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Oer Hun- als Lurusobjekt. Von Dr. S. Elbe. Als man einmal den berühmten französischen Opern komponisten Boildieu fragte, warum er sich fo viele Hunde halte, foll er geantwortet haben: „Weil ich die Menschen kenne." übrigens wird diese Antwort auch anderen be rühmten Hundefreunden zugeschriebcn, und sie enthält auch in der Praxis viel Wahres: nicht wenige Menschen schließen sich um so enger an ein Tier an, je weiter sie sich von ihren Mitmenschen zurückziehen. Doch auch ganz lustige und freundliche Menschen halten sich Haustiere als Gefährten und Gespielen. Der Hund eignet sich durch seine Anhänglichkeit, seine Treue, seine Munterkeit und seine Aufmerksamkeit am besten zu dieser Stellung. Deshalb findet man diesen vierfüßigen Freund fast auf der ganzen Welt verbreitet und nahezu überall gibt es Menschen, die teils zum Schutz, teils zum Ver gnügen sich einen oder mehrere vierbeinige Hausgenossen halten. Gewisse Berufe, Jäger und Hirten, sind ohne Hund gar nicht zu denken, er ist stets an ihrer Seite zu finden und auf allen bildlichen Darstellungen neben ihnen abkonterfeit. In Frankreich, in England und in Amerika, wo sich der Hundeluxus in ganz anderer Weise bemerkbar macht als bei uns, würde eine Maßregel, wie Maulkorb und Leinen zwang, als unerhört angesehen und beurteilt werden. Die Hunde sind da zu kostbare und zu kostspielige Geschöpfe, als daß man ihnen eine solche Behandlung auch nur zumute» könnte. Bis zu welchen exorbitanten Preisen der Hundcluxus einzelne dieser Vierfüßler hinauftreibt, dafür geben die Hundeausstellungen rege-mäßig Beweise. Es hat ja auch in früheren Jahrzehnten nicht an teuren, weil rasseechten, Hunden gefehlt, doch ein Preis von 2000 Mark erschien vor einigen Jahrzehnten schon etwas Außerordentliches, der nur durch die Zuchtzweüe gerechtfertigt werden konnte, immer noch aber als Übertreibung angesehen wurde. Heute ist das Zehnfache keine'Seltenheit mehr. Für besonders rassereine Hunde, namentlich solche, die wiederholt erste Preise auf Ausstellungen errungen haben, werden 20 000 bis 30 000 Mark angelegt. Für den berühmten Bernhar diner „Sir Bedivere" erhielt sein Züchter Mr. Grenn 26 000 Mark, und den gleichen Betrag erzielte der Besitzer von „Squire of Tytton", einem preisgekrönten schottischen Schäferhund. Ein Mitglied des amerikanischen Kongresses, ein Mr. H. N. Fowler, Hai es sich zur Aufgabe gestellt, das amerikanische Protzentum in all seinen Exzentritäten zu geißeln, und hat dabei auch den Hundeluxus nicht vergessen. Recht ergötzlich ist seine Schilderung einer „Hundegesell schaft", die eine Dollarprinzessin veranstaltete. Zu ihrem Hündchen waren die Schoßhunde ihrer Freundinnen und Bekannten eingeladen und erschienen in den modernsten Hundetoiletten; die Gastgeberin, die Hündin nämlich, trug eine kostbare Schleppe und an den Pfoten echte Brillant- sußbänder. Eine dressierte weiße Ente fungierte als Schleppenträgerin. Einer der menschlichen Gäste machte sich den Scherz, der Ente plötzlich eine Handvoll Mais zu- zuwerfen. Die Schlepventrägerin vergaß ihr Amt und stürzte sich auf das Futter, während die wohlerzogene Hundegesellschaft in lebhafte Verwirrung geriet. Dabei verlor eine der Hündinnen eine goldene mit Juwelen be setzte Spange, deren Wert später auf 200 000 Mark an gegeben wurde. Angeblich soll die Ente das Schmuckstück mit den Maiskörnern aufgepickt haben und davonge- slogen sein. Diese von einem ernsten amerikanischen Blatte unter Namensnennung wiedergegebene Geschichte klingt ein wenig allzu amerikanisch. Tatsache aber ist, daß manche Damen, die nicht wissen, was sie mit dem vielen Gelde anfangen sollen, wirklich ihre Hunde mit kostbaren Hals bändern schmücken. Auch für die Toilette der Schoß hündchen werden respektable Summen ausgegeben. Eine Mrs. White Dcarce, die einen Modesalon für Hunde unter hält, gibt genaue Auskunft über die jeweiligen Hunde- I moden der Saison. Mrs. Dearce hat übrigens auch ein - Hundepensionat, in dem Hunde auf das luxuriöseste ver- ! pflegt werden, wenn die Herrschaft allein verreist. Die Futternäpfe — wenn man diesen gewöhnlichen Ausdruck ß gebrauchen darf — sind aus feinstem Porzellan, jeder Hund z bekommt seine eigene Serviette, die Betten — denn richtige s Betten sind vorhanden — sind auf das beste ausgestattett k Für eine eigene Spielwiese, auf der sich Lie Hündchen tum- ß meln können, ist gesorgt. An Bädern, Frisiersalons und s anderen komfortablen Einrichtungen fehlt es ebenfalls » nicht. Die Toilette des Hundes soll im übrigen nach dem ß Modegesetz stets der Kleidung der Herrin angepaßt fein, » ebenso wie das Taschentuch des Hundes mit dem gleichen ? Parfüm durchdustet wird wie das der Besitzerin. Das t Taschentuch des Hundes, mit dessen Monogramm verziert, > hat seinen Platz in einem am Ende der Leine angebrachten » Täschchen, wenn nicht, was bei männlichen Hunden der s Fall ist, im Hundepaletot selbst eine Tasche angebracht ist. I In der Regel werden nur kleinere Hunde kostümiert; ß sind diese nicht modern und sind die großen Hunde beliebt, dann haben die Hundeschneiderinnen wenig zu tun. » übrigens weiß man nicht, ob es auch Hundemannequins I gibt — unmöglich ist das bei solcher Narrheit keineswegs. I Mit der Liebe zum Tier haben solche Dinge natürlich i nichts gemein. Kaltherzig gibt die Modedame das an- ' hänglichste Tierchen hin, wenn eine andere Raffe als schick k gilt. Und der Wechsel — nicht im Geschmack, sondern in I der Laune — tritt nicht zu selten ein. Den Mops muß der ! Barsoi, die Bulldogge -das Windspiel, den Derrier der » Bernhardiner ablösen. I Nicht ganz neu ist der Autohund. Er ist nur ein I moderner Abkömmling des lustigen Wagenspitzes, der » früher auf den Chausseen die vorübergehenden Wander- ! burschen anbellte. Entsprechend der sozialen Stellung beziehungsweise » dem Reichtum seines Besitzers ist -der Äutohund natürlich » viel eleganter. Er trägt, genau wie sein Herr, einen Pelz » und eine Brille zum Schutz gegen Wind und Staub. Leider I eignen sich nicht alle Hunde zu Autohunden, und gerade die » Bulldoggen, die ihrem Aussehen nach am besten dazu passen würden, weigern sich, das Autokostüm anzuziehen, , während die Schäferhunde sich willig zu dieser Maskerade k hergeben. Im übrigen aber ist gerade der Äutohund ' keine schlechte Einrichtung, besonders für solche Auto- ; besitzer, die ohne Chauffeur fahren. Da kann der Hund i sehr gut als Wächter dienen und aufpaffen, daß kein I Gauner mit dem Auto „verduftet", während Herrchen ; gerade Besuch macht. Die Zärtlichkeit, die man dem Hunde zuwendet, geht i bei besonders empfindsamen Damen bis über das Ende > des Tieres hinaus. Die Hauptstädte der erwähnten und ! für Hundeluxus besonders in Betracht kommenden Länder I weisen denn auch schon die Sehenswürdigkeit eines Hunde- i friedhofs auf. Dem Pariser und Londoner, von Fremden I stets besuchte Kuriositäten, ist nun auch ein Hundefriedhof , in Newyork gefolgt, wo die teuren Hunde zur letzten Ruhe ! bestattet werden. Richtige Grabstätten mit Monumenten, an denen die guten Eigenschaften des Tieres mit goldenen j Lettern zu lesen sind, reihen sich da aneinander, und ! weinende Menschen legen Kränze und Blumen auf die ! Hügel. Besonders würdige Exemplare des Hundegeschlechts I werden sogar durch Monumente geehrt, wie Barry, der edle Bernhardiner, der so vielen Menschen das Leben ge- - rettet hat. Auch ein angeblicher Märtyrer unter den Hunden hat ! ein Denkmal erhalten. Eine Dame stiftete ein Monument, j das dem Andenken eines zu wissenschaftlichen Zwecken > vivisezierten, also angeblich zu Tode gemarterten Tieres gelten sollte. Das Monument wurde im Batterseapark in London aufgestellt, aber die Medizinische Fakultät in London empfand das mit Recht als eine schwere Beleidi gung, und das Denkmal mußte wieder entfernt werden. Hunde bewahren ihrem Herrn, wie so viele beglau bigte Beispiele beweisen, nicht selten die Treue bis übers Grab hinaus. Es ist nur natürlich, daß man die Liebe des Tieres mit Zuneigung erwidert. Das braucht aber nicht dazu zu führen, mit dem Tiere Tollheiten zu treiben, die ihm nichts nützen und ihm mehr Mißvergnügen als Annehmlichkeiten bereiten, bei manchem Mitmenschen aber den bitteren Gedanken aufsteigen lassen, daß es ost ein Glück sei, wie ein Hund leben zu können . . .