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48 die Kolonie auf 10 Jahre hinaus, nach deren Verlaus erst die Kraft seines Besitzscheines verloren gehen würde, wenn sie ganz unbenutzt geblieben wäre. 6) Gewin nung eigenthümlicher Gesellschaftsvortheile durch die hier zugleich mit beabsichtigte Verbindung mit einer Armen kolonie, deren Arbeitskapital zur Erleichterung der Be mittelten und Wohlhabenden dienen wird. — Die Ar menkolonisten sind daher genau von den selbstständi gen Freikolonisten zu unterscheiden. 7) Die allbe kannte Steigerung des Preißes von Bauplätzen und Feldstücken überall in Amerika, wo eine Stadt gegrün det wird, oder auch nur erst angelegt werden soll. 8) Freie, d. h. unentgeltliche, Mitbenutzung einer deutschen Kirche und Schule, zunächst sür die Armen kolonisten. 9) Gleich freie Mitbenutzung eines Kranken hauses und des dabei angestellten Armenarztes. 10) Er leichterungen aller Art durch Anstellung der nöthigen Personen alis der Koloniekasse überhaupt. 11) Zuver lässige Besorgung aller Aufträge durch den Hauptfactor und seine Leute, oder die Armenkolonisten, z. B. bei Waldrodungen, oder Urbarmachungen, welche etwa vor läufig geschehen sollten. 12) Unmittelbar bei der An kunst daher das erwünschteste Vorsinden der unentbehr lichsten Einrichtungen, durch bereits ausgerichtete Hütten, Magazingebäude, Mühlen, Brauereien :c. theilwcise aus Kosten der Koloniekasse, theilweise gegen billigen Pri vatlohn. 13) Endlich Vermittelung eines erleichterten und sichern Absatzes und Transports der Producte an vortheilhaste Handelsplätze." Bei der Anmeldung wird ein Draufgeld von 2 Thalern verlangt. Die Armenkolonie, welche aus Unbemittelten, aber Arbeitsfähigen besteht, soll unter nachstehenden Bedin gungen ernchret werden: „1) Ein Armenkolonist muß zur Koloniekasse als Draufgeld Einen Thaler einzahlen sür jede Per son, die er anmeldet, insofern diese kein Familienglied von ihm ist. — 2) Sein ganzes Vermögen muß in 100 Thalern, Betten und Kleidungsstücken, bestehen und für jedes Familienglied muß er überdieß noch 70 thlr. besitzen, welches Geld er durchaus an die Koloniekasse einzahlen muß vor der Abfahrt zur Deckung der sämmt- lichen Reisekosten. — 3) Die Ueberfahrt geschieht durch aus auf Dampfschiffen, welche viel schneller und sicherer reisen und deren Einrichtung überaus schön und bequem ist. Auch die Armenkolonisten dürfen über keine Ver nachlässigung und Zurücksetzung zu klagen haben. — 4) Für alle Bedürfnisse der Armenkolonisten wird durch den Armeninspektor von Seiten der Freikolonie gesorgt, indem dieser ihnen lohnende Arbeit verschafft. — ») Da für haben die Armenkolonisten aber etwa täglich höch stens sieben Stunden für die Freikolonie zu arbeiten. — 6) Außerdem bekommt jeder Armenkolonist 5 Acres (Morgen) Land zu seiner eigenen Bewirtschaftung, welche er durch Einzahlung von 50 thlr. zu seinem völ ligen Eigenthum machen kann, sobald er sich diese 50 thlr. erspart, oder bei der Freikolonie abverdient hat. — 7) Jeder Armenkolonist kann Freikolonist werden, wenn er sich 100 thlr. verdient und diese an die Koloniekasse oder den Hauptsactor eingezahlt hat. - 8) Hat ein Armenkolomst viele Familienglieder, so bekommt er mehr Land zum eignen Anbau, doch setzt man voraus, daß die Familie auch ordentlich und fleißig ist. — 9) Ueber die Gegend der Niederlassung können die Armenkolonisten ganz ruhig sein, es wird gewiß eine der schönsten und passendsten gewählt werden. Noch ist es nicht gewiß, ob Michigan oder Wisconsin: wahrscheinlich sind die schön sten Plätze im letzteren Gebiete zu finden und zu ver kaufen. — 10) Für Schule, Kirche und Krankenhaus der Armenkolonie wird durch die Freikolonie oder viel mehr den Hauptfactor gesorgt. — 11) Die ganze Be schwerlichkeit, die man übernimmt, besteht in der See reise, welche Tausende von Reichen und Vornehmen täglich machen, und in der Arbeit bei der ersten Ansiede lung; später tauscht gewiß kein Armenkolonist mit einem armen Tagelöhner oder Handwerksmann in Sachsen — und ist er fleißig, so macht er sich leicht in 3 — 5 Jahren zum Freckolonisten. — 12) Jeder Armenkolonist muß bei der Anmeldung sein Alter, seinen Beruf und sein Vermögen angeben. — 13) Besonders muß er auch Zeugnisse über seine Gesundheit und Rechtlichkeit beibringen, und darf das 40ste Jahr in der Regel nicht überschritten haben. — 14) Genießt er Schutz gegen alle Willkühr durch Jnkorperirung der Kolonie und ihrer Statuten bei der Regierung von Michigan oder Wis consin, deren gerichtlicher Beistand dadurch den Armen kolonisten so gut wie den Freikolonisten gesichert werden soll. — 15) Aus die Consession wird zwar nicht Rück sicht genommen, wohl aber auf gutes sittliches Betra gen. Hierin unterscheidet sich dies Unternehmen einer Doppelkolonie gänzlich von dem Stephanischen Zuge nach Amerika, denn man geht von dem Grundsatz aus: die Religion ist jedes Menschen eigene Gewissenssache, daher man nicht sowohl aus seinen Consessionsglauben, als vielmehr um sein sittliches Betragen, seine Recht schaffenheit und Tüchtigkeit, seinen Fleiß und seine Ord nungsliebe, seine Verträglichkeit und Reinlichkeit und ähnliche Tugenden sich zu bekümmern hat." Soviel von dem Plane selbst. Nun zum Angriff auf denselben. Die Auswanderungslust — sagt der Verfasser — die schon so viele Tausende aus Deutschland nach Amerika ge führt hat, scheint jetzt auch in unserm Sachsen immer festere Wurzeln zu fassen. Während hier früher bloß Einzelne emignrten, emigriren jetzt ganze Gesellschaften. Noch sind kaum drei Jahre vergangen, seit die Stephanisten auf brachen, um an den Usern des Missouri ein neues Zion zu gründen, und schon arbeitet man wieder an einem ähn lichen Unternehmen. Niemandem werden wohl die Auffor derungen unbekannt sein, die zu diesem Behuse in allen Zeitungen erlassen worden sind. Sie gehen von einem aus drei Personen bestehenden Comite' aus, dessen Sitz das erz- gebirgische Städtchen Schwarzenberg, dessen Seele der dortige Pastor Behr und dessen Zweck die Bildung einer deutschen Centralkolonie in Michigan, Wisconsin oder einem andern nördlichen Theile der Union ist.