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den blanken Waffen in der Hand tödte man den gleichgerüfteten Gegner im offenen Kampfe. Den Unbewehrten tödlet keine große Seele. Wenn auch meine Gegner an mir jesuitisch verfahren, und im Geheimen gegen mich ankämpfen, — ich werde nie gegen sie gleiche Waffe» gebrauchen, weil ich diese verachte. Auf meine Lippe tritt auch daher kein Wort deö Grolles, weil ich nicht Haß, sondern nur Mitleid mit meinen Gegnern habe. Dem von ihnen mir bereitetem Tode entfliehend spreche ich jetzt und immer r Gon vergebe ihnen, denn sie wissen nicht was sie thun. Meine Hand ist noch jetzt zu der Versöhnung ausgestreckt, weil ich über zeugt zu sein glaube, daß nur in der Versöhnung der Parteien, Religionen und Völker die Bürgschaft des zukünftigen GlückeS liegt. Taher sind mit moralischer Kraft gemachte Revo lutionen folgenreicher als alle jene, welche mit der Guillotine oder dein Galgen gemacht worden. Wenigstens meine Seele wendet sich von solchen Scenen mit Schauder ab und begreift die tragische Sühne, welche die Geschichte über Frankreichs Blut- männer verhängte. Aber der Fall Wiens, meiner theuren Vaterstadt, deren Sohn ich mich jetzt mit Stolz nenne, war auch eine historische Noth- wcndigkeit. Mitren in der Aufregung mußte ein Moment der Ruhe und Reflexion eintreten. Mit Ucberlcgung wollte der Plan der Zukunft entworfen und von entschiedenen, in der Gefahr be währten, ausdauernden Charakteren durchgeführl sein. Wien stand aber mit der Gesammtmonarchie noch in einem eigenthümlichen Verhältnis;, welches ich mit folgendem Gleichnisse bezeichnen will. Cine zärtliche Mutter, welche Alles, ja ihre Gesundheit für das geliebte Kind aufopfert, wird von demselben fortwährend undankbar behandelt. Tie arme Frau erduldet stillschweigend die bittersten Kränkungen. Ta wird die Mutter auf das Krankenbett geworfen, und daö Kind aus der Dachstube in die Wintcrkältc hinausge- stoßcn. Da fühlt das undankbare Kind plötzlich den Verlust seiner Mutter und ihrer ganzen Liebe... es bettelt sich zum Kranken bette hin. Wien war die edle, aufopfernde Mutter, welche für die ganze Monarchie die Freiheit erstritt und bewahrte. Aber die undankbaren Provinzen schmähten Wien. Da mußte Wien fallen, das Herz mußte still stehen, damit die Provinzen mit Schrecken erkennen, daß mit der Tödtung dcö Herzens auch der Blutum laus ende und die Gesamnufreiheit in Frage stehe, weil man ihr Banner in Wien zerreißen ließ. Das Bewußtsein, ohne Wien eine Beute der Fürstenpolitik zu werden, in den Provinzen zum lauten Ausdrucke zu bringen, war cine historische Nothwendigkcit,