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Pulsnitzer Wochenblatt : 23.04.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-191004234
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19100423
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19100423
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-04
- Tag 1910-04-23
-
Monat
1910-04
-
Jahr
1910
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 23.04.1910
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Nr. 47. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 23. April 1910. Seite S. die Zahl der Teilnehmer und die zu benutzende Klasse bekannt zu geben, damit sie die Sicherheit haben, aus reichend Plätze vorzufinden. — Mit dem Bau der Nordostbahn, das heißt einer vollspurigen Eisenbahn von Großenhain oder Priste- witz über Radeberg, Königsbrück und Kamenz nach Radi bor, hat sich die Finanzdeputation 8 der Zweiten Stände kammer auch wieder in diesem Jahre zu beschäftigen, da auch dem gegenwärtig tagenden Landtage zahlreiche Pe titionen zugegangen sind, in denen um die Herstellung der Bahn gebeten wird. Bezüglich der Linienführung be stehen verschiedene Wünsche, auf die jedoch die Finanzde putation 6 nicht näher eingegangen ist, sie will auch keine der vorgeschriebenen Linienführungen befürworten. Aus allen vorliegenden Petitionen geht hervor, daß ein Bedürfnis besteht, eine kurze Verbindung von der Elbe bei Riesa nach Schlesien zu schaffen und die eisenbahn losen großen Flächen, die Sachsen im Norsen und Osten entlang der sächsisch-preußischen Grenze besitzt, wirtschaft lich zu erschließen. Die Bewohner jenes Landstriches ha ben deshalb schon seit Jahrzehnten um den Bau einer Nordostbahn nachgesucht. Die sächsische Regierung hat in einer Denkschrift, die dem vorigen Landtage zugegangen ist, bestritten, daß die Herstellung der gewünschten Durch- gangsbahn dringlich und notwendig sei, und von ihrem Standpunkte aus die Petitionen um Erbauung der Bahn, die ihr wiederholt von den Ständen zur Erwägung über wiesen worden sind, auf sich beruhen lassen. Sie hat je doch zugesagt, daß sie angesichts der vielfach geäußerten Wünsche die Frage des Baues dieser Querbahn weiter verfolgen werde und noch in der Finanzperiode 1908/09 allgemeine Verarbeitungen für die Strecke Radibor—Ka menz und, wenn dieses möglich sei, auch für dir Strecke Kamenz—Königsbrück vornehmen lassen werde, nachdem die Vorarbeiten für den Rest der Strecke westlich von Königsbrück bereits früher ausgeführt worden find. Die in Aussicht genommenen Vorarbeiten sind nicht erledigt worden, jedoch ist ihre Erledigung der Finanzdeputation 8 im Jahre 1910 erneut zugesichert worden, im übrigen ver harrt die Regierung auf ihrem früheren Standpunkte. Bei der Beratung der vorliegenden Petitionen in der Finanzdeputation 8 wurde von verschiedenen Seiten zum Ausdruck gebracht, daß trotz der entgegengesetzten Ansicht der Regierung die Notwendigkeit zweifellos besteht, im Nordosten Sachsens eine Verbesserung der Nerkehrsver- hältnisse herbeizuführen. Mit Rücksicht aus die wieder holten günstigen Beurteilungen, die die Petitionen um Erbauung einer Nordostbahn in früheren Landtagen er fahren haben, hat die Deputation beschlossen, im Plenum der zweiten Kammer zu beantragen, die jetzt vorliegenden Petitionen um Erbauung der Nordostbahn der Kgl. Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen. Die Re gierung hat erklärt, daß sie zwar kein dringendes Be dürfnis anerk nnen könne, aber auf dem Standpunkt stehe, daß der Bau dieser Bahn streckenweise vorgenommen werden müsse. * Reichenbach bei Königsbrück. Am Sonntag Jubi late sand hier durch Herrn Kirchenrat Rosenkranz aus Bautzen in feierlicher Weise eine Kirchenvisitation statt. Sowohl der Gottesdienst in der festlich geschmückten Kirche, als auch die sich daran anschließende Hausväterversamm lung im Saale des Gasthofs war außerordentlich gut be sucht. Am folgenden Tage fand eine Revision des Reli gionsunterrichts in den beiden Schulen des Kirchspiels statt. Dresden. Der König wird auch in diesem Jahre aus Anlaß seines Geburtstages am 25. Mai aus dem Alaunplatze Parade über die Truppen der Garnison Dresden abnehmen. 8. Dresden, 23. April. (Graf Zeppelin in Dres den.) Nach einer dem Oberbürgermeister Geh. Rat Beut ler von Direktor Colsmann zugegangenen Nachricht wird Ende Mat das Luftschiff X. III. auf der Rückreise von Wien nach Friedrichshafen Dresden passieren. Voraus sichtlich wird Graf Zeppelin selbst die Fahrt mitmachen. Als Landungsplatz ist der Heller in Aussicht genommen, wo bereits die erforderlichen Landungsvorrichtungen er folgt sind. Dresden. Die diesjährige BundeS-Generalversamm- lung des Königl. Sächs. MilitärvereinSbundeS findet am 10. Juli in Dresden statt. Dresden, 22. April. (Selbstmord.) Der General konsul Eugen KapS, früher Mitbesitzer der bekannten Piano fortefabrik von E. Kaps, hat sich heute früh in seiner Kanzlei am Altmarkt erschossen. Er ist 44 Jahre alt. Wie gerüchtweise verlautet, soll der Grund in schwierigen geschäftlichen Verhältnissen zu suchen sem. — Wie wir hören, ist der Streik bei der Firma August Förster beendigt und hat sich der Inhaber bereit erklärt, zunächst 35 von ihm benannte Leute bedingungs los wieder einzustellen, die zum größten Teil gestern Frei tag morgen ihre Arbeit wieder ausgenommen haben. Nächste Woche sollen weitere Leute benannt werden, die ihre frühere Beschäftigung wieder aufnehmen können. Die Streikposten sind bereits in Löbau eingezogen und es ist im Interesse der gesamten Bevölkerung zu begrüßen, daß diese für die Allgemeinheit unerquickliche Angelegenheit durch Entgegenkommen der Firma aus der Welt geschafft ist. Leipzig, 22. April (Selbstmord eines Ehepaa res.) Tot aufgefunden wurde heute Vormittag in der zehnlen Stunde in seiner Wohnung in der Elisenstraße der Inhaber einer Plättanstalt und dessen Ehefrau. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben sie Selbstmord begangen, dessen Beweggründe bis jetzt noch nicht festgestellt werden konnten. Beide Personen sind aus Rußland gebürtig. SäÄ,siscber Landtag. (Fortsetzung des Berichts über die Donnerstagsitzung der Zweiten Kammer aus voriger Nummer). Es folgt die Schlußberatung über den Entwurf eines Ge setzes betreffend die Brandversicherungsanstalt sowie über die da zu eingegangenen Petitionen. Es liegt darüber von den Abg. Horst (Kons.) und Dr. Löbner (Nat.) ein sehr umfangreicher Druckbericht vor mit sehr zahlreichen Abänderungsanträgen, zu denen sich die Regierung jedoch sämtlich zustimmend erklärt hat. Vor Eintritt in die Berichterstattung niinmt die Kammer einen Antrag an, von der Abstimmung über die einzelnen Anträge ab zusehen und dieselben im ganzen anzunehmen. Die Redner der einzelnen Fraktionen erklären ihre Zustimmung zu den Abände rungsanträgen. Nachdem sich auch noch unter anderen der Mini ster des Innern Graf Vitzthum v. Eckstädt für die Annahme des abgeänderten Gesetzentwurfes ausgesprochen hat, wird derselbe einstimmig en bloc angenommen. Die Petition der Frau verw. Triebel in Chemnitz um Gewährung einer Beihilfe aus der Lan desbrandkasse zum Wiederaufbau ihres durch Brand zerstörten Hauses beschließt die Kammer einstimmig und ohne Debatte der Regierung zur Kenntnisnahme zu überweisen. Zum Dekret 28, mehrere Eisenbahnangelegenheiten betreffend, bemerkt Finanzminister Dr v. Rüger, der Bau der hier vorgeschlagenen Eisenbahnen er fordere 4,3 Millionen Mark. Der außerordentliche Etat schließt damit mit rund 44 Millionen ab, während der für 1906/Ü7 nur 20 Millionen und der für 1908/09 39 Millionen betrug. Zur Ver zinsung der Eisenbahnen dürfen auf keinen Fall die Steuern des Landes herangezogen werden. 1907 habe sich das Anlagekapital der Eisenbahnen mit 3,87 Prozent verzinst und 1910 werden wir voraussichtlich nur mit einer Verzinsung von 3,S8 Prozent und 1911 mit 3,52 Prozent zu rechnen haben. Dabei steigen die Aus gaben fortgesetzt. Die Regierung muß daher bei jedem neuen Eisenbahnwunsch sorgfältig prüfen, ob eine angemessene Rente von der gewünschten Bahn zu erwarten ist. Hierauf tritt die Kammer in die Einzelberatung ein. Abg. Gleisberg (Natl.) beantragt, das Dekret an die Finanzdeputation 8 zur Vorberatung zu über weisen. Die Kammer beschließt demgemäß. Zu Titel 32 des außerordentlichen Etats, Erweiterung des Bahnhofes Wiesenbad berr. beantragt die Deputation, die erforderlichen 373000 M zur Erweiterung des Bahnhofes Wiesenbad zu genehmigen. Die Kammer beschließt demgemäß und überweist die hierzu gestellte Petition der Regierung zur Kenntnisnahme Die Petition des Stadtrates und der Stadtverordneten zu Annaberg wegen Fort führung der Güterbahn Königswalde-Annaberg (obere Stadt) nach dem Bahnhof Schönfeld nebst Anschlußpelition des Gemeinderats zu Wiesa um Erbauung dieser Bahn beschließt die Kammer, der Regierung zur Kenntisnahme zu überweisen, und die Petition des Stadtrates zu Buchholz und Genossen, welche ersucht, den Bau dieser Bahn nicht stattzugeben, auf sich beruhen zu lassen. Weiter beschließt die Kammer, die Petition des Stadtgemeinderates au Wildenfels um Erbauung einer Eisenbahn von Wiesenbing nach Wildenfels, der Stadtgemeinde zu Hartenstein und Genossen, uni Erbauung einer Eisenbahn von Wiesenburg nach Höhlteich und des Ausschusses für Erbauung der Bahnstrecke Zwickau - Ober reinsdorf, um Erbauung dieser Bahn, der Regierung in dem Sinne zur Kenntnisnahme zu überweisen, daß in Erwägung eingetreten werde, in welcher Weise die Stadt Wildenfels zweck mäßig an das Eisenbahnnetz anzuschließen ist. Die Petition der Gemeinden Schönau und Genossen und Hartenstein und Genossen wegen Weiterführung der Bahn bis Neuölsnitz wird auf sich be ruhen gelassen. Die Petition der Stadtgemeinde Liebstadt und Genossen um den Bau einer Eisenbahn durch das Seidewitzthal bis Liebstadt beschließt die Kammer, soweit die Strecke bis Kalk- wert-Nenntmannsdorf in Frage kommt, der Regierung zur Erwä gung zu überweisen. Die Petitionen des Gemeinöerates zu Seelig stadt und Genossen um Errichtung eines Haltepunktes daselbst und des landwirtschaftlichen Vereins von Altensals und Genossen um Erweiterung der Haltestelle Thosfell beschließt die Kammer auf sich beruhen zu lassen. Eine längere Debatte entspannt sich über die Petition um Erbauung der Nordostbahn und die besonderen Linienführungen derselben. Schließlich stimmt die Kammer dem Anträge der Finanzdeputation 8 bei und beschließt die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Dresden, 21. April. (Erste Kammer.) In der heutigen Sitzung wurde zuerst die Wahl von drei Mitgliedern ^xd zwei Stellvertretern zum Staatsgerichtshof vollzogen. Es würden ge wählt als Mitglieder Ministerialdirektor a. D. Wirk! Geh. Rat Dr. Jahn - Dresden, Rechtsanwalt Geheimer Justizrat Schütz- Dresden und Landgerichtspräsident Dr Hartmann-Plauen i. V., sowie als Stellvertreter Rechtsanwalt Geh. Justizrat Ulrich-Chem nitz und Rechtsawalt Justizrat Barch - Leipzig. Dann folgte die Schlußberatung über Kapitel 38 bis 41 des Etats Departement der Justiz betreffend. Wirklicher Geheimer Rat Dr wach hielt hierzu eine längere Rede, in der er zunächst dem Justizministerium für seine Tätigkeit Anerkennung zusprach und sodann auf den Zu drang zum geistigen Studium zu sprechen kam. Erfreulich sei j aber, daß für unsere Leipziger Universität ein Rückgang der Zahl der juristischen Studenten sich ergeben habe. Zum Schluß nimmt Redner unsere Richter gegen den Vorwurf der Klassenjustiz in Schutz und betont, es gebe keine Justiz auf der Welt, welche un parteiischer, gerechter und strenger nach dem Grundsatz „Gleiches Recht für Alle" tätig sei, als die deutsche. Justizminister Sr von Otto dankt dem Vorredner für seine Ausführungen und geht des näheren auf einzelne Punkte derselben ein. Darauf beschloß die Kammer, die Petition des Adolph Petraschk in Dresden Schaden ersatzansprüche betreffend, auf sich beruhen zu lassen Dagegen wird die Petition der Schutzgemeinschaft für Handel und Gewerbe in Leipzig und Genossen, die Einstellung nur Studierender der Universität Leipzig bei den in Leipzig garnisonierenden Infanterie- Regimentern als Einjährigfreiwillige betreffend, der Regierung zur Kenntnisnahme überwiesen. Es folgt die Schlußberatung über Kapitel 51 bis 54 des Etats, Hausmspektion der Medizinalgebäude, Landesmedizinalkollegien, hygienische Untersuchungsanstalten, tubu- latorische Kliniken usw. betreffend. Auch diese Kapitel werden nach den Anträgen der Deputation angenommen. Die Petition des Verbandes konditionierender Apotheker für das Deutsche Reich und des Verbandes der Apothekenkonzessionsanwärter im Königreich Sach sen wird der Regierung als Material für eine spätere Regelung der Angelegenheit zur Kenntnisnahme überwiesen. Endlich über weist man noch die Petition einiger separierter evangelisch-lutheri scher Gemeinden ungeänderter Augsburgischer Konfession um die Genehmigung eigener Volksschulen für die zugelassenen Religions gemeinschaften und um Regelung des Religionsunterrichtes in dem künftigen Volksschulgesetze der Regierung ebenfalls zur Kenntnis nahme. — Nächste Sitzung Dienstag, den 26. April s/,12 Uhr. Dresden, 22. April. Zweite Kammer. Eingegangen ist ein Antrag Schanz, 22000 M für die Errichtung einer Submissions zentrale zu Gunsten des Handwerks und gewerblichen Mittelstan des einzustellen, sowie eine Interpellation Günther betreffend Ver letzung des Wahlgeheimnisses bei einer Zeugenvernehmung. Zur Beratung stehen zunächst Kapitel 22 und 23 des ordentlichen Etats, Zivilliste, Apanagen usw. Die Majorität der Deputation bean tragt durch ihren Berichterstatter Abg. Dr. Hähnel bei Kapitel 22, Zivilliste, nach der Vorlage, die Ausgaben mit 3704927 M, bei Kapitel 23, Apanagen, mit 352200 M zu bewilligen. Abg. Schulze (Soz.) gibt namens der sozialdemokratischen Fraktion die Erklärung ab: Die sozialdemokratische Fraktion wird gemäß ihren Grund sätzen und in Uebereinstimmung mit ihren programmatischen For derungen gegen dieses Kapitel stimmen. Diese Haltung ist ledig lich der Ausfluß unserer politischen Ueberzeugung von der Ent wickelung unseres Volkes zu politischer Selbständigkeit und höherer Kultur. Wir betrachten die gegenwärtige Verfassung des sächsischen Staates als rückständig und entwickelungsbedürftig. Insbesondere vertreten wir die Forderung, daß die Befugnisse der Volksvertre tung gegenüber der Regierung erweitert werden und daß die par lamentarische Regierungsform zu erstreben ist. Wir sind auch der Ueberzeugung, daß die allgemeine Kulturentwicklung dahin führen wird, dem Volke selbst und seiner gewählten Vertretung die allei nige Entscheidung über Gesetzgebung und Verwaltung des Staates in die Hand zu geben. Die Kammer bewilligte die Ausgaben mit 56 gegen 23 sozialdemokratische Stimmen. Bei Kapitel 32 des ordentlichen Etats, Gesamtministerium und Staatsrat, werden ein stimmig und debattelos die Ausgaben mit 29154 M bewilligt. Bei Kapitel 33, Kabinettskanzlei, werden die Ausgaben mit 900 Mark genehmigt. Weiter wird der Entwurf eines Gesetzes betr. Erlaß, Stundungen und Nachforschungen von Einkommen- uno Ergänzungssteuern nach kurzer Berichterstattung durch den Abg. Dr. Hähnel einstimmig und ohne Debatte nach der Vorlage an genommen. Schließlich erledigte die Kammer noch die Etatskapitel 44, Akademie der bildenden Künste zu Dresden und Kapitel 44 s, für Kunstzwecke im allgemeinen, indem sie die Einnahmen bei Ka pitel 44 mit 21260, die Ausgaben wit 244476 M und bei Kapitel 44 s die Ausgaben mit 134600 M bewilligte. Nach Erledigung der Tagesordnung gibt Präsident Dr. Vogel bekannt, daß er, um die Geschäfte des Hauses zu fördern, die nächste Sitzung auf Mon tag abend 6 Uhr, für die folgenden Tage auf nachmittags 2 Ubr anberaumen werde, um den Deputationen Gelegenheit zu geben, in den Vormittagstunden zu arbeiten, um das erforderliche Mate rial zu beschaffen. ^QgALgsscdicdtL. Deutsches Reich. Berlin, 22. April. In Anwesen heit des Staatssekretärs Dernburg und des Unterstaats sekretärs von Ltndequist begann die Budgetkommission des Reichstages heute vormittag die Beratung übe. den Antrag Erzberger und über die Verhandlungen des Ko lonialamts mit der Kolonialgesellschaft für Südwestafrika. Ueber die Behandlung des Antrages Erzberger entwickelte sich zunächst eine längere Geschäftsordnungsdebatte, in der auch der Staatssekretär Dernburg das Wort ergriff. Er führte aus, daß eS sich um Fragen von solcher Wich tigkeit handle, wie sie in der kolonialen Politik noch nicht vorgekommen seien. Der Antrag Erzberger bedeute eine Enteignung, da unter großen: Druck Abtretungen von Land erzielt werden sollten. Das Verfügungsrecht des Kaisers dürfte nicht durch einen Paragraphen besei tigt werden an einer Stelle, wo er nicht hingehört. Abg. Erzberger widersprach diesen Ausführungen und betonte vor allen, daß die Geschäftsordnung nur Sache des Reichstages sei und die Regierung nicht eingreifen dürfe. Um den Kaiser handle es sich bei dem Entwürfe nicht. Der Reichstag habe das Recht, mitzusprechen. Nach einer kurzen Entgegnung des StaatSsekrelärs Dernburg wird in die Beratung des Antrages Erzberger eingetreten. Staatssekretär Dernburg lehnte den Antrag Erzberger, sowie die Resolution der Fortschrittlichen Volkspartei ab, zunächst auS dem Grunde, weil der Antrag die im Schutz- gebietSgesetz normierte kaiserliche Gewalt einschränken wolle. Durch „Besteuerung" könne nichts weggenommen werden, was nicht im „Rechtswege" anzueignen sei. Der Schutz der Kolonie liege dem Reiche ob. Nur die Aus gaben unt-rstehen nach dem Schutzgebietsgesetz dem Etat und dem Reichstag. Die Einnahmen-Einstellung unter liege der Verwaltung. Der neue Vertrag mit der Ko- lonialgesellschast wurde von Dernburg als ein sehr guter für den FiskuS bezeichnet. Straßburg, 22. April. Die amtliche Straßburger Korrespondenz gibt folgendes Programm für den mor gigen Kaiserbesuch bekannt: Nach Ankunft auf dem Straß burger Zentralbahnhofe morgen nachmittag 5 Uhr 50 Min. wird sich der Kaiser, die Kaiserin und die Prinzessin Viktoria Luise mit dem Gefolge nach dem Kaiserpalast begeben. Abends findet ein Diner statt, zu dem der Graf und die Gräfin Wedel der kommandierende General von Fabeck, der Staatssekretär, die Unterstaatssekretäre, die Generäle usw. Einladungen erhalten haben. Für Sonn tag ist die Teilnahme an dem Gottesdienst in der prote stantischen Garnisonskirche vorgesehen. Dann erfolgt eine Automobilfahrt nach der HohkönigSburg. Oesterreich-Ungarn. Wien, 22. April. Der hiesige Gemeinderat hat heute vormittag den bisherigen Ersten Vizebürgermeister l)r. Joseph Neumayer mit 129 gegen 16 Stimmen zum Bürgermeister von Wien gewählt. Frankreich. Niza, 22. April- Der König von Dänemark mit zahlreichem Gefolge ist hier eingetroffen. Er wurde am Bahnhof von dem Präfekten und dem dänischen Konsul empfangen. Türkei. Sofia, 22. April. Der türkische Thronfolger Prinz Jussuf Jsfeddin, der in Vertretung seines Oheims, des Sultans Muhamed V. demnächst beim König Ferdi nand einen Gegenbesuch abstatten wird, wird nicht bloß vom Minister des Aeußeren Rifaat Pascha, sondern auch vom Großvesier Hakki begleitet werden. veulscder Nsicdstag. Der Reichstag erledigte in seiner Sitzung vom Donnersiag die Gesetzesnovelle betr. das Reichsschuldbuch in erster und gleich dar auf in folgender zweiter Lesung. Reichsschatzsekrelär.Wermuth wies darauf hin, daß die Vorlage mit der gleichartigen für Preußen ausgearbeitet worden sei. Der Entwurf bedeute eine Erleichterung des geschäftlichen Verkehrs. Die Hebung des Kurses der Reichs anleihen sei für die Machtstellung des Reiches von größter Bedeu tung. Abg. am Zehnhoff (Ztr.) stimmte der Vorlage zu, ebenso Abg. Droescher (kons.), der als Zweck der heungen Verhandlungen ansah, die Aufmerksamkeit des Publikums auf das Reichsschuldbuch zu lenken. Auf die Versicherungsgesellschaften sollte ein Druck aus geübt werden, damit diese ihre Bestände in Reichsanleihen anlegen. Auch Abg. Ortet (nl.) war mit der Vorlage einverstanden. Abg. pachnickeff. V.) schloß sich dem an. Abg. Dr. Arendt (Rp.) regte die Herausgabe eines Merkblattes über das Schuldbuch an. Selbst eine bescheidene Einwirkung auf den Kursstand der An leihen sei zu begrüßen. Reichsschatzsekretär wehrmnth stellte sich einer Anregung, periodisch über den Stand deS Reichsschuldbuches zu berichten, sympathisch gegenüber. Abg. Dove (f. V ) meinte, wer von der Vorlage eine Hebung des Kurses der Anleihen erwarte, sei ein Optimist, stimmte aber dem Gesetz zu. Darauf wurde die Beratung geschlossen und das Haus wandte sich Rechnungssachen zu. Abg. Erzberger (Ztr.) forderte eine Beschleunigung der Rech nungslegung Umerstaatssekretär v. Lindequist wies eine Schuld de: Verwaltung daran zurück. Bei der Uebersicht über die Aus gaben und Einnahmen für 1906 brachte Abg. Erzberger (Ztr) zur Sprache, daß eine Kabinettsordre von 1908 die Etatsüberschrei tungen von 1905 genehmige. Eine solche Ordre stehe nicht im Einklang mit der Verfassung Abg. Hengsbach (Soz.) schloß sich dann an. Reichsschatzsekretär Wermuth hielt die Frage für nicht genügend erklärt, ob die Etalsüderschreitungen dem Beamten zur Last fallen. Ob die gegenwärtig befolgte Form die richtige sei, bleibe dahingestellt. Nach weiterer unwesentlicher Debatte wurden die Etatsüberschreitungen genehmigt. Es folgt die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über die Haftung des Reiches für seine Be amten. Abg. Dove ff. V.) stimmte der Vorlage zu und sprach die Ansicht ans, daß das Reich für jeden Beamten, auch die farbigen, die Haftung übernehmen müsse. Dem Abg Erzberger (Ztr.) er schien es zweifelhaft, ob schon heute die farbigen Beamten den weißen gleichgestellt werden können. Auch Abg. Schulz (Rp.) hatte die gleichen Bedenken. Nach weiterer kurzer Debatte wurde die Vorlage angenommen. Damit war die Tagesordnung erschöpft. Freitag: Mühlheimer Eisenbahnunglück.
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