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Pulsnitzer Wochenblatt : 14.04.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-191004147
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19100414
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19100414
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-04
- Tag 1910-04-14
-
Monat
1910-04
-
Jahr
1910
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 14.04.1910
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Donnerstag Ar. 43. 14. April 1910. Säcksiscber Landtag. Dresden, 12. April. 2- Kammer. Die Sitzung beginnt vor überfüllten Tribünen. Auf der Tagesordnung steht als erster Punkt die sozialdemokratische Interpellation wegen der plötzlichen Entlassung von 13 Eisenbahnwerkstättenarbeitern in Chemnitz. Die Interpellanten fragen zum Schluß, was die Kgl. Regierung zu tun gedenke, um ihre Angestellten in der Ausübung ihrer bürger lichen Rechte zu schützen. Die Regierung erklärt sich zur Beant wortung der Interpellation bereit. Abg. Sindermann (Soz.) führt in seiner Begründung aus, die Eisenbahnverwaltung in Chemnitz habe die ihr unterstellten Arbeiter darauf aufmerksam gemacht, die öffentliche Versammlung, in der der Landtagsabge ordnete Held (Soz.) über den Eisenbahnetat referierte, nicht zu besuchen. Die 13 Arbeiter, die trotzdem an der Versammlung teil genommen haben, seien hierauf plötzlich entlassen worden. Ein solches Vorgehen der Regierung, daß gegen das Reichsvereinsge setz verstößt, mutz zu anarchistischen Zuständen führen. Die Eisen bahnarbeiter sind wirtschaftlich so schlecht gestellt, daß sie sich durch Zusammenschluß zu einer besseren Existenz durchringen müssen. Diese Maßnahme der Regierung verstößt aber auch gegen die viel gerühmte Kultur und gegen die christliche Weltanschauung. Wenn man einen Arbeiter entläßt, weil er Sozialdemokrat ist, so sollte man auch keine Steuern von Sozialdemokraten nehmen und sie auch nicht Militärdienst tun lassen. Ich weiß freilich nicht, ob man dann noch einen Krieg mit Luxemburg riskieren könnte. Die Maßregelung jener Eisenbahnarbeiter ist eine Brückierung der gesamten Arbeiterbewegung. Wir hoffen, daß auch die bürgerli chen Parteien diese Maßnahme der Eisenbahnverwaltung mißbilli gen und der Regierung zurufen werden: Bis hierher und nicht wei- ter. Wir werden es so machen, wie es einst die Konservativen mit einem Minister gemacht haben. Wir sagen der Negierung: Sie haben nicht mehr das Vertrauen des größten Teils der säch sischen Bevölkerung. Damm machen sie einem Nachfolger Platz, der den Interessen der Fortschritte besser zu dienen im Stande ist. Staatsminister vr. v. Rüger geht auf die Geschichte der Entlas sung der Arbeiter ein. Die Eisenbahnverwaltung könne den Bei tritt der Eisenbahnarbeiter zum Transportarbeiterverband keines falls dulden. Nun habe am 17. Februar eine Versammlung von Eisenbahnarbeitern in Leipzig stattgefunden. Darauf erließ die Regierung am 24. Februar eine Verordnung, nach welcher die einzelnen Dienststellen angewiesen wurden, jede Agitation unter den Eisenbahnarbeitern für den deutschen Transportarbeiterver band zu verhindern. Als nun für den 4. März eine ähnliche Ver sammlung wie die Leipziger für Chemnitz einbemfen wurde, ver bat die Chemnitzer Verwaltung ausdrücklich durch Anschlag den Besuch dieser Versammlung uud diejenigen Arbeiter, die diesem Verbot zuwiderhandeln wurden daraufhin entlassen. Das Endziel des Transportarbeiterverbandes geht darauf hinaus, schließ lich auf dem Wege des Streiks weitgehende Forderungen von der Eisenbahnverwaltung zu erzwingen. Vor dem Unheil eines Eisen bahnarbeiterstreiks aber müsse das ganze Volk unbedingt bewahrt blei ben. Die Eisenbahnarbeiter stehen nicht unter der Gewerbeord nung; es steht ihnen ein unbeschränktes Koalitionsrecht nicht zu. Die Entlassungen sind auf Grund des Disziplinargesetzes erfolgt, und dieses Disziplinargesetz ist vom Reichsvereinsgesetz nicht auf gehoben worden. Die Entlassungen der Arbeiter, die zu Recht er folgt sind, werden heilsam wirken und die besseren Elemente unter der Arbeiterschaft werden aufatmen. Die betreffenden Arbeiter haben sich ihre Entlassung selbst zuzuschreiben und auch die Ver anstalter solcher Versammlungen laden eine schwere Verantwor tung auf sich, denn sie müssen es wissen, daß die Arbeiter, die ihrem Rate folgen, sich schweren wirtschaftlichen Nachteilen aus setzen. (Beifall rechts. Unruhe links.) Es wird die Besprechung der Interpellation beschlossen. Die Abg. Langer und Reirnling (Soz.), erhalten nachträglich vom Präsidenten eine Rüge, lweil sie während der Ausführung des Abg. Sindermann die Maßnah men der Regierung mit dem Zwischenruf „Pfui" kritisiert hatten. Abg. Niethammer (Natl.) erklärt, es habe sich nachgewiesener Maßen um eine Versammlung für den Transportarbeiterverband gehandelt. Die Eisenbahnverwaltung hatte demnach das Recht, das Verbot an die Arbeiter ergehen zu lassen. Seine Partei freunde hätten keine Beranlassug, sich gegen das Vorgehen der Regierung zu erklären. Vizepräsident Gpitz (Kons.- meint, die Entlassungen seien gerechtfertigt. Die Gefahren, die eine unbe schränkte sozialdemokratische Agitation mit sich bringe, seien unbe rechenbar. Abg. Dr. Roth < Freis.) erklärt, den Standpunkt sei ner Partei habe Abg. Günther bereits in der Sitzung am 9. März dargelegt. Die Entlassungen seien zu Unrecht erfolgt. Abg. Böhme (Kons.) schließt sich den Ausführungen des Vizepräsiden ten Gpitz an. Abg. Fleissner (Soz.): Wenn man mit solchen infamen Mitteln arbeite, so scheine es verflucht faul im Staate zu stehen. Mit einer solchen Bekämpfung der Sozialdemokratie stelle sich die Regierung das größte Armutszeugnis aus Abg. Spiest (Kons.): Die Regierung habe nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, zu verhindern, daß die Eisenbahnarbeiter sich im Transportarbeiterverbande organisierten. Die Arbeiter brauchten sich ja nicht in den Staatsdienst zu stellen. Wenn sie es aber tä ten, so müßten sie auch danach handeln. Abg. Hettner (Natlib.): Die Haltung seiner Partei lasse sich durchaus mit ihrer liberalen Auffassung vom Staatsleben vereinbaren. Die Regierung habe die Gesetze so anzuwenden, daß damit dem Wohle des Staates gedient werde. Etwas anderes habe sie auch im vorliegenden Falle nicht getan. Andererseits müsse auch der Schein vermieden werden, als ob man den Eisenbahnarbeitern nicht dieselben Rechte zugestehen wolle, wie den übrigen Staatsbürgern. Die Regierung solle deshalb bei solchen Verboten sich auf das unbedingt notwen dige Maß beschränken. Staatsminister Dr. v. Rüger: Von einer Provokation des Landtages durch die Regierung könne keine Rede sein. Es fehle durchaus jeder Zusammenhang zwischen der Entlassung der Arbeiter und den Osterferien des Landtages, wie von sozialdemokratischer Seite behauptet wurde. Von Rachege- gefühlen könne ebenfalls nicht die Rede sein. Es handle sich nur um die Aufrechterhaltung der Disziplin. Da der Minister fort während durch Zwischenrufe unterbrochen wird, so bittet der Prä sident die Zwischenrufe zu unterlassen, und ruft den Abg. Richter (Soz.), der dagegen Widerspruch erhebt, zur Ordnung. Nach kur zen Ausführungen der Abgg. Dietel (Freis.) und Sindermann (Soz.) die nochmals den Standpunkt ihrer Partei präzisieren, wird die Besprechung der Interpellation geschlossen. Es folgt die Schluß beratung über Titel 6 des außerordentlichen Etats für 1910/11 betr. die Einrichtungen zur Erfüllung der reichsgesetzlichen Sicher ungsvorschriften (9. Rate. Die Deputation beantragt, nach der Vorlage 300000 M. zu bewilligen. Abg. Dürr (Freikons.) fragt an, ob angesichts des Mühlheimer Eisenbahnunglücks in Sachsen Vorsorge getroffen worden sei, daß die Sicherheitseinrichtungen nicht in die Hand eines einzelnen Mannes gelegt würden. Geh. Baurat Ulbricht: Die Funktion der Sicherheitseinrichtungen sei nicht von einer einzelnen Person abhängig, sondern von der Mitwir kung mehrerer Faktoren. Die Sicherheitseinrichtungen auf den deutschen, insonderheit den sächsischen Bahnen ständen denen an derer Länder nicht nur nicht nach, sondern überträfen sie vielfach. Soweit es technisch und finanziell möglich sei, werde die Regie rung in der Verbesserung und Vervollkommnung der Sicherheits einrichtungen fortfahren. Das Haus tritt hierauf einstimmig dem Anträge der Deputation bei. Es folgen die Petitionen des Ko mitees für den Bau einer Eisenbahn durch das Bahratal u. Gen. und des Stadtgemeinderates zu Gottleuba nebst Anschlußpetitionen um Weiterführung der Linie Pirna—Gottleuba bis zur Landes grenze. Die Deputation beantragt, die Petitionen der Regierung in dem Sinne zur Kenntnisnahme zu übexweisen, daß, falls auf österreichischer Seite die Bahn Klein-Khan-Peterswald gebaut werde, die Regierung erörtern solle, ob und wie ein Anschluß die ser Linie nach Sachsen wirtschaftlich und technisch angezeigt, und möglich ist, im übrigen aber auf sich beruhen zu lassen. Mini sterialdirektor Geheimrat v. Seydewitz erklärt, daß eine Entla stung der Bodenbacher Strecke, die von der Peterswalder Bahn erhofft werde, sich nicht als notwendig erweise. Nach kurzer De batte tritt das Haus einstimmig dem Anträge der Deputation bei.. Nach unwesentlicher Debatte beschließt die Kammer, die Petition der Städte Reichenbach, Eibenstock und Johanngeorgenstadt und und der Gemeinden Värenwalde, Hauptmanngrün, Hundshübd, Oberinitz, Röthenbach, Stangengrün, Wildenau, Wildenthal und der Gutsherrschaft Rothenkirchen, die Erbauung einer Hauptbahn von Reichenbach Oberer Bahnhof nach Eibenstock und Johann georgenstadt betreffend auf sich beruhen zu lassen. Die Petition des Verkehrsvereins für Borsdorf und Gen. betr. die Aenderung der Borsdorfer Vahnhofsanlagen, wird der Regierung zur Kennt nisnahme überwiesen, desgleichen auch die Petition der Pappen fabrik Limmrita-Steina und Gen. um Errichtung einer Güterladestelle an der Linie Dresden—Döbeln—Leipzig zwischen Döbeln und Westerwitz auf Flur des Rittergutes Schweta und die Petition des Gemeinderates zu Schwepnitz und Gen. um den Bau einer vollspurigen Eisenbahn von Schwepnitz nach Straßgräbchen. Nächste Sitzung Donnerstag vormittag 11 Uhr. - Nus Osm Serlcdtssaals. 8 Dresden, 14. April. (Schulmädchen als — Straßenräuber.) Bilder von großer sittlicher und moralischer Verkommenheit entrollten zwei Verhandlungen vor dem Dresdner JugeidgerichtShof. Das 13jährige Schulmädchen Johanna Höring aus Dresden stand unter der Anklage, am Vormittage Les 29. Dezember v. I. in der Nähe des Dürerplatzes gemeinsam mit ihrem geistes schwachen jüngeren Bruder einem 6jührigen Mädchen unter Anwendung von Gewalt Geld wegzunehmen, ver sucht zu haben. Das Geschwisterpaar hatte schon am frühen Morgen den Entschluß gefaßt, auf der Straße Kinder anzufallen und zu berauben, um sich von dem erlangten Gelde — Rollschuhe zu kaufen. Auf dem be lebten Dürerplatze griffen sie das 6jährige Mädchen an. Der Bruder versuchte dem Kinde die Hand zu öffnen, während die Schwester dem Kinde den Mund zuhielt, um es am Schreien zu hindern. Ein hinzukommender Kassenbote verscheuchte die jugendlichen Straßenräuber und veran laßte später die Verhaftung. Nachforschungen über die Familienverhältnisse der Geschwister zeichneten ein trau riges Bild. Der Vater war Trinker, ging mit einer ver heirateten Frau und Mutter mehrerer Kinder durch und überließ die eigene Familie ihrem Schicksal. Frau H. geht tagsüber ihrem Verdienste nach, sodaß sich die beiden Geschwister sich selbst überlassen sind. Der etwa 12jährige Knabe ist infolge Geistesschwachheit monatelang im Siechen- hause gewesen, hat einen starten Hang zu verbrecherischen Neigungen und ist als roher rücksichtsloser Patron ge fürchtet; dazu ein Mensch, der sich, wie Gerichtsarzt l)r. Butter bekundet, straflos die größten Gemeinheiten erlauben darf, weil man ihm nicht beikommen kann. Die Mutter ist zu schwach und energielos, um durch straffe Zucht bessernd zu . irken. Unter dieser Gesellschaft mußte auch die 13jährige Johanna verdorben werden. Sie wird als frech, lügenhaft und äußerst dreist geschildert und benimmt in sich dieser Weise vor Gericht, alle Schuld auf den strafunmündigen Bruder schiebend. Der Staats anwalt beantragt eine empfindliche Strafe, da nur eine längere Trennung der Geschwister bessernd auf die An geklagte wirken könne. Sie wird zu 2 Wochen Gefäng nis verurteilt. — Eine noch größere Dreistigkeit bei Ausführung von Straßenräubereien legte der 15jährige Laufbursche Ernst Mitscherling an den Tag. Am 12. November nachmittags schlenderte er zweck- und plan los auf der Bergmannstraße umher und entriß mit Ge walt einer spazierengehenden Kontoristin ein Handtäsch chen mit 16 Mark Inhalt. Auf die Hilferufe warf der Straßenräuber es weg und entfloh. Am selben Tage abends verübte er auf der Rsstdenzstraße einen gleich artigen Raub. Er schlich einer Dame nach und entriß ihr ein Portemonnaie mit 14 M Inhalt. Hierbei wurde der jugendliche Strauchdieb festgenommen. Vor Gericht verweigerte er hartnäckig jede Auskunft über die Beweg gründe der Räubereien. Er erhielt 2 Monate Gefängnis. Vsrmlscdtss * (Tosellis Ehezwist.) Dem „Berl. Lok. Anz." wird aus Rom gemeldet: Jemand, der die Stimmung am sächsischen Hofe kennt, gab folgende Auskunft über die Zukunft der Tosellischen Ehe: Es ist nicht ausge schlossen, daß man das Ehepaar Toselli wieder vereint sehen wird. Die Ehescheidung ist sehr schwer, wenngleich sie vielleicht von Luise um jeden Preis herbeigewünscht wird. Obwohl sich das Königshaus allen diesen Dingen völlig sernhält, fühlt es sich doch dadurch belästigt, daß Luise immer wieder von sich reden macht, und es ist nicht ausgeschlossen, daß irgendwelche Maßnahmen da gegen getroffen werden. Frau Toselli scheint in Genf mit Lachenal zu konferieren, um das Schweizer Bürger recht zu erhalten und die Ehescheidung durchzusetzen. Doch diese Absicht dürfte undurchführbar sein. Das Ehe paar Toselli befindet sich also in einer sehr schwierigen Irrungen. 4— Kriminal-Novelle von G. Str über. 24. Nachdruck verboten. «Ruhig. Herr Baron I" unterbrach ihn Stumpf mit «in- druckerweckenber Stimme. .Mache» Sie keinen unnötigen Lärm, denn der Skandal ist ohnehin schon groß genug. Dieser Mann gehört mir, und ehe ich denselben heraulgebe, bleibe ich tot auf dem Flecke. Ich bin ein Beamter der gerichtlichen Polizei, jener sogenannte v. Dürrnstein ist ein Schurke, «in Dieb und Be trüg«!, dir sich unter falschem Namen bei Ihnen «ingeschlichen hat. Wollen Eie meine Legitimation»papiere sehen, so stehen Ihnen dieselbe» gern zur Verfügung.* „E» ist entsetzlich*, brachte der Baron, dem der Schweiß auf dir Stirne trat, mühsam hervor. Reden konnte er nicht mehr. Dem herbeigeeilt«» Dirn«r winkte er mit der Hand, sich wieder zu «ntfernen, und sank dann vollständig geknickr in seinem Lehnsessel zusammen. Er bot ein solche« Bild des Jammer« und der Verzweiflung dar, daß selbst der an dergleichen Szenen gewöhnte Detektiv Mitleid mit dem alten Mann empfand. Stumpf hieß seinenGesangenen sich setzen und trat alrdann zu dem Baron, dem er di, Hand auf die Schulter legt«. „Fassen Sie sich, Herr Baron", sprach er in teilnehmendem Tone, „und danken Sie Gott au? den Knien dafür, daß der Verbrecher entlarvt wurde, eh« «r größer«« Unheil angerichtet hätte. Da« Lebenlglück Ihre« einzigen Kinde«, vielleicht auch Ihr ganze« Vermögen stand in Gefahr, aber diese Gefahr ist jetzt völlig beseitigt. Sie find einem schweren Unheile, welche« über Ihrem Haupte schwebte, glücklich entronnen." Di« Verzweiflung de« Baron« schien nach und nach einem wildem Zorne Platz zu machen. Drohend richteten sein« Augen sich auf den Gefesselten, al« d«rs«lbe jedoch mit frechem Lächeln dies« Blicke au'nahm, da sprang der Baron plötzlich auf und rief mit ein«r vor Wut fast erstickten Stimme: „Schurke, elender Schurke, so ist e« also wahr, daß ich um ein Haar einem Betrüger mein einzige« Kind anvertaut hätte. Hätten Sie mir alle« genommen, wa« an Geld und Gut ich besitze, ich hätte Ihnen verzeihen können, aber daß Sie diese Schmach auf mich zu häufen suchten, da« schreit zum Himmel um Rache. Ermorden könnte ich Sie, mit diesen meinen Händen erwürgen, wenn nicht die Scheu, durch eine nochmalige Berüh rung mit Ihnen dieselben zu besudeln, mich hiervon abhielte." .Ich bitte nochmal«, seien Sie besonnen, Herr Baron", fiel Stumpf dem Aufgeregten in« Wort. „An dem, wa« einmal geschehen ist, vermag Ihr« Entrüstung nicht da« G«ringste zu ändern. Der Bursche ist unschädlich gemacht, und da« ist die Hauptsache. Und nun, mein Sohn", wandte er sich an den Gefangenen, „wollen wir einmal sehen, wie viel von den ge stohlenen 20 000 Dollar du noch bei dir hast. Versuche dich nicht zu widersetzen, denn wenn du da« Geld nicht gutwillig h«rau»gibst, werde ich mft Gewalt e» dir abnehmen. Gestehe, Bursche, wo ist da« Geld? Ich möchte nicht die geringste Er fahrung in dergleichen Dingen haben, wenn du darselb« nicht irgendwo auf deinem Leibe ve-steckt bei dir trügest." Der falsche v. Dürenstein antwortete nicht«. Er biß sich auf die Lippen vor innerlichem Zorne und suchte, soweit ihm die« bei seinen gefesselten Händen möglich war, gegen die körper liche Untersuchung, welche nunmehr stattfand, sich zu wehren. Doch alle Anstrengungen blieben nutzlo« gegenüber der Riesen, kraft de« Detektiv«. Mit dem einen Arm umschlang der Letztere seinen Oberkörper und mit der anderen Hand begann er zunächst dessen Rocktasch«n zu durchwühlen. „Aha, hier haben wir bereu« etwa«!" rief er au», indem er eine mit Papieren aller Art gefüllt« Brieftasche hervorzog und deren Inhalt untersuchte. „Hier sind Brief« an Herrn Ferdi nand v. Dürenstein, ein Paß für denselben, Visitenkarten und dergleichen. Da« sind also dieselben Papiere, die Sie in Ham burg gefunden oder gestohlen haben, und die ich nunmehr ihrem Eigentümer zurückgeben werde. Aber da« Geld ist nicht darin, und da» mutz ich haben. Bekenne jetzt, Elender, wo hast du da»selbr versteckt?" „Suchen Sie doch", erwiderte der Gefangene höhnisch, doch sein hämischer Grinsen wich mit einem Male d«m Au»drucke maßloser Wut. Der Detektiv war nämlich mit einem raschen Griffe am Leibe de» Gefangenen zwischen Hemde und Weste herunlergefahren und hatte da» Futter der letzteren von oben bi« unten hinweggeriffea. Im nächsten Augenblicke hielt er trium phierend ein Päckchen Banknoten in die Höhe, welch«« er alr dann zu zählen begann. „19 300 Dollar» find vorhanden!" rief er jubelnd. „Kerl, du bist also noch ziemlich sparsam mit deinem Raube umge gangen und au» Dankbarkeit hierfür könnte ich dich umarmen, wenn du mir nicht gar zu erbärmlich wärest. Nach den paar Gulden, die du vielleicht noch in deinem Portemonnaie oder in deiner Brieftasche hast, will ich gar nicht sehen. Sie interessieren mich nicht und meinetwegen magst du sie behalten. Doch nun mehr sei so gütig und begleite mich nach Hohenheim zu deinem Freunde, den Bürgermeister, damit dieser in seinen Gewahrsam dich nimmt und den nassauischen Behörden dich überliefert. Halt, keine unnützen Fluchtversuche I" fuhr er fort, indem er den plötzlich aufgesprungenen Menschen am Kragen faßte und ihn mit einem mächtigen Rucke auf seinen Stuhl zurückriß. „Sei versichert, daß du meinen Händen nicht mehr «ntrinnen wirst.* Die übrigen Personen, welcke mit unbeschreiblichen Gefühlen der ganzen Szene beigewohnt, hatten bi» dahin mit keinem Worte die Bemerkungen de» Detektiv» unterbrochen. Der Baron stand aufrecht neben einem Stuhle, auf dessen Lehne er mit der Hand sich stützte, di« Baronin saß blaß und mit verstörter Miene in ihrem Sessel und Marga endlich schien in eine Bild- säule verwandelt zu sein. Ihre Augen waren starr und mit leerem Au«drucke auf den Gefangenen gerichtet, und nur die auf ihrer Stirn zuweilen erscheinende Röte verriet da» in ihr noch vorhandene Leben.
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