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parier Wochcn-ls„ «.Mai 1841 Erscheint jeden Donnerstag. de« Thema. D. Red. Teutsche Gesetzgebung *). Stärker als jemals regt sich in Teutschland Sinn und Bedürfniß nach Abfassung neuer Gesetzbücher und derzeit sind mehr oder weniger alle konstitutionellen Staaten damit beschäftigt, sowie, öffentlichen Nachrichten zu Folge, gleiche Norbereitungen in Oestreich und Preußen stattsinden. Auffallend dabei ist nur, daß diese großartigen Bemühungen der Juristen eben sowohl mit den übrigen Schritten der Regierungen, als mit der Volksrichtung in grellem Widerspruche stehen. Kaum nämlich sind die Schlagbäume der Mauth im teutschen Gesammtvaterlande gefallen, kaum genießen wir die Früchte freien Handels und Verkehrs, so erheben sich schon wieder Schlagbäume aller Art, beginnen schon wieder andere Trennungen der Nazion und die Bestand theile des großen Ganzen wissen nichts Eiferigeres zu thun, als für die eng gezogenen Gränzen der Einzel staaten besondere Gesetzbücher abzufassen. Es wäre doch wahrlich einmal an der Zeit, auch in dieser Beziehung an etwas Gemeinsames zu denken und die Einleitung zu treffen, daß gleiche Gesetzbücher für ganz Teutschland ins Dasein gerufen würden. Es ist nicht möglich, daß sich ein wahrer, ein an dauernd gleicher teutscher Sinn entfalte, so lange die ganze rechtliche Seite so beispiellos verschieden gestaltet ist, wie dieß in unserem lieben großen Vaterlande statt findet. Die rechtliche Seite im Staats - und Volks leben ist zu mächtig, ergreift den Menschen in seinem wichtigsten Thun und Lassen zu bedeutend, als daß es möglich wäre, sich im vollen Sinne des Wortes als *) Gegenwärtiger Aufsatz war in einigen südteutschen Zeitschrif ten abgedruckt und schien auch für unser Blatt kein unpaffen- über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Sechster Jahrgang. Preit für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 21 Reugroschcn, bei Beziehung de« Blattet durch Boteng g 15 Neugroschen. , —- Eine Nation zu fühlen, so lange die gränzcn s Verschiedenheit, die ein wahrer Rcchtswlrrwarr / allen teutschen Gauen als geltendes Recht ge >e - scheint auch dieser Zustand der Dinge mit den Zw des Zollvereins, wenn derselbe in seiner ganzen Wahr heit und mit seinen wohlthätigsten Erfordernissen m Leben treten soll, kaum vereinbar zu sein. Wie näm lich derselbe nothwendigcrweise eine Vereinigung ru - sichtlich des Maaß - Gewicht - und Münzwesens hcrbet- führen muß und theilweise schon herbeigeführt hat, w» dieses Zollsystem unabweislich eine für den ganzen Ver ein gleiche Zollstrasgesetzgebung schaffen mußte, so wäre es fürwahr mehr als billig, auch ein gleiches Handels gesetzbuch für alle Vereinsstaaten abzufassen. Ist man aber einmal soweit gekommen, so sollte man nicht auf halbem Wege stehen bleiben, namentlich aber den oberwähnten Weg der Abfassung besonderer Gesetz bücher für jeden einzelnen teutschen Staat verlassen und sofort Hand ans Werk legen, um für das gesammte teutsche Vaterland eine gleiche Gesetzgebung, im bürger lichen, wie im peinlichen Recht, zu Stande zu bringen. Wir haben so schöne Kräfte, wir haben ein so reiches, nach allen Seiten verarbeitetes Material, um daraus ein großes, auf teutsche Ansichten und teutsche Gebräuche gegründetes Gesetzbuch fertigen zu können. Und wahr lich, es wäre nicht mehr zu früh, und gewiß, daS Be dürfniß ruft stärker als jemals. Man sehe nur einmal um sich, wie es bei uns in Teutschland, besonders im bürgerlichen Recht, aussieht, und man wird kaum be greifen können, wie ein solcher Zustand sich bilden, noch weniger aber, wie er sich erhalten konnte. Das ge. meine teutsche Recht ist ein chaotisches, von einem ftem- den Volke verfaßtes, in fremder Sprache geschriebenes dem Bürger gar nicht, dem Richter kaum, dem Gelehn