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MrihnachkeMnge Entronnen sind die kurzen Wochen Mit manchem schönen Kindertraum Vom dem, was oft und gern besprochen: Den Gaben unterm Tannenbaum .... Das Hoffen, Rüsten, all' die Freuden, Die die Adventszeit uns gebracht, Wird nun gekrönt mit Festtagsläuten In stiller, heil'ger Weihenacht. Es ist des Weihnachtsfestes Segen, Der heute mild auf uns sich legt, Datz Dankgefühle uns bewegen Und unser Herze höher schlägt: Der Herr ward heute uns geboren, Sein Nam' ist Jesus, Gottes Sohn, Der uns zum Heiland ward erkoren Von unsres ew'gen Vaters Thron. Ich hör' im Geiste noch erklingen Der Engel zarte Melodie, Wie sie die frohe Botschaft bringen Von der Geburt in aller Früh', Datz Frieden wohne auf der Erde Durch Gottes Lieb' und Freundlichkeit Und daß den Menschen allen werde Ein Wohlgefallen allezeit . . . .! O, welch ein freudiges Entzücken Bringt uns die felge Weihnachtzeit! Wie schauten da mit Hellen Blicken Die Kinder jauchzend, hocherfreut Beim Lhristbaumglanz die Gaben alle, Die ihnen 's Christkind hat gebracht; Und rings ertönt im Jubelschalle Das Lied der stillen, heil'gen Nacht .... Kommt, lasset uns den Vater loben Für seine Liebe, seine Gnad', Daß seinen Sohn er uns von oben Als heil'ges Pfand gegeben hat! Latzt uns voll Glauben, Lieb' und Frieden Am Weihnachtsfeste wahrhaft freun'! Dann ist sein Segen uns beschieden Und 's Christkind wird auch unser sein! Fritz Layritz. Aokitische ^VeißnaHten 1925 Bon u n I e r e in Berliner Vertreter Das diesjährige W e i h n a ch t s f e st steht im Zeichen ernster innerpolitischer und wirtschaft licher Schwierigkeiten. Während im vorigen Jahre die Gesamtlage durch die verhältnismäßig günstige Auswirkung der Londoner Daweskon ferenz und der Ausländsanleihe an Deutschland bedingt war und allgemein die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Gesundung eingesetzt hat ten, ist dieser Entwicklungsprozeh infolge der überhandnehmenden Eeldschwierigkeiten plötzlich unterbrochen worden. Obwohl die Regierungs stellen alles getan haben, um das Vertrauen des Auslandes zu der Stetigkeit der deutschen Poli tik und zur deutschen Wirtschaft zu heben, sind die Erwartungen, die man hinsichtlich der ausländi schen Kredite gehegt, hatte, ernsthaft enttäuscht worden. Die Gründe hierfür liegen in dem voll ständig verfehlten System der gesamten deut schen Kreditverhältnisse. Alles hat sich auf kurz fristige Kredite eingestellt, die möglichst hoch ver zinst werden sollen, so datz die beliehenen indu striellen Unternehmungen in Zahlungsschwierig keiten geraten müssen, sobald die kurze Frist der Kredite abgelaufen ist. Die Schuld liegt also einzig und allein an den unerträglichen Zustän den, die man in Deutschland durch den Mangel an Einsicht und wirtschaftlicher Voraussicht selbst herbeigeführt hat. Menn beispielsweise die Tat sache zu verzeichnen ist, datz täglich eine ganze Anzahl angesehener Firmen den Konkurs oder die Geschäftsaufsicht beantragen müssen, dann kann man es wahrhaftig den ausländischen Kre ditgebern nicht verdenken, wenn sie sich scheuen, der deutschen Industrie, die auf schwankenden Flitzen steht, ihre Gelder anzuvertrauen. Man hat es in Deutschland mit einer sehr ernst zu neh menden Mißwirtschaft zu tun, die nur durch ein energisches Eingreifen der Reichsregierung und der Reichsbank beseitigt werden kann. Die verschärfte Wirtschaftskrise hat sich auch auf die innerpolitische Lage ausgewirkt, indem die Möglichkeiten einer Beendigung der Regie ¬ rungskrise stark beeinträchtigt worden sind, denn die Parteien zeigen eine unüberwindliche Scheu vor der Verantwortung an der Regierungspoli tik, deren Hilflosigkeit gegen die unerträglichen wirtschaftlichen Zustände die Nervosität der poli tischen Kreise noch erhöhen mutzte. Vorige Weihnachten hatten wir zwar eben falls eine ernste Regierungskrise, die jedoch durch die breite Basis der bürgerlichen Parteien be seitigt werden konnte. Diesmal ist jedoch eine geeignete Basts für die Regierungsbildung über haupt nicht vorhanden, denn nach dem Scheitern der Großen Koalition ergibt sich keine einzige Möglichkeit, ein neues Kabinett mit einer trag baren parlamentarischen Mehrheit zustande zu bringen. Das Jahr 1925 wird daher beendet werden, ohne daß die Regierungskrise gelöst ist. Der politische Weihnachtstisch ist daher im Jahre 1925 nicht gerade mit erfreulichen Ge schenken gesegnet. Der einzige positive Erfolg der Regierungspolitik der letzten Monate stellt sich in den Erleichterungen im besetzten Gebiet und in der Räumung der Kölner Zone dar. Auch der bevorstehende Abbau der Interalliierten Militärkontrollkommission könnte allenfalls noch als ein erfreuliches Zeichen der Besserung der politischen Lage Deutschlands gelten. Darüber hinaus haben sich die Hoffnungen, die man an den Locarnopakt geknüpft hat, bisher noch nicht erfüllt. Im Gegenteil, an dem Locarnoabkom men scheiterte die Regierung Luther, die mit ihrer Außenpolitik zwar große Probleme der Zukunft zu lösen bestrebt war, aber damit in eine schwierige parlamentarische Lage geriet und gezwungen wurde, ihren Rücktritt zu erklären. Es kann kein Zweifel daran bestehen, datz sich das Tempo des inneren Wiederaufbaues ganz entschieden verlangsamt hat, und daß das deutsche Volk diesmal jein Weihnachtsfest nicht mit dem Gefühle der wirklichen Freude und der Zuver sicht auf die Zukunft feiern kann. Das Anwach sen der Arbeitslosigkeit, die dauernde Verschlech terung der Lebenshaltung lasten fast noch schwe rer auf dem Gemüt des Einzelnen als die schreck liche Inflationszeit mit ihrer sprunghaften Geldentwertung. Damals hatte die Arbeits losigkeit noch nicht einen so besorgniserregenden Umfang angenommen wie jetzt, wo jeder Ange stellte und Arbeiter nicht weiß, ob ihm nicht mor gen die Kündigung oder die Arbeitsentlassung auf den Tisch gelegt wird. Inzwischen sind aber so viele Arbeitnehmer gerade unmittelbar vor dem Weihnachtsfest entlassen worden, datz in vie len deutschen Familien keine Weihnachtsfreude aufkommen kann, sondern die Verzweiflung über die trostlose Lage vorherrschend geworden ist. Es war wenigstens ein lichter Augenblick, daß sich der Reichstag und die Regierung noch in letzter Stunde darauf geeinigt haben, die Unter stützungssätze für die Erwerbslosen um 20 Pro zent zu erhöhen und dem bedürftigsten Teil der Beamten eine Weihnachtsbeihilfe zu gewähren. Der Friedenspakt von Locarno mag vielleicht oie Politiker befriedigt haben, die Völker selbst stehen auch jetzt noch den Abmachun gen der Staatsmänner ziemlich kühl gegenüber. Von einer Befriedung Euro pas ist man noch ziemlich weit entfernt, denn das Problem der Abrüstung und all die wichtigen politischen Probleme, die man im Zu sammenhang mit den Sicherheitsgarantien auf geworfen hat, harren noch immer auf eine Lösung. Im Geiste der Außenpolitik ist zwar eine nicht unerhebliche Besserung eingetreten, aber trotzdem gibt es noch Ereignisse, die die Gefahr neuer Konflikte in sich schließen. So hat beispielsweise der Völkerbundsrat mit seiner Entscheidung über die Mossulfrage in das Wespennest der Orientkonflikte gestochen, und schon jetzt liegen sehr erregte Stimmen aus der Türkei vor, wo man gewillt zu sein scheint, dem Völkcrbundsentscheid energischen Widerstand zu leisten. Man kann zurzeit die Entwicklung dieser Streitfrage noch nicht übersehen, aber man hat immerhin einen klaren Beweis dafür, daß das System des Völkerbundes vorteilhafter scheint, als es in Wirklichkeit ist. Man muß hoffen, daß das Jahr 1926 ein besseres Weihnachtsfest bringt als das diesjährige, das eine rechte Freude nicht aufkommen lassen kann. Meße Licht Von Finsternis war das All durchdrungen, als das Schöpferwort „Es werde Licht" erklang und den Kampf zwischen Licht und Finsternis entfesselte. „Und schnell und unbegreiflich schnelle Dreht sich umher der Erde Pracht; Es wechselt Paradieseshelle Mit tiefer, schauervoller Nacht." Mehr Licht! ersehnten unsere germani schen Vorfahren und jubelten, wenn nach langer Winternacht der Tag der Winter-Sonnenwende herangekommen war. Dann begrüßten sie festlich froh die höhersteigende Sonne, die alles zu neuem Leben, Blühen und Gedeihen erweckte. Ihr Julfest ist der Vorläufer unseres Weih nachtsfestes, das wir alljährlich feiern zum Ge dächtnis dessen, der den Hirten auf dem Felde von den Engeln verkündet wurde als Christus, Heiland, Herr der Welt. Mehr Licht! Das entzündete der Eott- mensch der Welt, in die er gesandt war zum Heile der Menschen, indem er ihnen das Gebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten predigte. Eine neue Lebensordnung gab er allen mit die sem Gebot und verhieß denen, die sich zu seiner Lehre bekennen würden, den Geist der Wahrheit, der sie frei machen werde. Mehr Licht! So erschallte durch die deutschen Gaue und weit darüber hinaus der Ruf des Martin Luther, der „Wittenbergisch Nach tigall". Er wollte den Geist der Wahrheit die Fesseln, in die man ihn geschlagen hatte, lösen, wollte ihm die Wege ebnen, damit er den Men schen die Freiheit brachte von Irrtum und Un wissenheit, von Gewissenszwang und Eeistes- knechtschaft. Mehr Licht! Das war der letzte Wunsch Goethes, als er, seine irdische Erscheinungsform aufgebend, hinüberging in jene unsichtbare Welt, von deren Existenz er ebenso fest über zeugt war wie Kant, der Apostel der Vernunft. Eilt nicht vom Menschen immer noch die Goethesche Charakteristik des Faust? Vom Himmel fordert er die schönsten Sterne, Und von der Erde jede höchste Lust» Und alle Nähe, alle Ferne, Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust. Und hat nicht die Verachtung der Gebote des Herrn und Meisters von Nazareth die Menschen in so^hen Materialismus derart versinken las sen, daß es zu den fürchterlichen Greueln und Schrecken ^er letzten zehn Jahre kommen mußte? Nun drohen Qualm und Giftschwaden, die sic hinterließen, alle zu ersticken, wenn wir uns nicht das Licht, das mit Christi Erscheinen auf unserer Erde zu uns dringen sollte, für die Zukunft nicht als Führer aus der Wüste der Schrecken, in der wir umherirrcn, dienen lassen, und wenn mir nicht aufhören, uns aus Hörern des Wortes in Tatchristen umzuwandeln. Wenn diesmal die Kerzen des Weihnachts baumes aufleuten, so wollen wir uns nicht da mit begnügen, ihren Glanz über frohgestimmte Geschenknehmer und -geber erstrahlen zu lassen, wollen uns nicht einbilden, daß wir in den paar Stunden für Jahr und Tag dem göttlichen Licbesgebot unsern Zoll entrichtet hätten; denn dieses Gebot fordert mehr, fordert von jedem ein zelnen den selbstverleugnenden Dienst durch Lehre und Beispiel für das Wohl aller bis in den Tod. Das ist der Inhalt des Gebo tes, Gott über alles und seinen Nächsten als sich selbst zu lieben, und wer so Gutes will, der sei selbst erst gut. Anders geht es nicht. Jeder strebe nach mehr Licht für sich und verbreite mehr Licht um sich her, woran das Herz in hervorra gendem Maße beteiligt sein muß, weil Wissen und Verstand ohne Herz verderblicher wirken als Unwissenheit und Irrtum, wenn sie das Herz nur mitreden lassen; denn „Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange, Ist sich des rechten Weges wohl bewußt." Darum soll uns der Weihnachtsbaum mit sei nem freundlichen Kerzenschein ein Symbol sein, eine Mahnung an die dringende Forderung der Gegenwart und der Zukunft: Licht! Mehr Licht! Vechnacßken, das deutsche Familienfest Von H. Steffenhagen „Tages Arbeit, abends Gäste, Saure Wochen, frohe Feste." In diesen Worten hat Goethe trefflich unser Trachten und Streben zum Ausdruck gebracht. Wir sind von jeher ein Volk der Arbeit gewesen. Deutschland ist kein Land, dessen Boden von selbst seine Früchte hergibt, es ist ein Land, da» zu steter Arbeit zwingt, und der verlorene Krieg hat uns in erhöhtem Matze aus diesen Weg ge wiesen. Aber ein altes Sprichwort sagt auch: „Nach getaner Arbeit ist gut ruh'n." Diese Ruhe und Erholung fand der Deutsche von jeher nir gends schöner als in^seinem Heim, im Kreise der Seinen, wo er sich geben kann, wie er ist, wo er seiner Liebe denen gegenüber Ausdruck ver leihen kann, für die er im Kampfe um das Da sein wirkt und schafft und die ihm oft höher stehen als das eigene Leben. Dieses traute, ge mütvolle Familienleben offenbart sich am klar sten zu den Festeszeiten. Unter den zahlreichen Fest- und Feiertagen nimmt unzweifelhaft Weihnachten die erste Stelle ein. Schon das Wort „Weihnachten" hat einen Zauberklang, der unsere Herzen höher schlagen macht und die tiefsten Saiten unserer Seele in vollen Tönen erklingen läßt. Was ist es nun, was dieses Fest vor allen anderen so ttcs in unsere Herzen eingegraben hat, was unsere Augen Heller leuchten läßt in den weihnachtlichen Tagen? Vor allem doch bas: Weihnachten ist in besonderer Weise das Fest der Familie. Gerade in unserem deutschen Volke, das mit der Tiefe und Innerlichkeit seines Gemütes vor allein befähigt war, das Familienleben zu pflan zen und zu pflegen und das von altersher in dem geweihten Boden der Familie die starken Wur zeln seiner Kraft gehabt hat, ist das Weihnachts- fcst das denkbar schönste Familienfest geworden. Mit viel größerer, äußerer und innerer Beteili gung als in den Gottesdiensten der Kirche wird es im häuslichen Kreise gefeiert. Gar manches könnten wir uns vielleicht wegdenken von dem fröhlichen, beseligenden Weihnachtsfest — eines nimmermehr: die Familienfeier unter dem bren nenden Tannenbaum! ' Schon Wochen zuvor sinnen die Herzen und schaffen die Hände, um die häusliche Feier zum Höhepunkt des ganzen Jahres zu machen. Zum Weihnachtsfest eilt nach Hause, wer irgend sich aus seinem Pjlichtenkreise freimachen kann, und wer kein Elternhaus mehr hat oder kein eigene« Heim, der sicht zu, wo er in Freundeskreisen Er satz finden kann. Wen gar die Sturmflut des Lebens sortgerissen hat von Vaterhaus und Hei- mat — beim Klange der Weihnachtsglocken er greift ihn immer wieder das Heimweh: „Aus der Jugendzeit, aus der Jugendzeit, Klingt ein Lied-mir immerdar; Ach, wie liegt so weit, ach, wie liegt so weit. Was einst war!" Wohl niemals wird ein geliebter Heimgegange ner fühlbarer vermißt als unter den strahlenden Lichtern des Weihnachtsbaumes. Gibt es wohl ein stimmungsvolleres Fami lienbild als das einer innigen und sinnigen Familienfeier? Da stehen Mann und Frau unter dem Tannenbaum, und durch ihre Herzen zieht etwas von dsr Frühlingszeit der ersten Liebe. Da führen Eltern ihre jubelnden Kin der an den Weihnachtstisch, und sie fühlen den ganzen Reichtum und Segen, der ihnen in ihren Kindern beschert ist. Geschwister sind an diesem Abend ein Herz und eine Seele, und auch die trennende Kluft zwischen Herrschaft und Diener schaft ist vergessen. Es liegt in dem Wort .Weih nachten ein eigenartiger Zauber, der sich nicht be schreiben läßt, der erlebt sein will. Aber, Weihnachten ist mehr als ein bloßer schöner Brauch, als eine gesellschaftliche Sitte. In wie manchen Weihnachtszimmern steht die Weih nachtskrippe. Es stellt ein herzergreifendes Bild dar, eine Familie, durch die der volle Jubel klingt: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben." Als leuchtender Mittelpunkt in diesem Bild ist das holdselige Kind in ärmlicher Krippe gebettet, und darüber beugt sich die glück selige Mutter und hinter ihr steht als der männ liche Schutz für Mutter und Kind Joseph und ringsherum die Hirten, die staunende Freude in ihren Gesichtern. All das Glück einer Familie ist diesem ersten heiligen Familienbild ent quollen. Aber noch mehr: unter dem Einfluß des Christentums hat das Familienleben, das vor her starke Spuren der Entartung in sich trug, erst seine wahre Höhe und Tiefe, erst seine Weihe und Verklärung gefunden, und so ist jede weihe nächtliche Familienfeier eine bewußte oder oft auch unbewußte Huldigung an der Krippe dessen, dem die Familie ihre Erneuerung und Verklä rung verdankt. Sie ist das laute oder stumme Bekenntnis: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen." In unseren schweren und trüben Tagen geht durch die Welt besonders lebhaft ein Fragen