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Charaktere können manche Lieblingsansichten ohne ein Bluten deS Herzens und ohne den Vorwurf der Inkonsequenz dem Gange der Zeit opfern, — aber sein demokratisches Glanbensbekenntniß muß man — wie KamoönS sein Heldengedicht über das Meer — durch alle Stürme hindurchtragen! Bürger und Bürgerinnen! Vor Euch steht ein zu neuem Leben auferkandencr Octobcrflüchrling, ein Opfer jener vielge- schmähten, vielvcrkanntcn, bisher noch gar nicht in ihrer weltge schichtlichen Bedeutung aufgefaßten Octoberrevolution. Alle ver unglückten Volksbewegungen haben das eine Loos gemeinsam, das unglückliche LooS der Verkennung und Verdächtigung. So war es im Juni in Paris, in Prag und neuestens in Wien. Weil das Volk oder die Partei nicht siegte, ihr Endziel nicht er reichte, und daher durch ein solches oder durch die That die eigent lichen Absichten nicht beurkunden kann, so schiebt man den Be siegten Zwecke, Mittel und Absichten unter, wie man sie eben zu eigenem allerhöchsten Vortheile braucht, und bewirft selbst den ge bundenen Löwen noch mit Koth, was keine Heldenthat ist, da der besiegte Theil sich nicht vertheidigen, geschweige von Neuem erheben kann. Leider entscheidet bei Revolutionen wie bei allen Unternehmungen über das Urtheil der gewöhnlichen Welt nicht die zu Grunde liegende Idee, oder die Conscqucnz der Ausführung — der Richter ist — der Erfolg. Gelingt die Revolution, dann vergöttert man ihre Leiter als Helden und hat in jeder Tasche Lorbeerkränzc für sic. Mißlingt aber jene, dann bricht man über Alle, ohne ein Wort der Vertheidigung gehört zu haben, den Stab, und verfolgt sie als politische Verbrecher! Politische Verbrecher macht jede Staatsgewalt nach Laune. Heute Jellaczich, morgen Kossuth und übermorgen vielleicht Win- dischgrätz! Wie verschieden wird daS Urtheil der Weltgeschichte von den Hofdecrcten und Steckbriefen der neuen Demagogcnhetze lauten! Zum Fortschritte der Zeit gehören Männer zweierlei Art — Männer der Gegenwart und Männer der Zukunft. Jene erfassen die Bedürfnisse des Augenblickes, — bereit, zum Besten desselben beizutragcn, aber auch entschlossen, baldmöglichst, jedenfalls aber noch selbst die Früchte ihrer Arbeit zu genießen. Die Männer der Zukunft hingegen greifen bis an das Herz des Volkes, und wollen ohne Verzug das Wort der Zukunft aussprechcn, weil sie nur in dieser Zauberformel: „VolkSsouverainität" die wahre Bürgschaft einer schöneren Zeit finden. Sie gehen auch in den Kampf für diese Idee, unbekümmert, ob sie fallen, oder den Sieg erleben. Wie leicht werden diese edelsten Männer des Volkes,