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geliebten Heimach fliehen mußte, weil er männlich für die Rechte seines Volkes stritt! Aber nicht leere Eitelkeit, oder tolle Sucht, sich hervorzu drängen, — mich führt eine heilige Pflicht auf diese Rednerbühne, die ich einem jetzt Todten zu lösen gelobte. Es war Abends an jenem unglücklichen Octobcrtage, wo Kaiser Josephs Lieblings- schöpfung, der Augarten bei Wien, von den Soldaten Kaiser Ferdinands durch eine unedle Lill eingenommen wurde. Da ging ich mit dem gefeierten Manne Robert Blum-im Auf trage des Zcntralcomite's in die Leopoldstadt, uni die Wahlstatt zu beschauen. Alles war ruhig um uns her, die Kämpfer ruhten auf den harten Barricadcnsteincn, die Schildwachen schritten ein tönig aus und ab, — zuweilen rasselte in der Ferne eine neu aufgefahrene Kanone, — und über das ganze schauerliche KriegS- gemälde glühte der von den auflodcrnden Gebäuden hochgeröthete Himmel. Da sprach RobcrtBlum mit ernstem Tone zu mir: „Wenn ich fallen sollte" — ich unterbrach ihn, um diese mir in diesem Momente fürchterliche Todesahnung aus seiner Seele zu bannen. Vielleicht ohne meine Worte gehört zu haben, sprach er weich, wie ich ihn nie gehört hatte: „Wenn ich fallen sollte, junger Freund, so schreibe meiner Frau, daß ich sür eine gute Sache gefallen bin, und grüße meine Kinder, die ehrliche Söhne Deutschlands werden sollen ... mein liebes. Leipzig ... mein gutes Volk der Sachsen!" Ich schwieg und drückte seine Hand. Als ich die Kunde seines Todes vernahm, da konnte ich meinen Auftrag nicht erfüllen, denn vor derselben Gewalt, die ihn tödlete, mußte ich mein Leben in der Verborgenheit retten. Jetzt aber löse ich meine heilige Pflicht, die ich vom bestell Sohne Sachsens übernommen, und bringe Euch Blu in'S letzten Gruß! Ter Wind saust über sein Grab, aber die Schneedecke, die cs bedeckt, wird weichen und aus der Ruhestätte dcö einzigen Blum'S werden viele tausend neue Blumen der Völkerfreiheit blühen. Bürger und Bürgerinnen ! Erlaubt mir, manche Gedanken aus der stillen Verborgenheit hervorzuholen und Euch milzmheilcn, — Februargedanken, noch erstarrt wie die Erde dieses Mondes, aber bald aufthaucnd ander Märzsonne Eurer Theilnahme. Fcbruar- gedanken — ein Jahr nach dem Aufgange der neuen Zcitsonne, dem Anheben der gewaltigsten Freiheitsbewegung der Welt! Und doch sahen wir die Blätter des im Frühjahr gepflanzten Freiheits baumes im October welken, und verdorrt zur Erde fallen! Unser Schritt geht jetzt über vcrgelbte Blumen, zerstörte Hoffnungen, zertrümmert« Anschaltungen! Gleichviel! Wahrhaft starke und große