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Hohmstem-Ernstthaler Tageblallun-Lnzeiger Nr. 91 Montag, den 20. April 1925 ! i» nk ' ,Tt. Eaidien, 1v. April. Donncrstaq vor-! 60 Jahre» die Eerzgebirgischc Stro Mittag '/.v Uhr erfolgte am Müllericben Fabrik-I Freiberg eingeführt. ä; !c-!>irret <n Deutschland und Italien ausgeschlossen wären, daß ferner Währungs- und Tarifangleichungen vorzunehmen find, werden erneut aufs Tapet ge bracht werden. Eine mitteleuropäische Wirt- schaftskonferenz, von der Deutschland ausgeschlos sen wäre, würde den Grundstein zu der Dona u- förderation legen müssen, würde den An- schluß an Deutschland aus der „historischen Ent wicklung" ausschließe» und den wichtigsten Pro grammpunkt der Eroßdeutschen, einen Kardinal- punkt auch des sozialistischen Parteiprogramms, zerstören. Im Gegensatz dazu erfahren wir ebenfalls aus Wien: Der Wiener Vertreter der „Chicago Tri bune" hatte am Mittwoch eine Unterredung mit den Führern der Eroßdeutschen, der sozialdemo kratischen und der christlich-sozialen Partei über die Anschlußfrage. Dr. Franck und Dr. Leuthner sprachen sich rückhaltlos für den Anschluß an Deutschland aus und die anderen stimmten ihnen zu. Der Vertreter der christlich sozialen Partei betonte, daß der Anschlußgedanke in der Partei wieder große Fortschritte gemacht habe. Alle erlicken in dem Anschluß an Deutsch land die einzige Rettung. Sächsisches Hohenstein-Ernstthal, SO. April 1625 —* Die erste Emission von 800 Millionen ist nunmehr nahezu fert'agestellt. Mit der Prägung der bereits genebmigten weitere» 300 Millionen soll Anfang Mat begonnen werden. Da die Reichsbank die Tendenz znr Verminderung des Notenumlaufes und zur Vergrößerung des Metall geldumlaufes unterstützt, so ergibt sich — freilich auf „indirekte" Weile — die entivrechende Auf- nabmefähigkeit im Geldvr kehr. Auch das Reich hat hiergegen nichts einznwendcu. da die P-ägung von Silbermünzeu mit einem erheblichen Gewinn für das Reich verbunden ist, wobei bekanntlich die Absicht vorhanden ist, daß namentlich diese Prägegewinne für die Auswertung derVorkriegs- anleiben Verwendung finden sollen. Weniger be greiflich erscheint uns der Hinweis, daß die zwei ten 800 Millionen auf „Reichsmark" lauten sollen, während die ersten 800 Millionen Silbermark auf „Mark" lauten. Selbst unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bezeichnung „Reichsmark" kann man verschiedener Meinung über die Zweckmäßig keit in der Feststellung solcher formellen Unter- schiede sein. nrnbau ein bedauernswerter Unglücksfall Der S iiahrige Ziegelträger Max Fuchs aus Lichten- stein-CallnbAg hatte auf einer Rückentrage ^Zie gel auf den Neubau zu tragen. Als F. ca. 2 Mtr. auf einer Leiter stand, zerriß ein Tragband der Rückentrage. Durch die schnelle Gewichtsverän- dernng stürzte er von der Leiter und hat sich höchstwahrscheinlich innere Verletzungen zugezogen. Der zur Unfallstellc sofort herbeigeruiene Arzt, Herr Dr. med. Schatz, ordnete die alsbaldige Unterbringung in das KnappschaitSkrankenbans Lichtenstein-Callnberg an, wohin der Verunglückte auch im Lau!« des Vormittags übergeführt wurde. Kirchliche Nachrichten St. Ehriftophori-Parochie Hohenstei«-Er. Dienstag Frauenbund. Mittwoch Jungtrauenverein. Vortrag: Die religiös-sittlichen Zustände im Römrrreiche zur Zeit Jesu. Oberlungwitz Dienstag abends 8 U Bibelstunde in der Nutzung« Schule. Mittwoch abends 8 Uhr Jünglingsverein ält- Abteilung. Donnerstag abends 8 Uhr Jungsrauenverein Singestunde. ' ,9 Uhr Landeskirchliche Gemein- chatt. veruSdorf Dienstag, den 21. April, abends 8 UhrFrauen- verein Bernsdorf im Restaurant Kempe. Strick- »adeln mitbringen. Mittwoch, den 22. April, abends 8 Uhr Hel» erschacksovrbereitung im Piarrsaal: Marc. 10, 13—16. „Jesus segnet die Künder". Freitag, den 24. April, abends 8 Uhr lan deskirchliche Gemeinschaft in Hermsdon Mein holds Gut). Sonnabend, den 25. April, nachmittags 5 Uhr Lhoralsingstunde im Pfarrsaal. Laugruchursdorf mit Falken Dienstag, den 21. April, abends 8 Uhr Jung, männer- und Jungmädchenverein. Ausnahme neuer Mitglieder. GaUruvrr, mit Reichenbach Dienstag, den 21. April, abends 8 Uhr im Konfirmandensaal Jnngmädchen verein. — Bautze», 19. April. Ein auf der Schul straße bedienstetes 20 Jahre altes Dienstmädchen begoß sich am Donnerstag im Waschhaus des von ihm bewohnten Grundstückes mit Petroleum und setzte die« sodann absichtlich in Brand. Aus das Hilfegeschrei der Unglücklichen eilten sofort Hausbewohner herbei, welche die lichterloh Bren- nende durch Ueberwerfen einer Decke und Beaießen mit Wasser von den Flammen befreiten. Lebens gefährlich anr ganzen Körper verbrannt, wurde das Mädchen alsbald nach drni Stadtkranken- hause gebracht. Der Grund zu dem Verhängnis- vollen Schr-tte ist in Liebeskummer zu suchen. — Löbau, 19. April. Eine originelle Anzeige erläßt Fabritdirektor Vater im „Postillion". Er gibt ein fxendiaeS Famckicnereignis in folgender gewiß nicht alltäglicher Form an: „Der Storch mißverstand unsere Bitte, bracht Lothar uns statt der Brigitte. — Dies zeigen einigermaßen er staunt, doch hocherfreut an die Brüder Wolfgang und Wilsried, sowie die Eltern Direktor Alfreo Pater und Frau Mathilde geb. Oberbellmann". - Waldenburg, 17. April. Im Hotel Ge- werbehauü in Waldenburg machte am Dienstag der 23jährige Verwalter Reinwarth einen Selbst mordversuch, indem er veriuchte, sich eine Kuael iuS Herz zu schießen. Diese verfehlte aber ihr Ziel und ging in die Lunge. Der Lebensmüde wurde in das Krankenhaus nach Glauchau ge bracht. Die Gründe zu der Tat sind nicht bekannt. — Waldenburg, 19. April. Nach Genehmig ung der Errichtung einer landwirtschaftlichen Schule zu Waldenburg durch den Landeskultur rat bezw. das Wirtscha tsministerium findet die Eröffnung derselben zu Michaelis d. I. statt. Schüler sind zweckmähigerweise schon jetzt anzu melden, da auf Grund der Anmeldungsbescheinig- ung der Schüler bereiis im laufenden Sommer- Halbjahr vom Besuche der Fortbildungsschule be freit wird. Anmeldungen unter Angabe des Standes des Vaters, des Geburtstages und -ortes des Sohnes nebst Abgangszeugnis der Volks schule sind unverzüglich an die Geschästsstelle des Landwirtschaftlichen Kreisvereins im Erzgebirge, Chemnitz, Sonnenstrabe 27, einzusenden. — Werdau, 19. April. Donnerstag morgeuzwi- schcn 8 und 9 Uhr ereignete sich am hiesigen Kran kenhaus ein schwerer Unfall, bei dem leider auch ein Menschenleben zu beklagen ist. Ein auf dem Da che des Krankenhauses befindliches Gerüst stürzte plötzlich teilweise zusammen uno riß die auf ihm befindlichen Klempnermeister Künzel und Rauten- nenael sowie de» Zimmermann Stephan mit in die Tiefe. Letzterer wurde durch den aus ungefähr 12 Meter Höhe erwlaten Sturz tödlich verletzt, während die Verletzungen der beiden Klempner- meister nicht lcbcnsgesnbrlicher Natur sind, lieber die Ursache des Unfalles besteht noch keine Klar heit. — Wie groß Heuer schon die Krcuzottern- plage geworden ist, beweist die Tatsache, daß von Eduard Graupner, der als iehr erfolgreicher Kreuzotternfängcr bekannt geworden ist, Donners tag vormittag 10 Kreuzottern ini Werdauer Walde eingefangen und bei der hiesigen Polizei behörde abgelieiert worden sind. — Freiberg, 19. April. Am Mittwoch feierte die hier wohnende Bergarbeitersmitwe Emilie Grundig ihre» 90. Geburtstag. Sic hat vor etiva Abkehr Sesterreichs von Deutschland? Die „Voss. Ztg." meldet aus Wien: Der frühere Bundeskanzler Dr. Seipel hielt kürzlich auf dem christlich-sozialen Landes- parteitag eine aufsehenerregende Rede, in der er erklärte: „Vor einigen Wochen seien von europäischen Großmächten Anregungen ausgegangen, den Weg einer gemeinsamen Beratung zu beschrei- jten. Oesterreich sei eingeladen morden, sich an einem diesbezüglichen Schritt zu beteiligen. Deshalb sei der Hauptausschuß des National rates unerwartet für Mittwoch einberufen wor den. Es handele sich darum, in einer Beratung sestzustellen, ob die bisherigen wirtschaftlichen Grenzen, die Oesterreich umgeben, überhaupt richtig seien. Aus diesen Worten glauben einige Zeitun gen entnehmen zu können, daß die Einberufung einer W i r t j ch a s t s k o n f e r e n z der Donaustaaten beoorstehe. Von der Einbe rufung einer Wirtschaftskonferenz kann jedoch vorläufig nicht gesprochen werden, sondern nur von Vorbesprechungen, die den Weg dahin ebnen sollen. Von der Zunitagung des Völkerbundes erhofft man die Initiative zu einer Aktion für die Beschaffung einer Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Nachfolgestaaten. Bundesminister des Aeußeren, Dr. M ataja, hat unter dem Vorwand einer Rekonvaleszen- ten-Rcise, die ihn auch nach Paris und Rom führte, anscheinend Fühlung genommen, um die Großmächte für einen Druck auf die Nachfolger staaten zugunsten weitgehender Wirtschafs- zugeständnisse zu gewinnen. Der frühere Finanzminister Dr. Gürtler erklärte in Graz, der Anschluß an das Deutsche Reich sei eine Frage der historischen Entwicke lung. Ein heutiger Anschluß wurde die Rei- buugsflächen und politischen Schwierigkeiten für Deutschland nur vermehren. Die Frage steht also im gewissen Zusammenhang mit den Plänen, die wiederum unter Seipels Führung in der alten österreichischen Richtung liegen. Die alten Vorschläge, daß sich die Nachfolgestaaten gegen seitig besondere Zollermäßigungen zugestehen sollen, von denen das übrige Ausland, also auch Dämon Gold Roman von Hans Hyan. 34s «Nachdruck verboten.) Das Auge des Kriminalisten wies nach der gelben Ledertasche, die halbgeöffnet auf dem Schreibtisch stand. „Darf ich Sie bitten, mit mir dort ins Neben zimmer zu treten!" Noul Meier, aschfahl geworden, folgte dem Kommissar „Wir kamen gerade dazu," bemerkte dieser, als beide allein waren, „wie die zwei Gauner mit einer gelben Reisetasche das Weite suchen wollten. Ich war zuerst der Ansicht, diese Tasche sei von den Dieben mitgcbracht worden, und sie selber Härten die Summe, die sich darin befand, heingelegt. Nachdem der Kerl, den Sie dadrin gefesselt gesehen haben, das aber in Abrede stellte und wir auch absolut kein erbrochenes Behältnis gesunde» hatten, sah ich mir die Tasche nochmals genauer an und fand auf dem Nickelbügel Ihren Namen eingraviert, Herrn Direktor. Zu wel chem Zweck, möchte ich Sie fragen, haben Sie die Million hineingetan?" Raoul Meier h itte sich längst wieder gefaßt. „Dieses Geld ist mein Vermögen, das ich aus dem für mich reservierten Safe genommen habe, um es anderweitig anzulegen, ich kann doch mit meinem Gelde machen, was ist will." „Diese Erklärung müßte ich Ihnen glauben, wenn uns nicht bereits gestern eine Anzeige, und zwar von absolut maßgebender Stelle, zugegan- ge- äre, nach de Sie so gut wie bankrott und stark fluchtverdächtig sind, Herr Direktor. Es bleibt hir daher mchts übrig, als Sie zu ver haften!" sa^te der Kommissar. „Wer hat die Anzeige gegen mich erstattet?" sragte der Bankier, mühsam atmend. „Da die Denunziation mit vollem Namen eingegangen ist, so glaube ich Ihnen auch das sagen zn dürfen; der Herr Kommerzienrat An- brewsky von der „Preußischen Bank". Ein wildes, wie geistesgestörtes Lachen ließ den Kommissar einhalten. „Pardon!" sagte Raoul Meier, „Sie ver haften mich also? — darf ich Sie bitten, mich noch ein paar Zeilen an meiner Frau schreiben zu lassen." Der Koin: sisar nickte und Raoul faßte, indem er sich umdrehte, in seine Hintere Beinkleidtasche, .zog den Revolver, den er dort stets trug, mit einem Ruck heraus und setzte ihn an die Schläfe. Doch der Beamte hatte diese Bewegung wohl gesehen. Noch ehe er abdrücken konnte, um- klan erte der Kommissar mit schm^-endcm Griff das Handgelenk des Bankiers, der mit einem dumpfen Wehlaut die Waffe fallen ließ. Und dann führte man den einst so gefeierten Mann, den Herrn über Millionen, hinab zum Wagen, den kurz zuvor die arme Erna zurüge- bracht hatte, die jetzt in Fieberphantasien auf ihrem Bette lag und noch nichts ahnte von dem neuen Unheil, das ihrem armen Herzen drohte. Die Kriminalisten hatten das kleine Haus in der Schönhölzerheide mit Nachschlüsseln geöffnet und hinter sich wieder zugeschlossen, aber sie hat te nicht darauf geachtet, daß die beiden großen Katzen bei ihrem schnellen Eindringen in die Wohnung hinausgelaufen waren. Stockmann, der seine Droschke ein gut Stück vor dem Hause abgelohnt Hatto, kam schnell und noch immer in dem festen Glauben, alles er ledige sich nach Wunsch, den Weg herauf. Und während er, dem hier jeder Weg bekannt war, sich seiner Gewohnheit nach fast lautlos vor wärts bewegte, arbeiteten in diesem rastlosen Hirn die Gedanken an der Zukunft. Würde er Erna, die er jetzt so heiß begehrte, immer oder auch nur lange Zeit lieben?" Er, der an allem zweifelte, dem nichts heilig war, er lächelte. Und was würde mit ihr ge schehen, wenn er sie nicht mehr liebte? Nun, er würde sich ihrer entledigen! Wie? Das wußte er heute noch nicht. Wenn sie klug war, würde sie das selbst rausfinden und ihn verlasse»! Sie konnte ja dann zu ihrem Gatten zurückkehren, der zu der Zeit vielleicht seine Strafe schon ver büßt haben würde. Vorläufig wollte er noch alles tun, nm Ra oul Meier jo lange wie möglich sestzumachen! O, er hatte alle Papiere, die dem Richler zu der Verurteilung des Bankiers Material bieten konnten, sauber aufgehoben und so gelegt, daß die Kriminalpolizei sie schon finden würde. Der Geldprotz hatte ihn oft genug beschimpft! Für jeden Anschnauzer, für jedes hochmütige Wort sollte er einen Tag länger hinter schwedischen Gardinen sitzen. Und auch Zulie Maier mußte noch ihr Teil abkriegen. Sie hatte zwar seine Befehle ausge- führt — davon, daß sie ihn hintergange» und sogar denunziert hatte, ahnte er ja nichts — und hatte ihn bei manchen von seinen Unterneh mungen wertvolle Dienste geleistet. Aber er konnte sie nicht ausstehen. Ganz von Anfang hatte er sich einmal ihr zu nähern versucht, und sie hatte seine Bemerbungcn schroff zurückgewie sen, ja, sie hatte selbst seine Drohungen ver achtet. Das wollte er ihr eintränkcn! Bei dem Prozeß gegen den Bankier sollte ihr eine Rolle zuteil werden, an der sie keine Freude haben würde. Und dann würde durch die Zeitungs berichte auch Julins Mutter Kenntnis von dem Treiben ihres Töchterchens bekommen, ohne daß er selbst eine Zeile an die alte Frau schrieb. Und Zack Holmes und Zeffris Sanderson, die er in er in einer Stunde in seinem Bureau in der Fennstraße treffen wollte, sollten sie wirklich mit zwei Dritteln des Raubes dovonkommen? Fast wütend schüttelte der Sekretär den Kopf. Wo er mit einiger Klugheit alles haben konnte, würde er sich doch nicht mit einem Drittel be- bcgnügen! Aber er hatte schon sein Planchen. Vor allen Dingen mnßte er es dazu bringe», diesen Raub nicht an die „Societe internatio nale" abzuführen. Dann machte er den langen Sanderson eifersüchtig auf den kleinen Little Bulldog", würde sich am Ende nicht lange be sinnen und seinem lieben Freunde e.ne kleine Kugel zu geben, damit er selbst dessen Geld mit- nehr ' nnte. Und hatte er, der Sekretär, ihn erst dazu gebracht, seinen Komplizen abzutun, dann hatte er den langen Engländer in der Har.d, dann würde er ihm schon auf diese oder jene Weise das Geld aüzwacken. Georg Stockmann blieb stehen, etwas hatte sein Bein g< »eist. Und sich niederbcugend, -e- merlte er die eine seiner beiden großen Katzen, die mit leisen, Mauzen neben ihm herlief. „Die haben die beiden Kerle herausgelajsen, wie sie Erna gebracht haben," war sein erster Gedanke — aber es mar doch verabredet wor den, sie sollten ein Lichtanzü: ^en, so daß er den Schein schon von weitem sehen konnte? Georg Stockmann wurde argwöhnisch, — Wie denn? — war doch vielleicht nicht alles nach Wunsch verlaufen? Er schwenkte ab vom Wege, durchquerte das einsame Feld und erreichte den Garten von hintenherum. Selber so lautlos wie dis bei den Katzen, die nicht mehr von ihm wichen glitt er bis an ein Fenster der Küche, das offen stand. Dort hinein lauschte er. Allmählich horte er Männerstimmen, die seinen Verdacht bestärkten. Dann, nach einiger Zeit kam einer der Beamte» heraus. Der Sekretär drückte sich und sah twch im schwachen Licht einer Blendlaterne, die der Beamte trng, daß es keine Bekannten wäre», die da drinnen auf ihn lauerten. Und auf demselben Wege, den er gekommen, glitt er hinaus in die Nacht, in die Nacht, der er angehörte, und die ihi. nur ausg< ien zu haben j en, um ihn wieder spurlos versck sin- den zu lassen. Frau Erna war wieder hcrgestellt. Aber si wohnte nicht mehr in der stolzen Tiergartcn- villa. Draußen im Westen hatte sie sich ein be scheidenes Quartier eingerichtet, und dort lebte si: mit Zulia Maier, die sich innig an sie ange- schlossen hatte, in stiller Zurückgezogenheit. Im ersten Entsetzen über die V:rhafung ihres Mannes, die ja in dem nach der Kriegs erklärung erfolgte» gänzliche» Zusammenbruch des Hauses Raoul Meier ihre volle B.grün- dung fand, war die junge Iran zu ihrer Schwä gerin hingelaufe», sie, der Erna geholfen hatte, sich wieder mit ihrem Gatten auszusöhnen, 0^ mnßte ihr doch beistchen in ihrer Not! Aber Hedwig mar nicht zu Hause gewesen. Und am nächsten Tage kam ein sehr höflicher Brief des Herrn Theodor Meier: er fände es richtig, wenn der Verkehr zwischen den beide» Familie» unterbrochen würde, wenigstens ko lange, bis die häßliche Sache mit seinem B der geklärt wäre. Sein Renommee, das duem diese Affäre sowieso schon gelitten hätte, zwänge ihn, das von seiner Schwägerin, vor der er ja die grüßte Hochachtung gehabt habe, z» er bitten! Erna hatte den Brief einfach verbrannt. Darum weinen? Ach, ihre Tränen, machte ande res fließen. Und selbst das, selbst d^ letzten fürchterlichen Schlag, Raouls Verhaftung, be mühte sie sich, mit Fassung zu ertragen. Heute hatte sie sich in Begleitung ihrer Freundin ausgemacht nach Moabit. O, wie endlos waren die Minuten, die sie, währe d Julia auf dem Korridor blieb, in dem sogenannten Sprechzimmer noch warten mußte. Da weinte sie hell auf und lag über die tren nende Holzschranke hinweg in seinen Armen. Der Bea:: le wandte sich ab. Raoul selbst mar erschüttert — in Träne» versagte ihm die Stimme. „Aber wie es auch wird!" flüsterte Erna, ihn fest umschlungen haltend, unter Schluchzen, „ich warte auf dich! Denke immer, Du Lieber, daß «nein Herz f - Dich schlägt. Lebewohl! — lebe, wohl — auf Wiedersehen!" Dann führte man ihn in seine Zelle zurück. Frau Erna ging weinend nnd doch getriftet. Vielleicht blühte ihr Glück noch in der Zukunst. — Ende.—