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Anzeiger 72. Jahrg. Freitag, 29. September 1922 Rr. 228 Diese» Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen de» Amt»gericht», de» Finanzamt» und de» Stadtrate» zu Hohenstein-Eru-thal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften. Druck und Verlag von I. Ruhr Nachfolger Dr. Alban Frisch. Verantwortlich für die Schriftleitung Dr. Erich Frisch, für die Anzeigen Otto Koch. WWsch MSdors, Langende^, Meinsdorf, S«lken,»t Wüstenbrand, An nnseve kessV und ^vsunde! Wir haben in den letzten Monaten — öfter, als eS uns selbst lieb war — an dieser Stelle von den schweren Zeiten berichten müssen, die über die deutschen Zeitungen hereingebrochen sind. Zwar fühlt jeder Volksgenosse an sich selbst, wie der Zeiten Lauf sich geändert, wie Teuerung, Not und Sorge an seine Tür klopft und auch dort Einlaß begehrt, wo man für immer und alle Zeiten sich vor Ungemach und der Tage Unheil ge borgen glaubte. Aber so schlimm wie der deutschen Presse, wie der gesamten schwarzen Kunst Gutenbergs, geht es wohl kaum jemandem im weiten, dereinst, ach, so herrlichen deutschen Reiche. Die deutsche Zeitungswelt litt ja nie an übergroßem Wohlleben; der Zeitungsmann war froh, wenn er bei aller Aufregung seines Berufes, bei aller Hast seines Arbeitens sein Auskommen fand, und nur wenigen Glücklichen unter uns war es beschieden, sich auf seine alten Tage zu denen rechnen zu dürfen, die man wohlhabend oder gar reich nannte. Wie ganz anders ist das heute! Die deutschen Zeitungen leiden bitter Not und alle von ihnen, auch die größten, stehen Tag für Tag vor der bangen Frage: Wirst du die fürchterliche Zeit überdauern können, oder ist dir der Untergang sicher, sind deine Tage gezählt? Mehrere tausend Zeitungen sind schon eingegangen, auf immer, auf Monate oder Jahre, wer weiß es. Ihre Besitzer stehen vor dem Nichts, die Arbeit ihres Lebens war umsonst. Und für die, die noch leben, die noch kümmerlich ihr Dasein fristen, wird jeder kommende Tag fürchterlicher in seinen Nöten, jeder Tag freudenleerer und hoffnungs loser. Die Ausgaben und Kosten türmen sich bergehoch, die Einnahmen schwinden mehr und mehr. Der Leser werden weniger, da der Bezugspreis immer höher wird, und der Inseratenteil schmilzt zusammen, da die EinrückungSgebühr sich dauernd nach oben bewe gen muß. Der einzelne Verleger steht diesen Verhältnissen machtlos gegenüber. Der un erschwingliche Preis des Papiers und der übrigen Materialien und die von Woche zu Woche steigenden Löhne und Gehälter, eine Notwendigkeit der maßlosen blödsiumgen Teue rung, zwingen ihn, -inen Ausgleich zu suchen durch Erhöhung seiner T-blthrensätze. Und dieser Ausgleich stellt sich nimmer ein und allwöchentlich wird der Fehlbetrag höher. So stehen die, die noch leben, vor der Notwendigkeit, in dem Zusammenschluß, m der Vereinigung den Weg zur Verminderung der Kosten und damit zum kärglichen Weiter- leben zu suchen. In unserer Nachbarschaft haben sich in diesen Tagen sechs Zeitungen zu- - sammengeschlossen zu einer Gemeinschaftszeitung, die das gleiche Gewand trägt und den Lesern in allen sechs Städten als lokales Organ vorgelegt wird. Es ist das letzte Mittel, das einem Verleger übrig bleibt, um sich vor dem unausbleiblichen Zusammenbruch zu retten. Er gibt seine Eigenart, seine Bodenständigkeit, die Wurzeln seiner Kraft auf und klammert sich an andere, die gleich ihm vor dem schwersten und letzten stehen. Die Losung ist hier nur. gemeinsam leben oder gemeinsam untergehen. Wer weiß, welches von beiden ihnen be schieden ist! Es bedarf keines Wortes, daß auch den beiden Blättern unserer Stadt die schwere Not der Zeit immer fühlbarer geworden ist. Jeder Leser kann sich ja täglich davon über zeugen, daß der Inserate immer weniger werden und daß damit der Born versiegt, aus dem die Lebenskraft einer Zeitung zum guten Teile gespeist wird. Und auch die Zahl der Bezieher wird immer niedriger, da ja so mancher glaubt, das Blatt abbestellen zu sollen, da ihm der Bezugspreis zu hoch dünkt. So mußten auch die Herausgeber der beiden hie sigen Blätter nach einem Weg suchen, der sie nicht zwang, das Erscheinen ihrer Zeitungen einzustelleu. Und so haben sie unter dem Druck und der Gewalt der Verhältnisse beschlos sen, ihre Blätter zusammenzulegen und sie fortan in Einem unter dem Titel HshLnftmN-OVttftthKlGV Tageblatt und Attzergev in dem Verlage des Herausgebers des bisherigen Hohenstein-Ernstthaler Tageblattes er scheinen zu lassen. Es war für den Verleger des Hohenstein-Ernftthaler Anzeigers nicht leicht, den Besitz seines Blattes aufzugeben und den Verlag käuflich dem Herausgeber des Tageblattes zu überlassen. Besteht der Anzeiger doch neunundvierzig Jahre, erst als Ernstthaler, dann als Hohenstein-Ernst thaler Organ, und knüpfen sich an ihn doch so manche Erinnerungen an große, herrliche und hehre Zeiten, deren Künder und Herold er war. Aber der Ernst und die Not der Zeit forderten gebieterisch auch von ihm ihr Recht. Und so wird das nunmehr geeinte Blatt versuchen, der Zeit zu trotzen und sein Dasein zu behaupten. Ob es ihm gelingt, das steht bei seinen Lesern und Inserenten. Unterstützen es beide, bleiben die Leser ihm treu und ergreift nicht ein Teil vor jeder, wahrlich so dringend notwendigen Erhöhung des Bezugspreises die Flucht, übersenden ihm Behörden und Private, vor allem aber die Geschäftsleute, reichlicher als in den letzten Wo chen ihre Anzeigen, so kann es vielleicht fortleben und sich über die Stürme unserer Zeit hinüberretten. Geschieht das nicht, so ist auch das zweite Blatt dem Untergang verfallen und Stadt und Gegend werden zeitungslos. Und dazu Eines: haben sich unsere Behörden, hat sich jede.: Einzelne klar gemacht, »aL für sie eine zeitungslose Zeit bedeutet? Alles geschäftliche und private Leben wird dauernd gehemmt und hört zum guten Teile auf. Die Bekanntmachungen der Behörden können nicht zur allgemeinen Kenntnis gebracht werden, da ein etwaiger Anschlag am Rat- Haus oder den sonstigen Dienststellen die Veröffentlichung im Amtsblatte nicht ersetzen tann. Ein großer Teil der Bekanntmachungen der Behörden, Gesellschaften und Vereine, zu deren Gültigkeit die Bekanntgabe im Amtsblatt gehört, verliert ihre öffentlich-rechtliche Wir kung, da eben die Veröffentlichung unterbleiben muß. Alle Veranstaltungen, Theater, Kon zerte, Kinos, VereinSoergnügen und vieles andere, müssen unter dem Mangel an Besuchern leiden, da ja nur die Wenigsten von ihnen erfahren werden. Hält ein Geschäftsmann et was Besonderes feil: er wird wenig von ihm verkaufen, da ja Niemand von seinen köst lichen Waren Kenntnis erlangt. Von allem, was sich in der Welt ereignet, werden nur die wenigen etwas erfahren, die im Stande sind, sich auswärtige Blätter — soweit solche noch vorhanden sind - zu halten, und die erheblich mehr kosten als die heimische, dem Tode verfallene Zeitung. Und das Allerschlimmste: an die Stelle der von der Zeitung verbrei teten wahren Tatsachen tritt das Gerücht, das bekannterweise alles vergröbert und oer- größert und damit zu ungeheuerlicher Aufregung führen kann. So bedeutet eine zeitungs lose Zeit für Alle und Jeden, für Stadt und Land den Rückfall in Zustände, die für daS zwanzigste Jahrhundert, für das Reich und das deutsche Volk bisher als Unmöglichkeit angesehen wurden. Das neue Blatt unserer Stadt und Gegend erscheint am 1. Oktober mit einem Bestände von ZWO Abonnenten und tritt damit in die erste Reihe der sächsischen Prooinzialzeitungen. Es bedarf wohl keiner Versicherung, daß sich sein Verleger, der ja nun nahezu zwanzig Jahre das Tage blatt geleitet hat, mit allen Kräften bemühen wird, das Blatt immer weiter auszugestalten und eS somit zu einem Heimatblatt im weitesten Sinne des Wortes zu machen. Es soll ein treues Spiegelbild von all den Ereignissen und Begebenheiten sein, die Stadt und Ge gend bewegen, die das Interesse aller und jedes einzelnen beeinflussen und ihn in dem Blatte einen Freund, Berater und Helfer erblicken lassen. Daß eS dieses weitgesteckte Ziel aber erreicht, daß es seine große Aufgabe erfüllen kann, dazu bedarf eS der treuen und dauernden Unterstützung aller, die warm zu unserem Volke stehen und für unser Volk ein Erretten und Erlösen aus der Trübsal der heutigen Zeit erhoffen. Und mit diesen Vorsätzen und Wünschen tritt das Hohenstein - Ernstthaler Tage, blatt und Anzeiger am 1. Oktober hinaus in das neue Leben. Mit ireudeutschem Gruß Skt MW »er MMIll-MWM MMtter Ser MW »er WWrH - knWM Welrerr »r «lban Frisch. «ustav Hohenstein. Der Rot gehorchend, nicht dem eigenen Trieb müssen wir auch für den Monat Oktober mit einer Erhöhung des Bezugs- und Anzeigenpreises vor unsere Leser treten. Reben den Kosten deS Papiers, das wieder eine ansehnliche Preissteigerung erfahren wird, find eS jetzt die der außerordentlichen Teuerung entsprechend erhöhten Löhne und Gehälter, die nns zu diesen Maßnahmen zwingen. Wollen und sollen wir weiter bestehen, so müssen unsere Leser und Inserenten bereit sein, un« zu unterstützen und Lie uns auserlegten schwere» Lasten mit tragen zu Helsen. Wir haben die Erhöhung aus das niedrigste bemessen u»d glauben, wenn nicht unvorherzusehende Umstände eintreten, mit einem monatlichen Bezugs preis von 230 Mk. frei ins Haus und einem Anzeigenpreis von lO Ml. stir die KorpuHetle auSzukommen. Der Preis ftir ein Wochenabonnement wird sich dann aus 3» Ml. stellen.