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Pulsnitzer Wochenblatt : 08.04.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-192204080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19220408
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19220408
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-04
- Tag 1922-04-08
-
Monat
1922-04
-
Jahr
1922
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 08.04.1922
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SLLLZsrrsZ öZSLS ll G ZM°«S«S s c: Lt o r-L> "«2°; «ssv sL L-r»«S^»; LerZKZZZSSL W« F Sachen, .wo gäbe es aus Gottes weitem Erdenrund eine alt« Kirchs, Ruine, Gerichtsstätte usw., woselbst nicht irgendetwas Spuckhastes zu finden wäre?' Aus dieses Gerede der Leute hin vertausche ich gern mein Quartier. Megen und Mäuse gibt es sicher nicht in dem alten Gotteshauss und gegen alles Andere schütz n mich meine Pistolen." .Hshol Wovon spricht man hier in diesem geistlichen Hauses' sragie der einlretende Adjutant, dessen mehrmaliges Klopsen nicht gehört worden war, ,von Pistolen ist die Rede?" Bald hatte o Wuthenau den Eingeiretenen mit dem bisher Gesprochenen bekannt ge macht, und der Herr Adjutant erklärte sich bereit, dem Herrn Major in seinem neuen Quartier Gesellschaft zu leisten. Doch halt!" ries er aus, .das geht ja nicht. Ich bin für heute Abend beim Herrn Oberst zur Soiree eingeladen.' .Ich auch," setzte o. Wuthenau hinzu, ich hebe mich aber wegen Unpäßlich Keit, ehrlich gesagt, weil ich diese Soireen nicht leiden kann, entschuldigen lassen." .Dann würde ich aber das Quartier im gastlichen Psarrhauie dem in der Spuckkirche vorziehen', ent gegnete der Adjutant und der Geistliche pflichtet- ihm der. Allein v. Wuthenau bestand aus seinem Vorhaben, indem er scherzend sagte, daß ihm die Geister der Klosterkirche sein leichtes Unwohlsein, wenn das nicht vorher durch Tabak und Wein möglich wäre, jedenfalls vertreiben würden, woraus der Adju tant lachend sagte, datz er ihm ein Stündchen bis zum Beginn dec Geistei stunde Gesellschaft leisten wolle, wogegen der Major nichts einzuwenden hatte. Kurz daraus empfahl sich der Adju tant. Einige Stunden später ließ sich der Oberst beim Major melden und sprach sein Bedauern darüber aus, daß o. Wuthenau der Soiree fernbleiben wolle Es sei doch vielleicht besser, wenn der Herr Major den Abend des Todestages seines besten Freundes anstatt in der Einsamkeit in froher Gesellschaft ver brächte, indem sonst die Erinnerung an den lieben Verstorbenen zu sehr auf ihn einwirken könnte. Der Major dankte für den wohlgeme wen Rat und bat den Oberst sein Richlerscheinen entschuldigen zu wollen. Als sich sein Vorgesetzter entfernt hatte, brach o. Wuthenau schmerzerfüllt in die Worte aus! ,O mein Herzensfreund Wulfeneck! kannst du mir verzeihen, daß ich deinen Todestag vergessen konnte? Heute vor einem Jahre traf dich die tödliche Kugel, und deine letzten Worte waren, du wollest mir an deinem Todestage ein Zeichen deiner fort« bestehenden Freundschaft geben. Wie könnte ich da unter Fröh lichen weile;», wenn um so tiefe Trauer mein Herz erfüllt?" Nun erschien ihm dis Klosterkirche ganz besonders dazu ge eignet, und bald daraus gab er seinem Burschen die nötigen An ordnungen zum Nachtquartier. Als er gegen 11 Uhr in Begleitung des Adjutanten mit einer Laterne das Goltechaus betrat, sand er am Altarplatz sein Nachtlager sorglichst bereitet vor. Daneben befanden stch aus einem Tische Bücher, Pfeife, Tabaksbeutel, eine Flasche Wün mit zwei Gläsern und die scharfgeladenen Pistolen. Der Adjutant brannte die beiden Altarkerzen an, dann versuchten sich b-ide zu unterhalten Das Gespräch wollte aber nicht recht in Flutz kommen. Der Major mutzte zu sehr an seinen ver storbenen Freund denken, und der Adjutant beschäftigte sich mehr mit der im Halbdunkel liegenden Umgebung de« Altar- pktzss Dor ihm breitete sich rabenschwarze Finsternis des Kirchenschiffes aus. Pechts vom Astare sah ec das dunkle Cdocgestühi, in de., einst die Mönche gesessen, und auf dec linken Seite bemerkte er alte Grabsteine mit den Steinbildern der Asbte, die darunter seit Jahrhunderten ruhten. Bei der schwachen Beleuchtung wirkten diese Bilder, als ob sie lebten. Ein Abt schien ihn mit seinen Augen durchbohren zu wollen, und als er den Major darauf aufmerksam machte, lachte dieser laut auf, sodatz.es schaurig das hochgewvlbte Gotteshaus durch- hallte und sagte: .Was doch Furcht und Einbildungskraft ver mögen, zuletzt entsteigt der fromme Herr noch seiner Kühlen Gruft und leistet uns Gesellschaft." Es kam aber dem Adju tant vor, als ob die Ruhe, mit der d'c Worte gesprochen wor den waren, erkünstelt sei. Sehnlichst wünschte er, datz die Dorf uhr die zwölfte Stunde verkünden möge, und ais dies endlich geschah, verabschiedete er sich schleunigst vom Major, ihm aus vollsten Herzen eine gute Nacht wünschend. (Fortsetzung folgt) ° Kriegserlebnisse. ° 8. Nov. 1S70, Dienstag. Als ich mittags von Wache kam, wurde mir mitgeteilt, datz ich mich baldmöglichst beim Feldwebel zu melden habe zur Kompagnie 6u jaur. Vor läufig war nichts zu tun, nur jederzeit parat halten, um etwaige Befehle auszuführen. In der Nacht kam der Befehl, die Kom pagnie stellt früh 5'/« Uhr ein Arbeitskommando. In Vereinen Hand die Liste der Leute, in der anderen einen Ltchtstummel, suchte ich die Betreffenden in den verschiedenen Quartieren aus, um sie zu wecken und zur Arbeit zu kommandieren. Die Kerls schimpften wie die Rohrspatzen, »ann Netz ich ste antretem 4 Oberjäger, »0 Jäger sollen in Drontrerout den Pionieren Helsen, Verhaue machen und taufgraben oder so. Die Nacht war sehr unruhig gewesen. In den Donner der Uestunos- krummer mischte sich wiederholt knettcrndcs Gew hrseuer. Ich habe' drüben beim Feldwebel aus dem Stuhl ein wenig im Sitzen geschlummert. Als es Tag geworden, galt es Brenn holz zu suchen, zum Kaffee und kssenkochen. Wenn Blum berg von der Arbeit kommt, bringt er rechtschaffnen Hunger mit, der andere auch. Also allons Monsieur! Nach dem Diner bin ich dienstsret. Biumberg kam heim und wir beschlossen, beizeiten eine freiwillige Weinpatrouille zu machen. Wie schon gesagt, haben wir volle Freiheit, können gehen wann und wie wir wollen, ohne selbst dem Inspektion«- dez K»cPor«lsch«s!s- führer davon Mitteilung zu machen. Der Kompagnieches ist zufrieden, wenn die Läger draußen sind. Die wissen dann immer, was dort los ist. Datz uns nur das Verlangen nach Wein freiwillig in das Vortcrrain hinaustreibt, wo stets Tod, Gefahr und Gefangennahme lauert, bas mutz ehrlich bekannt werden. Das Dorpostenleben ohne einen Tropfen Wein wäre jammervoll. Darum wird er beschafft, und sollte es das Leben kosten! Zum Glück landen wir in St. Cloud ein unberührtes Haus und den versteckten Weinkeller. In Hotz und Dradt- gestellenliegenjadrgangsweisr die so heitzbegehrten LonteM«? a- -in, die dunkelroten Flaschen des edlen Weines, an die ich immer mit Sehnsucht und dankbaren Herzens denken werde. Was so gefunden wird, ist niemals Gemeingut aller. Jedes Quartier, jede Stube hält wie eine Familie zusammen und sorgt für sich allein. Nur Gäste werden bewirtet. Das hat sich überall stillschweigend eingebürgert. Es kann ja vorgekommen sein, datz einer, um sich beliebt zu machen, dem Feldwebel oder einem Offizier einen guten Tropfen zugetragen haben könnte. In unserem Hause in Marnes aber kaum. Wir lagen nicht in der nächsten Nähe dieser Vorgesetzten, und das, was man schustern nennt, um die Gunst zu erwerben, haben wir nicht getan. Um nun recht viel Wein sortzubringen, suchten wir nach Behältern. Nichts d«! Jetzt werden Bettücher geholt. Blumberg sand dabei ein Feder- Kopfkissen und annektierte es, um in Marnes sein edles Haupt weich zu legen. Ein richtiges weitz überzogenes Kopfkissen! Man kennt hier sonst Federbetten nicht. Um jetzt recht viel Flaschen transportabel zu machen, werden je ein Bettlaken aus die Erde gebreitet In die Mitte dis zu 2S Flaschen dicht zusammengestellt, die vier Zipfel kreuzweise geknotet, die Mün dung der Büchse durchgesteckt, und mit Hil e des Kameraden langsam und vorsichtig hinten über den Rücken grhodsu. So, wie der Landmann sein Bündel am Stock trägt. Blumberg hat noch sein geliebtes Kopfkissen mit verpackt, damit sich die Flaschen nicht stotzen. Auße-dem find noch verschieden« Fla schen im Unisormrock und Brotbeutel geschickt untergedracht. So ward der Rückweg angeireten. Die Gnsanteriewoche Porte jaux ist passiert, ein Teil des Parkes auch. Die ersten Häuser von Marnes schimmern durch die Bäume. Während ich seitwärts hinter einen Baum trete, geht Blumberg langsam weiter. Eben will er den Längsfahrweg überschreiten, da ertönt Pferdegetroppel Drei Reiter kommen in kurzem Galopp diesen Weg daher Bei Blumberg hält der Vorderste sein Pserd an. Blumberg mutz stehen bleiben Stramm. Das Riekenbündel hängt ihm eben auch stramm am Rücken herab. Unser Kron prinz hält vor Blumberg. .Mein Sohn," sagt der leutselige Herr, »wo kommst du her?' .Don Patrouille aus St Lloud" antwsrtet der Jäger, .Gefreiter Blumberg der 3. Kompagnie." .Schön," sagt der. Kronprinz, .was hast du da?" und deutet auf Blumbergs Bündel hinten auf dem Rücken. Dem fiel das Herz in die Hosen. — »Betten, Königliche Hoheit, ich habe Reumathismus— .So, so' sagt der Kronprinz, winkt zum Weilergehen und — „na gute Besserung." Blumberg macht hocherfreut stramm kehrt und da gehts klirr, klirr — hisch — im Bündel mit Betten Dabei rinnt der rote Saft des aus lausenden Rotweines durch das weitze Laken. „Seht einer an," spricht lachend der Kronprinz, ..der hat sich gleich die Lrspsen mitgcbracht" Ehe sich Blumberg »om Schreck erholen konnte, waren die Osstziere verschwunden. Ich war wohlweislich mit dem Bündel auf dem Rücken weiter zurück hinter dem Baume stehen geblieben und hatte der Begebenheit zugeschaut. Glück lich in Marnes angekommen, wurden die Flaschen unter der Treppe verstaut. Nur eine Flasche Wein war bei Blumberg kaputt. In der Stube lag ein Kistchen mit Zucker und Zwft« bock, dazu ein Bries aus der Heimat. Die Dämmerung kam zeitig Als ich einmal vor die Haustür trat, fiel leichter Schnee. Du liebe Zeit! Die ersten Vorboten des kommenden Winters. Wir liegen immer noch vor Paris und kein Endel Als Souper erquickte den hungrigen Magen Tee mit Zucker und Zwieback. Dann verschiedene Gläser vom sauer verdienten Wein. Er läßt sich schon buckeln bis hierher I Fortsetzung folgt. Vom Rathause des Städtchens Stolpen. Bon Str. (Nachdruck verbeten.) An der Westseite des eigenartigen Marktplatzes in Stolpen steht das turmgekrönte Rathaus, über dem Portale sieht man dar Stolpener Stadtwappen. — Das Rathaus hat im Laufe der Jahre verschiedene Umbauten erfahren Wiederholt wurde es bet den großen Stadtbränden ein Raub der Flammen. Doch seine äußere Gestalt ist trotzdem in der Hauptsache dieselbe geblieben. — Nicht immer befand sich das Rathaus von Stolpen an dieser Stelle. Erst seit dem Jahre 1600 ist's hier. Bor jenem Jahre hatte das Stol pener Rathaus seinen Platz in der oberen Ecke des Marktplatzes, da man nach dem Schlosse geht. Es lag damals neben dem Malzhausc. 1600 wurde aber das Rathaus auf „Lhursürstlich gnädigste Loncejsion" dahin verlegt, wo sichs noch heute befindet Der da malige Umzug gestaltete sich zu einer ganz besonderen Feier. Die Vertreter der Stadt versammelten sich in festlichem Aufzuge vor dem bisherigen Rathause. „Im beyseyn der gewapneten Bürgerschafft wurden die Freyheits-Zeichen von dem alten Rathause abgenommen, über den Markt getragen und an dem neuerbauten Rathause angehefftet" — Bei dem großen Stadlbrande am 4. März 1723, Donnerstag nach „Dom. Oculi", der an oiesem Tage abends 7 Uhr ausbrach und sämtliche Gebäude innerhalb der Stadtmauer in einen Schutt- und Ajchchaufen verwandelte, wurde auch dos 1600 neuerbaute Rathaus ein Raub der Flammen. Das untere Stockwerk blieb jedoch erhalten. Nach wenigen Wochen schon begann man mit dem Wiederaufbau des zerstöiten Rathauses. Der volle Auf und Ausbau nghm freilich nicht weniger als vier Jahre in Anspruch. Es erhielt das Rathaus einen schmucken Turm, dessen Knops am 7. September 1726 aufgesetzt wurde — Am 18. Juli 1738 traf bei rinein Uber die Stadt ziehenden Gewitter ein Blitzstrahl das Rat haus, ohne jedoch zu zünden. Er richtete aber am Dache und im Sparrwerke nicht wenig Schaden an. M. Earl Christian Gercken gibt in seinem „Historie der Stadt und Bergvestung Stolpen" (1764, S. 372 und 273) vom damaligen Rathause folgende Beschreibung: „Im oberen Stockwerke ist die Ralhs-Stube, nebst einem geraumen Saale, allewo zur Jahrmarkts-Zeit die Tuchmacher ihre Waren pflegen feil zu haben." Auf dem Stolpener Rathause ruhten von jeher ganz besondere Freiheiten. V»n diesen redet § 3 der Statuten vom Jahre 1689, der die Uebelschrift bögt: Von den Freyheiten auf dem Rathause und im Wein-Keller, auch von dem Wein« und Brandtwein-Schank. Es heißt dort wörtlich: In dem Rathause, so nach dem alten Rat hause anno 1600 auf Lhurf. gnädigste Loncejsion, mit Transserirung der Freyheitszeichen, (welche im Beyseyn der gewapneten Bürger- schafft von dem alten Rathause abgenommen, und an diß neue Affigiert worden) nach laut eines gnädigsten Rescripts aufgerichtet worden, darinnen anietzo die Raths-Versammlung und olle gericht liche ^ctiones exerires werden und auch der Wein- und Brandtwein zu jcdweds seilen Kauffs verzapffet wird, darff niemand weder Degen, noch Messer, noch ander mörderlich Gewehr, aus den anderen zucken, oder entblößen, wer solches thut, der ist seiner Hand ver- lustiget, und wer sonst darinnen zanket oder Schlägerey ansänget, wird aus Erkenntnüß mit einer harten Geldbuße, jo gemeiner Stadt berechnet wird, oder mit Gefängniß beleget und bestrafet. Der Weinschank wird gemeiner Stadt zum besten in dem Raths Keller, altem Herkommen nach behalten, darüber richtige Rechnung gethan, und ein besonderer Weinschenke dazu gehalten, dem der Brandt wein-Schank, gegen Erlegung eines gewissen Pachtgeldes, daneben mit vergönnt wird, damit der Weinschenke, ohne sonderbare Be soldung, desto leichter erhalten werden kann. Und hat sich hierüber kein Bürger noch anderer Einwohner dieses Gewerbes zu unter fangen, darff auch kein Frembder den Brandtwein in anderer Häuser tragen und verkauffen, bey Verlust der Waren, und derjenige, so solchen kauffet, soll nach der Erkänntns des Raths gestraffet werden, damit diesem wohlerhaltenen Lommun Werke kein Eingriff geschehe. Inmaßen auch in den vor Jahren, als ätzlich sich dieses Beneficii gebrauchen wollen, solches durch einen Lhursl. Sächtz gnädigsten Beschlich unternommen, und ter Rath und gemeine Stadt dabey geschützt werden." Im Lause der Jahrhunderte hat so mancher Einkehr im Stolpener Ratskeller gehalten und sich dajelbst am edlen Gersten safte gestärkt Noch heute zählt er zu den vornehmsten und belieb testen Schankstätlen der Stadt Stolpen. Er hat unter den Bewohnern seine ständigen Stammgäste. Auch Fremde kehren gern im Rats Keller ein. Im Sommer sitzen sie gern auf der Veranda, von der aus man den ganzen Marktplatz überschauen und alle beobachten kann, die hinaus zur Burg wandern. o—o Paten und Patenkinder. o—o Bei der bevorstehenden Konfirmation unserer Jugend spielen die Paten wieder eine Rolle. Sie begleiten ihr Patenkind zur Kirche, machen ihm einAngebind und damit glauben sie leider meist ihre Pflicht erfüllt zu haben. Wie sehr verkennt man doch diese Einrichtung der christlichen Kirche. Der Name Pate kommt her vom latei nischen Wort pMer, d. h. Bater. Der Pate leistet bei der Taufe aus die Frage des geistlichen Bürgschaft und übernimmt die Pflicht, für eine rechte Erziehung oder Miterziehung des Täuflings zu sorgen. Wie wenige find sich solcher Pflicht recht bewußt, wieviel weniger noch erfüllen sie! Mögen auch die Eltern, die dem Kinde die Nächststehenden sein, mögen sie zu allererst die Pflicht Huben, für ihr Kind, sür sein Glück und seine Zukunst zu sorgen — au» Kindern werden Erwachsene und, wenn nun der Mensch heranreist, so bedarf er mehr denn je des Beistandes, der Förderung. Da ist es gut, wenn ihm außer durch Vater und Mutter nuch von anderer wohlmeinender Seite Hilfe zuteil wird. Wie oft ist auch der Vater gestorben, und die Mutter allein weiß nicht Bescheid genug im Lebenskampf, weiß nicht, was dem Kinde frommen mag. Man denke doch an die Berufswahl! Mit einem Palen geschenk ist's wahrlich nicht getan! Menschen, die es ernst mit ihren Pflichten nehmen, müßte es eine Freude sein, mithelfen zu können am Wohle ihres „Patchens" durch Rat und Tat. Aller dings darf man nicht vergessen, daß auch die Kinder von den Eltern angehallen werden sollten, mehr als es geschieht, an ihre Taufpaten zu denken, eine gewisse Anhänglichkeit zu zeigen und sich ihrer nicht erst zu erinnern, wenn man ihrer Unterstützung bedarf Was werden die Leute sagen? Don Clara Schott, Leipzig. Die wenigsten Menschen leben ihr eigenes Leben. Alle hierzu gegebenen Bedingungen machen ste abhängig von Ker Frage: »Was werden die Leute sagen?' Tausenden, die stch daran gewöhnt haben, aus das Urteil anderer mehr als auf ih ren Seelenfrieden zu geben, wird diese Frage zum Unsegen. Was sind die »Leute", dis heute leben und morgen tot sein können? Soll man sein Geschick in die Hände derer legen, die wie Spreu find? Werden die Leute, aus die man Rücksicht nimmt, uns beistehen, wenn wir im Unglück find ? Unser Un glück kommt ihnen so gelegen, wie unser Glück. Beides dient zur Unterhaltung. Deshalb sollte man nur Herz und Verstand sprechen lassen, ohne auf das Gerede der Leute zu achten! Lin Missionar erzählte einst von einem gefangenen Kö nigssohn, der nach einigen Jahren der Gesangenschast unter der Bedingung sreigegeden wurde, datz er stch zur Mittagsstunde durch die ganze Stadt führen lasse. ,O", sprach der Jüngling, »was werden die Leute für Gesichter machen?' »Du weißt noch nicht, wie Du hindurch- gesührt werden sollst", entgegnete der König. Als die Stunde nahte, gab er ihm eine bis an den Rand mit Milch gestillte Kristallfchvssel in die Hand. »Sobald Du einen Trapsen verschüttest, bist Du des To des", sprach er. Dicht hinter den Jüngling trat mit gezücktem Dolch einer der Schergen des Königs, um ihm die Waffe in den Nacken zu stotzen, sobald ein Tropsen aus der Schüssel zur Erde fiel. Bon weit her waren die Menschen zusammengeströmt, um den Königssohn aus seinem Gange zu jchsn. Kopf an Kops stand die Menge aus den Strotzen, alle Fenster waren besetzt, sogar aus die Dächer waren einzelne gestiegen. Als der Jüngling seinen Weg durch die in atemlMr Spannung harrende Menge vollendet hatte, trat der König zu ihm. .Nun',-sragte er, .was haben denn die Leute sür Gesich ter gemacht?' ,O König", antwortete der Jüngling, »ich habe keines gesehen Ich sah nur mein Leben in meiner Hand und den Tod in meinem Nacken!" — Latzt uns wie dieser Jüngling handeln! Latzt uns nicht aujblicken nach der gaffenoen Menge, sondern nur aus ui» selbst achte«. Dw IwtzLleN. Don Ferdinand Tönnies. Es gibt manche Kuriositäten in der Weltgeschichte wie in den Lebensgrschtchten einzelner Menschen. Em bekanntes Beispiel ist der dritte September im Leben Oliver Cromwell».
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