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A-orker Wochenblatt. Mittheil ungen . über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 1« gr. SLchs., bei Beziehung des Blatte« durch Botengclegenheit 1S Gr. Sächs. ^23 Erscheint jeden Donnerstag. 7. IUlN 1838. Das Turnen. (Beschluß.) In Paris begründete ein spanischer Oberst eine ähn liche Anstalt und in den Vereinigten Staaten von Nord amerika entstand die erste durch Beck, ebenfalls einen Zögling Jahns. Auch in Sachsen begann man in den letzten Jahren wieder öffentliche Anstal ten dieser Art herzuftellen. Die Leipziger Studenten turnten in gcmicthcten Gärten In einzelnen Gesell schaften, die allgemeine Handelslehranstalt daselbst stellte seit 1830 einen Lehrer für ihre Schüler an, ln Zwickau wurden dergleichen Ucbungen auf dem dastgcn Gymnasium ebenfalls schon seit mehren Jah ren eingeführt und in Dresden unternahm es der rhcmalige Fechtmeister an der Universität Leipzig, Lieutenant Werner, das Interesse und die Thcil- vahme des Publikums für diesen Zweig der Erziehung zu gewinnen. In der Blochmannschen Erziehungs anstalt, so wie In andern Instituten trat er als Leh rer der Gymnastik auf und errichtete seit mehren Jahren eine eigene Anstalt zu diesem Zwecke. Vor züglich bemühte er sich aber, auch die weibliche Ju gend durch passende Leibesübungen zu bilden und zu kräftigen. Gewöhnlich alle halbe Jahre werden jetzt von ihm in seiner Anstalt öffentliche Proben von den Leistungen seiner Zöglinge gegeben, wobei sich Jedermann von den Vortheilen der Sache, so wie von der Zweckmäßigkeit Ihrer Anwendung über zeugen kann. Da ihm der Beifall des Publikums vielfach gezollt wurde, so hat er durch Eingabe seiner Schriften beim letzten Landtage diese Angelegenheit zu einer allgemeinen für Sachsen zu machen sich be strebt und verdient dafür den vollkommensten Dank. Seit Jahr und Tag hat sich die Turnkunst auch wie der im Voigtlande öffentlich eingefunden, indem in Plauen durch den Herrn Gerichts-Direktor Heubner eine derartige Anstalt errichtet wurde, welche sehr zahlreich besucht wurde, und in Adorf Herr Rechts» kandidat Wagner im vorigen Sommer einen Ver such damit machte, dem Jedermann einen eben so glücklichen Erfolg wünschen muß *). Denn der Zweck und Nutzen dieser Leibesübungen besteht 1) darin, eine anständige Haltung und Tragung, 2) regelmäßige, nach Zeit und Wi nk scharfabgcmesse ne Bewegung, Z) Kraft und Dauerhaftigkeit und auch 4) Gewandtheit deS Körpers zu erlangen, so wie 5) Reg samkeit und Wachheit aller Sinne zu beför dern und dadurch 6) auch Frohsinn und Heiter keit zu erhalten. Leider finden sich diese nothwcndi- gen und nützlichen Eigenschaften eines gesunden Kör vers weder bei dem Landmanne noch bei dem Bürger immer vor, und cs ist daher, wenn auch die eine oder die andere hier und da vorhanden ist, die Turnkunst eben so gut auf dem Lande, als in der Stadt von dem wesentlichsten Nutzen. Zwar wird der Landmann von Jugend auf an Kälte und Hitze bei spärlicher und grober Kost gewöhnt; er kleidet sich noch ein fach und mit grobem, aber dauerhaftem Stoffe. Allein — eine ebenmäßige Ausbildung aller Körper, kräfte, Erlangung von Gewandtheit und anständiger Haltung des Körpers wird weder vom Vater, noch von der Mutter, noch von dem Schulmeister erzielt und wenn es der Letztere auch beabsichtigt, so hat er thcils zu wenig Zeit, theils auch keine Mittel und ausreichenden Fähigkeiten, den gehörigen Unterricht zu ertheilen. In der Stadt glauben nun freilich die Leute, klüger und gewandter zu sein, als der Bauer. Aber worauf beschränken sich endlich diese cingebildete ') Privatim ist auch im Voigtlande immer geturnt worden. Daß noch andere öffentliche Anstalten der Art bestün den, ist dem Vers. ds. unbekannt.