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194 langen der Gemeindevcrtreter ctablirt. Aber schon mit den ersten Nummern kam Alles wieder in's Stocken. Ein augenblickliches Zcrwürfniß zwischen Stadtrath und Stadtverordneten hinderte den Fortgang. Aber ist denn das Ierwürfniß nicht gehoben? und kann man sich über die Grundzüge solcher Bekanntmachungen nicht einigen? In Reichenbach endlich konnte mir gar Niemand eine bestimmte Auskunft geben, warum der Abdruck der Stadtverordnetcnprotokollc im dortigen Lokalblattc un terbliebe, und ich habe durch mein Hin- und Hcrfragen keinen andern Grund entdecken können, als ein gleich gültiges Sichgehenlasien. Man denkt überhaupt nicht daran, daß so etwas nothwcndig sei. Was die übrigen Städte anlangt, so will ich zugeben, daß dort die Veröffentlichung der Tharcu der Gemeinde- Vertreter schwerer in s Werk zu setzen sein mag, eben weil cs an einem Organ dazu von Haus aus fehlt. Aber giebt es denn nicht andere Wege der Oeffentlichkeit, als die eigentlichen Wochenblätter? Treuen, Lengen feld, Mylau, Netzschkau haben indeß meines Be- dünkcns auch die Möglichkeit, diesen Weg cinzuschla- gen, denn sie gehören ja mit zu dem Reichenbacher Blat te. Wenigstens führt dieses in seiner Firma die obigen Städte mit. Man wird dagegen nicht cinwenden kön nen, daß, wenn Reichenbach nicht den Reihen eröffnet, die andern Städte auch nicht Gelegenheit haben. Wo steht geschrieben, welche Rangordnung in dieser Hinsicht zu beobachten sei? Es wird das nur eine Vereinbarung mit der Redakzion des Blattes nothwcndig machen. — Man wird auch nicht elnwtnden können, daß, wenn alle oben genannten Städte mit ihren Protokollauszügcn kommen wollten, dann die geneigten Leser mit dieser trockenen Mehlspeise zu Tode gewürgt werde» würden. Kalcnderanekdvtcn sind wahrlich auch nicht die beste Speise, die ein Redaktör, und wär' cs auch der eines Lokalblattes, seinen Gasten Vorsitzen kann. Und wenn auch die Protokollauszüge nicht für Alle eine willkom mene Kost sind, für jeden Bürger müssen sie cs sein, und wenn sie es nicht sogleich sind, wenigstens noch werden, denn jeder Bürger muß an dem, was seine Ge meinde angcht, den lebendigsten Antheil nehmen. Was von der eigenen Gemeinde gilt, gilt in fast gleichem Grade auch von dem Gemcindclebcn der Nachbarstadt. Ich meiner Seits habe stets alle Verhandlungen der Stadtverordneten gelesen, deren ich habhaft werden konnte, und wenn ich in ein Wirthshaus trete, wo ein Lokalblatt ausliegt, so lese Ich bestimmt die Protokoll auszüge der Stadtverordneten darin zuerst. Denn ich sehe daraus entweder, wie man cs in der cigenen Ge meinde nachmachen, oder auch wie man es nicht machen soll, ob man diese oder jene Bestimmung der Städteord nung so oder so verstanden und angcwendet hat u. s. w. Ich habe behauptet, auch wo ein Lokalblatt nicht cristire, könne der hier besprochenen Oeffentlichkeit ein Tribut gebracht werden. Wie? muß freilich in jeder Stadt besonders ermessen werden. Es kommt hierbei viel auf die örtlichen Verhältnisse an, auf den Umfang des Gemcindevermögcns, auf die Zahl der Versammlungen der Gemeindevcrtreter, selbst auf die Nachbarschaft u. s. w. Ist nicht viel zu verhandeln und wird nicht oft verhandelt, so gnügen vielleicht einige gute Abschriften, die an den Orten ausgelegt werden, wo die Bürger Abends gewöhnlich sich zu erholen pflegen, (wiewol es mit dem Geschriebenen schon seine cigenen Bedenken hat). Sind nicht zu große Opfer nölhig, so kann ein Blättchen gedruckt werden, wie man cs in Plauen angcfangen hatte, je nach dem Bcdürfniß und ohne Bestimmung einer Zeit des Ausgcbcns. Unpassend ist es auch nicht, wenn sich 2 nahegelegene Städte zu diesem Zwecke vereinigen. Vielleicht könnte man selbst dadurch zum Ziele gelangen, daß man das Lokalblatt einer benachbarten Stadt benutzte. Die Redakzion deS „Adorfer" Wochenblattes war wenigstens, wie ich mich erinnere gelesen zu haben, früher dazu crbötig. Kurz der Wege gicbt es gewiß mancherlei und mehr, als ich, der ich Vie Oertlichkeitcn nicht alle zu beurtheilen ver mag, angebcn kann. Nur der Weg scheint mir nicht der rechte zu sein, den meine Kollegen in Elsterberg einmal cingcschlagcn hatten, als sie ihre Beschlüsse durch Maucranschlägc bekannt machten und zwar auf eine für den Stadtrath so gravircndc Art, daß dieser von der Krcisdirekzion sichSukkurs erbat und darauf dicMauer- anschläge wieder abgenommen werden mußten und starke Nasen ausgetheilt wurden. An vielen Orten schützt man vor, das von den Stadt verordneten Beschlossene werde ja auch so bekannt, wozu noch eine besondere Publikazion! Ohnehin könnten die jenigen, die dazu Lust und Belieben hätten, die Pro tokolle selbst lesen. — Dagegen habe ich aber zu be merken, daß daS Bckanntwcrdcn der Stadtverordnctcn- bcschlüsse, was sich so zufällig macht, in meinen Augen keinen großen Werth hat. Was die Tradizion verbrei tet, was durch zehn Frau Gevatterinnen und dreizehn Tanten auf den Markt gebracht wird, das sieht gewöhn lich so entstellt aus, wie das ncugcborne Kind in der Fabel, das zuletzt zum Ungeheuer geworden war. Und was das Einsehen der Akten betrifft, so weiß man ja, daß sich dazu in der Regel nicht viel Neugierige finden. Das Aktcnlcscn ist mitunter eine Kunst, wenn zumal die Schriftzüge des Protokollanten wie alte ägiptischeZeichen aubsehcn oder wie Ameisen durcheinander rennen. Auch ist das so cineSache, wenn der Bürger erst seinen Sonn- tagsrock auflegen und wer weiß wohin? gehen soll, um Protokolle zu studircn. Wollen es Alle tbun, möchte ich wcnigsicus auch der Ausleger nicht sein. — Ucbrigcns habe ich aber selbst gefunden, daß man die Beschlüsse der.Stadtverordneten hier und da nicht allein nicht veröffentlicht, sondern sogar gemein hält. So war cs eine Zeit lang in Auerbach, so ist es, glaub' ich, noch jetzt inTrcuen; in Mylau nichtvicl anders. Wenn ich also auf meinen Wanderungen von 16 Städten des Voigtlandes bis jetzt nur eine Einzige —