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Nr. 26. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 5. März 1910. Seite 2. beredtes Zeugnis ablegte von den Leistungen des weit und breit bekannten Musikchores. Das Programm brachte eine Reihe vorzüglich eingeschulter Konzertsti cke und sand reichen Beifall. Mit ganz besonderer Begeisterung wurde das von einem geborenen Oberlichtenauer, dem Schüler Oswin Gräfe vorgetragene Solo: „Tell-Fantasie" auf Tubus-Campanaphon ausgenommen. Der dem Konzert folgende Ball fand rege Beteiligung. Möge uns noch oft eins solche Veranstaltung in unserem Orte vergönnt sein! Großnaundorf. Die hiesige Zuchtgenossen schast hielt am 2. März ihre Jahresversammlung ab, welche von 58 Personen, darunter 11 Frauen, sowie von auswärtigen Gästen besucht war. Nachdem der Vorsitzende Herr Ortsrichter Gärtner die Versammlung mit einem herzlichen Willkommen eröffnet, befaßte man sich mit der Rechnungsablegung. Der Abschluß ergab einen baren Kassenbestand von 1208 M 81 Pf., der Jnventarbestand 1560 M, ein Genossenschaftsvermögen von 2768 M 81 Pf. Die Beiträge wurden noch auf der Höhe pro Stück und Jahr 1 M 20 Pf. gelasfen. Hiernach hielt Herr Tier- zuchtinspektor Dietrich aus Bautzen einen sehr interessan ten, leichtverständlichen Vortrag über: „Neue Erfahrungen auf dem Gebiete der Fütterungslehre". Der Vortragende schilderte in eingehender Weise zuerst die neuen Beobach tungen über die Wirkung der Nährstoffe und der Futter mittel nach Kellner und gab an der Hand von demselben ausgeführten Untersuchungen die gegenwärtig preiswerte sten Futtermittel bekannt. Ganz besonders aber empfahl der Redner die Einführung der Fütterung nach Leistung, d. h. jeder Kuh soviel Kraftfutter zu geben, als sie im Stande ist, zur Milch zu verarbeiten. Füttert man in der Weise, daß jede Kuh im Stalle dasselbe Hauptfutter, bestehend in Spreu, Häcksel, Heu und Rüben erhält, und legt dann einzelnen Tieren das Kraftfutter in Mengen vor, welche nach der Literzahl der Milch festgestellt wer den, so werden sich die verwendeten Kraftfutter, als da sind: Erdnußmehl, Palmkuchenmehl, je r/z, Leinmehl und Weizenkleie, je '/§ weit höher rentieren, als dort, wo man die Gaben desselben mehr oder weniger einheitlich zuteilt. Hochtragende, trockenstehende Kühe erhalten nur ganz ge ringe Mengen, etwa ein Pfund, damit der unnötig ein tretenden, oftmals schädigenden Fettbildung Einhalt ge tan wird, während milchreiche, neumelkende Kühe die größten Kraftfuttergaben zu verwerten im Stande sind und darum auch erhalten müssen. An der Hand eines Beispieles zeigte der Herr Vortragende, wie diese indivi duelle Fütterung nach Leistung gerade am besten durch- zusühren ist bei einem kleinen Viehbestände, da hier die Beobachtung der Einzeltiere eine geringe Mühe verursachte. Genaues Probemelken ist bei dieser Neuerung unerläßlich nötig. Reicher Beifall lohnte dem Herrn Vortragenden für feine zeitgemäßen und lehrreichen Ausführungen; die Versammlung dankte durch Erheben von den Plätzen. In längerer Debatte wurden noch verschiedene Fragen betreffs der Futtermittel, sowie aus dem Gebiete der Vieh zucht behandelt und in leicht verständlicher Weise klarge stellt. Ein Viehbesitzer hatte auf 10 Stück Kühe durch Zufütterung von Erdnußmehl und Leinmehl eine Mehr ausgabe von 10 M 40 Pf. pro Woche, dadurch erzielte er eine Mehreinnahme von 25 M 76 Pf. mit der Milch, also blieb ihm ein Reingewinn von 15 M 36 Pf. pro Woche. Der Herr Tierzuchtinspettor sprach sich noch sehr lobend und zufriedenstellend über die Zuchtgenossenschaft aus, ganz besonders dankte er den Bullenhaltern Emil Rammer, Ed. Eisold, Ernst Brückner und Ferd. Söhnel für gute Pflege der Bullen und gewisfenhaste Führung der Sprunglisten. Hieraus schloß der Vorsitzende die Ver sammlung, nachdem er allen Anwesenden für den zahl reichen Besuch seinen Dank ausgesprochen hatte. Möge diese Genossenschaft sich rüstig weiterentwickeln zum Wohle des Ortes und zum Segen der Allgemeinheit! Arnsdorf, 3. März. (Ueb erfahren.) Gestern abend gegen » Uhr wurde auf dem Bahnkörper zwifchen Arns dorf und Radeberg unweit des hiesigen Bahnhofes der Bäckergehilfe Säurich aus Grund bei Mohorn durch eine Lokomotive überfahren und tödlich verletzt. Nach den an gestellten Erörterungen hat der Unglückliche seinen Tod vermutlich dadurch verschuldet, daß er unbefugt den Bahn körper als Weg benutzte. Dresden, 3. März. Der Senat der freien und Hansa- stadt Hamburg hat die Beteiligung Hamburgs an der Internationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1911 in Aussicht genommen und oen Senatssekretär Ludwig zum. Ausstellungskommissar ernannt. — Die kaiserlich russische Regierung hat oen Wirkl. Geh. Staatsrat Prof. W. W. Podwyssosky, Direktor des Instituts für experimentelle Medizin in Petersburg, zum RegierungSkommtsfar für die Hygiene-Ausstellung ernannt. 8H< Dresden, 4. März. (Erpressungen gegen einen Dresdner Industriellen.) Ein bekannter Dresdner Fabrikbesitzer erhielt schon seit längerer Zeit Erpressungsvriese, in denen ihm mit Anzeige wegen sitt licher Verfehlungen gedroht wurde. Jetzt ist es den Be mühungen der Kriminalpolizei gelungen, in der Person eine? 46 Jahre alten, in Dresden wohnhaften Kaufmanns den Schreiber jener Briefe zu ermitteln. 8. Dresden, 3. März. (Musikdirektor Karl Pem- baur, Dirigent der Robert Schumannschen Singakade mie.) Zum Nachfolger des kürzlich verstorbenen Dirigen ten Professor Albert Fuchs hat die Robert Schumann- sche Singakademie einstimmig den Dresdner Hoforgani sten ur d Musikdirektor Karl Pempaur gewählt. Pem- baur wirkt seit 1901 als Organist der katholischen Hof kirche in Dresden, 1903 übernahm er die Leitung der Dresdner Liedertafel. Im vorigen Jahre erhielt er den Titel „König!. Musikdirektor". 8. Dresden, 3. März. (Selbstmord.) Der Bezirks tierarzt a. D. Hartenstein machte in der Nähe der Zie gelei Coschütz seinem Leben durch Oeffnen der Pulsadern ein Ende. 8. Dresden, 3 März. (Freiwilliger ärztlicher Sonn- und Feiertagsdienst in Leipzig und Dres den.) Nach einer soeben erlassenen Verordnung des Kgl. Ministeriums des Innern ist in Dresden und Leipzig ein freiwilliger ärztlicher Sonn- und Feiertagsdienst in der Weise eingerichtet worden, daß die Aerzte sich der Reihe nach heimisch halten und daß ein jeder, der des ärztlichen Beistandes bedarf, den Namen und die Woh nung des diensttuenden Arztes sowohl in den Wohnun gen der Aerzte als auch auf den WohlfahrtSpslizei-Jn- spektionen erfahren kann. Das Ministerium hat ferner die Kreishauptmannschaften angewiesen, auch in größeren Landgemeinden und in unseren Städten eine derartige Einrichtung zu treffen Eisenberg-Moritzburg. Mit dem 1. März stellte die hiesige „Lokalzeitung" (Amtsblatt der Gemeinden Eisen- gerg-Moritzburg, Dippelsdorf und Buchholz) ihr Erschei nen ein. Bischofswerda. (Polizeihund.) Eine im Sicher heitsdienst schon anderwärts mit Erfolg eingeführte Neuerung hat nun auch Bischofswerda aufzuweisen, näm lich einen Polizeihund. — In Hochkirch bei Bautzen wurde auf behörd liche Anordnung eine Klaffe der Volksschule wegen zahl reicher Erkrankungen an Masern aus 3 Wochen ge schlossen. Von 56 Kindern des ersten Schuljahres liegen 39 an Masern darnieder. Chemnitz. Der nationalliberale Landesverein für das Königreich Sachsen hält Sonntag, den 6. März, hier seine diesjährige Hauptversammlung ab lagssgescdickts Deutsches Reich. Berlin, 4. März. Kaiser Wilhelm hat an den Fürsten von Monacco ein Schreiben gerichtet, worin er diesem mitteilt, daß er sich bei der Einweihung des Ozeanographischen Museums durch Admiral von Koester vertreten lassen werde. Berlin^ 4. März. Kaiser Wilhelm beabsichtigt, auf dem Dampfer „Kaiser Wilhelm II." des Norddeutschen Loyd am 3. April eine dreitägige Fahrt in der Nordsee zu unternehmen. In der Begleitung des Kaisers werden sich Mitglieder der hohen Beamtenschaft und der Finanz welt, sowie Vertreter von Kunst und Wissenschaft be finden. Berlin, 4. März. Die Kgl. preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin hat dem früheren Reichskanzler Fürsten Bülow eine besondere Ehrung zuteil werden lassen, indem sie ihn zu ihrem Ehrenmitglieds wählte, welche Wahl durch kaiserlichen Erlaß bestätigt worden ist. Berlin, 4. März. Die Annahme, daß der Statthalter in Elsaß-Lothringen, Graf von Wedel, wegen der Ange legenheit, die neuerdings viel besprochen wurde, zur Be richterstattung von Berlin aus aufgefordert sei, ist nicht zutreffend. Graf von Wedel hat hierher aus eigener Initiative über den Fall berichtet. Berlin, 4. März. Das Antwortschreiben der franzö sischen Akademien aus die Einladung zur Teilnahme an der Sekularfeier der Berliner Universität enthält eine höfliche Absage. Die Erklärung besagt, daß die Akademien grundsätzlich nur Feste von Akademien mit Vertretern beschicken. In diesem Falle überließen sie demnach ihre Vertretung den französischen Universitäten. Berlin, 4. März. Der Abgeordnete Singer hat beim Reichstagsbureau auf unbestimmte Zeit Urlaub ange meldet, er muß sich auf Anordnung der Aerzte seiner Tätigkeit auf längere Zeit enthalten. Berlin, 4. März. Im Anfang war es öde, wüste und leer, heißt es in der Bibel, und so konnte man es auch heute im Reichlage sagen, nur daß dieses Wort nicht bloß auf den Beginn, sondern auf die ganze Sitzung paßte. Leer der Saal, öde die Reden und die einzelnen Abgeordneten konnten sich fühlen wie der Redner in der Wüste. Noch immer das Kapitel vom ReichsgesundheitS- amt. Man sprach von Regelung des Apothekenwesens, Besserung Hinsicht ich der ConzesstonSverteilung an die Gehilfen, woran man — natürlich rein zufällig — den Schutz des deutschen Viehs gegen VerseuchungSgesahr anreiht. Auch von der Bekämpfung des Alkohols war die Rede, gleichzeitig — ebenfalls unabsichtlich — von den Schutzabwässern in den Fabriken und was dergleichen schöne Dinge mehr sind. Endlich gings zum Patentamt, wobei der Abgeordnete Jung nach der Refcrm des Patentgesetzes fragt und vor allem endlich eine interna tionale Regelung der Erfinderrechte herbeisehnt. Der Staatssekretär verheißt den besten Willen der Regierung, muß aber selber zugeven, daß in dieser Hinsicht bisher noch nicht viel erreicht sei. Ziemlich schnell wurde das Kapitel erledigt, um zum Reichsversicherungsamt überzu gehen, zu welchem eine Reihe von Wünschen vorgebracht wurde, u. a. vom Christlich - Sozialen Arbeitersekretär Behrens die Einführung des Proporz bei den Wahlen. Beim Kapitel Kanalamt wurde von verschiedenen Seiten die Heranziehung ausländischer Arbeiter bedauert. Staats sekretär Delbrück erklärt, daß dies nur im Notfälle ge schehe. Anscheinend will man heute mit dem Etat des Reichsamies des Innern zu Ende kommen, denn um 8»/z Uhr dauerte die Sitzung noch fort. — Der neue Reichstagspräsident Graf v. Schwerin- Löwitz, ist von der gesamten bürgerlichen Presse recht freundlich, ja von vielen Blättern sogar herzlich begrüßt worden. Nach der ganzen Vergangenheit des Grafen herrscht Einigkeit darüber, daß er das Präsidium in ver söhnlichem Sinne und im übrigen dem verstorbenen Herrn von Levetzow gleichen wird, der vom Herbst 1888 bis zum Frühjahr 1895 die Geschäfte des Reichstags leitete. Kassel, 4. März. Die hiesigen linksstehenden Libe ralen haben auf Einladung der Sozialdemokratie be- fchlossen, am Sonntag, den 6. März, mittags 12 Uhr an einer großen Wahlrechtskundgebung auf dem städti schen Forst teilzunehmen. Hierzu hat der Polizeipräsident bereits die Genehmigung erteilt, ferner hat er darin ein- gewilligr, daß nach der Wahlrechtskundgebung ein großer Demonstrationszug, der sich pünktlich 1 Uhr vom Forst gelände durch die Stadt in Bewegung setzen soll, statt- finder. Der Forst, ein ausgedehntes Gelände, das sich im städtischen Besitz befindet, wurde auf Ansuchen vom Magistrat zur Abhaltung der Demonstrationsversamm lung freigegeben. Gesterreich-Ungarn. Wien, 4. März. Die Agramer Kriminalpolizei hat die Hochstaplerin Mimi Kewis, die richtig Marianowitsch heißt, verhaftet. Sie steht unter dem dringenden Verdacht, in serbischen Diensten als Spionin tätig gewesen zu sein. Sie soll außerdem im Verdacht stehen, die Sendung der Giftpillen an die öster reichischen Generalstabsoffiziere veranlaßt zu haben; sie habe sich erwiesenermaßen um die kritische Zeit in Wien und Linz aufgehalten und in allen Städten wo sie auf trat sich in den Kreisen der Generalstabsofftziere bewegt Vsutscdsr Nsicdstag. Der Reichstag setzte am Donnerstag die Einzelberatnng des Etats des Reichsamts des Innern fort. Bllm Kapuet Behörden zur Untersuchung von Seeunfällsn wiederholte Abg. Schwartz- Lübeck (Joz.) die Forderung auf Reform der SeemannSordnung und der Errichtung eines Schiffahrtsamtes. Geheimrat Lewaldt verwies auf den starken Rückgang der Schiffsunsälle und Abg Heckscher (fr. Vgg.) gab ihm zu, daß dis neue Bernfsgenoffenschaft ihres Amtes ausgezeichnet walte. Beim Kapitel Staüstisches Amt verlangten die Abgg. Dahlem (Ztr.) und Bassermann (natl.) die Erörterung der Notwendigkeit der Sonntags- und Nachtruhe in der Binnenschiffahrt, während" Abg. Dove (srs. Vgg.) internationale Verhandlungen zum Zwecke der gleichmäßigen Aufstellung der Statistik der verschiedenen Länder befürwortete. Staatssekretär Dr. Delbrück versprach Maßnahmen zugunsten des Binnenschiff fahrtsgewerbes, sobald die Erhebungen des Reichsgesundheitsamtes abgeschlossen seien. Abg. Brev iSoz.) wünschte eingehende statis tische Erhebungen über die Verhältnisse in der chemischen Industrie. Abg. Faschender (Ztr.) regte umfassende Erhebungen über das Genossenschaftswesen an. Abg. Gothein (frs. Vgg ) warnte vor Schematisierung bei der Nacht- und Sonntagsruhezeil der Schiffer. Es werden weitgehende Ausnahmebestimmungen notwendig sein und verschiedene Regelung nach dem Stromgebiete sich von selbst ergeben. Abg. Legien (Toz.) bedauerte, daß die amtliche Slreik- statistik nicht schon revidiert worden sei. Dis Resolution des Zen trums auf Verbesserung der Slreikstatist-k wurde angenommen. Beim Kapite: Reichsgesundheitsamt verlangt eine Resolution der Konservativen Maßnahmen zur Verhinderung des Mißbrauches narkotischer Arzneimittel. Eine Resolutiori des Zentrums wünschte allgemeine Vorschriften zur Verbesserung der Wohnungsverhältnisse der minderbemittelten Klassen. In der Erörterung betonte Staats sekretär Delbrück, ein Reichswohnungsgesetz müsse schließlich nur auf Blankettoollmachten beruhen. Die Wohnungsfrage sei am ersten durch eine verständige Kommunalpolitik zu lösen. Abg Robelt iwildlib.) trat für eine reichsgesetzliche Regelung der Konservierung der Nahrungsmittel ein und empfahl die Bildung eines zur Unter stützung des Reichsgesundheitsamtes zu schaffenden Gesundheits beirates. Nach längerer weiterer Beratung trat Vertagung auf Freitag ein. Der Reichstag setzte am Freitag die Einzelberatung der Etats des Reichsumts des Innern beim Kapitel Reichsgesundheitsamt fort. Abg. Neuner (nl.) empfahl Neuregelung des Apothcken- wesens und verstärkte Maßregeln gegen Seucheneinschleppung. Staatssekretär Delbrück bemerkte, daß ein Apothekengesetz auf ungeahnte Schwierigkeiten gestoßen sei, die sich hoffentlich jedoch noch beheben lassen werden. Die Schutzvorschriften gegen die Ein schleppung von Seuchen werden an der Grenze mit aller Energie gehandhabt. Abg. Brützne (Soz.) verlangte Maßregeln gegen die Verunreinigung der Flüsse durch Abwässer. Im Väckereigewerbe herrschten noch immer arge Mißstände. Präsident des Gesundheits amts Bumm stellte fest, daß sich die Behörden schon längst um die Flußreinigung gekümmert haben, jedoch könne eine Besserung nur allmählich eintreten. Auch gegen die Bleivergiftungen werde alles nur Mögliche getan. Eine strenge Kontrolle der Konser vierungsmittel sei im Interesse der Volksgesundheit ebenfalls ge boten. Abg. Dr. Leonhart (frs. Vp.) wünschte eine Bekämpfung des Alkoholismus durch Reichsmittel. Demgegenüber erklärte Staatssekretär Dr. Delbrück, der Kampf gegen den Alkoholismus sei Sache der Eltern, Vorgesetzten und Kommunen. Er seinerseits werde alle derartigen Bestrebungen unterstützen. Abg. Brejski (Pole) wünschte Maßregeln gegen die Wurmkrankheit. Abg. von Lreuenfels (kons.) empfahl seine Resolution gegen den Mißbrauch narkotischer Arzneien. Gewissenlose machen sich ein Gewerbe dar aus, diese Mittel den Morphinisten und noch Gesunden zu ver schaffen. In Anbetracht der dadurch entstehenden großen Ge fahren müssen energische Maßnahmen ergriffen werden. Nach kurzer weiterer Debatte wurden die vorliegenden Resolutionen angenommen. Beim Kapitel Biologische Anstalt für Land- und Forstwirtschaft verlangte Abg. Siebenbürger (kons.) Maßnahmen gegen die Schweinepest, die das Vieh kleiner Besitzer schwer be drohe. Es folgt das Kapitel Patentamt. Abg. Junck (nl.) fragte nach dem Stande der Patentgesetzreform. Staatssekretär Dr. Del brück bemerkte, das jetzige Verfahren werde von den Industriellen gebilligt. Eine Regelung der Gebührenfrage sei beabsichtigt. Abg. Müller-Meiningen (frs. Vp.) hielt eine patentrechtliche internatio nale Vereinbarung für notwendig. Darauf folgte das Kapitel Reichsversicherungsamt, bei der nochmals die Privatbeamtenver sicherung besonders hervortrat. Asuvfts vlrskts MslQtMgsn von Hirsch'- Telegraphenbureau. Berlin, 5. März. Frau v. Schönebeck, die Heldin des Allensteiner Offiziersdramas, ist gestern nachmittag in ihrer Wohnung aufs neue verhaft-t worden. Die Verhaftung erfolgte aus Antrag der Staatsanwaltschaft Allenstein. Frau o. Schönebeck wurde ins Charlottenbur ger GerrchtsgefüngniS eingeliefert. Das Verfahren gegen Frau o. Schönebeck wegen Anstiftung zum Morde an ihren Gatten wird seinen Fortgang nehmen. Wie wei ter verlautet, hat der Anwalt der Verhafteten den An trag auf Hafte tlaffnng gegen Stellung einer Kaution in beliebiger Höhe i gebracht. Berlin, 5. März. Der für morgen geplante sozial demokratische Wahlrechtsfpaziergang nach Treptow ist vom Berliner Polizeipräsidenten verboten worden, Metz, 5. März. Nachträglich stellt sich schwerer, durch das Mosel-Hochwasser verursachter Schaden heraus. In vielen kleinen Orten mit schlechter Kanalisation ist der Typhus ausgebrochen. Aus Stahlhelm werden 9 Fälle gemeldet. Petersburg, 5. März. Aus der Kaifergruft der Peter Paul-Festung sind an 20 goldene und silberne Kränze, die zum Teil Geschenke fremder Souveräne waren, ge- stöhlen worden. Die Täter sind unbekannt. Paris, 5. März. Der Chefredakteur des „Matin", Stephan Lauzanne, veröffentlicht in seinem Blatte einen längeren Artikel über die Affäre der Gräfin v. Wedel. In dem Artikel beschäftigt sich der Verfasser u. a. mit der