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Die französischen Essigfabrikanten verarbeiten ge wöhnlich ganz geringe Weine oder solche, welche durch irgend einen Fehler in der Kellerbehandlung erkrankt sind; es sei aber hier erwähnt, daß sich nach meinen Erfahrungen ein Wein, welcher anfängt, bitter zu werden — eine Erschei nung, welche sich häufig bei Rothwein zeigt — durchaus nicht zur Essig-Fabrikation eignet, da bei der Umwandlung eines derartigen Weines in Essig der bittere Geschmack nicht nur nicht verschwindet, sondern so intensiv wird, daß der Essig gänzlich ungenießbar wäre. Ebensowenig lassen sich Weine, welche vom Milchsäurestich befallen sind, in guten Essig verwandeln; die Milchsäure wird weiter verändert und liefert Buttersäure, welche, abgesehen von ihrem widerwärtigen Gerüche, dem Essig einen höchst unangenehmen, kratzenden Geschmack ertheilt. Umgeschlagene Weine, daß heißt solche, deren Wein steingehalt in Zersetzung begriffen ist, ganz besonders aber -stichige-, daß heißt der Essiggährung anhcimgefallene Weine, liefern ein ganz vorzügliches Materiale zur Essig- Fabrikation; bei letzteren findet ohne jedes weitere Znthun die Essigbildung sehr rasch statt, wenn man einfach den Wein in ein nur zur Hälfte gefülltes Faß bringt, welches in einem warmen Raume lagert; eine Erscheinung, die leicht erklärbar ist, wenn, man bedenkt, daß sich in dem Weine das Essigferment schon bis zu einem gewissen Grade aus gebildet haben muß, wenn man das Vorhandensein desselben an dem eigenthümlichen Geschmacke, den es dem Weine er- thcilt, dem sogenannten Stich, erkennt. Das »Stichigwerden der Weine gehört zu den gefürchtetsten Erscheinungen im Weinkeller, weil es, falls die Essigbildung so weit gelangt ist, daß man am Spundloch des Fasses den eigenthümlichen Geruch uach Essig wahrnimmt, kein Mittel giebt, den Essig-