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Pulsnitzer Wochenblatt : 19.04.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-191004199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19100419
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19100419
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-04
- Tag 1910-04-19
-
Monat
1910-04
-
Jahr
1910
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 19.04.1910
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Nr. 45. Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, den !9. April 1910. Seile 2. noch kreuzte, trotzdem der Kraftwagen schon ziemlich nahe war. Kamenz. Trotz eingehendster Nachforschungen ist über den Verbleib der nunmehr 3 Wochen verschollenen Ge schäftsinhaberin Frau Wackwitz bis heute noch nichts zu ermitteln gewesen. Lediglich ist sestgestellt worden, daß die Vermißte die Eisenbahn bis Dresden benutzt hat; wenigstens hat ein Mitreisender dies neuerdings bekun det. Leider ist die Annahme kaum noch von der Hand zu weisen, daß die bedauernswerte Frau in einem Anfalle seelischer Depression selbst den Tod gesucht hat. Elstra. (Jubiläum.) Herr Rektor und Kantor C. G. Opitz in Elstra, welcher, wie berichtet, am 12. d, M. das seltsame Fest des 60 jährige Lehrerjubiläums in voller körperlicher und geistiger Frische feiern konnte, ist ein ehemaliger Schüler des Landständischen Seminars zu Bautzen. Von 1867 bis 1860 aus dem Seminar vor gebildet, wurde er 1860 am 12. April als Hilfslehrer in Elstra eingewiesen, 1862 wurde er ständiger Lehrer in Cunnersdorf bei Kamenz, 1863 in Rauschwitz bei Elstra, 1869 Organist und Mädchenlehrer in Elstra und 1870 Rek tor und Kantor daselbst. Nun will Herr Rektor Oprtz in den Ruhestand übertreten. Möge ihm noch ein lan ger, gesegneter Lebensabend beschicken sein 8. Bautze», 18. Aprrl. (Schulrat Hiller f,) Der Direktor des Landständischen Seminars, Schulrat Karl Ernst Richard Hiller ist am Sonnabend nach langen schweren Leiden gestorben. Dresden. Das königliche Hoflager wird Freitag den 29. April, nach der königlichen Villa Wachwitz verlegt. Dresden. Der antisemitische Reichstagsabgeordnete Zimmermann ist an einem Herzleiden schwer erkrankt. Er beabsichtigt, sein Mandat niederzulegen. (Zimmer mann vertritt'den 20. sächsischen Wahlkreis — Marien berg-Zschopau — wo er im Jahre 1907 mit 14 732 gegen 11281 sozialdemokratische Stimmen gleich in der Haupt wahl gewählt wurde. Die Red.) Dresden. Eine gemeinsame Uebungsfahrt des deutschen, sächsischen und österreichischen Automobilkorps von Dresden nach Wien findet vom 11. b:s 13. Mai statt. Bis jetzt sind 56 Wagen gemeldet, wovon 30 auf das deutsche Automobilkorps entfallen. An der Fahrt werden Prinz Heinrich von Preußen und der Herzog Adolph Friedrich zu Mecklenburg teilnehmen. Der König hat sein Erscheinen zum Start zugesagt. 8. Dresden, 18. April. („Leidenschaft" und „Zi geunerliebe".) Am Schluffe der Saison haben Graf Seebach, der Allgewaltige der Dresdner Hoftheater, und Karl Witt, de schneidige und routinierte Leiter des Dresdner Residenztheaters, das Dresdner Theaterpubli kum noch mit zwei Neuheiten beglückt, die trotz vorge- schrittener Zeit eine bedeutende Anziehungskraft auszu- üben vermochten. In Gegenwart des Autors ging im König!. Schauspielhause Herbert Eulenbergs fünfaktiges Trauerspiel „Leidenschaft" mit vorzüglicher Besetzung in Szene. Der Dichter hatte in den letzten Tagen noch die letzte Zeile an sein inhaltsreiches Werk gelegt und dte letzten Proben persönlich geleiten Während der ersten drei Akte wurde Beifall, der aber auf der Gegenseite Widerspruch hervorrief, gespendet, doch blieb das Publi kum im allgemeinen kühl und befremdet und erst nach dem letzten, recht breiten Akte konnte der Autor sich dem Publikum verneigend zeigen. Die Aufnahme war eine geteilte, wenngleich das Werk vom literarischen Stand punkte aus betrachtet als eine hervorragende Leistung be zeichnet werden muß. — Mehr Erfolg hatte Karl Witt. In dem schmücken Residenztheater kam zum ersten Male Lehars neue Operette „Zigeunerltebe" zur Aufführung. Vor fast auSoerkauftem Hause und bei hervorragender Wiedergabe erzielte das Werk großen Beifall. 8. Dresden, 18. April. Zur Aussperrung im Baugewerbe äußert sich der Vorstand des Arbeitgeber- Verbandes für das Baugewerbe zu Dresden folgender maßen: „Die Arbeitgeber sind in der Verteidigung ihrer Interessen maßvoll und ruhig vorgegangen. Keine der Forderungen des Arbeitgeberbundes ist so beschaffen, daß jemand behaupten kann, die Arbeitgeber seien zu weit gegangen. Für die Arbeitgeber handelt es sich lediglich darum, den Vertrag so zu gestalten: 1. daß der Friede aus die Vertragsdauer gewährleistet ist, dazu gehört der zentrale Abschluß und die Erklärung inbezug aus die Arbeitsnachweise der Unternehmer; 2. daß die volkswirt schaftlichen Interessen gewährt sind und es den tüchtigen und fleißigen Arbeitern ermöglicht wird, ihre größere Leistungsfähigkeit höher zu verwerten, dazu gehören: a, die Aufrechterhaltung des Kölner Beschlusses, wonach weitere Arbeitszeitverkürzungen unterbleiben müssen; b, die Möglichkeit von Durchschnitts- und Staffellöhnen; c, die Bestimmungen über Accordarbeit. Es muß auch noch der Meinung entgegengetreten werden, die Arbeitgeber hätten dprch ihr ablehnendes Verhalten vor den Herrn Geheim rat vr. Wtedfeldt mit allen Mitteln die Erlangung eines Friedens unmöglich gemacht. Die Arbeitnehmer haben auf ihrem Verbandstage am 5. April erklärt, daß jeder Versöhnungsversuch zwecklos sei. ES sei genug Komödie gespielt worden. Wenn sie demnach vor Herrn Geheim rat Wiedfeldt ihre Bereitwilligkeit zum verhandeln in Aussicht stellten, so war dies nicht aufrichtig, daß nichts dabei herauskommen konnte, war den Arbeitnehmern so klar wie den Arbeitgebern, beide Parteien waren ja durch Beschlüsse ihrer Verbandstage festgelegt." Dnrrröhrsdorf. (Vom Zuge überfahren.) Zwi schen Weitzig-Bühlau und Cunnersdorf bei Helfenberg ist am Sonnabend früh gegen 7 Uhr eine weibliche Person auf dem Gleise liegend schwer verletzt aufgefunden wor den. Allem Anscheine nach hat sie sich von dem früh 5 Uhr 41 Min von hier nach Weißig-Bühlau verkehren den Zuge in selbstmörderischer Absicht überfahren lasten. Plauen i. B. Ein neuer Industriezweig wird in Kürze in unserer Stadt erstehen. Der Tüllfabrikation, die sich schnell eingeführt hat, ist die Herstellung von Kunstseide gefolgt, die alsbald festen Fuß gefaßt hat. Ein neues Unternehmen befaßt sich nun mit Stoffwäsche- Fabrikation. SSÄrsLscdsr LonMag. Dresden, 18. April. Die Zweite Kammer begann heute ihre Sitzung um 6 Uhr abends, in der sie mit Wahlprüfungen erledigte. Beantragt wird, nachfolgende Wahlen für gültig zu erklären: Die Wahl des Abg. Günther (Freis.) im Wahlkreise Stadt Plauen, die Wahl des Abg. Kockel (Kons.) im 8. ländl. Wahlkreise, die Wahl des Abg. Demmler (Soz.) im 17. städtischen Wahlkreise, die Wahl des Abg. Heymann (Kons.) im 33. ländlichen Wahlkreise, die Wahl des Abg. Veda (Natl.) im 8. städtischen Wahlkreise, die Wahl des Abg. Wappler (Natl.) im Wahlkreise Leipzig II und die Wahl des Abg. Knobloch (Kons.) im 3. städtischen Wahlkreise. Sämtliche Wahlen wurden nach kurzer Debatte, den Anträgen der Abteilungen entsprechend, für gültig erklärt. Nächste Sitzung Dienstag vorm. 11 Uhr: Etatssachen. Dresden, 19. April, Zweite Kammer. Zur Schlußberatung stehen zunächst der Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes vom 8. Juli 1902, die direkten Steuern betreffend, und die hierzu eingegangenen Petitionen. Mit der Beratung dieses Dekrets wird die Schlußberatung über einen sozialdemokratischen Antrag Lange verbunden, die Regierung zu ersuchen, dem nächsten Landtage einen Gesetzentwurf zu unterbreiten, wonach die Staats unterstützung für die Volksschulen unter Wegfall der jetzigen Zu wendungen nach folgenden Grundsätzen geregelt wird: 1. Jede Gemeinde hat einen Betrag in Höhe von 25 Prozent des Staats einkommensteuersolls ihrer Einwohner für ihre Volksschulen selbst aufzubringen; den darüber hinausgehenden Aufwand hat der Sraat zu übernehmen. 2. Die Erhebung von Schulgeld ist den Gemeinden nicht mehr gestattet. Abg. Dr. Schanz verweist als Berichterstatter der Finanzdeputation 4 auf den gedruckt vorliegen den Bericht. Nach ihm bezweckt das Dekret die bisherige soge nannte Schuldotation oder Grundsteuerdotation mit ihren von ver schiedenen Seiten beklagten Härten umzuwandeln. Es wird beab sichtigt, durch eine neueinzuführende Verteilungsweise bei gleich zeitiger wesentlicher Erhöhung der vom Staate den Schulgemeinden des gesamten Landes zu gewährenden Beihülfe die bisherigen Härten und Unzuträglichkeiten zu mildern und zu vermeiden. Zu der bisherigen gesetzlich festgelegten Grundsteuerdotation von 1961140 M sollen weitere 596860 M aus den laufenden Mitteln des Staates zur Verfügung gestellt werden. Abg. Bauer (Natl.) erklärt, daß seine Freunde dem Dekret zustimmen, sich aber dem Anträge Lange nicht anschließen könnten. Abg. Lange (Soz.) be gründet hierauf ausführlich seinen Antrag. Preußen habe längst die Schulgeldfreiheit für seine Volksschulen eingeführt. Was dort möglich sei, müsse auch in Sachsen möglich sein. Der gegenwärtige Verteilungsmodus sei durchaus ungerecht. Die Mittel müßten den Gemeinden nach ihrer Leistungsfähigkeit gewährt werden. Wir beantragen, unseren Antrag der Regierung als Material zur Re form des Volksschulgesetzes zu überweisen. Abg. Mangler (Kons.) hat verschiedene Bedenken gegen das Dekret, stimmt aber mit einer Anzahl seiner politischen Freunde demselben zu, da zur Zeit ein besserer Weg für die Verteilung nicht gefunden werden kann. ^agssgsfcviÄdts. Deutsches Reich. Köln, 18. April. Heute besichtigte der König von Württemberg die Luftschiffe und nahm an einer Fahrt teil. ES wird eine große Fahrt vorbe reitet, an der alle drei Schiffe „2. II", III" und „lt II" tetlnehmen sollen und zwar nach Homburg vor der Höhe, wo die Luftkreuzer vom Kaiser besichtigt werden sollen. Der Kriegsminister und Exzellenz v. Lyncker sind hier eingetroffen, um mit den Schiffen nach Homburg zu fahren. Die Dauerfahrt wird heute früh begonnen haben. — Der Reichstag will vor seiner Vertagung noch folgende Gesetzentwürfe verabschieden: Die Fernsprechge bührenordnung, die Verlängerung des schwedischen Han delsvertrages, das Reichssteuergesetz, die Uebereinkunft zum Schutze von Literaturwerken, das Zuwachssteuergesetz, das Beamten-Haftpfltchtgesetz und den Entwurf über die Aus gaben für den Aufstano in Deutsch-Südwestafrika. Alles übrige wird vis zum Herbst zurückgestellt. Berlin, 18. April. Die Wahlrechtskommission des Herrenhauses begann heute die Beratung der ZZ 5 und 6 (Stimmbezirke und Drittelungsbezirke bezw. Abtei'ungen). Eine große Anzahl von Anträgen sind dazu eingegangen, die zum Teil in Anlehnung an die Forderungen der Nationalliberalen die Drittelungsbezirke ändern und ins besondere die Wählerzahl der ersten un zweiten Abtei lung vergrößern wollen, entweder auf dem Wege einer anderen Anrechnung der absoluten und relativen Steuer beiträge oder durch Vorschriften über prozentuelle oder absolute Mindestzahlen der für jede Abteilung notwen digen Wähler oder aber durch weitere Vorschriften für das Aufsteigen der „Kulturträger". Ein Entgegenkommen gegen das Zentrum bezwecken Vorschläge, die, um die Drittelung in der ganzen Gemeinde zu vermeiden und doch auch die Auswüchse der Einer- und Zweier-Wahl abteilungen unmöglich zu machen, die Stimmbezirke ver größern wollen. Weitere Anträge wollen im Westen den großen Steuerzahlern ihre Wahlfreudigkeit dadurch er halten, daß sie ihnen ihr bisheriges Recht, einen Wahl mann allein wählen zu dürfen, möglichst nicht verküm mern lassen wollen. Die Regierung äußerte grundsätz liche Bedenken gegen einen Antrag, der künftig Wahl rechtsänderungen von einer Zweitrittelmehrheit abhängig machen will. Frankreich. Paris, 18 April. Heute morgen wurde in dem Ministerium des Aeußern unter dem Vorsitz des Ministers des Aeußern, Pichon, die internationale Kon ferenz eröffnet, welche zu dem Zwecke zusammengetreten ist, die Maßregeln zu prüfen, die verfügt werden können, um den Mädchenhandel auf gesetzlichem Wege zu verhin dern und die Verbreitung von unsittlichen Schriften zu unterbinden. Pichon gibt in der Eröffnungsrede der guten Hoffnung Ausdruck, daß es den vereinten Kräften der verschiedenen zivilisierten Völker doch endlich gelingen werde, dieses scheußlichste aller Verbrechen auszumerzen. Pichon stellte ferner fest, daß die Mehrzahl der zivilisierten Völker Gesetze angenommen haben, um dem Mädchen handel eine Schranke zu setzen. Nur einzelne unbedeu- tende Paragraphen erinnerten daran, daß eine diesbezüg liche internationale Verfügung bereits im Jahre 1902 angenommen worden wäre. Redner wie- schließlich auf die Notwendigkeit hin, zwischen den verschiedenen Ver gehen einen Unterschied zu machen, einerseits für die leichten Vergehen, welche nicht strafbar seien, und für die Wahrung achtungswürdiger Interessen und anderseits für die wirklichen Verbrechen. Er sei überzeugt, daß es der Konferenz gelingen werde, einen energischen Kampf gegen die Unsittlichkeit zu ermöglichen. Serbien. Belgrad, 18. April. Aus bulgarischen Preßstimmen ist zu ersehen, daß die Bulgaren sehr un zufrieden sind, weil die Griechen in Konstantinopel und Saloniki so demonstrativ sympathisch den König Peter dort empfangen haben, weil der serbische König als orthodoxer Herrscher den heiligen Berg Athos besuchen könnte, weil er durch Mazedonien reiste und von der slavischen Bevölkerung sehr enthusiastisch empfangen wurde und endlich, weil die Serben in Mazedonien jetzt noch einen Bischof (in Weleß-Debra) bekommen haben. Des halb ist in den serbisch-bulgarischen Beziehungen eine gewisse Kälte zu bemerken, was auch die Meetings in Bulgurien gegen die Ernennung des serbischen Bischofs in Weleß-Debra beweisen. Doch wird das zu keinen Komplikationen führen und der Besuch des bulgarischen Königs in Belgrad ist für den Monat Mai in Aussicht genommen.. Man spricht auch n der Presse von der Möglichkeit einer Zollunion zwischen Bulgarien und Serbien, was man bereits 1904—1905 angefangen, aber bis jetzt nicht beendet hatte. England. Der "Standard" meldet aus Athen: Der Kabinettschef hat die türkische Regierung benachrichtigt, daß der König von Griechenland an den politischen Kombi nationen teilzunehmen wünsche, welche auf dem Punkte sind, zwischen der Türkei und Serbien abgeschlossen! zu werden. Serbien soll bereit sein, dem Wunsche zu ensprechen. Auch die Pforte soll dazu bereit sein und hat sein schriftliches Einverständnis an den Kabinettschef gesandt, worin erklärt wird, den erwähnten Vorschlag günstig aufzunehmen, wenn die griechische Negierung eine klare und bestimmte Politik bezüglich der Kretafrage einnehme. Veutscker I^sickstag. Auf der Tagesordnung der Sitzung vom Sonnabend stand zunächst die 1 Lesung des Reichssteuergesetzes, welches die Frage der Beitragspflicht des Reiches zu den Staats- und Gemeindelasten regelt. Abg. Brunstermann «Rp.) wünschte die Ueberweisung der Vorlage an die Budgelkommiffion. Abg. Gröber (Ztr) stimmte dem Gesetz im wesentlichen zu, bemängelte aber die Steuerfreiheit des Fiskus. Reichsschatzsekretär Wermuth erläuterte die Vorlage dahin, daß es sich in der Hauptsache um eine gesetzliche Regelung der Reichssteverpflicht für Reichsbetriebe handele. Eine Steuerfrei heit der Kasinos und Kantinen sei nicht beabsichtigt Die Reichs verwaltung habe von jeher auf dem Standpunkt gestanden, daß dem Reiche ohne seine Einwilligung Verflichlunpen nicht auferlegt werden können. Die Abgg. Ahlhorn (frs. Vp.), Heinze <natl.), Emmel (Soz.) stimmten der Vorlage im wesentlichen zu, beh elten sich aber genaue Prüfung in der Kommission vor. Abg. Frhr. v. Richthofen (konj.) bezeichnete die Vorlage als notwendig, da mit die sogenannten Notstandsgemeinden künftig unterstützt werden könnten. Die Wirkungen des Gesetzes lassen sich ohne genaue Kenntnis des Materials noch nicht übersehen, deshalb sei Kommis sionsberatung notwendig. Auch die Abgg vonderfcheer (elf. Ztr.), Dr. Reumann-Hofer (frs. Vp.) und vr. Becker-Köln (Ztr.) stan den in der Hauptsache auf dem Boden der Vorlage. Damit schloß die Besprechung und die Vorlage wurde der Budgetlommission überwiesen. Es folgte die erste Lesung des Gesetzes über die Auf standsausgaben für Südwestafrika. Abg. Erzberger (Ztr.> meinte, die geforderten Summen müßten bewilligt werden, auch ivenn sie ohne vorherige Zustimmung des Reichstages verausgabt seien, und warf die Frage auf, ob nicht die Kolonialgesellschaflen zur Deckung herangezogen werden könnten Abg. Dr. Goercke -natl.) konnte diesen Gedanken nicht von der Hand weisen. Staatssekretär Dernburg erklärte, daß eine weitere Nachforderung wohl nicht kommen werde Der Gedanke, die Kriegskosten zurückzuerhalten, sei sehr erfreulich, aber wie solle das geschehen? Er werde allen Vorschlägen nachgeben, die das Reich entlasten. Abg. Stolle (Soz.) bemängelte die Art der Rechnungslegung Man wolle einen Schleier decken über Vorgänge, die das Licht zu scheuen haben. Staatssekretär Dernburg wies diesen Vorwurf energisch zurück. Abg. Stolle zeige nur, daß er von diesen Dmgen nickts verstehe. Die Vorlage ging an die Budgetkommisston. Darauf begann noch die erste Lesung der neuen Fernsprechgebührenordnung. Zum Wort kam nur noch Staatssekretär Kraetke, der den Vorwürfen der Großstadtpreife gegenüber feststellte, daß die neue Gebührenord nung nicht weniger als 65 Prozent der Teilnehmer erhebliche Er mäßigung bringe. Darauf trat Vertagung ein. In der Sitzung vom Montag begann die erste Lesung der Reichsversicherungsordnung. Staatssekretär Delbrück war durch Krankheit verhindert, die Beratung einzuleiten. Abg. Dr. Spahn iZtr.) erklärte es für wünschenswert, die Vorlage wegen ihrer gro ßen wirtschaftlichen und sozialen Tragweite noch vor dem !. Januar 1911 zu verabschieden. Den Arbeitern durch die Halbierung der Krankenkasfenbeiträge die Stellung des Vorsitzenden zu nehmen, halte er nicht für angängig, zumal da Mißstände nicht ausgetreten seien. Die Reliktenversicherung sollte rückwirkende Kraft erhalten. Er schlage Verweisung an eine Kommission vor. Abg. Schickert (kons.) erklärte sich gleichfalls für Kommissionsbergung. Es frage sich, ob die Kreise, denen man neue Lasten zumutet, diese werden tragen können. Falls die Eigenart der ländlichen Berücksichtigung finde, werde er einer Ausdehnung der Krankenversicherung auf die Landwirtschaft nicht widersprechen. Die Landkrankenkassen dürften aber nicht in die Schablone der anderen eingezwängt werden. Die Aenderung der Beitragspflicht und Vorstandsbefetzung der Kassen bedürfe eingehender Erwägung. Die Einrichtung der Versicherungs ämter sei zweifelhaft. Er hoffe, daß es gelingen werde, den Ent wurf so zu gestalten, daß ihm um Wohle der Minderbemittelten rugestimmt werden könne. (Beifall., Abg. HormReuß (nl) er klärte sich mit der Ausdehnung der Versicherung auf ländliche Ar beiter einverstanden. Die Sozialdemokraten, d-e sich gegen die Halbierung der Beiträge sträuben, vergessen doch ganz, daß dadurch den Arbeitern 56 Millionen erspart würden. Abg. Dr. Mugdan (f. Vp ) meinte, in dem Gesetz werde ein Schritt vorwärts und zwei rückwärts getan. Den Landkrankenkas sen könne man auf keinen Fall zustimmen. Sie schaden der Land wirtschaft, weil sie die Landflucht fördern, da sie die ländlichen Arbeiter zu Arbeitern zweiter Klaffe machen. Ahg Molkenbuhr (Soz.) bemängelte, der große Umfang der Vorlage stehe zu dem von ihr den Arbeitern aebrachten Vorteilen im argen Mißverhältnisse. Wenn bei Beginn der sozialpolitischen Versicherung als Höchst grenze der Versicherung 2000 Mark festgesetzt worden seien, so müsse doch jetzt angesichts der versicherungstechnischen Er fahrungen und andererseits angesichts der Verteuerung der Lebens haltung diese Höchstgrenze beträchtlich erhöht werden. Die Einbe ziehung der Landarbeiter sei ein Fortschritt, aber um die Landkas-
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