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88 Oppositionsmitgliedkr aus der würtembergischen Abge ordnetenkammer, der auch im Großherzogthume Hessen nicht ohne Nachklang geblieben ist, zu nahe, um sich einer Vergleichung der beide Erscheinungen veranlassen den, Beweggründe erwehren zu können. Zugleich läßt sich daraus ein ziemlich sicherer Schluß auf die Natur der Wahlgesetze in deutschen constitutioncllen Staaten ziehen, indem es durch diese in vielen Fällen den Wäh lern unmöglich gemacht wird, dem von ihnen zur Volks vertretung am geeignetsten Erkannten ihre Stimmen zuzuwenden, anderer Seits aber die Wahlberechtigung auf Kreise beschränkt wird, in denen sich der staatsbür gerliche Sinn nicht immer so ausgebildet findet, wie vorausgesetzt ist, vielmehr gerade in dieser Hinsicht ^an- derntyeils weiteren, theils niedrigem Gebieten des Volks lebens oft nachstehen. Darf man Kleines mit Großem vergleichen, darf man namentlich mit Vorgängen in den oberen Stock werken des Staatsgebäudes verwandte in den niederen zusammen stellen, so ist leider auch unser Sachsen an solchen, keineswegs erfreulichen, Erscheinungen nicht leer geblieben. In einer der letzten Nummern des Schön- burgischen Anzeigers fühlt sich die städtische Behörde zu Glauchau zu der Erklärung veranlaßt: um den etwa! zu befürchtenden Vorwurf der Verzögerung einer An zahl namentlich ausgesührter, zur wunschenswerthen Er ledigung vorliegender Gegenstände und Maßregeln von sich abzuwenden, müsse sie öffentlich bekannt machen, daß dieselbe nicht ihr zur Last zu legen sei, sondern ihren Grund darin habe, daß es bis dahin nicht mög lich gewesen sei, die dazu erforderliche Entschließung der städtischen Repräsentation zu erlangen. Hierauf folgt ein chronologisches Verzeichniß der Sitzungstage der Letzteren, an welchen durch Saumseligkeit zu ihr ge höriger Individuen das Zustandekommen einer Verhand lung verhindert wurde. Ein schönes Erempel, wenn umgekehrt die Behörde sich über Nichtausübung der den Bürgern zustehenden Rechte nnd Pflichten beschweren muß, statt daß deren Vertretung, der Natur der Sache nach, die Wirksamkeit der Ersteren überwachen, unter stützen und bedingen soll! Ist denn die Stadt Glauchau an Männern voll Gemeinsinn so arm, daß sie nicht einmal die erforderliche Anzahl solcher Mitglieder ihrer Eommunrepräsentation in ihrer Mitte zu finden wußte, die durch treue Erfüllung ihrer Pflichten beweisen, daß sie auch erforderlichen Falls ihre Rechte zu wahren wis sen werden? Hoffentlich steht diese in ihrer Art Mcht minder, als die Hessische, betrübende Erscheinung in unserem Lande vereinzelt da; aber um so betrübender ist dieselbe namentlich an einer Stadtgemeinde der schön- burgschen Receßherrschasten, da es gerade dorr gilt, bei der endlich ins Werk gesetzten Einführung der, im übrigen Sachsen schon alten, dort noch neuen Städte ordnung durch Bcthätigung eines regen Bürgersinns die vorhandenen mannichsaltigen Elemente des Wider strebens zu überwinden und zu nichte zu machen. Und selbst abgesehen hiervon — wovon sich, beiläufig gesagt gar Manches, auch nicht immer Erfreuliches sagen und erzählen ließe — wäre gewiß überall ein Stadtrath nach der alten Verfassung mit einer guten Gemeindevertretung nöthigen Falls dem in einem »her beiden Gliedern um gekehrten Verhältnisse vorzuziehen. Mr müssen unsere bei früherer Gelegenheit gemachte Aeußerung wiederholen: Hüten wir uns, daß uns nicht der seltene Fall begegne, daß man uns nicht wegen des Mißbrauchs, sondern wegen des Nichtgebrauchs unserer Freiheit und unsers Rechts dieser selbst für unwürdig machte *)! *) Zu vergleichen ist hierbei, was in den Miszellen des vorigen Stückes dieser Blätter von Plaucn gesagt war. D. Red. Konzertbericht*). Das Konzert, welches am 23. dies. M. zu Adorf gegeben wurde, gewährte einen so angenehmen Kunst genuß und fand so erfreuliche Theilnahme, daß ich mir nicht versagen kann, mit einigen Worten das freudig Gehörte noch einmal, so weit mir möglich ist, vor die Seele zu führen. Die Himmelsflamme der Kunst sollte unsere Herzen erfreuen und beleben; darum bildete einen passenden Eingang die Ouvertüre zu Prometheus von Beethoven, die mit einer lobenswerthen Präzision ausgeführt wurde. Auch diesmal leisteten dabei mehre Musiker aus Mark neukirchen gütige Unterstützung. Mit einem Rondo von Kalkbrenner begrüßte nun die Klaviervirtuosin, Frau Gräfin von Zedtwitz, geb. von Fricken, die sehr zahl reiche Versammlung und führte dasselbe mit einer Bra vour durch, wie es nur von einem Künstler geschehen kann, der bei großer mechanischer Fertigkeit auch ver steht, in den Geist sremder Compositionen cinzudringen und diese mit allen feinen Nüanzen dem lauschenden Ohre mitzutheilcn. So wurden denn die großen Er wartungen, die man von der Nirtuosin hegte, gleichsam wie mit einem Schlage, nicht allein vollkommen befrie digt, sondern bei Manchem wohl noch übertroffen, was sich auch in dem rauschenden Beisalle zeigte, welcher der gefeierten Künstlerin zu Theil ward. Hierauf folgte ein Eanon für Sopran, Tenor und Paß, der durch *) Hätten wir auch nicht zeither j c d e s, hier oder in der Nachbar stadt Markneukirchen veranstaltete, größere Konzert (obwol Thcmata dieser Art eigentlich der Tendenz unseres Blattes fremd sind) kürzlich besprochen und somit schon um der „freundlichen Gewohnheit" willen den obigen Aufsatz aufzunchmen uns für verbunden erachtet; so würden wir eine kurze Erinnerung an das zuletzt hier gehaltene Konzert schon aus Rücksichten gegen die hiesigen Herren Lehrer, welche durch den musikalischen Genuß, den sie uns bereitet, zugleich einem gemeinnützigen städtischen Institut—der werdenden Schulbibliothek — die der Unterstützung noch so sehr bedarf, eine verhältnißmäßig nicht ganz unbedeu tende Beihülfe gewährt haben, dann aber auch aus Rücksichten gegen die verehrte Konzcrtgebcrin selbst, die durch ihr kunstvolle» Spiel, wie durch ihre freundnachbarliche Mitwirkung zu einem gemeinnützigen Zwecke auch unter den Laien in der Musik manche« junge und alte Herz sich gewonnen hat, ganz in der Ordnung finden. Es wird daher bei unseren politischen Lesern genug sam entschuldigt und gerechtfertigt sein, wenn wir diesmal auch eine Art von Kunstbericht zu Markte bringen. Die Redakzion.