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2. Beilage K Pulsnitzer Wochenblatt Sonnabend —4- Ar. 56. 4— 14. Mai 1910. OsrMckss unü SScksisckes. — Gewinne der 17. Völkerschlacht-Denkmals- Lotterie am 3. Ziehungstahe, 12. Mai, (ohne Gewähr): 25000 M auf Nr. 94592, 1000 M auf Nr. 82743, 500 M auf Nr. 150883, 195752, 300 M auf Nr. 170516, 194430, 200 M auf Nr. 128578, 135123, 156979, 189715, 100 M auf Nr. 14423, 15936, 86729, 101345 117487, 127881, 131011, 169463, 187900 193765. — 4. Tag: Nr. 37475 mit 10000 M, Nr. 10374 mit 1000 M, Nr. 839, 109167 mit 300 M, Nr. 106612, 171125, 198957 Mit 200 M, Nr. 99177, 134933, 196653, 83647, 7291, 71638 110429, 47362, 164602, 5061, 195620, 199397, 951, 77606 mit 100 Mark. — Der Hauptgewinn der Pferdelotterie, ein Vierfpänner und Landauer, ist diesmal nach Plauen i. V. gefallen, und zwar in die Kollektion von Franz Schindler auf die Nr 34488. Der glückliche Gewinner ist ein Schlossermeister. — Der größte Webstuhl der Welt ist jetzt in der sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz für eine säch sische Filztuchfabrik gebaut worden. Er wiegt 35000 Kilogramm und hat eine Länge von 23 Metern, eine Tiefe von 3,5 Metern und eine Höhe von 3 Metern. Die Arbeitsbreite beträgt etwa 18 Meter. Ncusalza. Zum Bürgermeister hiesiger Stadt wählten die Stadroerotdneten in einer am Mittwoch abend abgehaltenen geheimen Sitzung den Buchdruckereifaktor und Stadtverordneten Theodor Körner. Derselbe gehörte dem Stadtgemeinderat feit Anfang v. I. als Mitglied an. 8. Dresden, 13. Mai. Der Kampf der Holzbild hauer in Rabenau bei Dresden ist nach fünfwöchigem Streik beendet worden. Erreicht wurde eine Arbeitszeit verkürzung von einer Stunde pro Woche 1. April 1911 an und eine Lohnerhöhung von 5 Pf. m vier Raten, die letzte am 1. Oktober 1911. Dresden. Die Ankunft des „Z III" mit dem Grafen Zeppelin an Bord steht nunmehr bestimmt für Ende Mai oder Anfang Juni in Aussicht. Der Tag steht allerdings naturgemäß heute noch nicht fest, doch ist bereits in den nächsten Tagen die Festsetzung des Termins zu erwarten. Der Bürgerausschuß für Vaterländische Kundgebungen zu Dresden hat sich mit dieser Angelegen heit beschäftigt und beschlossen, dem Grafen Zeppelin eine Huldigung in der Form eines großen Kommerses darzubringen, der voraussichtlich im Gewerbehause oder im Kuppelsaale des Ausstellungspalastes stattfinden wird. Die Begrüßungsansprache wird der Vorsitzende de§ Aus schusses, Herr Professor vr. Nowack halten während Herr Oberbürgermeister Geh. Rat Or. Beutler gebeten werden soll die Festrede zu übernehmen. Die Ansprachen sollen durch musikalische und gesangliche Darbietungen um rahmt werden und der Eintritt zum Kommers soll un entgeltich sein. — Der angekündete Besuch des Parseval- Ballons in Dresden wird aller Voraussicht nach dem 8. oder 10. Juni erfolgen. Ser feierliche KWH des Landtages. Nach Beendigung der Arbeit im Ständehaus ver einigten sich die Herren Staatsmimstec und eine Anzahl höhere Regierungsbeamte und der größte Teil der Mit^ glieder beider Ständekammern in der vorübergehend als Hofkirche dienenden Frauenkirche zu einem Gottesdienste, bei dem das Mitglied der Ersten Kammer Herr Vizepräsi dent des evang.-luth. Landeskonsistoriums Oberhofprediger O. Ackermann die Predigt hielt. Der staatliche Schluß akt wurde nachmittags 2 Uhr im Thronsaale des König!. Restdenzschlofses durch Se. Majestät den König vollzogen. Der Hof harte aus diesem Anlaß Gala angelegt und die Trauer um den verstorbenen König Eduard von Groß britannien unterbrochen. Nachdem die Teilnehmer an dem Akte im Thronsaal plaziert worden waren und die Erste Kammer rechts, die Zweite Kammer links vom Throne, betraten Se. Majestät der König und Ihre König!. Hoheiten der Kronprinz und Prinz Johann Georg um geben vom Großen Dienst und den Leibpagen in feier lichem Zuge den Saal, während die Versammlung durch ein vom Präsidenten der Ersten Kammer Se. Exzellenz Oberstmarschall Wirkl. Geh. Rat vr. Graf Vitzthum von Eckstädt auf Lichtenwalde ausgebrachtes Hoch huldigte. Als der Monarch, den Kronprinzen zur Rechten, Prinz Johann Georg zur Linken, auf den Thron Platz ge nommen hatte, bedeckte er sein Haupt mit dem Helm, nahm dis Thronrede in Empfang verlas diese stehend. Die Thronrede gedenkt mit Befriedigung der arbeits reichen Tagung und spricht die Genugtung aus, daß neben der Erledigung des Staatshaushaltsetats auch die übrigen Vorlagen der Regierung insbesondere die wich tigen Gesetze über das Bergwesen, über die Reform der Brandversicherungsanstalt, über die Bildung von Ge meindeverbänden, über das höhere Mädchenschulwefen und über die Anstellungsverhältnisfe der Nadelarbeits und Fachlehrerinnen an Volksschulen eine der An sichten der Regierung entsprechende Fassung ge funden haben. Mit Befriedigung betont weiter die Thronrede, daß durch die Einführung von Sicherheits männern beim Bergbau die dem Leben und der Gesund heit der Bergarbeiter drohenden Gefahren auf das wirk samste bekämpft werden und daß trotz der Spannung des Etats die Löhne der Teils der Eisenbahnarbeiter er höht werden konnten. Durch die Bewilligung des Auf wandes für den Umbau der Bühne des Hofopernhauses wird diesem Kunstinstitut seine hervorragende Stellung in Deutschland auch in bühnentechnischer Hinsicht für die Zukunft gesichert werden. Die Thronrede schließt mit Wunsche, daß die Ergebnisse der Arbeiten der Stände dem Lande zum Segen gereichen möchten. Se. Majestät gab die Rede zurück und nahm auf dem Thronsesfel mit unbedecktem Haupte Platz. Nun mehr rrug der vortragende Rat im Gesamtministermm Herr Ministerialdirektor Geh. Rat vr. Schröter den fo- genannten Landtagsabschied vor, der die Allerhöchsten Entschließungen und Vorbehalte auf die im Verlauf der Session erlassenen ständischen Schriften enthielt. Sodann trat der dienstälteste Staatsminister Se. Exzellenz Herr Finanzminifter vr. v. Rüger vor die Stufen des Thrones und erklärte im Namen Sr. Majestät des Königs die Landtagssession für 1910/191! für geschlossen. Darauf verließen Se. Majestät der König und Königl. Hoheiten der Kronprinz und Prinz Johann Georg mit der Cortage im feierlichen Zuge den Saal, wozu die Kapelle des Gardereiter-RegimentS Fanfaren blieS. Präsident vr.Vogel- DreSden brachte ein dreimaliges brausendes Königshoch aus. Damit war die Feierlichkeit zu Ende. riagssgssckrÄrts. Deutsches Reich. Berlni, 13. Mai. Ueber die Ab reise Roosevelts sind heute endgiltige Bestimmungen ge troffen worden. Hiernach fährt Roosevelt am 1. Pfingst feiertag vormittag ^i2Uhx vom Vahnhof Friedrichstraße über Vlissingen nach London ab, wo er am Montag Vor mittag eintrtfft. — Heute Vormittag besichtigte der Ex- ptästdent in Begleitung des Oberbürgermeister Kirschner die städtischen Anstalten in Buch. Heute Nachmittag nahm er an einem Frühstück im Botfchaftshotel in der Bis marckstraße teil. — Die Sozialdemokraten Süddeutschlands sind auS anderem Holze geschnitzt als diejenigen Norddeutfchlands. Das ersah man auch wieder daraus, daß die sozialdemo kratischen Mitglieder der badischen Zweiten Kammer voll zählig auf einem parlamentarischen Abend des Ministers v. Badmann erschienen waren, und daß sich mit ihnen der Prinz Max von Baden angelegentlichst unterhielt. England. London, 13. Mai. Die heutigen Morgen blätter beschäftigen sich mit der gestrigen Rede Roose velts in der Berliner Universität. Die „Daily Chroniele" schreibt: Die Gefahr, welche man für den Westen stets heranzuholen bemüht ist und welche den gestrigen Zu- höhern Roosevelts und insbesondere dem deutschen Kaiser stets vorgeschwebt hat, namentlich die gelbe Gefahr, be steht, wie gestern Roösevelt ausgeführt hat, nicht. Die Politik mutz vom Geldverdienen getrennt werden und die westliche Zivilisation hat noch ihre alte Kraft und Lebens stärke. Der „Standard" schreibt: Herr Roosevelt ist ein Optimist durch und durch und ihm kann der Gedanke, an einen möglichen Verfall der Welt gar nicht aufkom men. Er glaubt an die Zukunft und er erhofft von ihr die Erfüllung aller Wünsche. Er kennt nur eine Bedeu tung, das ist die, datz die Menschen sich der Tugend wür dig zeigen, welche er als Männlichkeit bezeichnet. Die „Morning Post" schreibt: Wenn Mr. Roosevelt von Ge fahren für die zivilisierten Staaten spricht, dann zeigt er un§ aber gleich, daß er voller Hoffnung der Zukunft ent gegensieht. Seine Ueberzeugung ist, daß die Zivilisation stets weiter fortschreite und daß allen Gefahren getrotzt werden kann, solange die Menschen stetig an der Aus gabe des Fortschrittes und der Zivilisation fort arbeiten. Loudon, 13. Mai. Ueber die politische Lage in Eng land wird berichtet, daß das Unterhaus nach seinem Wie derzusammentritt eine Anzahl dringender Vorlagen zu er ledigen haben wird. Als erste Frage stehe das Budget für 1910 auf der Tagesordnung, ferner ein Gesetz für die Regelung der Regentschaftsfrage für den Fall, daß der jetzige König sterben sollte, bevor der Thronfolger großjährig geworden ist. 6us aller Welt. Berlin, 13 Mai. (Mordanfall.) Heute mittag wurde der in der GerichtSsträße 84 wohnende Rollschuh fabrikant Gotthold Noack von feinem Angestellten, dem Schlossergesellen Müller in der Wohnung überfallen nnd durch fünf Messerstiche so schwer verletzt, daß sein Zu stand zu ernsten Besorgnissen Anlaß gibt. Müller hatte di Rückzahlung der von ihm hinterlegten 100 Mark und seinen Lohn verlangt, was Noack abschlug. Köln, 12. Mai. (Unwetter.) Das gestrige Unwet ter wütete im ganzen Rheinland bis nach Süddeutsch land hinein. ES r-chtete große Verheerungen an. Im Telephonbetrieb von Köln sind die Hauptleitungen ge stört. In Troisdorf sind zwei Bauten eingestürzt; die Bewohner wurden schleunigst in Sicherheit gebracht. Auf einer Chaussee bet Köln wurde ein Auto umgeweht, der Chauffeur leicht, ein Insasse schwer verletzt Mehr fach hat der Blitz eingeschlagen. Eine Frar wurde in ihrer Wohnung an der Kurfürstenstraße infolge des einen heftigen Donnerschlages vom Schlage gerührt und war tot. 8. Asch i. B., 13. Mai. (Windhose.) Eine furcht bare Windhose hat in Asch am Donnerstag großen Schaden angerichtet. Hunderte vom Bäumen wurden entwurzelt, viele Dächer abgehoben und zahlreiche Kamine umge- w orfen. Das Unwetter dauerte nur wenige Minuten. -4 SG Loß SGönfeLd. 4— Roman von Franz Treller. 7. Nachdruck verboten. Die letzten Worte Hangen so herzlich, mütterlich, daß sie Mathilde von Godrberg wohltaten, und sie ihre Absicht, den Besuch kurz abzuweisen, aufgab. Sie sah mit mehr Teilnahme in da« faltige Gesicht der alten Frau, die ruhig fortfuhr: „Ich habe rin lange« Leben hinter mir, Fräulein von Tod«berg, und habe mich in diesem Leben umgesehen nach recht« und link«, nach oben und unten. Menschen von wirklich innerem Wert, welche di« Probe bestanden, wenn da« zersetzende Scheide« wasser der Versuchung ihnen nahte, habe ich wenig gefunden, wenn ich sie aber fand, sie auch um so Höber geschätzt," Eie sagte die« mit einer ruhigen Bestimmtheit, die in« dessen de« Wohlwollen« nicht entbehrt«, und fügte in verbind lichem Ton hinzu: „Fräulein von Godrberg würde mich sehr verbinden, wenn sie mich einige ibrer Arbeiten sehen ließe." Die jung« Dame, einigermaßen befangen durch da» unge wöhnliche Auftreten der Fremden, nicht wagend, da« Ansinnen abzulehnen, erhob sich mit den Worten: „Würden Sie di« Güt« haben, mich in mein Arbeitszimmer zu begleiten", und deutete nach der Tür, au« welcher sie ge- gekommen war. Frau Lehmann erhob sich; auf ihren Stock sich stützend, ging fi, in da« Nebenzimmer. E« war ein kleine«, behag liche« Gemach, welche« ihr Auge überflog, die wenigen Möbel, sowie die Bilder an den Wänden harmonisch geordnet und alle« von einer peinlichen Ordnung und Sauberkeit. Frau Lehmann gewahrte die« auf den ersten Blick. Mathilde legte hierauf einige ihrer Stickereien vor. Die alte Dame musterte sie durch die Lorgnette. „Da» ist in der Tat schöne und tüchtige Arbeit, mein Fräulein, und macht Ihrer Kunstfertigkeit und Ihrem Fleiße Ehre." Mathilde von Godrberg hörte den Lobspruch gern. „Sind diese Sachen noch zu haben, gnädige» Fräulein?" «Ja", sagte diese, und ein leichter Seufzer klang hindurch. „Die beiden Kaufleute, bei denen ich sie verwerten wollte, klagen über zu reichliche Angebote und langsamen Absatz." „So würden Sie mir diese vier kleinen Stickereien ab- treten?" „Gern." „Der Prei» ?" „Ich erhalte vom Kaufmann 10 Mark für da» Stück." „Wie viel?" fragte Frau Lehmann mit scharfer, fast zor niger Stimme. „Zehn Mark", wiederholte Mathilde. „Da» ist stark! Und wie lange arbeiten Sie an einer solchen Stickerei?" „Vier Tage." „Hm, hm." Die alte Dame wiegte den Kopf hin und her. „Ich zahle Ihnen natürlich da», wa» ich dem Kaufmann geben müßte, bei dem eine Stickerei unter 30 Mark nicht zu haben ist. Würden Sie mir diese vier kleinen Arbeiten ab- lassen ?" „O gewiß — nur — der Prei» —" „Da» ist eine Geschästrsache, Fräulein, und ich zahle nicht «inen Pfennig mehr, al» ich zahlen müßte, wenn Sie mich an den Handelrmann wiesen, und al» die hübschen Arbeiten wert sind." Sie nahm au» dem kleinen Täschchen, da» sie am Handge lenk trug, mehrere Goldstücke und legte sie auf den Tisch. „Gnädige Frau, — ich —" „Ist «» nicht ein stolze« Gefühl, Fräulein von Godrberg, durch seinen Fleiß eine wenn auch nur kleine Summe verdient zu haben?" Sie ging, nahm den Stickrahmen, ohne da« halb verlegene, halb glückstrahlende Gesicht Mathilden«, zu beachten, und richtete ihre Lorgnette auf die fast vollendete Arbeit, einen prächtige» Blumenstrauß in Seidenstickerei. „Da« ist schön, Fräulein, sehr schön. Noch zu haben?" Da« junge Mädchen bejahte. „Hm, 200 Mark unter Brüdern wert. Wa« meinen Sie?" Mathilde erschrak, denn vom Kaufmann würde sie höchsten« 50 Mark erhalten haben?" „Müssen Sie mehr fordern für diese zeitraubende Arbeit, nur dreist herau«; ich bin die Frau eine« Kaufmann« und zahlx für eine Sache nur da«, wa« sie wert ist." „Verehrte Frau — diese Summe — zu viel —" stammelte Mathilde fast. Frau Lehmann wandte ihr da« Gesicht zu und lächelte s« an. E« war merkwürdig, wie da« so strenge, hart« Antlitz unter diesem Lächeln sich verwandelte. E« strahlte eine liebevolle Freundlichkeit darau« hervor, und dieser Au«druck veränderte alle Züge; e» war ein andere« Gesicht. „Kaufmännische« Talent haben Sie nicht, Fräulein von God«berg", mit diesen Worten begleitete Frau Lehmann ihr Lächeln. „Eie haben die Güte, diese Arbeit gelegentlich zu voll enden und mir zu überlassen, hier ist der Betrag." „Nein, Madame", und Mathilde wehrte ab, al« Frau Lehmann zwei Hundertmarkscheine auf den Tisch legte. Mathilde überkam ei» Gefühl, gemischt au« Trauer und Freude. Trauer darüber datz sie gezwungen sei, die Summe anzunehmen, welche ihr die seltsame alte Frau anbot, augen scheinlich, um ihre Not zu lindern, obgleich sie nicht begriff, wie diese dazu krm; Freude, datz sie «ine kleine Summe be saß, um ihren Bruder, der gewiß Geld brauchte, zu unter stützen. Frau Lehmann legte die magere Hand auf die de« jungen Mädchen«. Also da« wäre abgemacht, Fräulein. Ich danke Ihnen,