Volltext Seite (XML)
22. April 1841 Erscheint jeden Donnerstag. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 21 Neugroschcn, bei Beziehung des Blattes durch Botcngclcgenheit 15 Ncugroschen. o^c^Wochcilöla,, M r r r H »r r A D H »<a über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Sech st er Jahrgang« Ein Wort über die geringe Achtung, die manche Kirchengemeinden gegen ihre Gotteshäuser hegen. Man hat dem Geschlechte dieser Zeit schon häufig den Vorwurf gemacht, daß bei ihm die Scheu vor dem Heiligen und Ehrwürdigen eher im Ab-, als im Zuneh men begriffen sei. Mag nun die Wahrheit oder Grund losigkeit Vieser traurigen Beschuldigung jetzt auch unent- sch^den bleiben, so viel wenigstens ist gewiß, daß diese Scheu nicht allgemein ist und nicht aller Orten gefun den wird; und mit diesem gerügten Mangel steht dann gewiß auch die geringe Achtung im Einklänge, in wel cher bei manchen christlichen Gemeinden ihre gottesdienst lichen Versammlungshäuser stehen oder ganz gewiß zu stehen scheinen. Geht man ins Einzelne, so finden sich hinlängliche Beispiele, die von dieser geringen Achtung zeugen. Wir wollen nicht so ungerecht sein, das freund liche Emporsteigen mancher neuen von innen und außen schön in die Augen fallenden Kirche hier zu verkennen, wollen auch nicht die Verschönerung und Erneuerung mancher veralteten Kirche, die sich in unsern Tagen hin und wieder schon kund gegeben hat, unerwähnt lassen. Aber wie viele Gemeinden giebt es nicht, wo die Kirche, die selbst noch ein ungleich besseres Aussehen bietet, als manche ihrer unscheinbaren Schwestern, doch durch so mancherlei das sromme Gefühl beleidigende Dinge ver letzt wird. Man darf nur manches Gotteshaus betrach ten und man wird finden, daß die Mauern verfallen sind und einen höchst traurigen Anblick gewähren, daß der Leichtsinn die Wände beschmutzt und Narrenhände dieselben verunziert, daß der Uebermuth Fenster und Git terwerk zerschlagen und die Unreinlichkcit die Winkel zur Befriedigung irgend eines unsaubern Bedürfnisses benutzt hat. Man darf nur sehen, wie nicht selten die Eingänge in die Kirchen mit Holz-, Stock-, Sand-, Stein-, Schmutz- oder Lehmhaüfen besetzt sind oder wie häufig in der Nähe einer Kirche Wohnende sie zu allerlei irdischen Zwecken zu benutzen wissen. Wie ost auch treten dem frommen Herzen Dinge m den Weg, die es aus aller Andacht reißen, anstatt es in solche zu versetzen. Dem Schreiber dieser Zeilen sind Kirchen bekannt, wo die zum Reinigen derselben dienenden Werkzeuge und Ge- räthschasten öffentlich zur Schau gestellt sind, während sie doch unbedingt an einem andern Orte aufbewahrt werden könnten, wo sie den mit Andacht Kommenden kein Aergerniß gäben. . Und wie viele Gemeinden giebt es nicht, in welchen nicht geradezu Armuth die Ursache ist, daß ihre Kirche eher einem alten verfallenen Ge bäude, als einem Hause gleicht, das Gott dem Herrn geweiht sein soll, sowie sich denn auch Kirchen ßnden, die schon durch die erste Anlage, mehr aber durch die winkelige und unbequeme innere Einrichtung dem Ge fühle widerstreben. Wahrhaftig es kann nicht Jeder manns Sache sein, in eine solche Kirche nur ein Jahr lang mit Wohlgefallen zu gehen, zumal wenn sich in ihr unglücklicher Weise nicht ein Prediger befindet, der durch Gediegenheit und Kraft der Rede die empfangenen ersten üblen Eindrücke vergessen zu machen weiß. Wie wenig aber zeugen diese Uebelstände alle, die hier nur kurz angedeutet werden können, für einen kirchlich reli giösen Sinn! Fast möchte man glauben, was namentlich die Heilighaltung der Kirchen betrifft, unser Zeitalter sei in Tugenden dieser Art nicht allein von der christ lichen Vorwelt, sondern sogar von den alten Griechen und Römern übertroffen worden. Denn mit ehrfurchts voller Scheu nahete man bei jenen Völkern heiligen Orten, geweihten Hainen, Altären, Tempeln und Göt terbildern, gleichsam als ob man hier der Gottheit näher wäre. Man wagte nicht dieselben zu verunreinigen oder zu verletzen und durch Anschläge und Inschriften ward vor jeglicher Entweihung gewarnt und mit harter Straf« die Uebertretung dieses Verbots geahndet. Gleicherweise hielt die christliche Vorwelt mit hoher Ehrfurcht über geheiligte Plätze und geweihte Gegenstände. Mit heili ger Scheu trat man in die gottesdienstlichen Versamm lungshäuser und ehrte sie als die Wohnungen des Herrn. Diese sromme Sitte ist nicht mehr so allgemein und das ist wahrlich kein gutes Zeichen. Es verräth einen Mangel an frommen Sinn, eine Lauheit und eine Fri-