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lasse ich mir's noch gefallen, der ist ein lieber, guter Kerl. i Also warum ich ein so unglückliches Gesicht schneid', fragt j er mich — na — er weiß ja, wie ich Gnädigste verehre. — Er sagte mir, daß er Sie vor zwei Stunden durch die Pappelallee reiten sah — also ich kalkulierte: da sind Sie Annette erschrak ein Gefühl des Ärgers stieg in ihr I auf. Etwas gereizter als sie selbst wollte sagte sie: „Lieber Baron, ich habe Ihnen heute schon einmal » gesagt, Sic sind ein netter Kerl, icy unterhalte mich gern > mit Ihnen, aber ich verlange, daß Sie keine Dummheiten I machen und auch ein wenig an mich denken." „Furchtbar schön, ich weiß," fiel ihm Annette lachend ! ins Wort. „Wissen Sie, Baron, ich finde Sie ebenso I furchtbar nett und drollig, ein Baby, das man gern I hätschelt — daher — aber nie wieder — denn das Baby ! ist eben doch schon ein bißchen groß —" Probell sah mit einem eigentümlichen Blick in ihr I lachendes Gesicht. „Ich wäre jetzt sehr glücklich, wenn ich wüßte, ob Sie » glauben, gnädige Frau — daß das Baby — ein Mann ! ist?" Seine Augen hingen mit einem fast flehenden Aus- I druck an ihren Lippen, sein Kindergesicht sah furchtbar ; ernst aus. Annette schien seine Frage überhört zu haben, denn ! während sie das Pferd mit einem leisen Druck zum s rascheren Traben antrieb, sagte sie: „Ich verstehe immer noch nicht, wie Sie hier auf mich » warten konnten? mein Stubenmädchen konnte Ihnen doch i nicht gesagt haben, daß ich gerade da zurückkommen I werde —" „Hat sie auch nicht, Gnädigste! Aber wie ich so furcht- » bar traurig von Stramitz sortreite — ja, meiner Seel' — i ich war traurig!" beteuerte er so treuherzig, daß Annette I lachte. „Ich habe mich ja so darauf gefreut, mit Ihnen zu ; sein — wirklich: außer meiner Mama kenne ich keinen ; Menschen, ich meine keine Dame, die ich so lieb hätte — i wie Sie!" Er atmete tief auf, als das seinen Lippen entwischt ; war, leise, zögernd — so, als geschehe es gegen seinen ; Willen, und sah Annette scheu von der Seite an. „Nun, und?" sagte sie, als Prodell nicht weilersprach. „Ja, da kommt mir der lange Werner entgegen, . Gnädigste kennen ihn ja. „Kleiner," sagte der —von dem „Was gehen mich die Leute an?" rief er trotzig, wie f ein kleiner Junge. „Aber mir ist die Meinung der Leute nicht gleich- ! gültig, lieber Baron. Ich will mich nicht lächerlich I machen!" Mit einem Ruck fuhr Probell im Sattel herum, daß » sein Wallach nervös stieg und sich erst nach einer Weile be- ! ruhigte. „Lächerlich?" Seine Unterlippe zuckte, wie bei I einem Kinde, dem das Weinen nahe ist. „Macht es Sie j lächerlich, wenn ich der ganzen Welt zeigen möchte —" » Jetzt stahl sich in Annettes Gesicht doch ein weicher ! Zug, wie ein Abglanz des leisen Triumphgefühls, das sie I im Augenblick empfand. In irgendeinem Winkel ihrer f Seele, in dem manchmal ein banges Gefühl bohrte, » jauchzte es auf: was quäl' ich mich oft so unnötig, ich bin ! noch nicht verblüht, noch nicht alt, nein: begehrenswert — I immer noch! Und nun war fast ein zärtlicher Ton dabei, als sie > mit leiser Abwehr sagte: „Aber — lieber Baron —" „Sie müssen es doch wissen, daß ich Sie liebe, anbete, j daß ich keinen anderen Gedanken habe bei Tag und Nacht » als Sie, nur Sie," unterbrach sie Probell leidenschaftlich. ' Die Stimme versagte ihm. Annette war es, als strömte I ein heißer Glutstrom zu ihr. Und wie er sie nun anstarrte , und dann den Kopf senkte, als müßte er ihrem Blicke aus- » weichen! Armer, dummer Bub'! Ehrliches Mitleid stieg . in ihr auf. Sie reichte ihm die Rechte hinüber, dis er I stürmisch umfaßte. „O, du!" stammelte er dabei halb erstickt. Die Pferde gingen dicht nebeneinander im Schritt. . Die Sonne war untergegangen, leichte Abendschatten I stiegen auf und woben geheimnisvolle Schleier von Baum f zu Baum, von Busch zu Busch. Annette war es, als hörte ; sie, wie dumpf des Jungen Herz bis an den Hals schlug. » „Hören Sie, Baron, das ist ja alles Unsinn!" Gut- I mütig strich sie ihm wie einem Kind über die Hand, mit f der er die ihre wieder zu erhaschen strebte. „In was für ; eine Idee verrennen Sie sich? Ich und Sie! Sie großes » Kind! Wissen Sie nicht, daß ich Ihre Mutter sein könnte?" I Probell starrte sie einen Augenblick verstört an, dann I schüttelte er wild den Kopf: „Ich will das nicht hören!" I „Aber Sie müssen es hören — und glauben! Nehmen ' Sie sich ein hübsches, junges Ding, Baron, das lieben l Sie, das beten Sie an — ich bin eine alte Frau, der es I gelegentlich Spaß macht, sich von einem jungen Kerl j Pagendienste erweisen zu lassen." „Sie sind nicht alt! Nein, nein! Die Jüngste, die I Schönste, die Einzigste sind Sie für mich! Und ich kann l nicht ohne Sie sein, Annette! Ich will tun, was Sie ! wollen! Ihr Diener, ihr Sklave will ich sein —" „Und was Weiler?" „Ich bin reich, Annette, sehr reich!" „Sie sind reich, sehr reich — nun — und? Jetzt ! brauchen Sie nur noch zu wünschen, daß ich mich von k meinem Manne scheiden lasse, um dann Sie zu I heiraten —" Probell nickte hestig, sein Atem ging hörbar. — „Ja, ! ja, ja!" stammelte er abgebrochen. „Annette zog die Brauen zusammen. „Sie sind sehr i kühn, mein lieber Baron, aber ich will's Ihrer Jugend » zugute halten! Sie können im Ernst glauben, daß ich ! mein Haus, meinen Mann, alles lassen werde — ich weiß ! wirklich nicht, ob ich lachen soll oder ernsthaft böse sein!" I „Ich liebe Sie — ich liebe Sie — ich liebe Sie!" I Erregt, fast schreiend stieß er es hervor. Annette sah sich erschrocken um. „Aber Probell, bedenken Sie denn gar nicht, wie sehr I Sie mich beleidigen und meinen Gatten, der Sie mit einer > Herzlichkeit, die er selten zeigt, in sein Haus ausnahm?" ! Probell ließ den Kopf auf die Brust sinken. „Ich ! kann nicht, ich kann nicht!" sagte er ganz leise. „Ich habe I gekämpft — es ist zu stark." „Ach, Unsinn, Baron! Solche Tollheiten muß man ! bezwingen, dasür find Sie doch ein Mann. Halten Sie ! sich denn für so begehrenswert, daß eine Frau, wie ich, I sich Ihretwegen in ein Abenteuer stürzen könnte? Wer I wird denn so eitel sein, Kleiner?" (Fortsetzung solgt.) j gern so nennen — Sie und meine Mama — von Ihnen i hör' ich's gerne!" „Wie geht es denn Ihrer Frau Mutter? Ich hörte, I sie sei etwas leidend!" „Gott, ja,, die arme Mama, mit ihren Nerven! Ich ' sage Ihnen, Gnädigste, was die aussteht, die arme Mama! ! Und immer nur, weil sie so eine Angst hat um mich!" „Um Sie?" sragte Annette verwundert. „Na ja, wenn man das einzige Kind ist! Und die » Mama ist eben so schrecklich zart, rein zum Umblasen — I aber ich kann doch nicht bei ihr zu Hause sitzen, nicht I wahr?" „Ja, wovor fürchtet sich denn Ihre Frau Mama?" „Mein Gott, sie bildet sich eben so viel ein! Was ! soll mir denn passieren? Mama möchte mich am liebsten l unter einen Glassturz setzen." Annette sah den kleinen Menschen von oben bis ' unten an und lachte dann. Er machte ein komisch-zorniges > Gesicht: „Gnädige lachen! Aber mir ist gar nicht danach! I Die Kameraden wissen, wie Mama mich behandelt, und ß so ist „Kleiner" schon mein Spitzname geworden, was mir ; natürlich gar keinen Spaß macht!" „Sie dürfen das nicht tragisch nehmen, lieber I Probell!" sagte Annette gutmütig. Während sie lächelnd I in sein Gesicht sah, tat er ihr beinahe leid. Armer Kerl! i Was konnte er dafür, daß er der verweichlichte Sproß ' eines uralten, durch die ewigen Verwandtschaftsheiraten I degenerierten Adelsgeschlechtes war! Sie streckte Probell die Hand hinüber: „Sie haben I ganz recht, ich werde Sie nie mehr —" „Um Gottes willen, gnädige Frau," unterbrach er I Annette ganz verstört. „Sie sollen mich nicht mißverstehen! I Wenn Sie mich so nennen, ist's —" I zur „Waldandacht". Zuerst wollte ich Ihnen nachreiten, I aber dann dachte ich, es ist schon spät, und vielleicht H wollten Sie allein sein —"