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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 16.08.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-192008165
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19200816
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19200816
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-08
- Tag 1920-08-16
-
Monat
1920-08
-
Jahr
1920
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 16.08.1920
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richt in Dresden kostenpsluhtig verworfen und da- bei festgestellt, daß, Speer allein im Jahre 1S17/18, oas er nicht mit in seine Deklaration eingestellt hatte, einen Ueberschutz von 680 000 Mark er zielt Haft«. — Wegen Hinterziehung der Zigaret- tensteuer wurde vom Dresdner Landgericht der Kaufmann Ernst Ferdinand Richter zu 5l 100 Mark Geldstrafe oder zu 2 Jahren Ge fängnis verurteilt. Wegen Vertriebes gefälschter Banderclen erhielt er außerdem noch 5 Monate Gefängnis. —... . 7 All» iS. «ug. 192«. V»» «»»«««» Warm, meist heiter, vorwiegend trocken, Gewitter' «rigung. r»«per«t»r «« 15. August r Minimum -s-10 k, 12 Uhr -1-21,3, MaximL» -,-22,6. —p. In der hiesigen Polizeiwache liegen jetzt der von den auf dem Berggasthause ausgetrete nen Räubern verlorene gelbe Stock und die blaue Mütze und möchten vcn allen, die in dieser Sache irgendwelche Wahrnehmungen machen können, besichtigt werden. Der Stock ist ein gewöhnlicher gelber Stock mit gebogenem Griff, unterhalb von dem sich eine 2j^ Zenti meter breite Ledereinfassung befindet; an deren oberen und unteren Ende ist je eine 1 Zentimeter breite gelbe Messingzwinge. Die Farbe des Stockes, der unten eine abgenutzte gelbe Zwinge trägt, ist abgenützt. Die blaue Mütze ist abge tragen und hat ein blaues Stofsschild wie die Mützen der Eikenarbeiter; um die Mütze herum laust ein 4 Zentimeter breiter schwarzer ge musterter Stoffstreisen. —1>. Gestern wurde auf der Schutbertistraße ein unbekannter Mann dabei betroffen, wie er Miljtärstiefel auf der Straße zum Kaus anbot. Auf der Wache legte er sich einen falschen Namen bei und ergriff die Flucht, wurde aber wieder festgenommen und dem Amtsgericht zuge- führt. —* Da» E » br der Ferien ist da, und damit ist die schöne unzebundene Zeit wieder ein mal vorüber. Heute hieß «» wieder: vuf zur Schule I Sicherlich keinem erklang am ersten Schul tag dieser Rus früh wie eine Engettstimm«, jeder drehte sich erst noch einmal aus die andere Sette, drückte die Lugen noch einmal zu und überlegte, ob er denn wirklich Tatsache ist, daß die schöne Zeil voll Ungeiundensein ein Sud« hat. Doch zu langem Sinnen Ist denn nicht viel Zeit, di« rauhe Wirk, ltchkeit macht ihre Rechte geltend, »nd die Pflicht ruft »um Weiterlernen und Weiterstreben. Dis der Jugend gewährte Frist de» Nichtstun» und der Freiheit, die ihr vordem wie eine goldene Ewigkeit dünkte, ist wie im Fluge dahiugegaugeu, aber vom schönsten Wetter begünstigt waren dis Irrten diesmal in einem ganz seltenen Maße. —* Unverhofft zu Besuch kam gesteru Herr Otto Scheer aus Grand-Irland (Nord-Amerika), der vor 16 Jahren auswaudrrte; er ist «in Sohu des verstorbenen Privatmanns Wilhelm Scheer hier. Das plötzliche Wiedersehen löste natürlich bei dec betagten Mutter und den Geschwistern große Freude aus. Herr Scheer brsitzt eine größere Farm drüdeu, gedenkt einig« Zeit hier zu bleiben und wird dann wieder zurückreiseu. —* Glue sogenaunte kleine Viehzählung findet am 1. September d. I. statt. Sie er. streckt sich auf Rinder, Schweine und Ziegen. — Chemnitz, 15. Ang. Nm Sonntag früh wurde im Hause Hartmanustraß« 38 die 32 Jahre alte Witwe Trbookc mit ihren drei Kindern Rado f, Emil und Martha S, 6 und 3 Jahre alt, tot tu der Wohnung aufgefuuden. Die Gashähne zum Gaskocher uud zur Lampe waren geöffnet. GS ist daher avznnehmev, daß die TrSoo'c durch Einat men von Leuchtgas Selbstmord verübt und ihre drei Kinder mit tu den Tod geuommen hat. — Limdach, 15. Sug. Ein größerer Ein» bruchsdiebstahl wurde in der Nacht zum So: nabend auf der Heleueupraße verübt. Mittels Nachschlüs, srl drangen Dieke in das GrÜuwaren- und Delika- tessengeschSft von Lerchner ein, wo sie größer« Men- gen Nahrungsmittel, insbesonder« Schokolade, Warst, Oelsardirren usw. entweudekn. Auch nach Geld hoben die Spitzbuben gesucht, aber nur einen ge» ringen Betrag erbeutet. — BurOfiAdt, 1b. Lug. Das GewerkschastS. kartell Burgstädt hat einstimmig etueu Antrag an- geuommen, sofort Schritt« zu unteruehmen, daß di, Nmtshauptmanuschast Roch! tz der Kceishauptmauu- schäft Chemnitz liuoerleibt werde und damit au» der Kreis havptmannschaft Leipzig au« scheide. Die Gemeiudeoertretunken de» Kreise» Rochlitz werden «rsucht, sofort Stellung zu nehme» uud den An- trag zu unterstütz,». In einer Eingabe an das Ministerium de» Inner» wird betont, daß die Lmtthauptmannschasten Rochlitz und Döbeln so eng mit dem Industriegebiet Chemnitz vrrbuuden seien, baß sich die Angliederung dorrhtv empfehle. — Hainichen, 15. Ang. Opfer einer Pilz- oergiftnug wurden die Angehörigen der Familie de« Krteg»tuvaltdeu Seidel. Am Sonntag nachmittag hatten sie Pilz, gesammelt und dies« am Montag gegessen, »ährend der Nacht stellten sich bet allen Personen, die von den Pilzen genoffeu hatten — dem Setdelscheu Ehepaar, derem Z jäyngen Kinde, der Schwester Seidels und deren Bräutigam — hes- tige Schmerzen ein. Der hin,»gezogene «rzt stellt« Ptlzvrrgiftuug fest, der am Mittwoch di« Schwester, Freitag früh der Bräutigam erlag. Di, Ehefrau und das Kind sind außer Gefahr, während Seibel» Zustand »och bedenklich ist. Ob wirklich Giftpilz, oder Fäulnis übergegangrne Pilz« die Ursache der Vergiftung waren, ist nicht zu sagen. — Lsiptzi-, 1b. «ug. Der mehrheittsozia listische Wirtschaft,Minister Schwarz stellt der .Freie» Preffe eine Postkarte als Pcobe vieler ähnlicher Zuschriften zur Verfügung. Darauf schreibt etil I«uonymus aus Deuben dem .Herrn Mtutst« Schwarz, Dresden'r .Sorge« sie dafür, daß wi. billige» Brot und Kartoffeln bekommen, sonst kam men wir rein, hauen alle» zusam und sie kommen mit ihrer Sippe irr die Elbe wt« Neuling." — Kaapp r, schärfer, typischer, bemerkt zu dem Schrei- ben di« .Frei« Presse', kann eto Dokument die Zett, aus der es stammt, gar nicht spiegeln, al» es ütese Postkarte tot. — Leipzig, 1b. Lug. Lm 9. d. M. gelallt es der Polt,et, jene« gefährlichen Menschen festzu aehmeu, der seit Dezember v. I. tu zahlreichen Fällen junge Mädchen in der Nähe des M-ßplatzek vergewaltigt hat. Der Wüstling sprach diese in der Regel aus der Straße an, lud sie zu «tnrm Spa ziergänge oder irgend einem Vergnügen ein oder erbot sich, st« nach Hause zu begleiten uud sührtr ste dann meist nach dem Leutzscher Weg oder auf di« Wiesen am Meßplatze. Hier warf er jedesmal dem nichtsahnenden Märchen seinen Rock, den er oorhrr ausgrzogen hott«, über deu Kops, drück» es zu Boden und vergewaltigte es. In dem Frstge- uommeurn wurde der am 18. August 1887 in Neuschönefeld bet Leipzig geboren«, zuletzt in L.- volkmarSborf wohuhast gewesene verheiratete Schlos ser Fres«, Vater dreier Kinder, der jedoch seit eini ger Zelt von seiner Frau getrennt lebt, festgestell!. Bis jetzt liegen nicht weniger als 14 derartige An» zetgeu vor, zu denen, dec Festgenommene al« Täter bestimmt in Frage kommt uud iu denen allen er geständig ist. Jedenfalls find aber aus trgendwel- chen Gründen noch nicht olle Fälle angezeigt wor den. , — Vasttzest, 15. August. Bou den 135 iw Bezirke der Lmt»hauptmauuschast Bautzen liegenden Rittergütern find bis hcute nur 2b eiugemetndel worben, ein verhältnismäßig geringer Prozentsatz Die übrigen müßten laut Gesetz bi» zum b. Sept, eingemeindet sein, wa» natürlich nicht möglich ist, Man erwartet, daß die Regierung die Frist ver längert. — Gin brennender Eisenbahnwagen mit Stroh kam am Freitag nachmittag aus dem hiesigen Bahnhofe an. Die Ladung hatte sich Lurch Funken- flug vou der Maschine entzündet, die Flammen schlugen sofort hoch, der Helle Braud war weithin sichtbar. Trotzdem die Feurrwrhr mit mehreren Leitungen ein griff, konute da« Feuer erst nach vielen Gtuuden gelöscht werden. Auch der Wagen wurde stark beschädigt. — Bautzen, 15. «ug. Tödlich verunglück: ist auf dem hiesigen Elektrizität»werke am Freitag der Techniker Moselle», der auf noch unaufgeklärt« Weise der 5000 Bolt-Leitung zu nahe gekommen war. — Zitta«, 15. August. Wirtschaft»minister Schwarz sprach hier in einer ßarköesuchten Ber- sammluvg über die politische Lag, und die Srekgniffe in Zittau, wobei er darauf hinwies, daß Sachsen große Aust üg« sür dir Textilindustrie erhalten sollte, die jedoch infolge der unruhigen vrrhältuiffe au Bayern vergeben worden seien. Die Aufträge lageu von den Bereinigten Staaten von Nord amrrtka vor. -II AMII, sm M SM. — Der Turnerbund hielt al» Vorfeier zu seinem diesjährigen Schauturnen am Gonuabenb eine Iubilarf«ier tu der Turn hall« ab. Wieder Grwa trn hatte sich die große Halle gestillt. Gesangliche, theatralische, musikalische Nummern wechselte» mit turnerischen in der Dar- K«1ung»folge ab. Die Ehrung der Herre» Mit glieder, welche nunmehr dem Vereine 25 Jahre an- gehören, vollzog Herr Vorsteher Hofmanu, indem er ihnen vnter entsprechenden Worten eine gefällige Ehren-Urkund« überreichte. Für diese Aurzeichuung dankte im Namen der Jubilar« Herr Rich, Höfer. Außer letzterem wurden geehrt, die Herren Theodor Leipziger, Rich. Spirltutky, Oskar Bläsrr, Joseph «sch, Emil Find«» dusch, (sür 30 Jahre Mitglied schäft) August Götze, Frau, Schaller, Rob. Hütten- rauch, Arno Schletter, Ernst Vößueck uud Rudolph Krappatsch. Di« .Gesellige' endete mit etnrm Zither- uud Maudolinenvortrag gegen 12 Uhr. «in stattlicher Festzug leitete am gestrigen Tage da» eigmtltche Schauturnen ein. Al» dieser auf dem Turnplatz« anlaugt«, wurde ihm eine wirklich schöne turnerische Ueberraschung zuteil, indem vom Nllgem. Turnverein zu Grüna eine durch di« Sportriege des Verein» getragene Glückwunschstaffel eintraf, die echte uud starke Freude auslöste. Nicht weniger deuu 9 Nummer» wirs die sür das Schauturnen zusam- mengest-llt« Turnorduvvg auf. An d«r Freiübung beteiligten sich über 100 Turner, die hernach von 24 Tarurrinnen abgetöst wurden, ihnen schloffen sich, gleichfalls mit Freiübung die Schulkaabeu uud die Schulmädchen an. Ein frohes Bild zeigte das Rtegenturuen mit Gerätewechsel. Bet dem nach folgenden Faustballspiel glaubte ein großer Teil de» nach Hunderte» erschienenen Publikums, da» Turnen selbst sei zu Ende, uud vkrlteß deshalb leider den Platz, obwohl noch immer viel (ob nicht bald zu viel) gezeigt wurde. Männerrtegeu-, Zögltngsturnen, Turnen der Borturner am hohen Barreu füllten deu Nachmittag noch au». Inzwischen hatte auch auf dem Sportplätze hinter der Turnhalle rege» sportliche» L-ben «tagest tzt. Dort wurden Kranz- wettsp'ele im Fußball zwischen der Fußball - Abt. .Friesen' Tbd. uud zwei Lugauer Mannschaften ansgetragev, und hatten dies« Spiele großen Zulauf unsere» sportbegeisterten Publikums. So nahm denn das gesamte Schauturueu den üblichen schönen Ber- lauf, mit dem der Turnerbund auch diesmal zue frieden sein durfte. Df -tr ßmMcht. Jagdroman aus dem sächsisch-böhmischen Elbsandsteingebirge von H. A Byer n. 3) Nachdruck verboten). Doch Waldtraut hatte schon" die Tür geöff net: „Söllmann! — Söllmann! Komm, mein Alterchen!" und mit der Rute wedelnd, sprang der Schweißhund an ihr empor „Merkwürdig, wie schnell er sich mit Ihnen angesreundet hat," meint« der Oberförster, „das lut er sonst nicht, aber Sie haben wohl selbst Hunde?" ^,Ja, einen Deutschlurzhaarigen „Lur" und „Stropp", den Rauhbart, mein Dackel ist vor einem halben Jahr ejnßegangen, an einem Eist- brocken verendet, abends kommen die Hunde in den Zwinger, es ist hier koch etwas einsam." Im Nebenzimmer war gedeckt und Waldtraut hatte noch Zeit gefunden, einen Strauß mit Herbstaftern, den letzten des Jahres aus den Tisch zu stellen. Im Kamin prasseln klobige Buchenscheite und strahlten eine behagliche Wärme aus. „Haben Sie sich denn schon ein wenig in der Ooerförsterei Thcrwald eingelebt?" fragte Nulter, seinem East ein Elas „Winkler Hasen sprung" einschenkendj „Wie man s nimmt, Herr Forstmeister, vor läufig, sollange ich meine Sachen noch nicht alle da habe, ist's natürlich ziemlich ungemütlich, aber als Junggeselle bin ich gewöhnt, nicht viel Ansprüche zu machen, und durch das Leben im Felde ist man auch zur Einfachheit erzogen worden." „Das glaube ich gern. Sie Habens gewiß manchmal kümmerlich gehabt, wer führt Ihnen denn die Wirtschaft?" „Ich habe die alte Schneidern, das lang jährige Faktotum meines Vorgängers, mit über nommen, außerdem sind noch ein Hausmädchen und der Kutscher da, der dir groben Arbeiten ver- richet, mit der Zeit wird's schon werden." Reutter hob sein Ekas: „Prost, Herr Kol lege, und möchten Sie sich in Ihrem neuen Wir kungskreise inimer wohl und zufrieden fühlen!" Der Oberförster stieß mit dem alten Herren uud Waldtraut an, daß die hohen grünlichen Rainer einen Hellen reinen Klang gaben. „Sie sind so gütig und haben mich so lie benswürdig ausgenommen, daß es mir ist, als hätte ich jetzt schon eine Heimat gesunden, ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen danken soll!" Der Forstmeister trank bis zur Nagelprobe aus. „Dadurch, daß Sie uns recht ost die Freude- machen, unser lieber East zu sein!" Waldtrartt bot Vanselvw die Platte mit den Spiegeleiern an. „Sie werden Ihr Revier schnell liebgewmnen, es hat ganz einzigartige Schönheiten, und in den Thorwalder Wänden horsten noch Uhu und Fischadler." „Tatsächlich?" „Ja," bestätigte Reutter, „aber natürlich sind beide als Naturdenkmäler sakrosankt, und des halb ist auch das Besteigen der Horstfelsen allen Bergkrarlern streng verboten, aber jährlich kommen von allen Gegenden Deutschlands und Oesterreichs Ornithologen hierher, nm das sel tene Wild zu beobachten." Das Hausmädchen, in schwarzem Kleid mit weißem Häubchen und weißer Schürze, reichte die Forellen herum, und Vanselow, der immer mehr austaute, erzählte kleine Erlebnisse aus dem Felde, nichts, was seine Person in den Vorder grund des Geschehens stellte, nur Episoden, Stim mungsbilder, Alltägliches, aber in seinem Vor- trag lag etwas, das die Zuhörer alle Schilderun gen miterleben ließ. „Du ißt ja gar nicht, Mädel," sagte der Forst meister lächelnd. Walotraut schreckte zusammen, als würde sie aus einem Traum aufgeweckt. „Ich dachte eben, wie schön es sein muß, solche Erinnerungen sem eigen nennen zu dür fen," meinte sie und eine leichte Nöte stieg i'ar in die Wangen. „Das liegt wohl daran, Kind, weil du so wenig unter Menschen kommst, hier in unserem Krähwinkel kann nian freilich nichts Aufregen des erleben." Der Oberförster stellt« sein Elas hin. „Glauben Sie mir, gnädiges Fräulein, neben dem Licht gab es auch viel Schalten und ich wellte, ich könnte Vieles vergessen," seine Züge bekamen einen ernsten, fast harten Ausdruck, „aber ich will uns die Stimmung nicht verder be::, es gibt Dinge, über die man besser schweigt." „Sehen Sie," der Forstmeister deutete auf die Fruchtschale, „das sind Gravensteiner eigener Zucht," meinte er ablenkend, „ich bin stolz dar auf, daß es mir nach vieler Mühe geglückt ist, dies Edelobst hier in unserem sächsischen Sibi rien mit Erfolg anzubauen, da müssen Sie un bedingt einen probieren." Nun war auch der Nachtisch vorüber und drüben, im Wohnzimmer, schlug die große Kasten uhr sieben tie'e, klingende Schläge. Waldtraut erhob sich. „Ihr „Söllmann" kratzt schon an der Tür, ich werde ihm gleich in der Küche sein Futter geben lassen, er darf doch?" „Freilicy, aber wenn Sie ihn so verwöhnen, gnädiges Fräulein, wird er bald lieber in Win terberg als in Thorwald sein " Der alte Herr den der schwere Wein und das Gespräch angeregt hatten, hafte Vanselow unter. „Nun kommen Sie, Kollege, wir wollen noch eine Friedenszigarre rauchen, Sie wissen doch: „wc man raucht, da kannst Du ruhig verharren — böse Menschen rauchen nie Zigarren!" Wie im Fluge verging die Zeit. Das junge Mädchen hatte eine Handarbeit vorgenommen und die beiden Herren simpelten .Fach, wäh- reno „Söllmann" " seinen Kopf zutraulich am Waldtrauts Schoß legte. — Draußen raschelte der Efeu im Nachtwind, dun.'ve Schlagschatten war fen die wuchtigen Stangen der Geweihe an die Wände und grünlich schimmerten im Lampen licht die Seher eines Wildkakers, der über dem Schreibtisch zwischen zwei Keilerköpfen mit blitzenden, balbspannlangen Gewehren und elfen beinfarbenen, gekrümmten Haderern hing. „Herrgott, schon um neun," ganz überrascht blickte der Oberförster auf, „nein, dus ist ja un glaublich, da habe ich mich schön verplaudert, nun wird's aber höchste Zeit für den Heimweg." „Friedrich!" rief der Forstmeister auf den Flur hinaus, „Anjpannen!" „Sie sind wirklich zu gütig, darf ich bald darauf rechnen, Sie und Ihr Fräulein Tochter bei mir begrüßen zu können?" „Aber gern, sobald es sich irgend machen läßt, so, noch einen Toback für unterwegs, ich habe ordentlich gehamstert, wenn Sie mal in Verlegenheft sind, helfe ich gem aus." „Tausend Dank!" Draußen fuhr der Wagen vor. Traute nahm ein Tuch über die Schultern und Remter gab dem Oberförster die Hand. „Auf Wiedersehen, Herr Kolüege. lassen Sie sich nur öfters mal bei uns sehen!" „Auf Wiedersehen, Herl Fcrstmeister, auf Wie dersehen, gnädiges Fräulein, ich werde von der gütigen Erlaubnis gem Gebrauch mulen, uno nochmals vielen, vielen Dank, daß es mir heute ncch so gut gelten würde, hätte ich mir auch nich: träumen lassen!" Vanselow stieg ein und die Pferde zogen an. klappernd verhallte der Hufschlag in der Ferne. Mil seltsam versonnenem Ausdruck blickte Waldtraul in die schweigende schwarze Nacht, die leis und lose ihre Fittiche über das Grenz land breitete. Zweites Kapitel. Dem selten schonen Tag war ein trüber, nebe liger Morgen gefolgt. Von allen Zweigen un» Acsten tropfte es und ein feiner Staubregen ging nieder, der alles in ein farbloses, eintönige» Grau hüllte. Ernst Vanselow saß in dem kahlen, erst halb eingerichteten Zimmer, an dessen mit einer moos grünen Tapeie bedeck.en Wänden Helle Flecke die Stellen bezeichneten, wo früher Bilder gehangen batten, und blätterte in einem Scß unerledigter Akten. Dem Oberförster fröstelte es. Nach dem Abend in der ForstmePterei Wimerberg erschien ihm seine Umgebung doppelt nüchtern und un- wohnlich, und seine paar Möbel würden auch nicht hinreichen, um die Zimmer etwas behag licher zu machen. Ja, wenn er verheiratet wäre, Frau und Kinder hätte —. Unwillkürlichch irr ten seine Gedanken zu Waldtraut. Wie nett und bebaglich hatte sie alles Hergerichtei, nirgends ein Stäubchen, jeder kleinste Gegenstand blitzte vor Sauberkeit, und hier lag der Staub fast finger dick auf den Regalen, die Fenster waren halb er- blindet, und den Dielen sah man es an, daß sie seit Jahren nicht mehr gestrichen worden waren. Sein Vorgänger, der pensionierte Forst meister Behrend, war ein bequemer, alter Herr gewesen, ein Junggesellte, der alles gehen ließ, wie es wollte, da merkte man es doppelt, daß überall eine ordnende Frauenhand fehlte. (Fortsetzung folgt.) — Leyte Drahtnachrichten. Schn ei de müht, 15 August. Gestern abend wurde auf dem hiesigen Bahnhof ein E n- tcntezug ungehalten, oa Munition und Lebensmittel für Polen darin vermutet würden. Da die sich ansammelude mehrtausendköpfige Menge große Erregung zeigie, übernahm die Sicherheitspolizei den Schulz der Engländer und Franzosen. Nachdem die Untersuchung ergeben hotte, dag sich keine nichtdeklarierten Gegenstände in dem Zuge befanden, ist er heme vormittag weitergesahren. Katkowitz , 15. August. Nach einer amt lichen Meldung prallte gestern auf dem Nan- gierbahnho? Gleiwitz eine Rangierlokomotive auf einen französischen Militärzug, wobei ein französischer Soldat getötet und üeoen ver letzt wurden. Prag, 15. August. Nach einer Meldung der „Bohemia" aus K v ur o t a u ist die Arbei terschaft der Poldi-Hütte gestern vormittag in den A u s st and getreten, um die Entlassung ihres Hauptvertrauensmannes rückgängig zu machcn. Die Direktion sagte seine Wiedereinstellung zu. Weiter verlangte die Arbeiterschaft daß die Be amtenschaft des Werkes der sozialdemokratischen Partei beitrete, soweit sie ihr noch nicht angehörl. P aris , 15. August. (Agcnce Havas.) Die Preße betont den freundschaftlichen Charakter der e n g l i s ch - s r a n z ö s i- s ch e n B esprechungc n und glaubt, daß die Differenzen in zwei bis drei Tagen beigelegt jein dürften. Immerhin ist zu bemerken, daß der Losung Hindernisse entgegengetretcn sind in der Tätigkeit des Aktionsausschusses der englischen Ar- l UierpmIci, welcher mit der E i n st e l l u n g der K o h l e n l i c f e r u n g c n an Frank reich drohte. P aris , 15. August. In einem Leitartikel des „Temps" heißt es, ebensowenig wie die eng lische habe die französische Regierung geplant, T r u ppeu gegen die rote Armee zu senden. Mili.arisch würde es gestibrlich sein, ein Erpedi- tionskorps zwischen ein feindseliges Deutschland und Rustland zu schieben, politisch aber wider- sinnig, denn die französische Politik beruhe dar ank, dem Vertrage von Versailles Achtung zu verschaffen, das heißt am Rhein Wacht zu hal ten. Wenn Frankreich Polen zu beschützen hätte, so würde dies im Westen und nicht im Osten geschehen. London, 15. August. „Werkln Dispatch" wird aus Marschau gemeldet: Die Waffen stillstands- und Friede nsdele g «- i o n hat gestern früh W arscbau verl a s- e n. An ihrer Spitze steht der Unterstaatssekre tär Dombski. Washington, 15. August. Das Staats departement hat seine A n t w o r t auf die fran zösische Note vorbereitet. Es erklärt sich dcrin mit den allgemeinen Prinzipien der französischen Note einverstanden, glaubt jedoch nicht, das? dies für den Augenblick die Pflicht in sich schließe, die Regierung Wrangels anzuerkennen.
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