Volltext Seite (XML)
Donnerstag Nr. 61. 4- 26. Mai MO. OsrNlebLS unÄ Säcdsiscbss. — OK. (Lehrlingsanmeldung.) Nochmals sei daran erinnert, daß die zu Ostern neu in die Lehre ge tretenen Handwerkslehrlinge bei der Gewerbekammer zu Zittau unter Einreichung eines Exemplars des abge schloffenen Lehrvertrages anzumelden sind. Dabei ist eine Einschreibegebiihr von 3 M für die Eintragung des Lehrlings in die Lehrlingsroll« mitzuentrichten. Vor- fchriftsmäßige Lehrvertragsformulare können zum Preise von 5 Pfg. für das Stück von der Gewerbekammer be zogen werden. — Wie verlautet, hat die konservative Partei im 4. sächsifchen Reichstagswahlkreise, umfassend Dresden-N. und Umgebung, sowie die Städte und Ortschaften der AmtSgerichtS-Bezirke Radeberg, Radeburg und Königs brück, beschlossen, für die Reichstagswahl 1911 ei nen eigenen, der Industrie angehörenden Kandidaten aufzustellen. Der Wahlkreis ist bekanntlich jetzt sozial demokratisch vertreten. — Wie uns die Handelskammer zu Zittau mitteilt, soll im Jahre 1911 in Dresden unter dem Protektorate Sr. Maj. des Königs von Sachsen eineJnternationale Hygiene-Ausstellung stattfinden, seit 27 Jahren in Deutschland die erste bedeutendere Veranstaltung auf dem Gebiete der Hygiene. Es soll hierbei zum ersten Male in großem Maßstabe unternommen werden, die einzelnen industriellen Ausstellungsgruppen in engster Verbin dung mit wissenschaftlichen Lehrabteilungen vorzu führen. In das Programm der Ausstellung, der von allen maßgebenden Kreisen des In- und Auslandes das größte Interesse entgegengebracht wird, ist nämlich neben einer wissenschaftlichen, einer historischen, einer populären und einer Sportabteilung auch die Industrie ausgenom men worden. Sie ist in 15 Abteilungen in das Ausstel lungsprogramm eingegliedert, in deren Rahmen alle die in- und ausländischen Industrie-, Technik- und Gewerbe zweige Raum finden, die im öffentlichen und im priva ten Leben im hygienischen Sinne in Anwendung kom men. So ist z. B. für die chemische Industrie, für wissen schaftliche Instrumente, für Nahrungs-, Genußwittel und Getränke, für Kosmatik und hygienische Literatur und Kunst je eine Abteilung vorgesehen. Auch der Kleidung und Körperpflege der Kindes- und Jugendfürsorge, der Militär-, Marine- und Kolonial- Hygiene sowie der mo dernen Krankensürsorge und dem Rettungswesen wird je eine besondere Gruppe gewidmet sein. Ferner stehen aus der Ausstellung Räume zur Verfügung, in denen hygie nische Einrichtungen und Gegenstände für Häuser, Woh nungen, Kontore, Werkstätten und dergleichen, für Eisen bahnen, Schiffe und andere Verkehrsmittel, sowie Gegen stände und Hilfsmittel für Körperübungen, Spiel und Sport in jeder Form ausgestellt werden können. Schließ lich bietet die Ausstellung Bädern und Kurorten eine er wünschte Gelegenheit zur Vorführung ihrer Besonderheiten in hygienischer und therapeutischer Hinsicht. In Anbe tracht der hohen Bedeutung, welche die Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1911 für die Volkswohlfahrt, für die Wissenschaft und nicht zum mindesten für die In dustrie hat, kann die Beschickung der Ausstellung den be teiligten Jndustriekreisen warm empfohlen werden. — Das Programm für die Jubelfeier des Säch sischen Landesverbandes Gabelsderger, die vom 4. bis 6. Juni in Dresden stattfinden wird, ist vom Fest ausschuß nunmehr entgültig aufgestellt. Die Tagung dürfte eine machtvolle Kundgebung für Gabelsbergersche Stenographie werden; zählt doch der Verband nicht we niger als 300 Stenographenvereine mit 22000 Mitglie dern. Bereits vom Sonnabend, den 4. Juni, vormittags ab werden die auswärtigen Kunstgenossen in Dresden eintreffen. Schon am Nachmittag werden daher Führun gen durch die Stadt vorgenommen. Abends 6 Uhr be ginnt die Vertreterversammlung im kleinen Saale des Gewerbehauses. Daran schließt sich im großen Saale ein Festkommers. Der Sonntag Vormittag ist einer ganzen Anzahl von Sondersitzungen, der Abhaltung der Kreisschreiben usw. gewidmet. Vormittags »/z 12 Uhr findet im Gewerbehause die Festversammlung statt, zu der der Hohs Schirmherr des Verbandes, König Friedrich August, erscheinen wird. Nach dem Festmahle wird ein Ausflug nach der Saloppe unternommen. Von abends 7 Uhr ab vereinigen sich die Teilnehmer zu einem Fest abend im Gewerbehause. Für Montags morgens 8 Uhr ist eine Fahrt mittels Sonderdampfers nach Wehlen und Rathen geplant, an die sich verschiedene kleiner? und größere Ausflüge schließen. Von Nachmittags 5 Uhr ab wird in Wehlen ein Marktfest abgehalten, und bei der Rückfahrt nach Dresden findet Höhenbeleuchtung statt. Dem EhrenauSschusse für das Jubelfest gehören u. a. sämtliche Herren Staatsminister und Herr Oberbürger meister Geh. Rat Or. Beutler an. 8. Dresden, 24. Mai. (Kein Ende der Grund stückskrisis.) Daß die Folgen der 1905er Grundstücks krisis noch immer nicht überwunden sind, zeigt sich nicht nur an dem noch immer andauernden Mangel an Geld auf zweite Hypotheken, sondern auch in der noch immer schwachen Baulust, wenn schon hier auch das Gesetz zur Sicherung der Bauforderungen und die Vorlage betr. die Reichszuwachsstcucr einigen Anteil haben mögen. Immerhin ergibt sich schon aus der Ruhe aus dem Grand stücksmarkt und der geringen Nachfrage nach Grundstücken, daß die Privatbauunternehmung d'e Folgen der Krists noch nicht überwunden hat. Wie wenig begehrt zurzeit noch immer Baustellen sind, zeigt eine Zwangsversteige rung, die kürzlich vor dem Amtsgericht stattfand. Die dem verstorbenen PrivatuS Ahlenhoss gehörige Baustelle an der Bramschstraße, die auf 38040 M Wert taxiert war, ging für 16800 M auf den neuen Besitzer über. Nicht weniger als 40000 M Hypotheken sind hierbei aus gefallen. Auch dieses Beispiel zeigt wieder, wie wenig Verlaß auf Schätzungen ist, — selbst wenn es „amt liche" sind. 8. Dresden, 25. Mai. (Ehrungen von Künst lern und Künstlerinnen. Anläßlich des heutigen Geburtstages des Königs wurde die König!. Hofopern sängerin Frl. Eva v. d. Osten zur Königl Kammersänge rin, Hosopernsängsr Friedrich Plaschke zum Kgl. Kammer sänger, Regisseur Hans Fischer zum Oberregisseur und Kammermusiker Wilhelm Knochenhauer und Philipp Wun derlich zu Kammervirtuosen ernannt. — Die General direktion der Königl. Hoftheater hat der Kgl. Hofopern sängerin Frau Boehm van Endert die nachgesuchte Ent lastung aus dem Verbands der Hoftheater genehmigt. Frau van Endert ist auf fünf Jahre als jugendlich Dramatische für die Berliner Hofoper verpflichtet worden. . 8. Dresden, 25. Mai. (Vermächtnis.) Der vor kurzem verstorbene Kommerzienrat und Großbritannische Konsu. Henri Palmie hat der Kasse der Dresdner Kauf mannschaft zur Unterstützung verarmter Mitglieder und deren Angehörigen, eine Stiftung von 14000 M vermacht. Der Sohn des Verstorbenen, Konsul Charles Palmie hat das Vermächtnis bereits zur Auszahlung gebracht. 8. Dresden, 25. Mai. (Der Kampf im Bauge werbe.) Im Dresdner Keglerheim fand am Montag eine Versammlung der ausgesperrten Maurer statt. Es wurde mitgeteilt, daß inbezug auf die Zahl der Ausge sperrten keine wesentliche Aenderung eingetreten sei. Das -4 SGLoß Schönfeld. 4- Roman von Franz Treller. 12 Nachdruck verboten. „Na, da» ist ein Wort. Freut mich, Herr Baron, freut mich. Und da» Uebrige", setzte er leise hinzu, „ist in guter Obhut." Heinrich nickte dem alten Gottfried, welcher sich am Park« tor eingefunden hatte, noch freundlich zu und fuhr dann davon. Der Alte gewann entschieden bei näherer Bekanntschaft, er war rin treuherziger Plebejer und sicher, wir ein Teil der am Frühstückstische geführten Unterhaltung verriet, «in einsichtsvoller Mann und ein genauer Kenner wirtschaftlicher Verhältnisse de« Lande». Die Frau war ein« echt«, bürgerliche, deutsche Hau«» frau, welche, wie sich GodSberg sagen mußte, durch die unge- künstelte Einfachheit ihre« Auftreten», da» fernab von jedem Beldprotzentum war, viel Adel der Besinnung bekundete. Und die Kleine? Nun, die kleine Mehlburger war einfach reizend. — 6. Kapitel. — Die Tage vergingen dem jungen Offizier in ernsten Sorgen um seine und um der Schwester Zukunft. Unaufhörlich wälzten sich die Gedanken durch da« Hirn, wie er sich einen Platz im Leben erringe, der ihm und Mathilde wenigsten» ein bescheidene» Auskommen sichere. Wiederum Krieg»dienste nehmen? Aber wo? Al» ehe maliger serbischer Offizier in türkische Dienste zu treten, wo er vor kurzem noch gegen die Türken gefochten hatte, war ausge schlossen, An di« verschwundenen Hau»kleinodien dachte er kaum noch. Dann und wann stieg ungerufen da» Bild de» lieblichen Töch terchen» de» Besitzer» seiner einstigen Heimat vor ihm auf, aber Frau Sorge verscheuchte die» auch bald wieder. So mochten acht Tage vergangen sein, al» er, im Begriffe, seiner Schwester den Morgengruß zu bringen, Stimme» in deren Zimmer hörte, die auf Besuch schließen ließen. Schon wollte er umkehren, al« die Tür sich öffnete und er da» errötende Ge sicht Fräulein Mehlburger» vor sich sah. Er verneigte sich und wollte sie mit einigen Worten begrüßen, aber sie huschte, nur da« Köpfchen zum Gruße senkend, an ihm vorüber und ver- schwand. „Komm, Heinrich", sagte sein« Schwester, „ich bin allein." „Fräulein Mehlburger hat dir einen Besuch gemacht?" „Ein allerliebste» Mädchen, frisch, natürlich und herzlich. Sie ist auf da» T efste betrübt, daß wir au» dem Mobiliar von Schönfeld nicht» annehmen wollen, sic hat einige Miniaturpor- trät», so daß von unserer Mutter, an sich genommen, auch Sticke, reien, dir darauf hindeuten, daß sie von der Dame de» Hauser gefertigt worden sind, und kam mit der Bitte, sie von ihr an- zunrhmen. Ich fühlte, daß sie e» aufrichtig betrübt haben würde, wenn ich e» abgelehnt hätte, und, Heinrich — ich habe «» an- nommen." „Du hast recht getan, Mathilde." „Auch habe ich sie gebeten, wiederzukommen, wenn sie ihr Weg nach der Stadt führen sollte. Sie gefällt mir sehr und hat gute Manieren. Uebrigen« mußt du ja auf Schönfeld «inen gewaltigen Eindruck gemacht haben, die Kleine wußte nicht ge nug zu erzählen, mit welcher Vorliebe ihre Eltern deiner ge denken. „Nun", setzte sie lächelnd hinzu, „da» ist ja bei Heinrich von GodSberg ganz natürlich, er nimmt alle für sich ein." „Schmeichlerin." „Gedenkst du deinen Besuch auf Schönfeld zu wiederholen, Heinrich?" „Nein!" sagte er auffahrend, fast rauh. Sie schwieg, etwa« betroffen von dem Tone, und stickte sinnend weiter. Nach einiger Zeit sagte sie: „Uebermorgen ist unserer Mutter Tode»tag, Heinrich." Ende des Kampfes, so erklärte der Berichterstatter, sei noch nicht abzusehen. Eine Einigung ohne Zurückziehung der Dresdner Beschlüsse durch die Arbeitgeber sei nicht möglich. Der Wunsch der Arbeitgeber, die Kassen zu zu sprengen, werde unerfüllt bleiben, hätten doch allein die in Dresden arbeitenden Organisierten bis zum 15. Mai 25346 M Streikbeiträge aufgebracht. — Die Ziehung der ersten Klasse der neuen 158. Königl. Sächs. Lan^eSiotterie findet am Mittwoch und Donnerstag, den 15. und 16. Juni, statt. Leipzig. Fast kein Tag vergeht mehr in unserer Stadt, ohne daß irgend ein Mensch freiwillig aus dem Leben scheidet. Am Montag hat sich ein angesehener Kaufmann in seinem Privatkontor durch Leuchtgas ver giftet. Weiter erschoß sich im nahen Stadtwalde ein zwanzigjähriger junger Mann. Sächs. Schweiz. Die Bastei hat einen Neubau erhal ten. ES ist ein nach Grundsätzen des Vereins für Heimat schutz erbautes Logierhaus mit Veranden. Gegen 30 Personen können infolgedessen jetzt mehr auf der Bastei wohnen. Auch eine Automobilgarage ist eingebaut worden. Nus aller V^slt. Berlin, 24. Mai. (Der zweite Sohn des Kron prinzen erkrankt.) Gerüchte über eine Erkrankung des zweiten Sohnes Les Kronprinzen werden dem „Hirsch'schen Telegraphen-Bureau" auf Anfrage vom kron- prinzlichen Hofmarschallamt bestätigt. Prinz LouiS Ferdi nand ist an einem fieberhaften Bronchialkatarrh und rechtsseitiger Mittelohrentzündung erkrankt. Der Ver lauf des Krankheitsprozesses ist jedoch ein befriedigender. Berlin, 25. Mai. (Die Verhandlungen im Bau gewerbe.) Die Bemühungen des Geheimrats Wiedfeldt vom Reichsamt deS Innern, die Arbeitgeber und Arbeit nehmer im Baugewerbe zu neuen EinigungSverhand- lungen zu bewegen, sind, wie berichtet, von Erfolg gewesen. In letzter Stunde haben sich aber neue Schwierigkeiten in den Weg gestellt. Die Arbeitgeber wollen das von ihnen auf dem Dresdner VerbandStage entworfene Tarif muster als Grundlage für die Verhandlungen benutzt wissen, während die Arbeiter den alten, am 1. April ab gelaufenen Tarif als Unterlage gelten lassen wollten. Ueber die Anregung, daß beide Parteien sich einem Schiedsspruch unterwerfen möchten, ist noch nicht Be schluß gefaßt. Bei der am Freitag stattfindenden Be sprechung wird also erst eine Basis für neue Verhand lungen gesucht werden müssen Breslau, 24. Mai. (Entgleisung eines Eil- zugeS.) Der heute oormitttag um 9 Uhr 12 Min. von BreSlau abgehende Eilzug nach Glogau ist am Bahnhof Kl.-Bresa um 9fl, Uhr mit 15 Wagen entgleist. Vier Personen sind verletzt. Die Ursache der Entgleisung ist noch unbekannt. Von BreSlau ist ein Hilfszug nach der Unfallstelle abgegangen. Breslau, 24. Mai. Zur Eisenbahnkatastrophe bet Kl.-Bresa wird noch gemeldet: Die Entgleisung erfolgte kurz hinter der Station Kl.-Bresa bei der Umbaustelle für das zweite Streckengleis. Die Lokomotive wurde aus den Schienen herausgeschleudert und liegt verkehrt auf der Unfallstelle Der nächste Personenwagen wurde zum Teil auf die Seite gehoben und legte sich mit einer starken Beugung auf die Schienen. Um 10 Uhr traf auf der Unfallstelle der Hilfszug aus BreSlau ein. Mit ihm trafen zwei Bahnärzte und weiteres Hilfspersonal bei den Verletzten an. Bis zur Ankunft des Hilfszuges leisteten eine im Zuge befindliche Krankenschwester und der auf der Fahrt nach Berlin zu den Sitzungen des „Ich weiß r», Mathilde, ich habe daran gedacht." „Wir werden al» Zeichen nie verstorbener Liebe den Sarg schmücken." „Ja", sagt, er in tiefer Bitterkeit, „wenn Herr Mehl burger e» erlaubt, der jetzt der Schutzpatron der toten God»- berg ist." „Heinrich, sei nicht undankbar", entgegnete sie sanft, „er hat sich freundlich gegen un» gezeigt." „O, e» galt auch nicht ihm, Mathilde, er ist gewiß ein guter, alter Mann." Nach einer Weile fuhr er fort: „Ich habe zwei Jahre nicht am Sarge der Mutter geweilt. Ich werde mich mit Gottfried verständigen und übermorgen in der Frühe hinau»reiten um in aller Stille unsere Blumen auf den Sarg zu legen." „Tue e», Heinrich." Er erhob sich, reichte der Schwester stumm die Hand und ging hinau«. „Armer Bruder", seufzte sie leis«, „wrlch ein Fluch ist die Armut! Armer Heinrich!" — 7. Kapitel. — Zwei Tage darauf ritt beim ersten Morgengrauen Heinrich von GodSberg im scharfen Trab« die Landstraße entlang, welche nach Schönfeld führte. Da« Pferd hatte er von einem Stallmeister entlehnt. Die Sonne sandte ihre ersten rötlichen Strahlen hernieder, al« er vor dem Parktor anlangte. Dort stand Gottfried und nahm ihm da» Pferd ab. God»« berg hatte ihm geschrieben, daß er um diese Zeit kommen würde. „Nun Alter, wa» fehlt dir?" fragte er, al« er die trübe Miene de» Greise» sah. „Ich habe den Schlüffe! zum Mausoleum nicht, Junker." „Wie?" Und finster wurde God»berg» Angrsicht, „ver weigert ?"