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über örtliche und vaterländische AngUegen-ei en. Sechster Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 2l Neugroschcn, bei Beziehung des Blattes durch Botengelegenheit 15 Neugroschcn. ^0. Erscheint jeden Donnerstag. 11. 1841. Fürstliche Reden. Wenn man heutzutage ein wahres, freies Wort spricht, oder auch nur sprechen will, wird es entweder nicht gedruckt und durch die Gesperrt der Zensur verhin dert, oder der es gesprochen, unter die Aufwiegler ver setzt, verfolgt, verketzert, mit Leibes- und Geldstrafen belegt. Wir wollen daher einmal Fürsten sprechen lassen, von denen es auch welche gegeben hat, die zu Zeiten Reden geführt haben, welche bei der Zensur kaum ein günstiges Gehör finden dürften. Wären sie nicht Fürsten gewesen, man würde sie „Ultraliberale," Demagogen, Revoluzionäre nennen. Der erste dieser Männer, der hier vor unsern Lesern austritt, war Kurfürst Johann von Branden burg. Er regierte von 1486 — 1499, und spielte seiner Zeit eine große Rolle im teutschen Reiche. Er hatte viel Einfluß auf Kaiser Mar, war ein großer Feld hauptmann und Kriegsheld, und besaß eine so wunder bare Gabe, zu reden, daß er, wie sein Geschichtsschreiber sagt, durch die Kraft seiner Gründe oft sogar Könige und andere Potentaten überzeugt und vereinigt haben soll. Wer von der Konferenz in London, oder von andern Kriegs - und Friedenskongressen Bescheid weiß, der weiß auch, was Dieß heißen will, und wie viel dazu gehört. So führte Kurfürst Johann, der auch der Große genannt wurde, jedoch nicht wegen seiner großen Eigenschaften, sondern nach der Sitte jener Zeit wegen seiner Leibeslänge, eine gute und glückliche Regierung, und war angesehen nach außen und beliebt bei seinem Volke. Als er nun sein Ende herankommen sah, da wollte er auch seinem Sohne, dem Kurprinzen, der erst im sechzehnten Jahre war, gute Lehren an die Hand geben, daß er's ihm nachthäte, und so wurden die Re gierungsregeln niedergeschrieben, aus welchen wir hier einen Auszug geben. „Herzlichgeliebter Sohn," heißt es darin, „ich habe niemals gezweifelt, daß Ihr in Eures Vaters Fußtapsen treten, und sowohl Euch selbst, als die Lande wohl regieren werdet, weil Ihr bereits hiezu einen glück- und geschicklichen Grund gelegt. Doch habe ich nöthig erachtet, aus brünstiger Liebe zu Euch und meinen Un- terthanen eine treue und väterliche Ermahnung zu hin terlassen, damit Ihr desto weniger fehlen, oder von bösen und ungetreuen Räthen Euch verleiten lassen möchtet. Zwar die Erinnerungen sein Jedermann leicht und die Vollziehung schwer. Doch hoffe ich, liebster Prinz, es werde Euch meine Lehre, weil sie von einem liebreichen Vater rührt, und die letzte ist, so Ihr von mir hören werdet, auch angenehm sein. .... Es stehen Viel' in dem Wahn, man erweise sich alsdann erst recht fürstlich, wenn man die Unter- thanen beschwert und durch gewalsame Zwangsmittel er schöpft. Hernach praßt man lustig, und befleckt die Hoheit mit schändlichen Lüsten. Man führet wohl könig lichen Pracht, hierdurch aber werden die väterlichen Reichthümer verschwendet. Man verliert die Liebe und das Vertrauen 1>er Unterthanen, man führt nicht mehr das süße Amt eines lieben Vaters, sondern eines furchtsamen Tyrannen. Ich kann nicht begreifen, was ein solcher Fürst vor Ehre hat und kann mich Niemand bereden, daß er in Sicherheit sitze. Es ist schlechte Ehre, über arme Bettler zu herrschen, und viel ruhmwürdiger, wenn man Reichen und Wohl mögenden gebietet. Darum wollte der alte Fabricius lieber der Reichen Herr, als sechsten reich sein. Laßt Euch, mein Herzcnssohn, die Gottes furcht befohlen sein, aus selbiger wird viel, und alles Gute aus Euch fließen. Ein Gottesfürchtiger denkt all zeit, daß er von seinem Thun in.kurzer Frist werde Rechenschaft erstatten müssen. ... Die Armen nehmt in Euern Schutz, Ihr wer det Euern Fürstenthron nicht besser befestigen können, als wenn Ihr dem Unterdrückten helft, wenn Ihr den Reichen nicht nachseht, daß sie die Geringeren überwäl tigen und wenn Ihr Recht und Gleich einem Jeg lichen widerfahren lasset. Vergesset nicht, den Adel im Zaum zu halten, denn dessen Uebermuth verübt eitel Böses.