Volltext Seite (XML)
A-orker Wochenblatt. M i t t h e i l » n g e n über örtliche und vaterlckndische Angelegenheiten. Vierter Jahrgang. Preil für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 16 gr. Sächs., bei Beziehung der Blatte« durch Botengclcgcnheit 12 Gr. Sachs. 43. Erscheint jeden Donnerstag. 25. Oktbl'. 1838. Wanderungen eines Stadtverordneten. Die Sächsische Städteordnung wird von den Einen für zu wcitläuftig, von Andern für zu lückenhaft angesehen; den Leuten vom alten Stil dünkt sie ganz entbehrlich und sie bleiben dabei sichen, cs sei besser gewesen, sie gar nicht anzunchmcn; den Leu ten vom neuen Stil dagegen ist sie bisweilen nicht - Meral genug, und sie behaupten, nm gut zu sein, müsse die Städteordnung auf viel volkstümlicheren Grundlagen ruhen. Es geht über den Zweck der ge genwärtigen Mitteilung hinaus, die Vorzüge und Mängel der Städtcordnung hier ausführlich zu be sprechen;-so viel isi aber gewiß und es stimmen darin Leute von jedem Stil übcicin, daß durch sie unser Munizipalwesen recht gut regulier und daß sie - der Anfang eines frischen, gedeihlichen Volkslebens isi oder wenigstens werden muß, wenn wir auf ihren Grundlagen fortbauen, wenn wir den scgenschweren Keim dieser Pflanze nicht an der Sorglosigkeit des Spießbürgertums verkümmern, nicht durch die kalten Regenschauer der Selbstsucht und des Eigennutzes zerstören lassen. Liegt ein Vorteil, den die Städteordnung unserem städtischen Leben gebracht hat, schon jetzt uns klar vor, so ist es die umgcstaltete Vertretung der Bürgerschaft, gegenüber Ihren Stadträlhen und Verwaltungsbehörden. Bekanntlich waren die Re präsentanten der städtischen Gemeinden früher die sogenannten Kommun - (Gemeinde-) Vorsteher. Mit diesen machten die alten Stadträthe die Ge schäfte der Kommun ab, cs mochte sich um Großes oder Kleines handeln. Daß dabei Alles in Frieden abging, wird Niemandem auffallcn, da es ja bekannt isi, daß cin Streit zwischen zwei Personen nie ent stehen kann, wenn die Eine davon immer Ja! sagt. Waren es bedenkliche Leute, die Herren Volkstri bunen, so appellirtcn sie häufig an den Gesammt- willcn der Bürgerschaft d. h. es mußte die ganze Gemeinde auf das Rathhaus beschieden und dieser selbst die Zweifelsfrage zur Beschlußfassung vorge- tragcn werden. Entweder nun cs fanden sich nur wenige Bürger in der Versammlung ein, oder die Gemcindemitglicdcr erschienen in Masse. Das Erstere war das Gewöhnliche, das Letztere geschah, wenn vielleicht über irgend eine große Lebensfrage eine Art Aufregung entstanden, mitunter auch wenn Je der bei Strafe vorgeladcn war. In beiden Fallen war nicht viel gewonnen. Waren nur Wenige zugcgcn, so war das natürlich nicht viel besser, ja eigentlich noch schlimmer, als wenn die Kommun vorsicher die Sache allcin abgemacht hätten. Wenig stens war dann gar Niemand vorhanden, der bei schlimmen Ausgängcn hätte zur Verantwortung ge zogen werden können. Hatte sich abcr die Gemeinde im Großen eingestellt, so bemächtigten sich entweder einige Schreier des Wortes und der Beschluß fiel oft gegen das wahre Wohl des Ganzen auS, oder es wurde ein polnischer Reichstag daraus und ein Beschluß kam gar nicht zu Staude»