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222 ouszuschließen und im ganzen Lande einerlei Ge» richtsverfassung herzustellen. Erst dann, wenn einerlei Gerichte in Sachsen sind, kann von durch greifenden Reformen die Rede sein, erst dann können die Gerichte öffentlich werden, erst dann kann dem Volke ein groffartiger Einfluß darauf gewährt und gesichert werden; die Vereinigung aber ist die erste Reform. Wie nun soll eine Acnderung oder Einheit herauskommcn, wenn Niemand Etwas dafür thut. Die Rittergüter wehren sich gegen die Abtre tung der Gerichte, so lange sie können, die Kammern thun nichts dafür, die Regierung allein kann nichts thun. Nun wohl denn! so Ist's am Volk, es ist an den Städten, es ist an den Gemeinden, ihre Vor rechte dem großen Ganzen zum Opfer zu bringen, es ist an uns, der eignem Kraft zu vertrauen, wäh rend wir dem Staate vertrauen. Ich wenigstens dachte, während ich dem Staate die hiesige Gerichts barkeit mit abtrat, sie dem Volke abzutretcn, ich dachte das zu thun, wovon Sie reden. Oder glauben Sie, daS Volk bekomme dadurch sein Recht, wenn städtische und Dorf-Gerichte bleiben, wie sie sind, glauben Sie dadurch vorwärts zu kommen, wenn jede Stadt, jede Gemeinde an ihren herge brachten Rechten hält, wie Eisen, oder läugnen Sic, daß die Municlpalgerichte unter die Prärogativen, unter die Privilegien, unter die Vorrechte gehören? Sonderbarer Wirrwar, sag' ich nochmals. Sonst galt es für freisinnig, Vorrechte aller Art zu be kämpfen, sonst war der der beste Mann, der seine Privilegien hingab, um sich dem Ganzen anzuschlicßen und jetzt, wo wir, vertrauend auf die Gewähr unserer Verfassung, wie auf die Fortschritte der Zeit und unsere eigne Kraft (denn wir fürchten uns vor kei nem Staatsdicner) unsere Rechte opfern, um Recht zu schaffen, ruft man uns aus unserm eignen Lager zu: Ihr Thoren, behaltet Eure Rechte, denn Be halten ist klug! Wohl, das mag klug klingen; es ist ober nicht edel und nicht frei. Das ist eine schwache Politik, welche andere Vorrechte dadurch vernichten will, baß sie die eignen geltend macht. Und endlich, wollen Sie die Wahl den Gemeinden ond ihren jetzigen Inhabern belassen, schon recht; aber Sie hätten besser gesagt: Sie wollen die Wahl der Aristokratie lassen. Von den Dörfern rede ich gor nicht, wie's geht, weiß Jeder. In den Städten aber wählt der Gevatter Bürgermeister den Gevatter Stadtrichter und Beide beherrschen die Stadt der Städtcordnung gemäß. Ist denn der Stadcrath die Gemeinde und ist eine Gemeinde das Volk? Doch, ich fühle, ich fange an zu predigen und zu zanken und will schließen. Nur Eins noch gegen Ihren persönlichen Vorwurf. Ich bin kein Ministerieller. Ich habe nichts bei Sr. Ercellenz gesucht und suche nichts. Was ich aber als Recht anerkenne, thue ich, unbekümmert um die Gnade der Hohen, wie um den Beifall der Masse. Noch weniger bin ich gegen die Emancipation unserer Gemeinde, denn der Königl. Justitiar hat nichts in unsere Gemeindeangelegenheiten zu reden und, redet er hinein, so wollen wir ihn — ; am Wenigsten endlich komme ich den Centralisationsbe- strebungen entgegen. Dieses napoleonische Wort ist lächerlich, zwar nicht für Deutschland doch für Sachsen, und steht unS, wie die Löwenhaut dem Fabelthier. Die sächsische Gerichtsverfassung soll noch centralisirt werden und. mit diesem frommen Wunsch, der Ihnen freilich nicht gefallen wird, bitte ich Sie schlüßlich und wie's einem freundlichen Brief steller ansicht, uns bald einmal zu besuchen und nachzuschen, wie unglücklich wir uns unter königl. Justiz befinden. Adorf, am 19. December 1838. Wilhelm Becker. Blicke nach Balern. Vor einigen Wochen thelltc der fränkische Merkur folgendes Faktum aus Baiern mit: Der Eremit von Gauting, Herr von Hellberg, macht Im „Baierischen Landboten" bekannt, daß Se. päpstliche Heiligkeit Gregor XVI. der Pfarrkirche zu Hellberg im Freisinger Moos am 26. Septbr. 183Z einen vollkommnen Ablaß aller Sünden auf ewige Zeit erthcilt hat für die Gläubigen, welche am Tage des heiligen Gregorius den ersten (12. März) diese Pfarrkirche besuchen und sich durch Beichte undCom- munion desselben würdig machen, wodurch dieser Ab laß auch für alle verstorbenen chrlstgläubigcn Seelen zu gewinnen ist. Man hofft demnach auf den I2ten März 1839 rrcht zahlreichen Zuspruch in Hellberg.