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A-orker Wochenblatt. Rittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post i« gr. Sächs., bei Beziehung des Blatte» durch Botengelegenheit 12 Gr. Sächs. -HFL8. Erscheint jeden Donnerstag. 3. Mai 1838. Betrachtungen, Gedanken und Bedenken bei dem Erscheinen des neuen Kriminalgesetzbucheö. (Fortsetzung.) Eine traurige Erscheinung bleibt es darum immer, daß wir, in dem hochgebildeten Sachsen, wo Kunst und Wissenschaft fröhlich gedeiht, Menschenfreundlich keit und Wohlthäligkcit geübt und alles Schöne und Edle vor vielen andern Staaten voraus gepflegt wird, daß wir hochgebildeten Sachsen —wenn wir cs nicht wirklich sind, nun so wollen wir doch immer dafür gelten —daß wir einer Strafe jetzt erst eine breite Bahn gebrochen haben, die uns als solche zclkher so gut als völlig fremd war — im neunzehnten Jahr hundert Bahn gebrochen haben, das doch wahrlich auf der Leiter der Bildung und Gesittung eine höhere Stufe einnimmt, als daß es zu — Rückschritten be stimmt sein könnte. Eine traurige Erscheinung bleibt eS immer, die körperliche Züchtigung nunmehr in das System der Strafen ausgenommen zu sehen, wenn auch die Recht haben sollten, welche behaupten, cS sei in der Praxis ohne Prügel gar nicht auszukom- men, wiewol wir unserer Selts das gerechtest bezwei feln. Eine traurige Erscheinung bleibt cs, daß nun einem erwachsenen Menschen von Rechtswegen nach Befinden bis zu neunzig Hieben zugethcilt werden können. Zeit wäre es gewesen, die Prügel als Strafe nun mehr abzuschaffen, denn wir schreiben doch 1838. Hätten sie aber in dieser Ausdehnung schon eristirt, so würde cs bei Weitem noch erträglicher, entschuld barer gewesen sein, sie beizubehalten, als sie neu cinzuführen. Nun ist es zwar wahr, daß wir sie -auf dem Papiere allerdings auch schon zeither gekannt haben. Allein cs gab doch eigentlich nur zwei Fälle, wo sie gesetzlich erlaubt waren. Das war beim Holzdiebftahl und gegen Solche, die sich wieder holt als Vagabonden bewiesen hatten. Weiter gieng daS Gesetz nicht, und wo man weiter gieng, glcng das Gesetz nicht mit. Nun darf aber nicht außer Acht gelassen werden, daß die Prügel selbst mit dem Gesetze nicht sehr üblich waren. Belm Hvlzdiebstahle wenigstens — es läßt sich das dreist behaupten — machten die wenigsten Behörden deS Landes von dem Gesetze Gebrauch. Dagegen glänzt nunmehr die Prügelstrafe in unse rem neuen Kriminalgesetzbuch: 1) als Schärfung der Zuchthausstrafe. Hiernach können männliche Personen, deren Leibeö- beschaffenheit es gestattet, mit „dreißig btö neunzig Ruthenstreichen" belegt werden (Art. 8.) 2) als verwandclteGcfängniß- oderHand« arbeitsstrafe. Gefängniß und Handarbeit können in körperliche Züchtigung verwandelt werden s. bei Vagabonden und Bettlern, b. bei männlichen Personen unter 18 Jahren und e. bei allen Mannspersonen, „welche sich einer „Verletzung der Eigcnthumsrechte aus Eigennutz, „Rache, Bosheit oder Muthwillen, oder der ab- „sichtlichen Körperverletzung anderer Personen „schuldig gemacht und wegen desselben oder eines