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90 In jedem solchen Fall ist der Betretene ohne allen Unterschied der Ansässigen oder Unangescssenen auf der Stelle anzuhalten und an daS betroffene Forstaml abzuliefern, waS unverzüglich die Untersuchung gegen denselben zu führen und ihn bis zu deren Beendigung gefangen zu halten hat. §. 2. Den Jnkulpaten trifft außer dem Verlust des Ge- Wehrs und der Kostengeltung eine Geldstrafe, welche das erstemal auf Fünf und Zwanzig Thaler Conv., daS zweitemal auf Fünfzig Thaler Conv. zu bestim men ist. Wer zum drittenmal auf diese Weise ergrif-' fen wird, ist mit einjährigem Zuchthaus zu bestrafen und bei jeder anverweiten Contravention derselben Art ist eine doppelt stärkere Zuchthausstrafe, als das vächstvorhergehcnde Mal erkannt wais zu verhängen. .Wer die Geldstrafe nicht bezahlen kann, i5. mit dem der Summe entsprechenden Gefängniß, nach Befinden dabei mit körperlicher Züchtigung zu belegen und dar unter zu schwerer Handarbeit anzuhalten. §. 3. Wer über der wirklichen That eines Jagdfrevels ergriffen wird, soll sofern das Stück, worauf geschos sen worden ist, der niedern Jagd angehört — ohne Unterschied, ob dasselbe erlegt ist oder nicht — daS erstemal um Fünfzig Thaler Conv., daS zweitemal um Hundert Thaler, beim drittenmal aber mit zwei jährigem Zuchthaus belegt und bei ferneren Wie- derholungen nach der §. 2. bestimmten Verschärfung behandelt werden. Wenn der Ergriffene auf ein zur hohen oder Mittlern Jagd gehöriges Stück Wild geschossen hat, so wird er gleichfalls ohne Unterschied, ob daS Stück erlegt ist oder nicht — das erstemal mit einer Geld buße von Hundert Thalern oder im Mangel deS Ver mögens, mit angemessener Gefängnißstrafe angesehen. Im Wiederholungsfälle aber wieder so behandelt, alS wenn er einen großen Diebstahl vollendet hätte und er soll dann die nach der peinlichen HalSgerichts- vrdnung Kaiser Karls V. auf den wirklich vollbrach ten großen Diebstahl gelegte Strafe erleiden. §. 5. Jeder auf der wirklichen That ertappte oder auch nur mit Schießgewehr im Walde oder im freien Felde angetroffene Raubschütze kann mit Gewalt in Landen gebracht, im Nothfall durch eine Verwun dung außer Stand zur fernern Gegenwehr gesetzt werden. Geht der Raubschütze so wett, sich zum Feuergeben nur anzuschicken, so kann er ohne alle Verantwortung augenblicklich nicdergcschosscn werden, ohne Unterschied, ob das Gewehr deS Wilddiebs vor» her losgegangcn ist oder nicht. Geschieht daS Anhalten des Raubschützen Voll Personen, die nicht mit Gewehr versehen sind, so ist denselben auch gestattet, im Fall seiner Gegenwehr alle Gewaltmittel anzuwcnden und ihn bis zur völligen Unschädlichkeit zu überwältigen. Im Gesetze steht eS nicht, aber Thatsache ist es, daß derjenige, welcher einen Wilddieb erschießt, vor» Sr. Durchlaucht Fünfzig Thaler Schußgcld erhält. Als sprechenden Kommentar zu diesem Denkmale legislativer Weisheit und Humanität erzählen wir folgende Geschichte: Im Monat Januar dieses JahrcS traf ein Herr- schaftlicher Jäger 2 Wilddiebe In den fürstlichen Waldungen. Der eine derselben legte sofort, alS er den Jäger gewahrt hatte, auf ihn an; dieser that schnell entschlossen hinter einen Baum tretend, das selbe, schoß mit-jenem a tempo und traf ihn glück licherweise so, daß der Wilddieb zusammenstürzt« und auf der Stelle seinen Geist aufgab. Der neun mal gepriesene Baum hatte seine Schrote aufgefangea und so den treuen Diener Sr. Durchlaucht vor dem tidtenden Blei geschützt. Das Gewehr deS Wilddieb- war wirklich abgeschossen. Zum Zeugniß dessen dienten die Schrote, die man nachher auS dem Baume ausgrub; sie waren von gleicher Nummer mit denen, welche sich noch in dessen Schrotbeutel fanden. — Wer wagt es noch zu zweifeln? Wir! Ein Zeuge, jener Wildschütze, der die Flucht rrgrifi, fen haben soll, lebt noch zu Nordhalm in Baiern. Er war nicht entflohen. Auf den Wehruf seine- Gefährten, von dem er einige Schritte entfernt ge gangen war, wollte er diesem zu Hülfe eilen, fand ihn aber, bereits mit dem Tode ringend in seinem Blute liegen, das Gewehr noch über seine Schultert» hängend. Wenn cs später abgeschossen war, konnte er es unmöglich gethan haben. AuS leicht faßlichen Gründen wird sich freilich dieser Zeuge nicht frei« willig stellen, um vor Gericht der Wahrheit dis Ehre zu geben. Der Getödtete hinterläßt eine Witwe mit 6 Kia»