachsen blieb unverletzt. Nachdem die 3 aus der Gondel geschleudert waren, stieg der Ballon ra send schnell nochmals auf, den 4. Insassen, dm Hand- schuhfabrikanten Werner aus Chemnitz in Sachsen mit sich führend Heute früh erst, als völlige Windstille ein getreten war, konnte er landen. Die Landung ging, trotzdem niemand zur Hilfe anwesend war, bei CSavoly doch glücklich von statten. Die beiden verletzten Luft schiffer wurden in das Krankenhaus zu Budapest gebracht. Ihr Zustand ist sehr besorgniserregend. Kaufmann Kraus teilte mit, daß der Ballon am Sonntag Abend in Leip zig bei günstigem Winde aufgestiegen sei, aber gestern Mittag plötzlich von einem Sturmwinde erfaßt worden wäre, der den Ballon über 1'/, Stunden plan- und ziel los herumtrieb. Vsrmlscktes, * (Ein Kapitel vom Trinken.) Der Arzt gebie tet in SommerSglut den Genuß alkoholischer Getränke einzuschränken; wer aber während seines Urlaubs eine Wanderung die Ufer ?e§ deutschen Rheines hinunter macht, der wäre ein Narr, wenn er nicht abends in kühler Laube seinen Römer Rüdesheimer trinken würde. Alkohol soll zumal bei Hitze müde machen, wo aber ist der, der nicht ein schäumendes GlaS Bier abgestandenem und warm ge- wordenem SelterSwasser vorziehen würde. Man sieht fedeS Ding will von 2 Seiten betrachtet werden. Nicbtsdestw weniger aber wird der Sommer den Konsum der Limona den haben. Kindern sollte man letztere überhaupt nur zu trinken geben, was besonders für die Schulausflüge gel ten möge. Auch kalter Kaffee hat sich als eines der besten durststillenden Mittel erwiesen; davon eine Feldflasche voll mit, ist für unsere Jungen und Mädel besser, als wenn Onkel und Tanten verschiedene Groschen oder gar Fünf ziger spenden, damit sich die Ausflügler im Dorfkrug oder beim Förster im Walde ihr GlaS Bier kaufen können. Trinken, um den Durst wirksam zu löschen, ist übrigens eine Kunst. Schluckweises Trinken mit Absetzen löscht den Durst weit besser, als wenn man ein ganzes GlaS, ohne abzusetzen, hinunterstürzt. Frische? Wasser kann in mäß igen Mengen im Sommer anstandslos getrunken werden; nur Menschen mit katarrhalischen Erkrankungen des Ma- gens und Darmes ist es verboten. Von den Limonaden sollte die Zitrone den Vorzug - haben; sie beruhigt die Nerven und ist bekömmlich, abgesehen davon, daß sie den Durst sehr gut stillt. Man kann allerdings im Interesse des Publikums nur wünschen, daß die Zitrone so billig wie möglich wird * (5000 Goldsucher auf dem Wege nach Alaska.) Eine ganze Armee goldhungriger Männer be findet sich, wie auS San Franzisko gemeldet wird, auf dem Wege nach den Goldfeldern von Alaska. Es heißt, daß in diesem Sommer mehr Goldsucher in die Wildnis des Klondike Gebiets strömen werden, als es je vorher der Fall gewesen ist, seit vor etwa 13 Jahren das erste Gold dort gefunden wurde. Die neuen Felder, auf deren Goldhaltigkeit nicht weniger als 5000 Glücksjäger ihre Hoffnungen setzen, liegen am Iditarod- und Innoko-Fluß entlang. Alte, erfahrene Goldgräber behaupten jedoch, daß der vorhandene goldreiche Boden höchstens für 100 Personen ausgibige ClainS liefern dürfte; die übrigen Tausende müßten also unbedingt enttäuscht den Rückzug antreten. Von der LuttscbMabrt. Düsseldorf, 22. Juni. Die Ankunft des „4. 2. VII." in Düsseldorf, die gegen 12 Uhr erfolgte, wurde von einer vieltausend köpfigen Menge, die alle Pläße und Straßen Düsseldorfs und die Dächer der Häuser besetzt hielt, stürmisch begrüßt. Nach Aeuße- rungen der Fahrtteilnehmer nahm die Fahrt bei ruhigem Süd westwind einen überaus herrlichen Verlauf. Die Fahrtgeschwindig keit war derart, daß der Ballon die Strecke von Mannheim bis Düsseldorf in vier Stunden zurücklegte, während der Schnellzug über sechs Stunden gebraucht, um dieselbe Strecke zu durchfahren. Die Maschinerie des Ballons hat sich durchaus bewährt. Alle Teilnehmer, sowie die leitenden Personen sind von dem Erfolge dieser Fahrt durchaus befriedigt. Die Landung erfolgte glatt und ebenso rasch wurde der Ballon in die Halle gebracht. Um 12 Uhr 15 Minuten war es bereits sicher geborgen. Im Automobil fuhren sodann der Oberbürgermeister mit Graf Zeppelin und verschiedenen Gästen des Kongresses in die Stadt zum Parkhotel. Am 5 Uhr fand zu Ehren des Grafen im Parkhotel ein Essen statt. Für den Abend ist aus Anlaß des Berg- und Hüttenkongresses eine Rhein uferbeleuchtung mit Feuerwerk vorgesehen. Vorher wird das Luft schiff über den Rhein und die Stadt eine Kreisfahrt unternehmen. — Ueber den Verlauf der Fahrt und über die Leistungen des ,,I. 2. vil" erklärte eine an der Fahrt beteiligte fachmännische Per sönlichkeit folgendes: Außerordentlich glänzend und in jeder Weise über alles Erwarten tüchtige Eigenschaften hat das Luftschiff bei dieser Fahrt gezeigt. Die etwa 400 Kilometer lange Strecke Fried richshafen-Düsseldorf wurde mit einer durchschnittlichen Geschwin digkeit von 05 Kilometer in beinahe genau 9 Stunden zurückgelegt. Dabei wax der Wind in der ersten Hälfte der Fahrt bis ins Rhein tal hinein ganz leicht und kaum mitlaufend. Im Rheintal wurde der Wind etwas frischer und mitlaufend, namentlich zwischen Bin gen und Bonn. Dadurch ist in diesem Teile der Fahrt eine durch schnittliche Geschwindigkeit bis 80 Kilometer erreicht worden. Im letzten Teil der Fahrt hat das Luftschiff sogar auch Gegenwind gehabt, meist aber wechselnden Wind Trotz des durchschnittlich mittleren Windes ist eine Fahrtgeschwindigkeit erzielt worden, wie sie bisher noch nicht erreicht worden war. Was die Maschinerie anlangt, so ist alles glatt gelaufen, die Motore haben unausgesetzt tadellos gearbeitet. Ebenso hat bei diesem Luftschiff, worauf die Abnahmekommission besonderen Wert legen muß, die Steuerung in jeder Weise außerordentlich gut funktioniert. Ueber die Schwä bische Alp hatte sich das Luftschiff nur mit Hilfe der Höhensteuer leicht emporgedrückt. Dann ist noch bemerkenswert, daß das Luft schiff sich allen Schluchten leicht anpaßte. Wie ein Automil leicht lenkbar, hat „U 2. VII" die ganze Fahrt vollendet. In der Ka bine war die Fahrt sehr schön und angenehm, der Aufenthalt da rin war stets ruhig und von Erschütterungen frei, sodaß man meinte, in einer Sänfte zu sein. Der Lärm der Maschinen macht sich in der Kabine nicht besonders bemerkbar, jedenfalls wird er gar nicht lästig und man gewöhnt sich mr das wenige Geräusch sehr schnell. Alle Fahrtteilnehmer sind voll des Lobes über die vorzüglichen Eigenschaften des Luftschiffes und den tadellosen Ver lauf der Fahrt. Taktung Mr unricktigs SrunVstücks- ta-csn. jü K. Wenn Gerichtstaxatoren ein Grundstück abge- fchätzt haben, so hält man diese Taxe in der Regel für so maßgebend, daß man unbedenklich die Hypothek her- gibt. Hinterher stellt sich recht oft die Mangelhaftigkeit heraus. Kann man den Gerichtstaxator haftpflichtig machen? Der Kläger hat im Jahre 1908 ein Grund stück auf G und einer vom Beklagten angefertigten Taxe bestehen und war bei der Zwangsversteigerung ausgefal len. Er hatte oen Taxator aus Ersatz verklagt, ist aber mit der Klage abgewiesen worden. Aus den Gründen des Oberlandesgerichts interessiert: Gegen ein Schutzge setz (8 823 Abs. 2 BGB) hat der Beklagte nicht verstoßen; als solches kann die Dienstanweisung nicht gelten. Eben sowenig kann die Klage auf Z 823 BGB gestützt werden. Denn der Taxator ist nicht Beamter, da er nicht aus Grund staatlicher Anstellung als Organ der Staatsge walt für StaatSzwecke tätig zu sein berufen ist. Seine gesetzlich geordnete Tätigkeit erstreckt sich auf die Abgabe von Taxen unter Leitung des Gerichts and aus die selbst ständige Anfertigung von Taxen, wflche zur Vorlage bei Gericht bestimmt sind. Er ist somit Gehilfe des Gerichts, als ein für gewisse Arten von Gutachten öffentlich bestell ter und ein für allemal vereidigter Sachverständiger. Auch Geschworene und Schöffen üben ein Amt aus, ohne darum Beamte zu sein. Vollends kommt einem GerichtS- taxator die Eigenschaft eines Beamten dann nicht zu, wenn er, wie hier, nicht im Auftrage des Gerichts oder für dasselbe, sondern für die Prioatzwecke tätig wird, in welchem Falle er auch nach den bestehenden Verwaltungs schriften sich der Bezeichnung als „GerichtStaxator" ent halten soll Hierzu kommt, daß die T^xe nichts über den Nutz wert und das Mieterträgnis des Grundstückes enthält, also lediglich Grund-, nicht Ertragstaxe ist; sie sieht von der Ermittelung des jährlichen Reinertrages (Bruttoer- trag bezügl. der Unkosten), dessen Kapitalisierung den Wert darstellen würde, vollständig ab und beschränkt sich darauf, den Kapitalwert unmittelbar zu finden aus be stimmten für den Wert des Grund und Bodens sowie für den Material- und Bauwert des Gebäudes angenom menen Einheitssätzen. Indem sich der Kläger bei der Beleihung dieser Taxe genügen ließ, handelte er grob fahrlässig. Denn für die WertSermistelung eine? Grund stücks kann die Grundtaxe allein nicht ausreichen. Dex sorgfältige Geldverleiher muß neben der Grundtaxe die durch Kapitalisierung de? Nettoertrages ermittelte Ertrags taxe verlangen und den aus beiden Schätzungen gefun denen Durchschnittswert als den wahren Wert des Objekts zugrunde legen. Eine „gerichtliche Taxe" ist nach alledem nicht mehr wert, als eine andere (Urteil des O. L. Hamm VI. Z. S. vom 5. Mai 1910).! Neueste direkte Meldungen von Hirsch'S Telegraphen-Bureau. Friedberg (Hessen), 23. Juni. Zu dem Bombenan schlag auf das hiesige Rathaus wird noch berichtet: Gestern nachmittag gegen 4 Uhr ertönte plötzlich in der Vorhalle des Rathauses eine furchtbare Detonation, die von einer dort niedergelegten Bombe herrührte. Alle Türen des Rathauses flogen heraus, die Fensterscheiben gingen in Scherben und die Treppe wurde zerstört, so daß die Beamten aus dem ersten Stockwerk sich auf Leitern herunterlassen mußten Das Dach des Rathauses wurde teilweise durchschlagen; auch die Fenster aller Nach barhäuser gingen in Trümmern. Eine große Menschen menge hatte sich eingefunden. Während der allgemeinen Verwirrung kurz nach der Explosion wurde ein Ueber- fall auf die Reichsbantnebenstelle verübt, die sich in der Nähe des Rathauses in Friedberg befindet. Der Bank vorsteher Meier war gerade dort beschäftigt, als ein Mann mit schwarzer Maske in doS Zimmer eintrat. Der Bank beamte ahnte sofort die Absicht des Räubers und griff ihn an, erhielt jedoch mehrere Schläge auf den Kopf. Als der Räuber sah, daß er den Beamten nicht überwältigen konnte, floh er, nachdem er noch einen Revolverschuß auf Meier abgegeben hatte, durch den dieser leicht verletzt wurde. Der Räuber nahm die Richtung nach Nauheim. Ein 13jähriger taubstummer Junge, der sich dem Fliehen den auf der Straße entgegenstellte, erhielt eimn Schuß in den Unterleib und erlag dann später seinen Ver letzungen. Zwei auf dem Felde arbeitende Rauern, die gleichfalls den Verbrecher aufhalten wollten wurden eben falls verletzt. Kurz vor Neuheim erschoß sich der Atten täter durch einen Schuß in die Schläfe. Obgleich er noch einige Minuten wimmerte, starb er bald darauf. Man sand bei ihm Papiere auf den Namen eines Arbei ters aus Ober-Wöllstadt. Die nähere Ermittelung ergab, daß es sich um den Chauffeur Barkenstein aus Halle a. S. handelt. 4700 Mark in Papiergeld und 100 Mark in Gold wurden bei ihm gefunden. Wie sich herausgestellt hat, hat sich der Attentäter vor einigen Tagren in einem hiesigen Hotel unter der Angabe eines Reisenden einer Glaswarenfirma eingemietet. In seinem Koffer fand man mehrere Bomben. — Die sofort vorgenommene Re vision der Reichsbanknebenstelle ergab, daß die Kasse bis auf den Pfennig genau stimmt. Die bei Barkenstein vor gefundene Summe rührt offenbar von einem anderen Einbruch her. — Wie sich später herausgestellt hat, sind bei der Explosion im Rathause doch zwei Personen ver- mundet worden. Einem Gendarm flog ein Türflügel gegen den Kopf und ein vorübergehender Kind erlitt durch Glasscherben Verletzungen. Die Erregung in der Bevölkerung ist sehr groß. Der ganze Platz vor dem Rathause und dem Bankgebäude ist vollständig abgesperrt. London, 23. Juni. Der Standart berichtet aus Rom: Im Vatikan ist bereits von der Möglichkeit eines Bruches mit Spanien die Rede. Ein solcher Bruch soll als not wendig erachtet werden für den Fall, wenn die Gewalt des spanischen KabinetS nicht mehr auSreichen sollte, zur Wahrung der kirchlichen Interessen und der Autorität deS heiligen Stuhles. Newyork, 23. Juni. Im Vergnügungspark von Co ney Island ereignete sich gestern ein schwerer Unfall. Zwei Wagen der Vergnügungsgebirgsbahn, die mit eini gen 20 Personen besetzt, waren gerade auf dem höchsten Punkte der Bahn angekommen, als plötzlich die beiden Wa gen aus dem Gleise sprangen und in die Tiefe stürzten. 2 Personen waren sofort tot, 17 wurden mehr oder min- der schwer verletzt. Man befürchtet, daß 3 der Verletzten nicht mit dem Leben davon kommen werden. MdlW Sparkasse Pulsnitz jetzt Mnei: lagUck vorm. 8—1, 2—4 nachm. dagegen Sonnabend nur vormittags 8—12 Uhr. IVIiei-Ke8uek6. Weiner Qöen odsr partsrrs-Stubspr sofort oder später zu mieten gesucht. Offerten unter ll. 23 in die ^kp. d. Bl, erbeten. 2u vermieten. In meinem Grundstück Schiller- straße 233 K 2 sind das iowie die deide bestehend aus 2 Zimmern, Schlafstube, Kammer, Küche und Zubehör mit Gartengenuß pr. so- lort oder später zu vermieten; evtl.! ist das ganze Grundstück unter günstigen Bedingungen ver käuflich. 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