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>er Aug. ezember L)-' LÄiexhsliWgsßeilage <» s AM öS s'Erbe der Drewendis Kriminalroman von Erich Ebenstem. ; (12. Fortsetzung.) Zwölftes Kapitel. Gegen Abend fuhr Holly,, wie er sich v.orgenommcn, ; nach Wiesental. Es hatte zu regnen aufgehört, aber der i Nebel lag so dicht, daß Bäume und Häuser zu feiten der I Bahn wie mit Tüchern verhüllt schienen. » Desto gemütlicher mutete das warme, geheizte, hell- ! erleuchtete Wohnzimmer des Schlosses den Eintretenoen i an. Die ganze Familie bis auf Baron Andreas war f dort versammelt und begrüßte Holly herzlich. Aber er ; merkte Loch gleich, daß nicht alles so war wie sonst. Baron David schien zerstreut, Valentin blickte öfter l verstohlen auf die Uhr. und Tante Sabine sowie Melanie I hoben bei jedem zufälligen Geräusch im Hause auf. ! borchcud den Kopf. Dabei sah Melanies Gesichtchen ganz ! blaß aus, und der Blick, den sie zuweilen wie hilfeheischend I auf ihn richtete, griff Holly ordentlich ans Herz. Hatte es > einen Streit gegeben oder was war sonst geschehen? » Vielleicht wieder etwas zwischen Valentin und Andreas? » Frau Ludowika arbeitete anscheinend völlig ruhig au ! einer mühsamen Kongreßsiickcrei, deren Fäden sie von ; Zeit zu Zeit halblaut nachzählte. ! Das Gespräch schleppte sich mühsam über gleichgültige k Dinge. Als es sechs schlug, trat Posch ein und fragte, wo j zum Tee gedeckt werden sollte. „Hier," antwortete Baron David, „aber warten Sie ! nur noch. Es ist ja schon stockfinster; er muß gleich kommen." „Onkel Andreas ist nämlich noch nicht daheim, ob- I Wohl er gleich nach Tisch fortging, um zu fischen, und um ; vier Uhr schon zurück sein wollte," erklärte Melanie dem > neben ihr sitzenden Holly. „Wir sind schon alle ganz be. i sorgt. Es ist doch so neblig draußen, daß er ja längst nichts i mehr sehen kann." „Andreas erklärte doch mittags, da» sei da? beste ! Wetter zum Fischen," warf Frau Ludowika gleichmütig t hin. „Er wird eben Weiler hinausgegangen sein und stcy > verspätet haben." Baron David sah seinen Kammerdiener fragend an. ! „Aber Sie begleiteten den Herrn Baron ja noch ein I Stück, Posch, und sagten, er habe nur bis zur Mühle I wollen, nicht wahr?" I „Ja, Euer Gnaden, so sagte der Herr Baron; bis zur i Müble am Fluß. Er meinte, bei dem Nebclwctter würden I die Karpfen besonders gut beißen." „Von der Mühle müßte er längst zurück sein," mur- ! melte Baronesse Sabine. „Tante hat recht," sagte Valennn aufst.hend. „darum f bin ich dafür, daß wir auch inchl länger warten, sondern ' nach Onkel Andreas suchen gehen. Wie leicht kann er sich » in deni Nebel verirrt haben. Wenn es dir recht ist, Onkel I David, rufe ich ein Dutzend Leute auf die Berne und schicke I sie nach verschiedenen Richtungen ans. Ich selbst gehe mit I dem Kutscher an den Teich hinauf. Es ist m immerhin » möglich, daß Onkel Andreas seinen Plan änderte und dort I nach Karpfen angelte. Wir nehmen Fackeln mit und außer- Z zum U E KslMßeM-Emstchsler Tageblatt und Anzeiger H (Nachdruck verboten.) dem den Hütejungen, der mit feiner gellenden Stimme nach dem Verirrten rufen soll." „Sehr zweckmäßig," nickte der Baron beifällig, wäh rend Sabine und Melanie erleichtert aufatmeten. „Tu das, mein Junge! Du hast ja recht, Andreas hat sich wahrschein lich im Nebel verirrt." „Und ich werde mich der Streife am Flußufer an schließen," sagte Holly, sich gleichfalls erhebend. „Haben Sie nur keinerlei Sorge! Wir finden ihn gewiß sehr bald. Baron Andreas ist ja ein ebenso gewandter als vorsichtiger und erfahrener Angler." Das war zur Beruhigung Melanies gesagt, deren Blick bang an ihm hing. Dann entfernten sich die beiden Männer. Wenige Minuten später glühte unten im Nebel roter Fackelschein auf. Man sah undeutlich Gestalten sich hin und her bewegender Menschen und hörte ihre gedämpften Stimmen. Dann drangen nur mehr einzelne Rufe, durch di-e man sich gegenseitig verständigte, an Melanies Ohr, die, ein Tuch um die Schultern, sich herabgeschlichen hatte und fröstelnd unter der Haustür stand. Vom Wirtschaftshos her kam jetzt Valentin mit dem Kutscher, den er erst nach längerem Suchen aufgefunden hatte. Die Fackel hochhaltend, wies er Natz, den Hütejungen, eben an, vorauszugchen und von Zeit zu Zeit den Namen des Herrn Barons lant zu rufen, als Melanie auf ihn zuglitt. „Nimm mich mit, Val!" Er schien halb freudig überrascht, halb bestürzt, sie so plötzlich vor sich zu sehen. „Du, Mela? Aber wozu? Du wirst dich erkälten. Du zitterst ja jetzt schon vor Kälte." „Das ist nur die Angst. Bitte, nimm mich doch mit! Ich halte es nicht aus daheim. Mir ist so schrecklich bang!" „Aber, Kind? Wovor denn?" lächelte er. „Schlimm stenfalls hat sich Onkel Andreas doch nur tüchtig vergangen und findet sich nun bei dem Nebel nicht heim. Etwas anderes kann doch gar nicht geschehen sein." „Ich weiß es nicht. Aber mir ist zumute wie damals an jeneni Abend, wo wir alle vergebens auf Adolf war teten. Auch damals lag mir solch eine unerklärliche Bangigkeit im Gemüt." Er blickte ihr einen Augenblick lang forschend in das blasse Gesicht und sagte kurz: „Gut. Dann komme also mit!" Den Arm, den er ihr bot, lehnte sie ab. Stumm schritten sie vorwärts, erst durch den Park, dann zwischen Ackern und Wiesen aufwärts, bis nach einer kleinen halben Stunde der Teich vor ihnen lag. Phantastisch spiegelten sich die Uferweiden beim Fackelschein in der schwarzen, reglosen Flut. Hier oben war I der Nebel nicht so dicht. Man konnte die Ufer ringsum I deutlich erkennen. Natz strengte seine gellende Knabenstimme über Ge bühr an.