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Nr. 56 Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, ven 14. Mai 1910 Seite 10. den erhören, der in einem Wettkampf seine größere physische Widerstandsfähigkeit beweise. Die beiden Liebha ber beschlossen, hce Kräfte im Schwimmen miteinander zu messen. DaS Ergebnis war, daß Milenko im Fluß ertrank und Theodor sich eine Lungenentzündung holte, der er am dritten Tage erlag. Großen Eindruck hat dieses tragische Ergebnis auf das schöne Mädchen auch nicht gemacht, und als man sie fragte, ob sie die Folgen des Boykotts nicht fürchte, erwiderte sie lachend, daß sie von verschiedenen Boykottierern heimliche Heiratsanträge erhalten habe. * Die Mädchen Händler sind gewiß die nieder trächtigste Sippe, die Gottes Sonne bescheint. Junge, hübsche, blühende Mädchen, die mit den schönsten Hoff nungen ins lachende Leben treten, ins Ausland zu ver schleppen und dort dem niedrigsten Elend zu überliefern, sie hilflos den Gelüsten südamerikanischer Viehtreiber preiszugeben, das ist das Gemeinste, auf das die gewissen loseste Geldgier ve fallen konnte. Solch ein Lump kömmt als reicher Mann aus Amerika, der eine Frau sucht, er be tört daS unglückliche unerfahrene Ding, das allen War nungen zum Trotz den Lockungen Gehör schenkt und meint, daß sein Mut noch besonders anzuerkennen sei; der Verführer läßt sich sogar, wenn es nicht anders geht, zum Schein mit ihr trauen und macht ihr die kostbarsten Geschenke — kaum aber ist das neuvermählte Paar in Buenos Aires gelandet, so werden die beiden durch „Zu fall" getrennt, und die arme Verkaufte findet sich in einem Hause wieder, in der der Schnaps und nötigen falls die Peitsche zum Laster zwingt. Fluchtversuche mißlingen, und das Ende ist ein scheußlicher Tod. Dann kommt neue Waare. Gouvernanten, Bonnen, Stützen der Hausfrau, Bräute für gute Freunde — wer kennt all die Vorspiegelungen, unter denen die Jugend, be sonders aus kleinen Orten sich verlocken läßt, dem gol denen Land der Dollars und der Pesos zuzustreben und womöglich dem Verführer in die Hände zu arbeiten, um die Bemühungen der Retter zu vereiteln. Ab und zu werden einige dieser Schandbuben gefaßt. Die Polizei hat auf einen Schemen anderthalb« gesetzt und dadurch zwei dieser gemeingefährlichen Individuen in Berlin fest genommen, die seit Jahren in Deutschland, Oesterreich, Rußland usw. ihr Wesen trieben. Polizeiagentinnen legten den Verbrechern eine Falle, indem sie sich scheinbar ihren Plänen geneigt zeigten; natürlich ging alles nach Wunsch, kostbare Kleider und Schmucksachen spielten keine Rolle, und die Mädchen schienen zu den besten Hoffnungen zu berechtigen. Auf bem Bahnhofe aber erschien die Polizei und setzte die ganze Gesellschaft fest. Man hatte jetzt einen tiefen Einblick in ihre Art, zu operieren, in ihre Vergangenheit und in ihre überseeischen Beziehungen gewonnen. Aber diese Verhaftung ist leider nur ein Ausnahmefall. Wie viel anderen mag das traurige Werk gelingen? ES ist die Pflicht der Presse, zu warnen und immer wieder zu warnen. Zu>n Thronwechsel in England. König Georg V. mit dem Thronfolger Prinz Eduard Albert. König Seorg V. von Lnglanv u sein ältester Sokn. König Georg, derdurch dm Tod seine? Vaters aufden englischenThron gelangt ist, Hut sechs Kinder, darunter fünf Knaben. Der älteste Sohn des neuen König«, der nach uraltem Brauch alsThronfolgervonnun ab den Titel Prinz von Wales führen wird, ist der am 23. Juni 1894 in Richmond ° Park in Surrey geborene, also jetzt fast 16jühnge Prinz Eduard Albert. König Georg, der als Seemann erzogen wurde und zehn Jahre lang im aktiven Dienste der englischen Marine stand, hat auch seinem Schn eine see männische Erziehung angedeihen lassen. Der junge Prinz gehört dem Marins College in Os borne, einer der wich tigsten Marineschulen Englands an. 2 Klee ist in letzter Zeit vielfach in der Entwickelung zurückge blieben und zeigt stellenweise lückenhaften Bestand, der teils durch Mäusefraß, teils durch lagernde Decksrucht im Vorjahre hervorgerusen wurde. Gleichwohl ist der Stand des Klees im Reichsdurchschnitt im April 1910 mit 2,3 erheblich besser als im April 1909 mit nur 2,8. Ja, er ist sogar mit 2,3 der beste seit 1900, denn 1902 und 1906, die nächstbesten Jahre, ergaben nur 2,4. In den einzelnen Staaten stellt sich Klee auf 2,0 in Bayern, auf 2,1 in Weimar und Altenburg, auf 2,2 in Sachsen, Hamburg, Lippe, Braunschweig, Sondershausen, Reuß a. L., auf 2,3 in Baden. Hessen, Reuß j. L., auf 2,4 in Preu ßen, Anhalt, Rudolstadt, auf 2, in Strelitz, Oldenburg, Elsaß-Loth- ringen, Meiningen Schaumburg, auf 2,6 in Mecklenburg-Schwerin, auf 2,7 in Württemberg, Waldeck und Lübeck und auf 2,8 in Koburg und Bremen. Zur Wege der MWye. Im Interesse des Landwirtes und im Interesse der menschlichen Gesellschaft ist es geboten, daß man den Milchkühen die beste Pflege angedeihen läßt; denn eine kranke Kuh kann keine gesunde Milch geben. Wer Gelegenheit hat, auf einem Viehmarkte, wo von allen Seiten Vieh zusammengetrieben wird, die Euter der Kühe näher zu prüfen, gelangt bald zu der Ueberzeugung, daß gerade die Pflege des Euters nicht selten viel zu wünschen übrig läßt. Gegen alle Euterkrankheiten ist eine sorgsame Vorkehrung das beste Mittel. Eine Kuh soll man nach dem Kalben nie naß oder gar auf dem bloßen Boden liegen lassen. Man soll für gute, trockene Streu sorgen und darauf achten, daß der Stall warm und vor Zugluft geschützt ist. Eine besonders sorgfältige Pflege nach dem Kalben ist auch deshalb geboten, weil leicht das gefährliche Milchfieber eintreten kann. Infolge innerer Erkältung, welche durch zu kaltes Saufen oder nasses und kaltes Grünfittter her vorgerufen werden kann, treten ebenfalls Eutererkrankuugen auf. Das beste Schutzmittel dagegen find, trockene Wärme und leichte Abreibungen nach dem Melken mittels eines trockenen, wollenen Tuches, ferner voll ständiges Ausmelken und trockene Streu, ein warmer Stall, in dem ge sunde Luft herrscht, und trockenes Futter. Ein einzige Stockung im Wiederkäuen, hervorgerufen durch mangelhafte Pflege, kann zur Folge haben, daß die Milchabsonderung für längere Zeit gestört wird. Je mehr Sorgfalt man seinen Milchkühen zuwendet, desto widerstands fähiger macht man sie gegen gewissen Erkrankungen, und nützt hier durch sich selbst und seinen Mitmenschen, welchen man zu einer ge sunden Milch verhilft. 3 Nützen oder IHM» der Amsel? Die Ansichten über Nutzen und Schaden der Amsel sind sehr geteilt, doch steht so viel fest, daß sie im allgemeinen ein durchaus harmloser und nützlicher Vogel ist, und dies gilt jedenfalls überall da, wo sie sich im Walde aufhält. Dagegen läßt es sich nicht leugnen, daß diejenigen Amseln, die sich in der Stadt angesiedelt haben, hier im Laufe der Jahre allerhand Unarten angenommen haben, die sich namentlich da bemerbar machen, wo die Amseln in zu großer Menge auftreten. So klagen die Gärtner vielfach darüber, daß die Amseln große Verwüstungen an den Beerenkulturen und namentlich auf den Erdbeerbeeten anrichten. Auch ist in einzelnen Fällen mit Sicherheit nachgewiesen, daß die Amseln sich an dem Inhalte anderer Vogelnester vergreifen, und namentlich will man beobachtet haben, daß die Nachti gallen überall da verschwinden, wo die Amseln zahlreich vorhanden sind. Immerhin wird es sich in solchen Fällen mehr um vereinzelte Ausnahmen handeln, sei es, daß die Amseln ihre eigene Brut gefährdet glauben, sei es, daß sie durch Fütterung mit Fleisch, wie es seitens unverständiger Vogelschützer oft geschieht, an Fleischgeuuß gewöhnt worden sind. Es genügt also das Wegfangen der mit solchen Unarten behafteten Individuen, während es verkehrt wäre, wegen solcher ge legentlichen Uebergriffe gleich die ganze Art in Acht und Bann zu erklären. — Warnung. —- Amtlicherseits ist darauf hingewiesen worden, daß sich nachge wiesenermaßen der südungarische und ganz besonders der französische Kiefernsamen in Deutschland nicht bewährt hat. Die deutsche Forst wirtschaft ist durch die Verwendung solchen Saatgutes bereits stark geschädigt worden. So sei nur erwähnt, daß vor etwa einem Jahr zehnt rund 1200 da Staatswaldfläche zum zweiten Male in Bestand gebracht werden mußte, da zu den erstmaligen Kulturen ungarischer und sranzösischer Samen verwendet worden war und die daraus er wachsenen Pflanzen sich schon nach kurzer Zeit als nicht lebensfähig erwiesen hatten. Auch in Privatwaldungen finden sich bereits viele klägliche Bestandsbilder, die als Beispiel dafür dienen können, wohin eine weitere Verwendung ungeeigneten Samens im deutschen Kiefern wald führen muß. Demgemäß ist auch sehr zu widerraten, von mehreren Samenangeboten stets dem billigsten ohne Rücksicht auf sonstige Umstände den Vorzug zu geben. Was für Samen bei dieser von vielen Waldbesitzern geübten Praxis unter Umstünden erworben