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14 man eine deutsche Pyramide mit der breitesten Basts für den künftigen deutschen Kaiser, welcher die Spitze bilden soll. Da Herr Gagern aber mit den Höfen unterhandelt, und von oben herab bauet, so ist es leicht möglich, daß diese Pyramide auf den Kopf zu stehen kommt und umstürzt — An die Spitze Deutschlands muß eine republikanische Staats- leitung treten. Ob diese mit Ersolg einem Präsidenten übergeben werden könne, ist zweifelhaft. Wenn auch alle Deutschen in der Idee eines Präsidenten übcreinkämen, wie verschieden wären ihre Ansichten, wenn diese Idee verkörpert werden sollte. Der eine Theil wollte einen Süd-, der zweite einen Norddeutschen, der dritte protestirt gegen einen Protestanten, der vierte verwirft ein katholisches Oberhaupt. Leugnen wir es uns nicht, wie Ver schieden die einzelnen Stämme in Familie, Kirche und politischer Ansicht sind, wenn auch alle sich als ein gemeinsames deut sches Volk fühlen. Dieser Erscheinung trägt nur ein verantwort liches Direktorium Rechnung, welches durch Urwahl aus dem Volke hervorgehen müßte. Dasselbe würde — aus fünf Mit gliedern bestehend — Nord-, Süd-, Ost-, West- und Mittel- Deutschland vertreten. Ein Tircctorium sollte von der demokra tischen Partei um so meh^ angestrebt werden, als dasselbe auch eine mächtigere Zentralgewalt denn ein Präsident wäre. Dieser hätte immer mit einer eifersüchtigen Partei zu kämpfen, weil er nicht auö ihrer Mitte gewählt wurde, während hinter dem Di rektorium ohne die Eifersucht des Stammes oder der Religion daS ganze Volk, wie hinter jedem einzelnen Mitglied dcS Di rektoriums sein Volksstamm stände. Nur so wäre ein nach Innen freies und nach Außen starkes Deutschland möglich. Tie Frage deö Tages ist die österreichische. Soll Oester reich ganz bleiben, oder zertrümmert werden? Was ist für Europa nothwcndigcr oder wünschenöwcrther? Meine Ansicht ist, man müsse seiner Ucberzeugung folgen, auf die Gefahr hin, eine Weile allein zu stehen. Sollte ich auch anfänglich mißverstanden werden, ich erkläre offen, daß ich vom demokratischen Standpunkte auö, dafür stimmen muß, daß der Gesammtstaat Oesterreich erhalten werden müsse, wenn auch das System der Völkerkncchtung gebrochen wird. Gegen mich werden alle jene Politiker auftreten, deren Horizont so be schränkt ist, daß ihnen nur Nationalstaaten möglich scheinen, deren Kraft darin bestehen soll, daß alle Bürger eines solchen Eine Sprache sprechen; für mich aber die wahren VolkSmänncr, welche als obersten Satz ihres Programms Verbrüderung aller Völker