Volltext Seite (XML)
102 zugeben, daß der Leichnam nicht bis zur Ankunft des GerlchrSverwaleerS auf dem Tcichdamme unbe- dcrkt liegen geblieben ist; ich will auch zugeben, daß ^ch gegen den Herrn GciWtSverwalter gerade Nie mand zur Uebernahme der Beerdigring erboten hat. Aber ich hoffe, darthun zu können, daß dessenunge achtet die Sache deS Herrn „BerichtigerS" nicht um ein Haar breit gewonnen hat. WaS das unbedeckte Liegenlaffen deS Leichnams anlangt, so habe Ich darüber nochmals Erkundigung tingezogen, die Nachrichten lauten aber widersprechend, und es giebt jetzt noch Leute, die da sagen, mein erstes Anführen sei keine Unwahrheit. Jndeß ich will darauf kein Gewicht legen, und habe daher ohne Weiteres Ja gesagt. Verweilen wir aber dabei noch tinen Augenblick, so wird mir, wie es auch um diesen Punkt bewandt gewesen, der Herr Gcrichtsverwalter wenigstens das zugestchen, daß mein Anführen hier bei ihn, den Herrn Gerichtsverwaltcr, nicht im Min desten verletzen konnte. Denn wenn das Unbedeckt- fein nur bis zu seiner Ankunft gedauert hat, so muß er es ja abgestellt haben. Es ist aber das überhaupt nur Nebensache und gehört nicht eigentlich zu dem Beerdigungsakte. Das Mandat oder—die Humani tät schreibt nur vor, wie es bei der Beerdigung sein soll. Sonst — zu Ehren der Humanität — hätte man Vann auch wünschen müssen, daß der entseelte Körper bis zur Beerdigung lieber irgendwo anders untergc- bracht, als auf dem Teichdamme liegen gelassen wor den wäre. Mehr kommt auf den zweiten Punkt an. Allein wenn auch wirklich Niemand aus Falkenstein zum Träger sich an geboten hat, so würde es doch dem Herrn Gerichtsdirektor nicht schwer gefallen sein, solche Träger auch ohnedem zu erlangen. Denn cs ist ja bekannt genug, und gewiß auch dem Herrn „Berichliger" nicht unbekannt, daß »S in Falkenstein viele aufgeklärte und humane Leute giebt, und so gut die beiden vorher unter Falke nsteiner Gerichtsbar keit gefallenen Selbstmörder menschlich fühlende Herzen gefunden haben, so würde man dem letzten auch nicht alle Humanität versagt haben. Freilich'— diese huma nen Leute wollen gesucht sein und, für die Beerdi gung zu sorgen, liegt ja den Gerichten ob. Es ist also im Ganzen genommen —für die Gerichte, heißt das —kein großer Unterschied, ob die Träger sich angeboten haben, oder nicht; genug, wenn die Gerichte hätten welche haben wollen, bei einiger Bemühung wären sie gefunden worden. Nur hätte man sich freilich nicht bloö an den Fallmcister wenden dürfen. Nun sagt zwar der Herr „Dcrichtiger," es hät ten nicht einmal die eigenen Kinder des Selbstmör ders mit Hand anlegen wollen. Aber was beweiset das für ihn und gegen mich? Nichts! Es beweiset höchstens, daß bcr letzte Selbstmörder entartete, lieb lose Kinder gehabt hat, oder solche Kinder, die nicht zu jenen vorurthcilSfreien Falkensteinern gehören, welche auch den gefallenen Menschen noch als ihren Bru der betrachten. Vielleicht haben auch jene Kinder ge fürchtet, Kosten zu bekommen, oder gerade mit dem Fallmeister nicht, oder nicht allein die Beerdigung be sorgen wollen, oder was sonst. Genug von ihnen kann auf die übrige Einwohnerschaft unmöglich ge schlossen werden, und dies um so weniger, als, wie gesagt, kurz vorher 2 Selbstmörder von ganz gleicher Art bereits ihre Träger gefunden hatten. Bei dem letzten derselben nahmen sich meines Wissens die Angehörigen auch der Beerdigung in keiner Weist an. Weiter kommt nun Herr re. Adler auf das Man dat von 1779 *). Allein in diese Region kann ich demselben nicht folgen. Ich bin, wie Ich auf Ehr' und Reputazlon versichern kann, kein Jurist und ver mag also nicht über die Auslegung alter Gesetze mit ihm zu ccrtircn. Ob das alte Mandat von 1779 also die eine oder die andere Beerdigungswelse verschreibt, müssen die Eingeweihten wissen. Aber zweierlei weiß ich ganz gewiß: 1) daß das Mandat von 1779 bald 60 Jahre alt ist und daß man vor 60 Jahren über Humanität mitunter andere Begriffe hatte, wie jetzt, und — was noch mehr sagen will — 2) daß die 2 Falkensteiner Selbstmörder, welche im Laufe eines Jahres sich entleibt haben, alle zu Einer Klasse ge hört haben. Haben also die beiden ersten ehrlich (wie man zu sagen pflegt) begraben werden können, so muß cs bei dem Letzten auch möglich gewesen sein. Haben also die Falkensteiner Gerichte Recht, so können die Dorfstädter trotz Ihrer Berichtigung unmöglich Recht haben; haben sie aber wirklich Recht, ') Hierüber das NLthige in unserem Nachtrage. Die Redahion.