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schien. von ein (Fortsetzung folgt.) Bodmer verfallen mußte." „Inwiefern merkwürdig, Väterchen?" warf Irmgard j diente: vielleicht war sie gezwungen, zu entsagen, und galt » die Träne der entschwundenen Liebe. Wenzel wurde ernst, ! er ehrte diesen Schmerz, der, wenn auch längst überwunden, „Nimm noch einmal meinen Dank, Hilde; du tust ein « gutes Werk nicht nur an Thea, sondern auch an mir — ich I werde dir das niemals vergessen." Er drückte ihr die Hand, und gleich darauf hörte sie I die Huftritte des im Galopp davoujagenden Pferdes. Brunhilde stand regungslos wie entgeistert da; und ! doch war ihr Innerstes so qualvoll lebendig und sie I empfand die Gewißheit ihrer ahnungslos verschmähten I Liebe mit solcher Gewalt, daß ihre Sinne sich Vee Außen- ! Welt verschlossen und sie'das Hercintreten Irmgards nicht I gehört hatte. „Was ist denn mit dir, Hilde? Du sichst ja aus, als . hättest du soeben eine niederschmetternde Nachricht erbalten ! — um Gottes willen, es betrifft doch nicht den Vater?" Brunhilde ermannte sich: „Nein, Irmgard, beruhige I dich; er wird schon kommen. Ich habe zu lange in das ; verglühende Abendrot geblickt und war geblendet; es war i keine niederschmetternde, sondern eine recht überraschende I Neuigkeit, die ich vernahm. Denke dir, Wenzel hat sich mit ; Thea von Dühringshos verlobt." ; „Der arme Wenzel! Welch ein unüberlegter Schritt!" „Das denke auch ich," sagte Brunhilde. „Aber das ist ja fürchterlich," fuhr Irmgard, ganz » Feuer und Flamme, fort, „diese Zigeunerbaroneß, wie I Doktor Engelbrecht sie immer nennt, ist ja einfach ein un- I mögliches Geschöpf. In der Pension, wo wir sechs Monate j zusammen waren, fühlte ich mich von ihrem Wesen förmlich » angewidert! Weißt du, Hilde, glatt und klug wie eine ! Schlange, wo es sich um ihren Vorteil handelt, durch und I durch' verlogen, dabei schlau wie keine zweite, sobald es s gilt, ihre heimlichen Pläne ins Werk zu setzen —, die ge- » schickteste Schauspielerin vor den Lehrern, mit einem Wort: » unergründlich. Und in diesen Kobold hat unser Wenzel > sich verliebt, Wenzel, von dem ich immer dachte, daß er > und du . . ." ; „Nein, Irmgard, was uns verbindet, ist nur innige ' Freundschaft; von seinem Vertrauen hat er mir denn auch I heute wieder einen sprechenden Beweis gegeben, indem er I mich bat, Thea eine Zeitlang bei uns aufzunehmen." ! „Eine nette Bescherung! Wenzel ist in der Tat furcht- ! bar naiv, uns das zuzumute», Hilde." „Vielleicht hat Thea sich geändert; so etwas kommt zu- I weilen plötzlich." „Kein Gedanke, solche Naturen andern sich nicht, Hilde, i höchstens lernen sie ihre Fehler geschickter zu bemänteln. ! Dgr arme Wenzel, sie wird ihn totquälen! Wüßte ich nur, ' wie er von der Idee dieser unseligen Heirat abznbringen : wäre!" „Ich sagte, es ist merkwürdig," wiederholte der Ritt- ! meister ans einer riesigen Wolke von Tabaksqualm her- I vor, „daß Wenzel sich gerade jetzt mit dem Mündel des ! Barons von Bodmer verlobte." In der Art und Weise - des alten Herrn lag erwas, das die Mädchen befremdete; ! er pflegte sonst den einsamen Mann auf Dornburg, wie I die meisten es im vertranten Kreise taten, den Sonderling i oder den Einsiedler zu nennen. , „übrigens ein höchst gemütlicher Kerl, der Baron, ! höchst gemütlich." begann er nach kurzer Pause, immer ! eifriger rauchend, von neuem, „und sehr zu seinem Vor- E teil verändert. Ein Aristokrat vom Wirbel bis zur Zehe, « das muß man ihm lassen, erinnert mich an die Diplo- ! malen der alten französischen Schule: nun, wir sind ja I auch im Grunde alte Bekannte, ist noch keine zehn Jahre j her, daß er viel bei nns verkehrte, und eure selige Mutter » zählte sich damals sogar zu seinen Lerchrinnen." ! „Du trafst wohl auf deiner Reise mit dem Baron zu- I jammen?" fragte Brunhilde. „Allerdings traf ich mit ihm zusammen," wiederholte ; der Rittmeister gewichtig, „Bodmer hatte mich ausgesucht ? — und abgefaßt." Er hielt inne, um diese staunener- i regende Neuigkeit nachdrücklich auf die Töchter wirken zu I lassen. ; Irmgard war mit den Zwillingen bereits die Treppe zur Empfangshalle hinuntcrgseilt. Bei dem Anblick seiner Töchter erhelllen sich die Fallen auf der Stirn des Riti- i mcisters, er küßte sie auch zänlicher als sonst auf die Wangen. Martha und Maria, zwei blondlockige, rosige, kleine Wesen, die sich durch solche verblüffende Ähnlichkeit hervortaten, daß selbst Bekannte des Hauses nicht immer genau wußten, wer Martha oder wer Maria sei, um- Ipannten mit den runden Ärmchen seine Knie. „Heute unser Burtstag — Papa was mit — e — bracht — heme unser Burtstag —" ging das Durcheinander der dünnen Sümmchen, bis der Rittmeister in komischer Ver zweiflung die Arme hob, aus der Tasche seines Über ziehers eine Tüte mit Näschereien zog und Maria auf den Arm nahm: eifersüchtig wollte Martka dann von Hilde genommen sein. Auf dem Arm der Schwester nestelte sie sich zärtlich scsi — hier ruh le es sich so sanft und sicher! Marcha und Maria besaßen keine Mutter, aber sie ent behrten sie auch nicht; sic hatten eine „Hilde". „Wie ist's denn gegangen, Kinder, — habe mich gegen meinen Willen arg verspätet — Wenzel noch da oder schon i in Schwerin?" fragte er mit soldatischer Schärfe und > Schncidigkeit in dem Klang der Stimme. „Einen Augen blick," fuhr er, im Korridor angelangt, fort, „werde mich erst in meinem Zimmer ein wenig von dem infernalischen Reisesiaub befreien, puh — es geht doch nichts über eine angenehme Häuslichkeit." Eine Viertelstunde später saßen die drei an der Tafel im Eßzimmer und die Schwestern freuten sich, :u sehen, wie vortrefflich dem Vater das einfache Abendbrot schmeckte: seine jetzt vollends aufgeklärte Miene schien außerdem noch etwas Besonderes im Hinterhalte zu ver bergen. „Also Wenzel hat sich verlobt," äußerte der Ritt meister mit eiuem gewijscn Behagen, nachdem abgedeckt ? und Brunhilde von dem Zubettbringen der Zwillinge wieder hereingekommen war, „der verslirte Junge, — . will sich also einen eigenen Herd gründen. Nun, .er kann's ja, braucht mit seinem hübschen Vermögen nicht erst die Praxis abzuwarten. Daß er sich bei seiner verdrehten Mutter, meiner Halbschwester, die schon vor ihrer Heirat ! einen tüchtigen Sparren hatte, nicht wohl suhlt, ist ja ! nicht anders zu erwarten — machte sie sich doch nie etwas j aus ihrem einzigen Kinde. Hm, trifft sich doch übrigens ' merkwürdig, daß er gerade ans den Schützling des Barons „Das wird dir nicht gelingen, Irmgard; wir Frauen I haben eben für das, was den Mann zuweilen an ein Weib , fesselt und mit dämonischer Gewalt festhält, weder Urteil ! noch Verständnis; es ist wie der magische Reiz des Ab- I grundes, der Zauber rätselhafter Seelentiesen, was ihn I hinzieht und berauscht, und nur die Ernüchterung, das Er- » wachen aus dem Taumel, vermag ibn znr Vernunft zu ! bringen." Hier stieß Irmgard plötzlich einen Ruf freudiger Er- I leichterung aus. „Gott sei Dank, dort kommt endlich der » Va:er!" ! Auf der Chaussee war die Gestalt eines Mannes I sichtbar geworden, dessen Äußeres sofort den gewesenen j Militär verriet; er trug auf dem kurz geschnittenen, leicht » ergrauten Haar einen breitrandigen Filzhut, in der Hand ! eine kleine Reisetasche. In den scharf markierten, nicht I unedlen Zügen lag zurzeit eiu Ausdruck von Mißmut und j Abgespanntheit, wie ihn das andauernde Fehlschlägen « von Hoffnungen bei Leuten hervorzubringen pflegt, die ! ihr Löben den Aufregungen des Sports gewidmet haben. Brunhilde ging hinaus, um nachzusehen, ob Johann I den Tisch gedeckt hatte, damit dem auf die Minute Pünkt- » lichen Rittmeister kein Anlaß zur Rüge einer Nachlässig- ! keit gegeben werde. Doch in dem gemütlichen, im alt- 1 deutschen Stil eingerichteten Eßzimmer hatte der alte Diener, der seinem Herrn an gewohnter.Pünksi^ nicht nachstand, schon die letzte Hano an die für vier Per- , , fönen gedeckte kleine Tafel gelegt, so daß Brunhilde nach ! doch noch leise auf dem Grunde ihrer Seele zu zittern einem Gang in die Küche noch Zeit fand, dem Baler, k schien. > der vorn Waldhufener Bahubof kam, cutgegenzugehen. j