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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
- Erscheinungsdatum
- 1925-02-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192502197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19250219
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19250219
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-02
- Tag 1925-02-19
-
Monat
1925-02
-
Jahr
1925
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
- Autor
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Mmstem Crustthlckr Tageblatt un-MMr Nr. 42 Donnerstag den 19. Februar 192ö Beilage Matt. ßlBMSGklMWg am Dienstag, den 17. Februar 1925. (Schluß.) 12. und 19. Zur Anfertigung von Gestellen sowie zur Beschaffung von Jacquardhelsen, Eisen und einem Elektromotor für die Fachschule sür Textil industrie werden 110 Mark, 25 Mark und 250—300 Mark nach kurzer Aussprache bewilligt. 11. Für Ausbesserung von Musikinstrumente« der Neustädter Schule werden 200 Mark bewilligt, die dazu dienen sol len, das alte Harmonium und einen Flügel repa rieren zu lassen. Ein neues Harmonium sowie vie les andere ist aus den Erträgnissen der Schulauf- führnng, die sich bei 1907 Mark Einnahmen und 1110 Mark Ausgaben auf 819 Mark stellen, angc- schafft worden. 15. Für Ausübung der Waldausficht wird Herrn Sonntag, der anstelle des Herrn Schubert damit betraut ist, eine Jahresentschädi gung von 120 Mark bewilligt. 16. Die Schularztgebühren, die jetzt 1.50 Mark je Stunde betrugen, werden auf den früheren Satz von 5 Mark erhöht. 17. Für die Herstellung von zwei Wohnungen im Mineralbad werden 177 Mark bewilligt. 18. Ucbeelassung eines Teiles vom Mineral bade dem Sachs. Kemcin-ebeamtenbunde. Vorsteher H. Krantz verliest mehrere Schreiben des Gcmeindcbeamtenbundcs, der im ersten um Mitüüerlassung der bisherigen Lehrerwohnung bit tet, da ihre Benutzung durch Fremde schon zu Un- zuträglichkeiten im Echolungsheimbctrieb geführt habe, sowie um Verlängerung des alten Pachtver hältnisses zum alten Preise. Ein zweites Schrei ben bittet um Nückäutzcrung auf folgendes: 10jäh- riger Pachtvertrag, Freimachung der bisherigen Lehrerwohnung, Ausführung verschiedener bau licher Verbesserungen (neuer Anstrich, Reparatur von Möbeln, Legen von elektrischem Licht, Anschlag an das städtische Gasnetz), Anspruch auf die Pach tung der Schaulwirlschaft zu der Zeit, da das jetzige Pachtverhältnis aufhört und schließlich Ein räumung des Vorverkaufsrechtes auf das ganze Mineralbad. Das Bauamt bcmibt die Kosten auf 7040 Mark, doch mlltztc der Mietzins erhöht wer den. Wirtschafts- und Finanzausschuß haben eben falls darüber beraten, der erstere hat auch eine Ortsbesichtigung vorgenommett. Der Finanzaus schutz stimmt grundsätzlich zu, überläht die Frage der Lehrerwohnung dem Wohnungsausschub, be schliebt, für die Vergröberung des Tagcsramnes und den Bau der Glasveranda Mittel vom Be° omtenbund zu leihen und bewilligt die übrigen Mittel. In der Aussprache betont Bürgermeister Dr. Patz, die Stadt komme günstiger weg, wenn sie das Geld zu einem niedrigen Zinssatz vom Bcamten- bund leihe. — Vorsteher H. Krautz teilt mit, das Geld werde der Stadt auf 10 Jahre zinslos zur Verfügung gestellt. — Stv. Barth hebt hervor, der Mietpreis sei einschlieblich der Lehrcrwohnung auf 1750 Mark festgesetzt worden. — Stv. Gründig gibt zu bedenken, ob der aus die Reparaturen bezügliche Beschluß nicht Folgen für die übrigen städtischen Gebäude »ach sich ziehen könnte. — Auf die Frage von Stv. Haase, was über die Pachtung der Wirt schaft beschlossen worden sei, erwidert Bürgermei ster Dr. Patz, auf diese Frage sei nicht eingegangen worden, zumal der Pachtvertrag noch bis 1927 lause. Die Vorlage wird darauf einstimmig genehmigt. 19. Einspruch des Rates gegen das vom Kollegium beschlossene Ortsgesetz über die Erhebung von Ge bühren für die ErundstLckeentwässerung. Gegen die Erhöhung der Gebühren hat die rechte Seite des Rates Einspruch erhoben. — Stv. P. Krautz bleibt bei seinem früheren Antrag, zumal Spielraum — bis 20 Prozent — gelassen sei. — Vorsteher H. Krautz hält den Einspruch auch für unberechtigt. — Stv. M. Schneider beantragt, nach gleichlautenden Ausführungen von Stv. Freitag, anstatt „wird" „kann" zu sagen. Stvv. P. Krautz und Kraft sprechen dagegen. Der frühere Beschluß wird einstimmig ausrecht erhalten. Die Frage von Stv. P. Krautz, ob der Einspruch des Rates bez. der Mieterräte schon entschieden sei, wird von Bürgermeister Dr. Patz verneint. 20. Bewilligung von Kosten sür die Verbesserung der Hastzelle im Erdgeschotz des Rathauses. Das Kollegium hatte beschlossen, die Zelle dürfe nicht mehr benutzt werden. Der Bezirtsarzt hat Verbesserung der Mängel verlangt, was 105 Mark Kosten verursacht hat, die Zelle aber als für Not- sälle benutzbar erklärt. — Vorsteher H. Krantz und Elv. Gründig sind gegen die Benutzung der Zelle, deren Verbesserung das Bauamt ohne Zustimmung des Kollegiums vorgenommen habe. — Stv. Kraft betont, die Zelle sei jetzt in einem anderen Zu stande, und das Gutachten des Arztes stamme aus dieser Zeit; die Zelle solle nur ein Notbehelf sein für nicht transportfähige Häftlinge. — Bürgermei ster Dr. Patz schildert die Gründe für die Einrich tung der Zelle und ihre Notwendigkeit. Das letzte Wort wird die Stadt nicht sprechen können, da die Polizei staatlich sei. Er übernehme keine Verant wortung, wenn einem Betrunkenen beim Trans port in die oberen Zelle» etwas zustoßc. — Vor steher H. Krautz spricht für die Verweisung an den Ranausschuß. — Bürgermeister Dr. Patz sagt zu, der Bauausschuß möchte prüfen, ob für die Zelle nicht ein anderer Platz geschaffen werden könne. Nach weiterer längerer Aussprache, die aber neue Gesichtspunkte nicht zu Tage fördert, wird der frühere Beschluß mit 15 gegen 9 Stimmen aufge hoben und die Mittel mit dem gleiche» Stimmen verhältnis bewilligt. Ei» Antrag Freitag, der Bauausfchuß solle sich mit der Verlegung der Zelle energisch beschäftigen, wird einstimmig ange nommen. 21. Autolinie Lichtenstein-E.—Hohenstein-Ernstthal —Waldenburg. Die Garantiesumme beträgt 6000 Mark, wovon aus die Stadt 22 Proz. kommen. Der,Finanzaus schuß hat grundsätzlich zugestimmt, aber die Uebcr- nahme der Kaffengeschäfte und die Kosten für die Wagenhalle abgelchnt. Eine am 12. d. M. abgc- baltenc Sitzung hat dem Vertrag mit einigen Acnderungcn zugestimmt: darnach übernimmt Wal denburg die Kaffengeschäfte und baut eine neue Halle, wofür cs 5000 Mark erhält, Lichtenstein-C. stellt die alte Halle mietweise zur Verfügung; die Anteile werden wie folgt verteilt: Oberlungwi« ö Prozent, Gersdorf 3 Prozent, Hermsdorf 3 Proz., Bernsdorf 7 Prozent, Lichtenstcin-C. 20 Prozent, Hohenstein-Ernstthal 22 Prozent, Tirschheim 1 Pro zent, Reichenbach 10 Prozent, Callenberg 10 Proz. und Waldenburg mit Altstadt Waldenburg 16 Proz. Bürgermeister Dr. Patz gibt weitere Auskunft und bezweifelt, ob die Linie uns viel nützen werde, doch müsse man jede Verkchrsmöglichkeit unter stützen, wenn sie nicht zu grobe Opfer fordere. Die Kosten werden debattelos bewilligt. 22. In die Prüfungskommission sür die Schulen werden die Stvv. Kraft und P. Krauß einstimmig wiedergcwählt. 23. Kreditaufnahme betr. Hierzu liegt ein Angebot der Kreditanstalt Sachs. Gemeinden und der Girokaffe auf kurzfristige Kredite vor; gebraucht werden für Bauten im März 40 000 Marl, im April und Mai je 30 000 Mark, zusammen 100 000 Mark, am 1. Mai für die Dün- aerabfuhr 10 000 Mark und für das anzulegende Bad 50 000 Mark. Der Bauausschub schlägt vor, eine» Kredit von 100 000 Mark (davon 50 000 Mark sür Bauten) aufzunehmen. Bürgermeister Dr. Patz befürchtet, daß wir weder 100 000 Mark noch 50 000 Mark bekommen, da die Kreditanstalt nur für Bauten und unbedingt nötige Anlagen Geld geben will, doch möchte ein Kredit in der gewünschten Höhe verlangt-werden, da uns für die Bauten vom April bis Juli nur 50 000Mk. aus der Mietzinsstcuer und 50 000 Mark aus lau fende» Mitteln zur Verfügung stehe». Die Vorlage wird einstimmig angenommen. 24. Anfragen und Anträge. Stv. Barth fragt, ob dem Rat bekannt sei, daß die hiesigen Fleischer die auswärtigen vom Markte fcrnhalten wollten. — Bürgermeister Dr. Patz be tont, den Auswärtigen könne der Zutritt zum Markte nicht verwehrt werde», da unter „frische Waren" auch Fleisch falle. Der Unterschied im Preis liege oft auch in der Qualität, da es großes und kleines Rindvieh gebe. (Heiterkeit.) Eine Ein gabe der Fleischer liege nicht vor. Stv. Freitag bittet den Rat, die Reichsbahnver waltung zu ersuchen, die Zugangswege zum Bahn hof in eine» besseren Zustand zu versetzen; ferner möchte die Frage des Schwimmbades beschleunigt behandelt werden. — Stadtrat Uhlig bemerkt da zu, sür das Bad schwebe schon ein festes Projekt, doch habe sich der Besitzer des Grundstückes noch einige Tags Bedenkzeit erbeten. Stv. Wagner stellt fest, daß die kürzlich beschlos sene Erhöhung der Entschädigung für dis Tätigkeit als Schriftführer seine Person nicht betreffe, da er weder mit der Tätigkeit noch mit der Bezahlung etwas zu tun habe. Er fragt weiter, ob eine Län- gerbcfristung der Mietsteucr-Erlabgesuche möglich sei, und bittet, wenn angängig, es zu tun. Stv. Körner wünscht, das Bauamt möchte das Wohnungsamt fragen, welcher Art Wohnungen am meisten verlangt würden. Stv. Vornschlrgl möchte den Badbau dem seiner zeit eingesetzten Badausschub überwiesen haben; ein Bauprogramm müsse mit dem Wohnungsausschub aufgestellt werden. Stv. Gründig stellt fest, daß die Stadtverordne ten die Entschädigung von 1.20 Mark je Stunde nur für den entgangenen Arbeitsverdienst, nicht für die Teilnahme an den Sitzungen erhalten. Siv. M. Schneider wiederholt sein schon einmal gestelltes Ersuchen, Nachverwilligungen möglichst zu vermeiden. Vorsteher H. Krauß verliest einen von Stv. Kraft gestellten Antrag, das Kollegium möge 1000 Mark für die Hinterbliebenen der in Dortmund verunglückten Bergleute bewilligen. — Stv. P. Krauß betont, daß die Besitzer der Zeche die Pflicht haben, für die Opfer zu sorgen, da sie einen Teil der Schuld trügen: schon am Dienstag seien Anzei chen schlagender Wetter bemerkt und gemeldet, von der Verwaltung aber nicht beachtet worden. Die zahlreichen Unglücke zeigen, daß der Staat auf grö ßere Sicherheit im Bergbau dringen müsse. — Stadtrat Degenhardt warnt vor der Bewilligung allzu großer Mittel, da sich nicht kontrollieren lasse, wohin sie kämen. Es sprechen noch Stvv. Freitag, M. Schneider, -aase und Bornschlegl; letzterer betont, man könnte ohne weiteres zustimmen, wenn man wüßte, daß von den Sammlungsgeldern ein Fonds für alle durch solche Unfälle Verunglückten gebildet würde; da man das aber nicht wisse, müßte man den An trag eigentlich ablehnen. Hierauf wird der Antrag einstimmig angenom men. Vorsteher H. Krauß verliest noch ein Gesuch des Jnvalidcnbundes, der bittet, die Frist für die Miet- steuer-Erlabgesuche auf drei Monate festzusetzen. — Stv. Wagner beantragt, das Kollegium möge den Rat um Aufschluß ersuchen. — Stadtrat Uhlig sagt Beratung im Rat zu. — Stv. Krast regt eine Ein gabe an das Ministerium an. Der Antrag Wagner wird einstimmig angenom men, und die öffentliche Sitzung damit '/»1 Uhr ge schloffen; eine nichtöffentliche Beratung schließt sich an. Sven Sedin. Zum 60. Geburtstag am 19. Februar 19L5. Von Bruno Eoldschmit. Wir Deutsche haben im Ausland wenig Freunde. Einer unserer treuesten aber ist der Schwede Sven Hedin. Schon aus diesem Grunde sollte man an seinem 60. Geburtstag seiner ge denken. Außerdem ist Sven Hedin einer der ersten Geographen und Länderentdecker der Gegen wart, dem wir reiche Kenntnisse über Tibet, wie über Asien überhaupt verdanken. Als jun ger Hauslehrer in der Nähe des Baikalsees, als er erst zwanzig Jahre alt war, fing seine Liebe zu Asien an. Bis 1919 waren es fünf große Reisen durch Asien, voll von unsagbaren Schwierigkeiten, aber auch voll von wertvol len Ergebnissen für die Länderkunde, die Kul tur- und Altertumswissenschaft. In umfang reichen und rein wissenschaftlich gehaltenen, teils englisch geschriebenen Werken legte Hedin diese Ergebnisse seiner Forschungsreisen nieder. Zum großen Teil haben wir auch in unserer deutschen Sprache mehrbändige Schilderungen seiner Reisen. Wer sie gelesen hat, z. B. „Durch Asiens Wüsten", „Im Herzen von Asien", „Zu Land nach Indien", „Transhimalaya" — und wie diese Werke alle heißen, der hat gemeinsam mit ihm im Geiste die Abenteuer und Siegs miterlebt, ja Siege über dieUnbilden derNatur, der widerstrebenden Menschen und Verhält nisse. Darum hat auch die Jugend und wer immer mit ihr gefühlt, Sven Hedins Schriften mit besonderer Liebe ergriffen und sich von ihm SS MI ,Nachdruck verboten.) 23' „Mr IM WM". Noma» von Friede Birkner. Amerikan. CopuriM bu Karl Köbler u. Co., Berlin. Rüder von Bingen war es anzusehen, wie er die verschiedenen „mir", „mich", „Beens- kens" und „Püllekens" hinunterschluckte. Dann verneigte er sich vor Astrid. „Gnädiges Fräulein, darf ich Sie um den ersten Walzer bitten?" Astrid erhob sich und legte ihre Hand auf sei nen Arm. „Ich tanze aber nur Walzer, Herr Oberleut nant, einfachen, unverrenkbaren Walzer." „Gnädiges Fräulein, sehen Sie sich meine lange Figur an! Kann so ein himmellanger Mensch etwas anderes als Walzer tanzen?" Angeregt mit ihr plaudernd, führte er Astrid durch den Speisesaal hinaus auf das Deck. Hans sah den beiden finster nach, seine übrige Umgegung vergessend. Am liebsten hätte er Astrid an sich gerissen und selber mit ihr getanzt. Was hatte sich dieser lange Leut nant so vertraulich zu Astrid zu neigen? Lolotte hatte ihn beobachtet und sah ihn wütend an. Was bedeutete das, daß Hans die ser Astrid so nachstarrte? Hatte er nicht sie an seiner Seite? Was galt dieses blutarme rot haarige Ding gegen Sie mit ihren Milliarden? Scharf und zischend sagte sie: „Herr Sörensen — ich denke, Sie führen mich auch zum Tanz." — Ihren Aerger mühsam bekämpfend, lächelte sie ihm holdselig zu. „Ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß ich den ersten Tanz mit Ihnen tanze, trotzdem chere maman mir gesagt hat, daß ich Ihnen nicht so offen zeigen soll, daß ich Sie — ach nein, daß sage ich Ihnen nicht, das müssen Sie erraten," schloß sie schämig lächelnd. Eiskalte Schauer der Angst und des Grauens rannen Hans über den Rücken. Flehend sah «r zu Robby hinüber, indes er Lolotte mecha nisch den Arm bot. Doch Robby sprach ange regt mit dem Kapitän. Die Angst gab Hans Mut. Er rief laut: „Nobby!" „Hallo, was ist?" „Kommst du mit zum Tanzen?" „Ach, lassen Sie doch diesen gräßlichen Men schen hier," zischelte Lolotte wütend. Doch Robby hatte die Angst in der Stimme seines Freundes wohl herausgehört. Tröstend nickte er ihm zu. „Geh schon immer zu, alter Junge. Ehe der Tanz aus ist, bin ich bei dir. Gnädiges Fräu lein, der nächste Tanz gehört mir," rief er Lo lotte nach, die in Silberbrokat mit kirschroten Pleureusen neben der eleganten Erscheinung Hans Sörensens herdächselte. Mit unverständ licher Vorliebe trug Lolotte noch immer Toi letten, die eine Asta Nielsen tragen konnte, aber niemals Lotte Piefke, geboren Berlin, Mulackstraße 19, Hinterhaus, I. Etage. Mit der ihr eigenen Grazie drehte sie sich um, lächelte Robby koke-t an und flötete: „Zertänemang (siehe unter certainement), Herr Wehler, ich bin ja jar nicht so, jedes Tier chen hat sein Pläsierchen." Robby nahm das Tierchen gefaßt aus und neigte sich tief vor Fräulein Piefke. Als Hans mit Lolotte auf das hellerleuch tete Deck kam, suchten seine Augen zuerst Astr-d, und er fand sie unter den Tanzenden im Arm ihres eleganten Tänzers. Durch die Bewegung waren ihre Wangen leicht gerötet, sie sah sinn verwirrend schön aus. In seiner Erregung preßte er unbewußt den Arni Lolottes an sich, die ihm darob ganz verklärt anstrahlte und flüsterte: „Geliebter." Doch der „Geliebte" hörte ihr Gesäusel gar nicht, faßte sie ziemlich rigoros um und tanzte mit ihr los, möglichst die Nähe Astrids und ihres Tänzers suchend. Während des Tanzens hörte er nicht auf Lolottes atemlose Worte, sondern trachtete immer nur einen Blick aus Astrids Augen zu erhaschen. Und solch einen Blick, den Astrid und Hans tauschten, sing Lo lotte auf. Im Moment blieb sie stehen. „Danke, ich bin müde! Führen Sie mich ein wenig dahinter, wo es leerer und ruhiger ist!" Keine Hilfe! Keine Rettung! Und Lolotte eröffnete einen Sturmangriff, nachdem sie erst ein paar Minuten stumm neben ihm hergegaa- gen war. „Sagen Sie mal, Herr Sörensen, sind Sie immer noch verliebt? Ich habe Sie doch schon einmal, als Sie noch Chauffeur bei uns wa ren, danach gefragt." „Warum interessiert Sie das, gnädiges Fräulein?" „Gott, das interessiert ein junges Mädchen nun eben. Zumal bei einem Manne, der — Gott ja, warum soll ich es nicht sagen, das ist doch keine Schande — der dem jungen Mädchen gefällt." Hans antwortete erst garnicht, denn er mußte daran denken, wieviel Mühe es wohl Astrid gekostet hatte, bis sie Lolottes Sprache so einigermaßen gefeilt hatte. Und dann kam es ihm glühend heiß zum Bewußtsein, daß er, wenn er nicht auf der Hut war, im Hand umdrehen verlobt sein würde. Ueberstürzt sagte er jetzt: „Ja, ich bin verliebt. Toll, bis über die Ohren." „Schon lange?" „Ungefähr seit Mai." Lolotte lächelte beglückt. Seit Mai war er ja bei ihnen gewesen. „Just von dem Tag an," sagte der tollkühne Jüngling ahnungslos. „Ist sie hübsch?" „Sehr." „Jung?" „Ich glaube, dreiundzwanzig Jahre." Genau Lolottes Alter. „Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?" „Im Moment." „Ah, sie ist hier am Bord?" „Und wie." „Allein?" „Nein, mit Familie." „Hans, ist sie braun?" flüsterte Lolotte hin gebend. „Nein, blond ist sie, gnädiges Fräulein," sagte Hans hart. Im selben Moment kam ein Steward gerannt und lief nach den Kabinen zu. Bei Hans blieb er stehen: „Haben Sie Doktor Robert nicht gesehen?" „Nein, vielleicht ist er in seiner Kabine. Ist jemand erkrankt?" „Im Wintergarten ist ein kleines Unglück passiert. Der große Kronleuchter ist abgestürzt, dicht neben einer jungen Dame nieder, die mit Herrn Oberleutnant von Bingen zusammen stand." Hans packte in whnfinniger Erregung den Steward am Arm und keuchte heiser: „Weiter — weiter doch! Was ist ge schehen?" „Gott sei Dank nichts? Die junge Dame ist nur ohnmächtig geworden." Und weiter eilte der Steward. Hans stand einen Augenblick völlig erstarrt da, dann schüttelte er Lolotte, die sich zärtlich an seinen Arm geschmiegt hatte, ab, und raste nach dem Wintergarten. Schroff stieß er all die Neugierigen, die den Zugang' versperrten, zur Seite und drang mit fiebrig glüenzcnden Augen in den Wintergarten. Zuerst sah er nichts als den riesigen, brei ten, aber flachen Kronleuchter am Boden lie gen, der im Fall drei Tische unter sich begra ben, die darum stehenden Korbsessel wie Bin senkörbe zerdrückt hatte. Rund herum unzäh- liche zertrümmerte elektrische Birnen. Nebe» diesem Trümmerfeld stand eine Gruppe Men schen, die Hans jetzt zur Seite schob, indem er auf Astrid zustürzte, die am Boden lag, den blassen Kopf in Robbys Schoß gebettet. Ne ben Robby stand ein Sektkühler, in den Mister Doudle eine Serviette auswrang, die Robby vorsichtig aus Astrids Schläfe drückte, an der «in« blutende Schramme zu sehen war.
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