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A-orker Wochenblatt. Mkttheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 1K gr. GLchs., bei Beziehung de« Blatte« durch Botengelegenheit 12 Gr. Sächs. 2^. Erscheint jeden Donnerstag. 5. IM 1838. «»«-»-SMS----MSSSSI-SSSSS—1 m Die Prügelstrafe. (Entgegnung auf die Stimme in No. 17, 18 und 19 dies. Bl.) (Eingescndet.) In No. 17 — 19 dieses Blattes hat ein Men schenfreund Betrachtungen, Gedanken und Bedenken bet dem neuen Erscheinen des CrlminalgcsetzbuchcS nicdergelegt und dabei vorzüglich gegen die Prügel ge eifert, lvelche nunmehr in verschiedenen Fällen gesetz lich eingeführt sind. Einsender dieses ist zwar nur ein Praktiker, auf welche der Verfasser der Betrach tungen nicht sonderlich gut zu sprechen ist; er kann jedoch aufrichtig versichern, daß ihm bei Ausübung richterlicher Functionen die Zuerkennung oder Voll streckung irgend einer Strafe, welcher Art sie auch immer sein mochte, niemals Freude gemacht hat: er weiß ferner recht gut, daß so mancher sogar große Verbrecher, wenn er bessere Eltern, Lehrer, Erzieher, Seelsorger, Obrigkeiten, Jugendgenossen gehabt hätte', vielleicht nicht nur kein Verbrecher, sondern wohl gar rin sehr nützliches und chrenwerthes Mit glied der bürgerlichen Gesellschaft geworden wäre. Allein bei dem allen steht doch so viel, nicht nur nach der positiven, sondern auch nach der philoso phischen Rechtslchre fest, daß in einer rechtlichen Ordnung der Dinge für jedes Unrecht ein Uebel als nothwendige Folge bestimmt und dem Urheber des Unrechts richterlich zuerkannt werden muß, wie schwer auch immer dem Herzen des Richters ein solches Er- kcnntniß auszusprechen fallen möge. Ein Uebel also soll dem Unrechte folgen, und hierin scheint mir eben der Knoten der Strafgesetz gebung zu liegen, dessen Lösung die Gegner der Prü gelstrafe in ihrem, wenn auch achtungswerthen Eifer so leicht nehmen. einem solchen Menschen andere Strafen nicht alS Uebel erscheinen würden, er mithin m rechtlichen Sinne, wenn auch nicht der Form, doch der That nach, straflos bliebe. Es kann aber auch ferner, abgesehen von der geistigen und sittlichen Verwilderung eines Menschen, Fälle geben, wo die Gefängnißstrafe, selbst mit den vorhin erwähnten gesetzlichen Schärfungen, nur der Form nach Strafe sein würde. Wer selbst nur eine feuchte, ungesunde, kalte Wohnung hat, die er noch dazu mit seiner Familie, mit seinen kleinen Kindern, welche ihm des Nachts die Ohren voll schreien, thei- lcn muß, wer weder ein Bette noch eine Decke be sitzt, trockncs Brod nicht einmal satt zu essen hat — wie soll der es für ein Uebel ansehen, wenn er mehrere Tage lang in einem geheitzten Zimmer, wo er nicht zu arbeiten braucht und ungestört schlafen kann, zubringcn muß? Ist die Lagerstätte hart, so ist sie doch reinlich und immer noch besser, als die seinige; bekömmt er auch nur trocken Brod, so kann er sich doch satt csscn, er braucht auch nicht für seine Familie zu sorgen, denn diese muß unterdessen aus der Armenkasse verpflegt werden? Wie kann also einen solchen Menschen die Ge- sängnißstrafe, selbst die geschärfte, als ein Uebel Die Entziehung der Freiheit ist nun allerdings ein Uebel, ein noch größere« ist harte Lagerstätte lin Gefängnisse, Herabsetzung der Kost auf Wasser und Brod. Sollte denn aber dem Verfasser der Betrach tungen entgangen sein, daß!eS solche unlenksame und thierisch leidenschaftliche Menschen giebt, welchen weder die Entziehung der Freiheit, noch harte Lager stätte, noch ganz geringe Kost als ein Uebel erscheint? Und doch soll sie ein Uebel treffen! Wo also der Mensch beinahe an daS Thier grenzt, da können andre Strafen als solche, welche unm ttelbar auf die Sinne wirken, nicht weiter anwendbar sein, weil