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dieser Beleuchtungsart werfen die Lichtquellen ihren Schein . auf eine weiße Fläche in der Höhe, von der aus er auf ! die Arbeitsstätte zurückfällt. Die Flammen werden gern I ganz versteckt angebracht. Eine Verteuerung ist mit der > indirekten Beleuchtung kaum verbunden. Ihre allgemeine « Einführung wird nur dadurch verhindert, daß sie bisher ! ziemlich ungemütkch wirkt: die im Gebrauch befindlichen I Reflexschirme sind klobig und unbeholfen. Es ist eine * lohnende Aufgabe für Kunstgewerbler, angenehme For- - men zu erfinden. Ungemein nachteilig erweisen sich Lampen, die flackern. I Schneller Wechsel von Helligkeit und Dunkel greift das ; Auge stark an. Niemand kann lange eine sonnenbeschienene » bewegte Wasserfläche betrachten; und eine unruhige , Flamme ist imstande, einen Menschen zur Verzweiflung I zu bringen. Da Stearinkerzen immer flackern, so muß ; dringend davor gewarnt werden, bei ihrem Licht zu ; lesen, — etwa Romane zum Einschlafen. Ebenso muß die « Mahnung ausgesprochen werden, flackernde Glaslampen ! alsbald untersuchen zu lassen. Ein Punkt, dem sorgfältige Beachtung gebührt, ist ; ferner die Wärmeentwicklung der Lampen. Wer einiger-- i maßen in den Naturwissenschaften bewandert ist, weiß, » daß das Licht eigentlich nur ein Nebenprodukt der Lampen ! ist, daß in erster Linie Wärme (und unsichtbare Strah- ' lung> erzeugt wird. Eine gewöhnliche Auerlichtlampe > produziert in der Stunde 573 Kalorien, d. h. sie könnte in I einer Stunde 573 Liter Wasser um 1 Grad erwärmen; eine . Petroleumlampe liefert 480 Kalorien, ein elektrisches Glüh- I licht 51 — der Mensch 75. Es folgt daraus, daß man i beim Arbeiten der Lampe nicht zu nahe kommen darf. Es I stellen sich sonst Kopfschmerzen und Augenbindehaut- , entzündungen ein; nicht gerade selten ergeben sich, wenn I man nach längerem Arbeiten bei Lampenlicht auf die kalte i Straße tritt, rheumatische Affektionen, die lediglich auf die j Wärme der Lampe zurückzuführen sind. Die Lampe soll . mindestens einen Meter von dem Arbeitenden, entfernt I sein. Was man so an Beleuchtungskosten mehr ausgibt, I spart man am Doktor und an guter Laune. — Wie gering I die Lichtausbeute vorläufig noch ist, ergibt sich aus folgen- , der Zusammenstellung: bei einer Kerze wird noch nicht ! X> der geweckten Energie zu Licht, bei Auerlicht 2, bei , Metallfadenlampen 15, bei Quarzlampen 25 A. Die ; Technik hat da also noch ein weites Feld zu Verbesse- i rungen. Auch das Problem des völlig kalten Lichtes ist j noch zu lösen. Zum Schluß noch eins! Neben der richtigen Menge ; des Lichtes, der Verhüllung der Flamme, der Gleich- i Mäßigkeit des Brandes und der Berücksichtigung des I Hitzens muß auch die Einwirkung des Lichtes auf die Be- « schaffenheit der Luft in Rechnung gestellt werden. Men- ; scheu entziehen der Luft Sauerstoff und atmen dafür i Kohlensäure aus. Lampen tun das gleiche und zwar viel I ausgiebiger: der Mensch erzeugt stündlich nur 14 Liter « Kohlensäure, Gasglühlicht dagegen 59, Petroleum sogar Z 70 Liter; einzig das elektrische Licht ist in dieser Hinsicht i schuldlos, da es in abgeschlossenem Raum brennt. Sehr I richtig ist gesagt worden, daß deutsche Hausfrauen eine ! Schande darin sehen, ihren Gästen schmutzige Teller und I schmutzige Fenster vorzusetzen, daß sie aber keine Bedenken i tragen, ihnen „schmutzige Luft" zu bieten. Durchgreifende s Ventilation ist dringend erforderlich. Sie erhöht auch die . Leuchtkraft der Lampen: in schlechter Lust brennen die I Lampen um vieles schlechter, — dafür die ewige Dämme- i rung in Kneipen! » j Die Zimmerbeleuchtung macht heutzutage den Händen > weniger Arbeit als zur Zett unserer Großmütter; dafür ! aber beansprucht sie mehr Gehirntätigkeit. Eine Haus- I frau unserer Tage muß viele Kenntnisse haben, zumal auch , physikalische und nationalökonomische. Sie darf vor allem « nicht Knickrigkeit als hohe Tugend schätzen: das Hygieni- ! sche ist offenbar oberflächlich besehen teurer als das I Traditionelle; aber ebenso wie Unterernährung einen > Menschen schwächt und unfähig zu erfolgreichem Kampfe > macht, so untergräbt auch mangelhafte Behandlung der . lieben Frau Lampe unsere Lebenslust und Lebenskraft. I Gesundheit ist das höchste irdische Gut des Menschen, s Wer gegen sie frevelt, ist ein Tor und eigentlich noch mehr > als das! Bei -er Lampe traulichem Schein. Hygienische Betrachtung von St. Wolters. (Nachdruck verboten.) Vom Herdfeuer und vom Kienspan bis zum ver besserten Auerlicht und zur Metallfadenlampe, — welch' ein Weg! Unsere Großeltern noch waren stolz aus ihre Rübölfunzeln und ihre stets sich schneuzenden Talgkerzen; wir unsererseits können uns kaum vorstellen, daß Schiller in solchem Halbdunkel seine hinnnelstürmenden Jugend dramen verfaßt hat; wir würden alle bei gleich jämmer licher Dämmerung zu sterbenden Goethes werden und in den Ruf ausbrechen: „Mehr Licht!" Nun wohl: wir haben es in der Beleuchtungsiechnik herrlich weit gebracht; wir schwimmen in einem Meer von Glanz. Aber — sehen wir deshalb wohl auch besser? Warum können denn wir nicht — abgesehen vom Genie — nächtlicherweile bei Kerzenschein himmelstürmende Dramen dichten? Warum klagen unsere Ärzte über zunehmende Kurzsichtigkeit unserer Kinder? Unsere Augen sind offenbar viel stumpfer als die unserer Vorfahren. Sie haben gleichsam mit der ange wandten Wissenschaft Schritt gehalten. Sie sehen vieles nicht, was unsern Altvovderen sofort ausgefallen wäre. Sie sind vielleicht fauler, sicher aber schwächer geworden. Wo viel Licht, da ist auch viel Schatten, und unter Um ständen kommt die Einsicht in die Lage, um weniger Licht zu bitten. Unter Umständen. Den Zusammenhang von Licht und Gesundheit er kennt man am deutlichsten, wenn man sich den Familien tisch vorstellt, an dem vier, fünf oder noch mehr Kinder ihre Schularbeiten machen. Gewiß wird jedermann ohne weiteres zugeben, daß auch die Straße mit ihren feenhaft glitzernden Schaufenstern und ihren Blinkreklamen die Menschen verwirrt und an der Gesundheit schädigt; am meisten Unheil aber stiftet doch die Lampe in der Kinder stube. Darum sei gerade ihr eine Neine Betrachtung gewidmet. Zunächst einmal fragt es sich, wieviel Licht die Lampe hergeben müsse, um als treue Dienerin gelten zu können. Man darf da nicht eine feste Leistung nennen, etwa 80 bis 90 Kerzen (d. h. eine Lichtmasse, die der Wirkung von 80—90 Paraffinkerzen von zwei Zentimern Durchmesser und 50 Millimetern Flammenhöhe gleichkommt). Zwar ist für ein mittleres Zimmer eine Lichtfülle von mehr als 100 Kerzen fast ausnahmslos Verschwendung; doch kommt es nicht sowohl auf die Beleuchtung des ganzen Raumes als auf die der Arbeitsplätze an. Man muß diese einzeln darauf prüfen, ob man auf ihnen mit normalem Auge in 50 Zentimeter Entfernung bequem kleinen Druck („Petit") lesen kann, ob sich der Schreibende nicht selbst Schatten macht und ob das Licht von links kommt. Das beste ist natürlich, jedem Kind eine besondere schulbankartige Ar beitsstätte mit besonderer Lampe zu geben. Aber wer kann denn das? Sehr wichtig ist es, die Flamme der Lampe dem Auge zu entziehen. Unsere Sehorgane sind am Tage nicht gewohnt, direkt in die Lichtquelle, die Sonne, zu schauen; sie empfangen die Strahlen schräg von oben. Daher soll auch die Lampenflamme bzw. der Glühstrumpf oder Glüh faden dem Blick entrückt sein. Früher erreichte man das mittelst des grünen Augenschirmes, den man sich auf die Stirn schob. Das würde heute unwiderstehlich komisch wirken; und man fetzt darum den Schirm nicht mehr sich selbst, sondern der Lampe auf. Abgesehen von Küchen- und Flurlampen tragen heutzutage wohl alle Gas- und Petroleumlampen Schirme, und bei elektrischen Lampen wird für die Birne gern Mattglas verwendet. Leider er füllen die Schirme ihre Aufgabe zuweilen schlecht. Bald sind sie so lichtdurchlässig, daß sie empfindliche Nerven vor der Einwirkung der Flamme nicht schützen, baL> lassen sie zuviel grüne oder gelbe Lichtstrahlen durch, bald über treiben sie im Gegenteil die Undurchlässigkeit, konzentrieren alles Licht auf den Tisch und lassen das ganze übrige Zimmer dunkel, — wobei dann das weiße Papier wie ein Schneefeld blendet. Es wäre ein Fortschritt, wenn man auf Schirme völlig verzichten und allgemein zur indirekten Beleuchtung übergehen würde, wie sie in wissenschaftlichen Instituten und vielen Fabriken schon eingesührt ist. Bei