Volltext Seite (XML)
»2 -- » Demuth doch nicht, sich einiges Verdienst zuzuschreiben. Mit Bewunderung und Rührung habe ich schon als kleiner Knabe oft gesehen, wie ihm bey gewissen Stellen des Marianischen Lobgesangs, so in den Betstunden gesungen wurde, die Thrancn von den Wangen flossen, so niedrig achtete er sich selbst und viel zu gering aller Barm herzigkeit, die Gott an ihm gethan. Alle glückliche Bcgegnisse in seiner Familie be trachtete er blos als unverdiente Proben derselben, und fein Dank dafür gegen Gott war so dcmüthig, so brünstig, daß er auch bey jeder Zusammenkunft mit den Cei- nigen diese Ausbrüche seines Herzens nicht zurückhaltcn konnte, ja bey jeder fröh lichen Mahlzeit Seufzer des Danks zu Gott emporschickte. Ich glaube, daß diese Züge hinreichend überzeugend sind, ihn als einen reinen Verehre, Gottes zu bezeich nen, so fern er übrigens von allen heuchlerischen Wesen und ein Feind der blos äus serlichen Form der Frömmigkeit in Worten und Gcbcrdcn war. Pünktliche Erfül lung seiner BcrufSpflichtcn und die aufrichtigste Liebe des Nächsten waren die thati- gen Probcki, wodurch er seine Ehrfurcht gegen Gort in treuer Befolgung seiner Leh re an den Tag legte und seinem Glauben an den Mittler nach des Heilands Lehre und Beyspiel durch die Liebe thatig bewies. Daher war er zwar nicht im Umgänge mit feinen Fbeundcn so gesellig, als mancher es wegen seiner unterhaltenden Munterkeit wünschcte, aber doch stets treu, ohne Falsch und bey jeder Gelegenheit äusserst dienst fertig und gefällig. Seiner Brüder Wohl betrachtete er als sein eignes und gab da von viel thätige Proben. Seine College,, bey der Schule, bey der er so viel Abwech selungen erfahren, musten ihm, auch wenn sie nicht alle in Grundsätzen mit ihm übereinstimmctcn, doch alle das Zcugniß geben, daß er ein redlicher und aufrichtiger Mann sey und die collegialische Eintracht nie durch etwas störe. In seinem Hause schien, er etwas zu strenge zu scyn. Allein seine ungemeine ökonomische Sorgfalt und Sparsamkeit kam aus keiner andern Quelle, als weil er bey seinen geringen Einkünf ten und zahlreichen Familie ein ehrlicher Mann bleiben und niemand schuldig seyn wollte, indem er oft zu sagen pflegte: siauper uhigue iacct. Eine edle Ehrbegierde trieb ihn, so gern er sich sonst vor dem niedrigsten bückte, doch nie um Wohlrhaten für sich oder die Seinen bitten oder dergleichen annehmen zu wollen, da er sich lieber aufs schlechteste behelfen, als armer» etpeas entziehen wolle. E eine Beqnügsamkeit und Zufriedenheit mir seinen Umständen ging so weit, daß er auch bey ihm gegebe nen Winken eher zu einer bessern Versorgung zu gelangen, selbst gegen seinen Vorge setzten äusserte, eher könne er sich dazu nicht entschliessen, als bis er seine Söhne auf