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BeilageMNjssulsniher Wochenblatt Dienstag —Ar. 128. 26. KKLoöer 1909. OsrMcbes unv Säcdsiscbes. — Wieder ist für manche Eltern die Zeit gekommen, wo es gilr den Sohn einer höheren Schule zuzuführen. In unserer allgemein aufwärts strebenden Zeit ist ja eine gute Schulbildung immermehr Erfordernis für ein gutes Fortkommen im späteren Leben geworden. Für unsere Gegend kommt da nun wohl in erster Linie die nunmehr voll ausgebaute Realschule mit Progym nasium in unserer Nachbar st adt Kamenz in Frage. Mit Freuden ist es nun zu begrüßen, daß vom neuen Schuljahr an, wie aus dem heutigen Inserat des Kamenzer Realschuldirektors ersichtlich ist, den Bewohnern unserer Stadt und überhaupt unserer Gegend die Möglichkeit ge geben ist, ihren Sohn zu Haus wohnen, und ihm täglich mit der Bahn nach Kamenz zum Schulbesuch fahren lassen zu können. Es soll nämlich der Unterrichtsbeginn an der Kamenzer Realschule so gelegt werden, daß die Benutzung des ersten Personenzuges früh den Schülern noch rechtzeitige Ankunft zum Schulanfang gestattet. Damit ist es also möglich geworden, die bei den heutigen erhöhten Preisen immerhin nicht unbedeutenden Aus gaben für eine Pension zu umgehen, wozu noch der Vorteil kommt, den Knaben im Elternhaus behalten zu können. Im neuen Kamenzer Realschulgebäude, das im Sommer nächsten Jahres bezogen werden soll, wird auch ein großes Zimmer den auswärtigen Schüler zu zeit weiligem Aufenthalt, z. B. für die Zeit von Schulschluß bis Zugabgang, eingeräumt werden, in dem sie z. B. auch über Mittag sich aufhalten können. Da die Fahr preise für Schülerfahrten von der Estenbahn sehr niedrig bemessen sind, da auch auswärtige Schüler kein erhöhtes Schulgeld auf der Kamenzer Realschule zu zahlen haben, so wird diese Einrichtung vielseitig mit Freuden begrüßt werden, zumal damit ein schon wiederholt geäußerter Wunsch in Erfüllung geht. Im übrigen sei auf das Inserat verwiesen. 82K. Dresden, 23. Oktober. (Errichtung einer Altersrentenkasse für sächsische Handwerker.) Der geschäftsführende Vorstand des Sächsischen JnnungS- VerbandeS beschäftigte sich in seiner letzten Sitzung mit einem die Errichtung einer AlterSversicheungskasse für selbst ständige Handwerker im Königreich Sachsen b.-treffenden Beschlusse des letzten Verbandstages. Die vom Verbands vorsitzenden entwickelten Grundzüge, nach welchem das Statut der vom DreSden-Pieschener Handmerkervereine gegründeten Handwerker-AlterSrentenkasse als Muster die nen soll, wurden gutgeheißen. Es wird nunmehr einer im November zu berufenden Gesamtvorstandssitzung der Entwurf eines Statuts für die geplante AlterSrent.n- Kasse süc sächsische Handwerker unterbreitet werden. Es wäre für den Sächsischen Jnnungsverband, für die In nungen und für den gesamten Handwerkerstand ein Er folg von außerordentlicher Tragweite, wenn die AlterS- renten-Kasse für sächsische Handwerker zustande käme. Weißbach b. K. In der Angelegenheit der am Sonn tag früh unweit Weißbach tot aufgcfundenen Lumpen sammlerin Wwe. Koch aus Radeberg haben die stattge funden Erhebungen ergeben, daß ein Verbrechen nicht oorliegt; die Umstände sprechen dafür, daß die in der Trunkenheit auf dem Bahndamm gehende Frau im Dunkel der Nacht vom Zuge zur Seite geschleudert worden ist. An den hierbei erhaltenen Verletzungen ist die Verun glückte gestorben und am Morgen nach dem Unfall tot aufgefunden worden. — Zu der Familientragödie in Oschatz wird weiter berichtet: Der Gastwirt Robert Schulze, der sich mit seinen 4 Kindern den Tod gegeben hat, war zum zweiten Male verheiratet, die Kinder stammen aus erster Ehe. Die zweite Ehe war nicht glücklich, und es kam zwischen den Ehegatten öfters zu heftigen Auftritten. AIS sich die Familie nachts gegen >/,1 Uhr nach Geschäftsschluß zur Ruhe begeben wollte, kam es wieder zu einem Streit, indessen Verlauf Schulze seine Frau mit einem Hammer bedrohte, worauf diese aus dem Fenster des im Erdge schosse gelegenen Schlafraumes sprang und zu Nachbarn flüchtete. Dort blieb sie bis gegen 6 Uhr früh, worauf sie wieder nach Hause zurückkehrte. Sie fand aber die Tür verschlossen und ließ sie, da drinnen alles ruhig blieb, durch einen Schlosser öffnen. Der Raum war mit GaS gefüllt, da die Gashähne der Beleuchtungskörper geöffnet waren. In dem einen der beiden Betten lag Schulze mit dem 4jährigen Sohn Fritz und der 2'/,jäh rigen Annemarie, in dem andern lagen die 9jährige Lotte und die 6jährige Lisbeth Schulze. Alle waren tot. Die behördliche Kommission nahm den Tatbestand auf und ordnete die Ueberführung der Leichen in die Leichen halle an. plus aller >^ett. Kassel, 25. Oktober. (Raubmord.) Auf dem Sund- Heimer Felde zwischen Hofgeismar und Grebenstein wurde Sonnabend ein Raubmord verübt. Dazu wird noch ge meldet: Der 35jährige polnische Arbeiter Jakob Stan- dara, der in Hofgeismar in Arbeit steht, befand sich mit zwei polnischen Mädchen auf dem Heimwege. Als diese etwas zurückgeblieben waren, wurde Standara von einem Landsmann, dem 24jährigen Kasimir Demschick überfal len und zu Boden geschlagen. Während die Mädchen entflohen, um Hilfe zu holen, hatte der Täter den Ueber- fallenen getötet und ihn seiner Barschaft von 200 M beraubt. Heidelberg, 25. Oktober. (Großfeuer.) Im Städ tischen Königshosen an der Tauber sind einem Großfeuer neun Wohnhäuser, vierzehn Scheunen und Stallungen sowie zahlreiches Vieh und Geflügel zum Opfer gefallen. Die Entstehungsursache des Feuers ist unbekannt. München, 25. Oktober. Zur Sprengstoffexplo sion wird noch gemeldet, daß der Täter der 18jährige Tagelöhner Kellner sich in einem neuerlichen Verhör als Anarchist bezeichnet hat. Fünf Personen, darunter Agi tator Schulz und eine Frauensperson und drei junge Burschen im Alter von 17—20 Jahre haben ihm nach seiner Aussage ihre Ideen beigebracht und ihn auch zu zu dieser Tat verführt. Alle fünf wurden verhaftet. Der sehr beschränkte Kellner wird in der Laudesirrenanstalt Eglfing auf seinen Geisteszustand hin beobachtet und dann später einem Jugendgerichtshof oder seiner Irrenan stalt überwiesen werden. Flensburg, 25. Oktober. Verhaftet worden ist heute früh 5'/- der Mörder der Eheleute Lorensen in Julschau bei Flensburg, die bekanntlich vor einigen Ta gen tot resp. sterbend aufgefunden wurden. Es ist der erst 19jährige Dienstknecht Julius Sörensen aus Gr.- Solt. der früher bei Lorensen bedienstet war. Der Mör der hat bereits ein Geständnis abgelegt und gab dabei an, die Tat aus Rache verübt zu haben. Vsrmlscbtss. * (Die Knöpfe der Prinzessin Viktoria Luise.) Der Berliner Korrespondent des „Piccolo" weiß eine kleine Geschichte aus dem Familienleben des Kaiser hauses zu berichten: Kurz vor einer Ncise wurde für die junge Prinzessin ein Matrosenkleid bestellt. Die Tochter des Kaisers war über das neue Kleid entzückt; nur eines gefiel ihr nicht: die Knöpfe. „Könnte das nicht geändert werden?" „Gewiß, Königliche Hoheit," erwiderte die Schneiderin, „nichts leichter als das, ich habe zuhause eine reizende Garnitur Knöpfe, die ausgezeichnet paffen würden." „Ja aber warum haben Sie denn die nicht gleich darangemacht?" "Warum? ja jeder Knopf kostet — eine Mark." die Prinzessin fand das im stillen sehr teuer Aber die Versuchung war sehr stark, und nach einigen Zögern sagte sie: „Schön, ich werde Papa nach Tisch fra gen und Ihnen dann Bescheid sagen." Nach Tisch er wartete die Schneiderin den Beschluß. Ein wenig nie dergeschlagen erzählte die Prinzessin: „Nein Papa erlaubt es nicht. Er sagt, eine Mark für den Knopf sei zu teuer, so könne man das Geld nicht zum Fenster Hinauswersen." * (Aus de m Paradies derScheidungslu st i- gen.) In South Dakota, dem Staate der berühmten „Ehescheidungsmühlen", bereiten sich große Dinge vor. 4 M Hennen recht zeitig brütlustig zu machen und den Brutreiz zu entwickeln, genügt es, diese über Nacht in einen erwärmtet: Raum zu bringen und in einen verdeckten Neftkorb auf 3 oder 4 erwärmte Porzellaneier zu setzen. Wird dieses Experiment zwei Nächte hintereinander wiederholt, so tritt schon am dritten Tage der Brutreiz ein, worauf der Henne Bruteier unterzulegen find. Das oft angewandte Verfahren, den Hühnern die Bauchfedern auszureißen und sie mit Brenneffeln zu peitschen, um so den Brutreiz zu wecken, ist nur eine arge Tierquälerei, die absolut keinen Zweck hat. Stark befiederte und ruhige Hennen sind schwachbefiederten und lebhaften Tieren vorzuziehen. Gut ist es, mehrere Hennen auf einmal zum Brüten anzusetzen. Denn springt eine vom Neste, was wohl vorkommt, so können die Bruteier auf die übrigen Brüterinnen verteilt werden. Ferner ist zu beachten, daß die gleichzeitig ausgefallenen Jungen zweier Bruten nur einer Führerin bedürfen, es kann somit diezweite Führerin, der eine andere, zweite Henne zugesellt wird, sofort eine frische Unterlage von Bruteiern erhalten. Auf diese Weise kann man mit wenigen Bruthennen eine große Menge von Küchlein ausbrüten. Wenn sich zwar die asiatischen Rassen in der Brut sehr gefräßig zeigen und eine starke Fütterung bedürfen, so wird jedoch die Mehr fütterung durch die zwei- bis dreifache Brut reichlich gedeckt. MieseiWWkraui als Wdling. Die von der Tierarzneikunde in ihrem Jargon „Rehe" oder „Verschlag" genannte Hufkrankheit der Pferde, die als eine rheuma tische Erkrankung der Huflederhaut angesehen wird, tritt nicht selten in großen Gestüten epidemisch auf, ohne daß man die Ursache mit Gewißheit zu erkennen vermochte. Man vermutete sie in falscher Füt terung, namentlich mit frischem Roggen. Eine neuerdings in dem Remontedepot Wirsitz ausgebrochei e Epidemie veranlaßte den Ober roßarzt Stottmeister zur genauen Untersuchung des Futters. Er fand in dem den Pferden vorgelegten Futter zahlreiche Exemplare der ge meinen Wieseukreffe, carcksmine pmtense, die im Volksmund als Wiesen schaumkraut bekannt ist, weil sie oft die Schleimkügelchen der Schleim zikade angeheftet trägt. Um die vermutete Wirkung festzustellen, ließ der Oberroßarzt das Wiesenschaumkraut aussuchen und rein an einige Pferde verfüttern. Die Wirkung trat promt ein: nach fünf bis acht Stunden erkrankten sie an Rhehe, während die mit reinem Gras ge fütterten Pferde gesund blieben. Weitere Versuche haben ergeben, daß die Wiesenkresse auch bei Kühen dieselbe Krankheit hervorruft, aber merkwürdigerweise nur in grünem Zustande. Der Landwirt. küp kandwiMkatt und Hafenbau. Nenslag wummer' so sS. -Kloben iHoy. Der Naud im Mrtoffeln, des Klees, der mS Ser Wiesen im deutschen Reiche Witte KeMmim. (Nr. I sehr gut, Nr. 2 gut, Nr. j3 mittel, Nr. 4 gering, Nr. 5 sehr gering). Der Stand der Kartoffeln stellte sich im Durchschnitt auf 2,5. Mit diesem Stande kann man zufrieden sein, denn ein besserer Stand ergab sich in den letzten zehn Jahren nur in dem Jahre 1905 mit 2,4. Von dem Stande des Klees kann man dies nicht sagen, denn er stellte sich im Durchschnitt auf 2,8 und während der letzten zehn Jahre waren nur die Jahre 1904 mit 3,7, 1900 mit 3,2 und 1901 mit 2,9 schlechter als 1909. Der Stand der Luzerne stellte sich im Durchschnitt auf 2,6. Ein besserer Stand als dieser ergab sich während der letzten zehn Jahre nur im Jahre 1906 mit 2,3 und im Jahre 1908 mit 2,4. Der Durchschnittstand der Bewässerungs- wiesen stellte sich auf 2,3, der der übrigen Wiesen auf 2,7. Seit 1905 war der Stand der Bewässerungswiesen besser in den Jahren 1906 mit 2,1, 1905 und 1908 mit 2,2, der Stand der übrigen Wiesen besser in den Jahren 1905 und 1906 mit 2,4, mährend das Vorjahr 1908 den gleichen Stand wie in diesem Jahre aufwies. Die Neinhullung der Lecker oon Mräulern ist eine Hauptbedingung für das normale Gedeihen unserer Kultur pflanzen, und es kann andererseits keinem Zweifel unterliegen, daß eine zweckmäßige und konsequent ausgeführte Bekämpfung des Unkrau tes nicht unerheblich dazu beitragen kann, die Ernteerträge zu steigern und damit auch den Reinertrag des Feldbaues zu erhöhen. Wenn der Kampf gegen das Unkraut erfolgreich sein soll, dann müssen in erster Linie alle Quellen verstopft werden, von denen aus unsere Felder mit Uukrautsamen verseucht werden. Tun nun auch die Landwirte gerade nach dieser Richtung alles, was in ihren Kräften liegt, so bleibt die Gefahr der Verunkrautung ihrer Felder dort doch immer eine dauernde, wo Bahndämme sich durch die Felder hinziehen. Mit Recht sind daher auch wieder in letzter Zeit von Seiten prakti-