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Nr. 102. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 26. August 1909. Seite 6. anlegen. Unser Handwerksbursche wußte diese Drohung richtig zu deuten, und da ihm wahrscheinlich die Er innerung an ein kleines unbequemes Lokal mit noch un bequemeren Verpflegungsverhältnissen aufdämmerte, ging er kurz entschlossen aufs Postamt, ließ sich telephonisch mit der Gendarmerie in Zell verbinden und teilte dieser mit, das in Hippach ein fremder Handwerksbursche sein Unwesen treibe und alle Leute anbettle. Im Brustton ehrlicher Entrüstung verlangte er die Entsendung eines Gendarmen um den Kerl abzufassen. In Zell glaubte man natürlich, der Bürgermeister oder eine andre hoch stehende Persönlichkeit sei beim Telephon, und sofort wurde ein Gendarm nach Hippach hineingesandt, um dem Burschen sein Handwerk zu legen. Der aber hatte in zwischen von dem erbettelten Reisegeld die Gebühr für das Telephongespräch bezahlt und sich auf die Beine ge macht, um auf anderem Wege den Talausgang zu er reichen. Als von Zell der verlangte Gendarm nach Hippach kam, war unser Handwerksbursche längst über alle Berge, um in anderer Gegend sein Glück zu versuchen. Nus vsm Serlcktssaals. 8 Pulsnitz. Königliches Schöffengericht. (Sitz ung vom 24. August 1909.) Wegen Unterschlagung war angeklagt der Dienstknecht Otto Bruno F. aus Bretnig. F., der bei dem Gutsbesitzer Adolf Kunath in Bretnig als Knecht diente, erhielt am 21. Juli 1909 von der Bäckermeistersehefrau Körner in Hauswalde 28 M für eine von Kunath geleistete Fuhre mit der Weisung, sie an Kunath abzuliefern. Der Angeklagte nahm das Geld zwar in Empfang, lieferte es aber nicht an Kunath ab. Er verließ am nächsten Tage heimlich seinen Dienst bei Kunath und verbrauchte das Geld in der Folgezeit für sich. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten in der Hauptverhandlung am letzten Dienstag zu 3 Wochen Gefängnis. ß Die Klage der Radbodwitwen gegen das Hammer Lokalkomitee auf sofortige Auszahlung der ein gelaufenen Spenden ist endgiltig abgewiesen, nachdem der NechtSbeistand der Frauen die Frist zur Einreichung der Berufungsfrist gegen das erste abweis.nde Urteil hat ver streichen lassen. 8 Flora Gast, die einstige Geliebte des Chefredak teurs der „Kreuz-Ztg." von Hammerstein wurde wegen fortgesetzter Erpressung in Basel zu 1»/, Jahren Zucht haus verurteilt. Von vsr cuttsckMabrt. Friedrichshafen, 26. August. Heute mittag kurz nach 2 Uhr begab sich Graf Zeppelin mit seinem Motorboot nach Manzell, um die erste Probefahrt seines Luftschiffes „2.III" persönlich zu leiten. Punkt 3'/i Uhr wurde das Luftschiff aus der Seehalle gezogen und in wenigen Minuten stieg der Luftkreuzsr auf. Die Motors wurden eingeschaltet und in stolzem Fluge zog das neue Luft schiff dem Schweizer Ufer zu. Alles schien tadellos zu funktionieren. Um '/zö Uhr manöverierte das Luftschiff über dem See vor der Stadt. Nach 2-/z stündiger gut verlaufener Fahrt ist er wieder in der schwimmenden Halle glatt gelandet. Die Abfahrt nach Berlin erfolgt morgen abend. Friedrichshafen, 25. August. Wie von zuverlässiger Seite verlautet, wird die Route, die „2. III" bei seiner Berliner Fahrt einnehmen wird, vorausgesetzt natürlich, daß widrige Windverhältnisse keine Aenderung nötig machen, folgende sein: Friedrichshafen—Ravensburg- Biberach —Ulm — Günsburg — Weißenburg—Nürnberg- Sonneberg—Jena—Halle—Bitterfeld—Berlin. Friedrichshafen, 25. August. An der Fahrt des „2. III" nach Berlin nehmen teil Graf Zeppelin jun., die In genieure Dürr und Kober, Direktor Colemann, zwei Kapi täne und vier Monteure. Bitterfeld, 25. August. Die Ankunft des Grafen Zeppelin in Bitterfeld erfolgt am Sonnabend früh. Er hat heute Vormittag im Hotel „Kaiferhoi" ein Tages zimmer für Sonnabend bestellt. — Der „2. III", der die große Fernfahrt nach Ber- lin unternehmen soll, ist bekanntlich ebenso groß wie der „2. II", der in Köln stationiert ist. Aber während der „2. I" Motorkräfte von 170 ?8, der „I. II" solche von 220 ?8 besaß, verfügt der „2. III" über die stattliche Anzahl von 300 ?8, die dem Luftschiff das bis jetzt er reichte Höchstmaß an Geschwindigkeit und Widerstands fähigkeit verleihen. Einem 18 m-Sekunden-Sturm, der den „2. II" noch vor Köln zur Umkehr zwang, ist der „2. III" vollkommen gewachsen. Außer dem Bedienungs personal könnte das neue Luftschiff 20 Fahrgäste mit führen. So erscheint also der.„2. III" wohlgerüstet zu der großen Fahrt. — Die Fahrt nach Berlin soll bereits in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag angetreten werden, damit bei etwaigen Zwischenfällen hinreichend Zeit für eine programmäßige Ankunft in Berlin übrig bleibt. — Auf der Eisenbahnstrecke Berlin - Tegel soll für die Dauer des Aufenthaltes des Luftschiffes ein 5-Minu- tenverkehr eingerichtet werden, d. h. alle 5 Minuten wird ein Zug abgelassen werden. — Der Gras vom Bodensee ist, er hat es schon oft bewiesen, von einer nie versiegenden Munterkeit. Diese dokumentiert sich auch wieder in einem poetischen Be scheid, der einem schwäbischen Städtchen auf die Bitte, es doch mit dem Luftschiff zu überfliegen, wenn die Fahrt nach Berlin angetreten wird, zuging. Der Graf schrieb in unverfälschtem Schwäbisch: „Wann i zu älle fliege wollt. — Dia mich zu ihna wünschet hin, — No gäng'S jo imma huscht und hott, — Niemals aba nach Berlin!" — Das niedliche Berschen ist vielleicht auch ein Zeichen dafür, daß Zeppelin auf kürzestem Wege Berlin am Sonnabend zu erreichen bestrebt sein wird. Wollte Zep pelin nur selbst den zehnten Teil aller Einladungen zum kurzen Besuch auf der Berliner Fahrt berücksichtigen, dann schon „gängs imma huscht und hott, niemals aba nach Berlin!" kumoristlscde Ccks. *** Groß und größer. A.: „Denken Sie sich, ich habe ein kleines Malheur gehabt: Meine Frau ist mir durch- gegangen!" B.: „So? Das nennen Sie ein kleines Malheur, was wäre denn ein großes?" A.: „Wenn sie wiederkäm!" *** Auch ein Wink. Student (an seine Eltern schreibend, welche Bauersleute sind): „Schickt mir nur von dem Schweinerl, welches Ihr schlachtet, hübsch viel . . . ich freu mich schon drauf! . . Sollts aber zu viel Umstände machen, dann könnt Ihr mir es auch per Postanweisung schicken!" *** Verdiente Antwort. Dame zu einem Arzt während eines Essens: „Herr Geheimrat, einen Moment! Ich habe heute Schlagsahne gegessen! Macht dies etwas?" — Geheimrat (unwillig, daß man ihn beim Essen stört): „Das macht zehn Mark, meine Gnädige, das heißt, daß Sie mich gefragt haben; die Schlagsahne natürlich macht nichts!" Protzig. Herr: „Für fünftausend Mark haben Gnädige das Bild erstanden? Das ist sehr billig!" — Kommerzienrätin: „Nun, es soll ja auch nur für? Be dientenzimmer sein!" *** Schlau. A.: „Sagen Sie mal, warum wünscht denn der Herr Doktor immer schon um 4 Uhr „guten Abend"?" — B.: „Ja wissen Sie, dann rechnet er den Besuch für eine Nachtvisite!" Wettervorhersage der Königlich S ichst scheu Kaudesmettermarte r« Dresden. Freitag, den 27. August 1909: Südost-Wind, aufheiternd, vorwiegend lrocken. Magdeburger Wettervorhersage. Teils heiter, teils wolkig, etwas kühler, im Norden stellenweise et was Regen, sonst meist trocken. MrckNckv Nacvrlcktsn. Pulsnitz. Sonnabend, den 28. August: i Uhr Betstunde. Pfarrer Schulze. Sonntag, den 29. August, 12. nach TrinitatiS: 8 Uhr Beichte. i/,9 „ Predigt (Marc. 7, 31—37). Pfarrer >/z2 „ Kindergottesdienst (Psalm 8, 2). Schulze. 8 „ Jungfrauenverein. AmtSwoche: Pfarrer Schulze. 2 Verluste bringt. Alle diese Uebelstände werden auf ein Minimum zu rückgeschraubt, wenn man das zu wiegende Tier mit einer Kette an einen Zugochsen fesselt; diesen sührt der Kuhsütterer in Ruhe und ohne Mühe zur Wage, und das angekettete Rind muß mitkommen und kommt auch ruhig mit. Auf der Wage läßt man die Ochsen vorübergehen resp. seitwärts vorbei und löst das Stück Mastvieh los, sobald die Tür der Wage geschlossen ist. Der Rückweg erfolgt mühe los, ivdtM das Rind von selber zum Stall läuft und dort an seinen Stand gekettet wird. In hiesiger großer Mastwirtschast hat sich dies Mittel glänzend bewährt. M. v. L. aus L. (Aus „Landw. Umschau.") Wamq vor dm ZkM mhllMmlm LloHtlbkerllrövchtt. Ter erst vor wenigen Jahren in Deutschland eingeschleppte amerikanische Stachelbeermehltau (sphaerotkecs moi-8 uvae) breitet sich im Reichsgebiete vom Osten her mit großer Schnelligkeit weiter aus. Das gesamte Gebiet östlich der Elbe ist bereits mehr oder weniger- stark verseucht und auch aus den übrigen Teilen des Reiches bis zur West- und Südgrenze ist eine größere Anzahl von Fundorten des amerikanischen Stachelbeermehltaues bekannt geworden. Eine genauere Beschreibung der Krankheit gibt das von der Kaiserlichen Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem bei Steglitz heraus- gegebene und dort kostenlos erhältliche Flugblatt Nr. 35. Sie befällt nicht nur die Stachelbeere, sondern auch andere Arten der Gattung Ribes, die Johannisbeere und die als Ziersträucher gezogenen Arten. Die Krankheit wird namentlich durch den Versand und Bezug befal lener Pflanzen verschleppt. Deshalb wird allen Gartenbesitzern und Obstzüchtern beim Bezug von Stachel- und Johannisbeer-, sowie an deren Ribcspflanzen in ihrem eigenen und im öffentlichen Interesse äußerste Vorsicht empfohlen. Man kaufe nicht, ohne vom Lieferanten Gewähr dafür zu verlangen, daß seine Anlagen frei von der Krank heit sind. Die Verkäufer aber seien nachdrücklich auf das Unrecht hingewiesen, das sie begehen, und auf die Gefahr die sie lausen, wenn sie verseuchte Sträucher verkaufen. Nie find Msttfier zu erkennen? Die einzige Möglichkeit, um die Verbrecher zu erkennen, ist die, die Legenester recht dunkel zu machen, weil ein solches Nest nach dem Legen sehr schnell verlassen wird. Diejenigen Tiere, welche zurück bleiben, um ihre Lüste nach den Eiern zu befriedigen, sind unschwer als die Attentäter zu erkennen. Weg mit ihnen in den Kochtopf, denn böse Beispiele verderben gute Sitten. g - Das MW der Lense, Soll die Sense lange guten Schnitt halten, so gebrauche man zuerst einen harten und später, wenn die Schneide stumpf geworden ist, einen weicheren Stein. Beim Wetzen ist die Sense so zu halten, daß die untere Fläche oben ist. Jetzt lasse man den Stein über die ganze, nunmehr auswärts gerichtete Fläche gleiten, sodaß die Schneide kaum berührt wird. Wetzt man darauf die untere Fläche, so ziehe man den Stein fest an der Schneide vorbei nach oben. Die Schneide darf also nur auf einer Seite abgewetzt werden. Dabei beachte man aber auch unbedingt, daß mit dem Steine nicht gestoßen wird, wie es durch Unkundige so oft geschieht, sondern stets gezogen wird. DaS Stoßen mit dem Stein erfolgt gewöhnlich jedcsmals, wenn der Stein angesetzt wird, und es ist unausbleiblich, daß die Schneide der Sense darunter leidet. Bei richtigem Wetzen darf der Stein die Sense erst berühren, wenn er schon die Bewegung des Ziehens eingesetzt hat. Nach einiger Uebung wird das jedem Mäher schnell zur Gewohnheit. fiiivt seile» mlsttelenöe MMWiiklieit ist die von der Sareoptesmilbe hervorgerufene Räude. Aber gerade darum achtet der Ziegenbesitzer auf diese Krankheit nicht und die Tiere erleiden allerlei Qual, die ihr ganzes Wesen beeinflußt. Der Lieb lingssitz der Milbe ist an der Lippe, an der Nase uno an den Ohren der Ziege. Die Ansteckung ist leicht. Mit milbetötenden Salben ist der Räude bald abgeholfen. -m- Ziezenpllfil. —-- Die deutsche Ziegenzucht ist im Steigen begriffen. Die Zahl der Ziegen hat sich ständig vermehrt. Im Jahre 1873 gab es nur 2 320 002. Diese Zahl hat sich gemäß der nun bekannt gegebenen Resultate der letzten deutschen Viehzählung auf 3 533970 vermehrt. Die meisten Ziegen weisen Bayern mit 308150, Provinz Sachsen mit 303 859, Rheinland mit 303 586, Schlesien mit 269677, Han nover mit 250 304, Brandenburg mit 238195, Westfalen mit 228440, Hessen-Nassau mit 185 762, Posen mit 154 979, Königreich Sachsen mit 144858, Hessen mit 131 960, Baden mit 119821 und West preußen mit 106175 Ziegen. Unter 100000 Ziegen bleiben mit 97046 Pommern, mit 88 201 Württemberg, mit 63 670 Elsaß-Lo- thringen, mit 56421 Weimar, mit 56 279 Braunschweig, mit 50402 Schleswig-Holstein, mit 43 366 Ostpreußen, mit 42806 Meinigen, mit 41 594 Coburg-Gotha, mit 39891 Lippe, mit 36176 Oldenburg,