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VcilagemmOulsnitzerwocbenblatt 5. März 1910. Sonnabend SäÄMcder Lanvtag. Dresden, 3. März. Mste Kammer.) Auf der Tagesord nung steht zunächst Kap. 96 Les ordentlichen Etats für 1910/11, Volksschulen betreffend. Gras zu Lastell-Lastell gibt unter Hin weis auf die Zwickauer Thesen seiner ernsten Besorgnis für die künftige Gestaltung des Religionsunterrichts Ausdruck. Oberhof prediger vr. Ackermann ist der Ansicht, daß eine Zürückdrängung oder gar Beseitigung des religiösen Elementes aus dem Schul unterricht die schwerste Schädigung für das ganze Volksleben zur Folge haben werde. Anzuerkennen sei, daß der Religionsunterricht reformbedürftig sei, daß er lebendiger und volkstümlicher zu ge stalten sei und dem kindlichen Verständnis mehr angepaßt werden müsse. Es sei aber die Zeit zu einer Reform noch nicht gekommen. Er habe das Vertrauen zu der Regierung, daß sie diese Frage in der richtigen Weise regeln werde. Graf und Herr v. Schönburg verliest einen Artikel, der in der „Schulpraxis" gestanden hat und scharfe Angriffe gegen die römische Kirche enthält. Staatsminister Dr. Beck erwidert, die Regierung werde bei der Durchführung der Volksschulreform in erster Linie dafür sorgen, daß der Religions unterricht auch künftig im Vordergründe des gesamten Unterrichts stehe und auf konfessioneller Grundlage beruhe. Der Lehrer, der den erwähnten Artikel verfaßt habe, sei in ernstlicher Weise davon verständigt worden, daß seine Darstellung sich nicht nnt den Be stimmungen des Schulgesetzes vereinbaren lasse. Der Lehrer habe daraufhin seine Aeußerungen als unglücklich und besser vermieden bezeichnet. Das Bestreben der Regierung sei darauf gerichtet, den konfessionellen Frieden zu wahren. In der weiteren Debatte über dieses Kapitel betont Bischof Nr. Schäfer, er habe noch nie einen Mangel an Wohlwollen gegen die katholische Bevölkerung Sachsens feststellen können. Das Bild, das über die katholische Kirche in Sachsen außerhalb des Landes gezeichnet werde, sei nicht überall richtig. Das Kapitel wird schließlich nach den Anträgen der De putation in Uebereinstimmung mit der 2. Kammer angenommen. Es werden sodann die Kap. 88, 89, 90, 93 und 96, 38, 39, 40, 41 des Rechenschaftsberichts sowie die Etatsüberschreitungen genehmigt. Es folgt die Petition von Inhabern offener Ladengeschäfte in Zwickau um Aufhebung der Verordnung betr. das Verhängen der Schaufenster an Sonn- und Festtagen. Die Deputation beantragt, die Regierung zum Erlaß einer Verordnung zu ermächtigen, daß die vorgeschrisbene Schließung der Schaufenster unterbleiben könne, soweit dies durch Ortsstatut nach Gehör der Handels- und Ge- werbekammern sowie der kirchlichen Behörden für zulässig erklärt worden sei. Die Kammer beschließt demgemäß, wodurch diese Petition sowie die Petition des Sächsischen Derkehrsverbandes in Leipzig, die gleiche Angelegenheit betr., für erledigt erklärt wird. Die übrigen Petitionen bleiben auf sich beruhen. Nächste Sitzung morgen vormittag 11^ Uhr. Dresden, 4. März. Die 2. Kammer beriet heute zunächst über Kap. 94 des Rechenschaftsberichtes, „Gymnasien, Realgymna sien und Realschulen" betr. Die Rechenschaftsdeputation beantragt durch ihren Berichterstatter Abg. Linke (Soz.), die Etatsüberschrei tungen in Höhz von 9090 M nachträglich zu genehmigen. Bei dieser Gelegenheit kommt Abg. Dr. Seyfert (Natlib.) auf den in der gestrigen Sitzung der 1. Kammer vom Grafen Schönburg er wähnten Artikel eines Lehrers in der „Schulpraxis" zurück und erklärte, in diesem Artikel befänden sich allerdings einige Stellen, durch die sich unsere katholischen Mitbürger verletzt fühlen könnten. Er als Herausgeber dieser Zeitschrift erkläre, daß er mit diesen Stellen nicht einverstanden sei. Der Artikel sei nur infolge eines Versehens in die Zeitung gekommen. Bezüglich der daran ge knüpften Vermutung, daß in unseren Seminarien eine verhetzerische Art des Unterrichts stattfinde, müsse er die Seminarlehrer in Schutz nehnien Er selbst erteile weder Geschichte nach Reiigions- Mterncht. Es sei eme der wichtigsten Aufgaben aller Schulen insbesondere der «seminare, alles zu vermeiden, was die beklagens werte religiöse Spaltung in unserem Volke vertiefen könnte Die Seminarlehrer hielten es für ihre Pflicht, die Kinder zur wahren Toleranz und allgemeiner Menschenliebe anznhalten. Die Kammer trat hierauf einstimmig dem Deputationsantrage bei. Einstimmig und ohne Debatte wurde sodann die Nichtigkeit der vom Land tagsausschuß zur Verwaltung der Staatsschulden auf die Fahre 4906/07 abgelegten Rechnungen anerkannt, nachdem Abg. Schön feld (Kons.) darüber Bericht erstattet hatte. Die Petitionen der Genie,nderäte zu Eibau, Neugersdorf und Ebersbach, sowie des Gemeinderats und der Stadtverordneten zu Zittau, den zwei gleisigen Ausbau der Bahnlinie Vischofswerda-Zittau betr., bean tragt die Finanzdeputation 8 durch ihren Berichterstatter Abg. Rentzsch (Kons.) zurzeit auf sich beruhen zu lassen. Die Abg. Schwager (Freis.) und Riern (Soz.) treten warm für die Wün sche der Petenten ein und fordern baldige Abstellung der geradezu unhaltbaren Verkehrsverhältnisse auf dieser Linie. Finanzminister Dr. v. Rüger erklärt, daß zurzeit das Geld für den viele Mil lionen kostenden zweigleisigen Ausbau fehle. Die Eisenbahnver waltung sei aber bestrebt, die Verhältnisse auf dieser Linie dauernd im Auge zu behalten und für Verbesserungen zu sorgen. Die Kammer trat hierauf dem Deputationsantrage bei. Ferner wurde nach unwesentlicher Debatte gemäß den Anträgen der Deputation beschlossen, die Petition der Gemeinden Ober- und Nieder-Frieders- dorf, soweit sich dieselbe auf die Errichtung eines Personenhalte punktes in Nieder-Friedersdorf bezieht, der Kgl. Staatsregierung zur Kenntnisnahme zu überweisen, soweit sich dieselbe aber auf eine Güterladestelle bezieht, auf sich beruhen zu lassen; ferner Titel 9 des außerordentlichen Etats, Umgestaltung der Verkehrs stellen Deuben und Hainsberg, sowie viergleisigen Ausbau zwischen Polschappei und Station 116 O. (7. Rate) betreffend, mit 640000 M zu bewilligen und die Petition Kurt Grützner in Deuben auf sich beruhen zu lassen, weiter den Titel 37 des außer ordentlichen Etats, Herstellung einer vollspnrigen Nebenbahn von Limbach nach Oberfrohna betreffend, zu genehmigen und demge mäß 460000 M zu bewilligen, sowie endlich die Petitionen des Stadtrater und der Stadtverordneten zu Freiberg und Genossen wegen Erbauung einer Eisenbahn von Freiberg nach Hainichen der Regierung zur Kenntnisnahme zu überweisen. Nächste Sitzung Dienstag vormittag 10 Uhr. Eisenbahnangclegenheiten und An trag betr. Vermehrung der Mitglieder zum Landeskulturrat. Dresden, 4. März. Die 1. Kammer beriet in ihrer heutigen Sitzung über die Anträge zu Kapitel 10, 81, 82, 84 bis 87 des ordentlichen Etats, Vraunkohlenwerk zu Leibnitz, Departement der Finanzen, zu Titel 27 des außerordentlichen Etats, Versorgung des Hanptbahnhofes Chemnitz und des Rangierbahnhofes Chem nitz-Hilbersdorf mit Lokomotivspeisewasser (Ergänzungsforderung), ferner zu Kapitel 11, 12, 15, 17, 18, 79, 80, 22 und 23 des Rechen schaftsberichtes, staatliche Hüttenwerke bei Freiberg, Münze, Lan deslotterie und Lotteriedarlehnskasse, Straßen- und Wasserbau- verwaltung, Zivilliste und Apanagen betr., sowie zur Petition des Militärinvaliden Knauth in Zwickau um Gewährung einer jähr lichen Rente aus Staatsmitteln. Die Kammer beschloß allenthal ben in Uebereinstimmung mit der 2. Kammer. Nächste Sitzung Donnerstag ^12 Uhr. Kus aller X^slt. Berlin, 4, März. (Ein Straßenpassant von einem Einbrecher schwer verletzt.) In einem Hause der Fruchtstraße drang heute vormittag ein Einbrecher in die Wohnung einer alten Frau und verlangte von ihr Geld. Diese gab eS auch in ihrer Angst, verfolgte dann aber schließlich den Gauner und schrie um Hilfe. Daraus verfolgte ihn eine Anzahl Passanten. Plötzlich drehte er sich um und gab auf seine Verfolger einen Schuß ab. Die Kugel drang einem etwa 30jährigen Manne jn die Brust, der daraus zusammenbrach. Schließ lich konnte der Flüchtling am Memeler Park doch noch eingefangen und der Polizei übergeben werden. Die Wut des Publikums war so weit gestiegen, daß es den Gauner mit Fäusten und Stöcken bearbeitete und dieser von der Polizei geschützt werden mußte. Trier, 4. März. (Entgleisung eines Güter zuges.) Ein Güterzug entgleiste bei der Blockstation Feyen vor Trier dadurch, daß schwere Eisenteile der für die Longnicher Moselbrücke bestimmten Eisenkonstruktion herabfielen. Beide Gleise sind gesperrt. Der Verkehr findet über Trier-West statt. Altoua, 4. März. (Verhängnisvoller Gerüst-- einsturz) Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich auf dem hiesigen Hauptbahnhof. Zur Auswechslung de? Wellblechdachbekleidung sind bei dem einen Ausgangs zwei Schwsbegerüste angebracht. Heute nachmittag kurz vor 3^ Uhr brach eins dieser Gerüste zusammen und die auf demselben befindlichen Arbeiter, Schlosser und Zimmerer stürzten in die Tiefe. Zwei von ihnen erlitten sehr schwere Verletzungen, zwei andere leichtere. Diese vier Personen wurden sofort nach dem städtischen Kranken haus geschafft. Die übrigen Arbeiter kamen mit dem Schrecken davon. London, 4. März. (Die Milliarden st iftung des Oelköntgs.) Wie aus Newyork gemeldet wird, werden die WohltätigkeitSstistungen Rockefellers ein Kapital von 1200 Millionen Mark repräsentieren. Saloniki, 4. März. (Erdbeben.) Jn mehreren Städten Mazedoniens fand ein Erdbeben statt. Es wurde auch hier leicht verspürt. Am heftigsten war es in den Städten Nowrokop, Dschumaibala und RaSlik. Details sind bisher nicht bekannt. Konstantinopel, 4. März. (Das Goldne Horn im Nebel.) Ueber das Goldene Horn senkte sich an den letzten Abenden regelmäßig so dichter Nebel, wie er seit Menschengedenken nicht beobachtet wurde. Ein Dampfer mit mehreren hundert Pasfagieren an Bord scheiterte gleich nach der Abfahrt von der Karaköbrücke, die Galata mit Stambul verbindet. Unter den größten Schwierigkeiten wurden die Passagiere durch Fischerboote gerettet. Kus dem Ssrlcvtssaale Z pulsnih. Aönigl. Schöffengericht. (Sitzung vom 2. März 1910.) 1. Weil der Lackierer Sch. aus Freiberg am 19. Februar 1910 in Pulsnitz gebettelt hatte, wurde er festgenom men. Bei seiner Festnahme beleidigte er den Schutzmann Röllig. Das Schöffengericht verurteilte ihn wegen Bettelns und Beleidi gung zu 2 Wochen und 3 Tagen Haft. 2. Der Bergarbeiter Sch. aus Kreuzburgerhütte hatte am 21. Februar 1910 in Pulsnitz ge bettelt und wurde deshalb festgenommen. Das Schöffengericht verurteilte ihn wegen Uebertretung nach Z 361 4 des Strafgesetz buchs. zu einer Woche Haft. 3. Weiter war ebenfalls wegen Bet telns angeklagt, der mehrmals vorbestrafte Maurer R. aus Dres den. R. wurde vom Schöffengericht zu 2 Wochen Haft verurteilt. Auch erkannte das Schöffengericht, da er ein arbeitsscheuer Mensch ist, seine Ueberweisung an die Landespolizeibehörde. 4. Weil Frau K. in Großröhrsdorf die Haustochter K. in Dresden aufs schwerste beleidigt hatte, war von der Letzteren gegen die Erstere Privatklage erhoben und Strafantrag gestellt worden. Die Ange klagte hatte gegen die Privatklägerin wegen Beleidigung ihrerseits Widerklage erhoben. Nach umfangreicher Beweisaufnahme mußte die Verhandlung auf den 3. März 1910 ausgesetzt werden, da sich die Erhebung weiterer Beweise erforderlich machte. Am 3. März wurde, nach Vernehmung weiterer Zeugen die Angeklagte wegen Beleidigung zu 250 Mark, an deren Stelle im Falle der Unbring- lichkeit 25 Tage Gefängnis zu treten haben, die Privatklägerin auf die Widerklage wegen Beleidigung zu 30 M., an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit 3 Tage Gefängnis zu treten haben, verurteilt. Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens wurden der Angeklag ten auferlegt. Eine Erstattung der notwendigen Auslagen findet nicht statt. Z Dresden, 4. März. (Der Ausdruck „redeselig" — eine Beleidigung.) Ein Strafprozeß von grund- sätzlicher Bedeutung beschäftigte das Amtsgericht Oschatz. Die verantwortlichen Redakteure des Oschatzer „Gemein nützigen", des „Tageblattes" und der „Dahlener Nach richten" hatten einen Gerichtsbericht veröffentlicht, in dem eine wegen Beamtenbeleidigung verurteilte Waschfrau als Kami mnll su8 äsm gssig- -NSlÄs» Ikstsnal mit pkin- liokütsf 8oi-g1alt rubMkitsl. klknkii8s u. Magenlkiüeiille M kl llas'si' Samt ^28 gk8llnüe8le unä d6kümmlivk8t6 Keii-Lnk. Irrungen. 4— Kriminal-Novelle von G. Struder. 7. Nachdruck verboten. EUSpringer fühlte, wie ihm da« Blut heiß in die Schläfen stieg bei diesen Worten, die ihm au« einem Grunde, über ven er sich in diesem Augenblick- keine Rechenschaft zu geben ver- mochte, tief empörten. Jn einem Tone, der die übrigen Per sonen verwundert aufblickenv machte, entgegnete er: »Gnädige« Fräulein werden gütigst entschuldigen, daß ich widerspreche. Ich habe nämlich die Ehre gehabt, der jungen Dame vorgestellt zu werden, ich habe sogar in ihrer und ihre« Vater« Gesellschaft zu Mittag gespeist, und daher kann ich der Wahrheit gemäß bekennen, daß dieselbe eine der anspruchrlosesten und liebenswürdigsten Damen ist, mit denen ich jemal« bekannt geworden bin. Wer Ihnen, gnädige« Fräulein, da« Gegenteil hiervon versicherte, der kann die« nur in böswilliger Absicht, au« verächtlicher Verleumdungssucht getan haben, denn eine« Ge müter und auch eine« Verstands«, wie Fräulein Haubrecht sie besitzt, brauchte wahrlich eine Dame auch au« den höchsten Stän den sich nicht zu schämen." „Da« lieben«würdige Geschöpf scheint eine Eroberung in Ihne« gemacht zu haben", warf Herr von Dürenstein mit un angenehmem Lachen ein. „Vielleicht kann die Heirat sofort von Statten gehen, sobald Sie die Provision für den Ankauf von Etzrlhof werden eingestrichen haben." Springer blickt« den Sprechenden verächtlich an und er widerte : „Ich habe lediglich meine Pflicht erfüllt, welche diejenige eine« ehrenhaften Manne» ist, daß er nämlich unbescholtene Damen gegen nichtswürdige Verleumdung in Schutz nimmt, und hiervon werden mich auch in Zukunft höhnische und zum Wenigsten sehr überflüssige Bemerkungen nicht abhalten können. Im übrigen dürfen Sie überzeugt sein, mein wackerer Herr . . von Dürenstein, daß ich zwar für den Ankauf von Etzelhof keine Provision beziehe, daß aber die Vermittlung eine« solchen Geschäfte» ein sehr ehrenvoller Auftrag ist, zu dem man immer nur Leute aurwählt, welche den einfachsten gesellschaftlichen An stand niemal» außer Augen lassen." „Wie soll ich diese Bemerkung verstehen, Herr Springer?" brauste dieser auf, wobei er au» seiner nonchalanten Lage sich erhob. „Ganz wie Sie wollen, Herr", versetzte Springer, der ebenfall» aufgeflanden war, ruhig. Von Seiten de» Herrn von Dürenstein schienen heftig« Worte fallen zu wollen, und mit ängstlicher Miene schauten die Baronin und ihre Tochter nach den beiden Männern, al» mit einem Male der Baron sich in» Mittel legte und in entschiedenem Tone sagte: „Ich bitte dringend darum, meine Herren, keine Szenen in meinem Hause und besonder» in Gegenwart der Damen I Sie, mein lieber Herr von Dürenstein, können sich durch die Worte eine« bürgerlichen Kommt« nicht beleidigt fühlen, denn derselbe ist Ihnen, dem Edelmanne gegenüber nicht sati»faktion»fähig. Ihnen aber, Herr Springer, muß ich energisch erklären, daß, wenn Sie vielleicht nochmal« zu mir zurückzukehren gedenken, ich in Zukunft eine rücksichttvollere Sprache gegenüber meinen Gästen erwart«. Si« dürfen sich schon von einem Edelmanne einen kleinen Scherz gefallen lassen, ohne derhalb den Beleidigten zu spielen, können Sie aber einen solchen nicht ertragen, so werden wir nur sehr formell und rein geschäftlich mit einander verhandeln müssen." „Ich bedauere in der Tat aufrichtig, daß ich mich durch mein Temperament auch nur einen Augenblick in Gegenwart der Damen fortrrißsn ließ", entgegnete Springer kühl und in stolzer Haltung. „Im Uebrigen aber möge der Herr Baron nur glau ben, daß ich selbst sehr wohl zu beurteilen weiß, wa« ich mir von einem — Edelmann darf gefallen lassen und wa» nicht. Denn der Edelmann steht al» solcher für mich auch nicht im Geringsten höher al« der schlichte, redliche Bürger. Doch will man hiervon abbrechen, da meine Aeußerungen am Ende gegen Ihre Gefühle verstoßen könnten. Die Damen bitte ich anständigst, meinen Freimut mir zu verzeihen, aber wenn man lange in fremden Ländern gelebt hat, so hat man e» allmählich verlernt, seine wahren Gedanken mit Rücksicht auf den gesellschaftlichen Ton unter allen Umständen bei sich zu behalten und unterdrücken zu können. Um nun mein Unrecht einigermaßen wieder gut zu machen, verspreche ich Ihnen, daß ich mir die größte Mühe geben werde, nun die geschäftliche Angelegenheit zur Zufrieden heit von Ihnen allen zu erledigen." Durch die letzten Worte etwa« versöhnlicher gestimmt, erwiderte der Baron die Abschiedlverbeugung Springer« ziemlich herab lassend, während di« Baronin nur «ben mit dem Kopfe nickte und Marga ihn regungilo« anschaute. Sie war ganz versunken in dem Anblick de« in der Erregung wirklich schönen Manne«, der mit einer stolzen, fast verächtlichen Bewegung, wie sie selbst dem Baron keine Schande gemacht haben würde, von Herrn von Dürenstein sich verabschiedete. „Ein dreister, unverschämter Bursche, dieser Handlungsge hilfe !" meinte der Letztere, al« Springer hinter der Tür ver schwunden war, mit einer vor Erregung bebenden Stimme. „Echauffieren Sie sich nicht, lieber Freund", entgegnete der Baron, „auch ich würde dem Menschen am liebsten die Tür gewiesen haben, aber Sie wissen ja selbst, mein Bester, daß ich, obwohl mit tiefstem Widerwillen, gewisse Rücksichten nehmen mußte, wenn ich nicht di« glänzenden, mir winkenden Aursichten zerstören wollte." „Hätten Sie ihn hinau»wersen lassen, so würde ihm die« mit noch größerer Hochachtung vor Ihnen erfüllt und Sie würden hierdurch noch mehr bei ihm erreicht haben, al« durch Ihre Nachgiebigkeit." „Da» glaube ich nun gerade mcht", bemerkte Marga, „er sah keinerweg« au» wie einer, der durch Grobheiten sich impo nieren läßt." „Ja, «« ist ein schöner und stolzer Mann", fügte die