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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 07.12.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192512079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19251207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19251207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-12
- Tag 1925-12-07
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Monat
1925-12
-
Jahr
1925
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MelUWMuWlW des Turnvereins von 185K Die gestrige Kinderweihnachtsfeier des T u r n v e r e i n s von 1856 in der Turn halle wies einen selten guten Besuch auf. Die Vortragssolge war reichhaltig und ward vor allein der Weihnachtssehnsucht gerecht. Mit dem alten, schönen Lied „Morgen Kinder, wirds was geben", gesungen von den Kindern, wurde die Weihnachtsfeier eröffnet. Ein Knabe sprach anschließend ein kurzes Begrüßungsgedicht. Frei übungen der Knaben und Frei- und Hüpf übungen der Mädchen folgten. Hierauf wurden zwei Gsdichtsvorträge „Wenn es Weihnacht wird" und „Weihnachisaufzug" geboten. Dann sangen die Kinder wieder gemeinsam das Lied ,O Tannenbaum". Heiterkeit und Beifall fanden Vie Pfcrdsprünge der Knaben, dankbare Aus nahme auch die Bedungen der Mädchen an den Schwebskanten. Erogen Beifall erntete der kleine humoristische Vortragskünstler mit seinem Gedicht in erzgebirgischer Mundart „Wenn kommt Weihnachten". Das Gedicht „Dar SLarn vun Bethlehem" beschlos; den ersten Teil der Bortragsfe'lge. Der zweite Teil wurde durch das Weihnachtsmärchen in zwei Bildern „Zwergkönigs H eimteh r" ausgefüllt. Herr Paul Hiemann, der zweite Borsteher des Turnvereins, sprach vor dem ersten Bilde einen sehr schönen Prolog, Ler auf das echte deutsche Weihnachtsfest hiuwies und weiter zum Ausdruck brachte, den Kindern auch in dem Turnverein frohe Weihnachisstimmung zu be reiten. Dann ging der Vorhang auseinander und wir sahen den deutschen Märchenwald. wie er so oft von unseren Dichtern besungen worden ist. Die Augen der Kinder leuchtereu, als die kleinen, bärtigen Zwerglein hinter den Bäu men heroorkamen. ihre Sorgen um das neue Königspaar — zwei Menschenkinder — ans- spreqend. Sie beschließen, Len Wald zu be wachen, das; keines Menschenfus; ihn betrete; Leun sonst könnten König und Königin vom Heimweh nach der Welt ersaßt werden und das Zwergenrcich wieder verlassen. Schnee-Elflein kommen und wollen mit den Zwergen scherzen, werden diesmal aber davongetrieben. Mit schweren Sorgen begeben sich die Zwerge auf die Wucht. Max und Anna, zwei Geschwister, kommen. Sie wollen noch ein. Bäumchen für das Weihnachtsfest holen. Sie wollen sich spuren, heimzukommen, das; sich die Eltern nicht sorgen; denn ihre anderen Geschwister Pau! und Liese, die vor Wochen in den Wald ge gangen waren, sind bisher nicht wieder heimge- kommen. Sie schlafen aber bald ein und werden von den Schnee-Elsen umianzt, bis die Zwerge kommen und die Kinder wecken, um sie vorn Tode des Erfrierens zu retten. Sie laden die Kinder ein. ihr Zwergenschlos; zu besuchen. Diese folgen. Das zweite Bild stellt das Innere des Zwergen schlosses dar. Noch arbeiten fleißig die Zwerge und schaffen Silberbarren aus dem Schoße der Erde hervor. Arbeitsruhe tritt erst dann ein, als die Waldwächter mit den zwei Kindern kommen. Diese werden nun durch die Räume des Schlosses geführt. Inzwischen sind auch der König und die Königin gekommen. Diese nehmen auf ihrem Throne, den ein mächtiger Fliegenpilz bildet, Plaß. Wie erschrecken sie aber, als sie in den beiden Kindern ihre Geschwister erkennen. Sie beschließen, sich noch nicht zu erkennen zu geben, um den Verlaus des Festes nicht zu stören. Zwerge kommen nun in statt licher Anzahl und führen einen ruhigen, wür digen Tanz auf. Nach ihnen kommen die Blu- men-Elfen, die da meinen, der Frühling sei schon wieder eingezogen. Sie tanzen einen wunderhübschen Neigen. Max und Anna, die beiden Kinder, wollen nun auch nicht zurück- stehen. Sie schmücken unter Hilfeleistungen der Zwerge und Elfen ihr Tannenbäumchen — und als es nun im Lichterglanze erstrahlt, können Zwergkönig und -kvnigin nicht länger an sich palten, sie geben sich den beiden als ihre Ge schwister Paul und Liese zu erkennen und be schließen, zu Len Eltern wieder heimzukehren. Die Trauer der Zwerge darum wissen sie durch die Ernennung des Äeitesten und Führers ihrer Rotte zum König bald wieder niederzuschlagen. Froher Weihnachtsgesang beschließt das Stück. Wenn auch dieses Weihnachtsmärchen eine äußerst schlichte Handlung zeigte und an dis Ausstattung reine großen Anforderungen stellte, so war es dein Kindercharaktcr doch sehr gut angepasst. Aber uuch die Erwachsenen nähme!: das Märchen mit herzlicher Dankbarkeit auf. Es wird in manchem Besucher die Erinnerung an die einst verlebte Jugendzeit wachgerufen haben, da er auch dem frohen Märchenklang gelauscht hatte. Die uns lieben, altvertrauten Weisen der Weihnachtslieder, die während des Spieles so oft erklangen und mit denen die Handlung innig verbunden war, erhöhten die vorweihnachtliche Stimmung. Die Kinder waren mit allem Eiser bei dem Spiel, sprachen tlar und deutlich und zeigten kein Lampenfieber. Sie hatten ihre Rollen fleißig einstudiert und be herrschten sie darum auch sehr gut. Tanz und Reigen der Elfen waren wohlgelungen. Lobend sei auch Herrn Musterzeichner Zöbisch gedacht, oessen schönes Bühnenbild erfreuen konnte. Uno endlich sei auch nicht die begleitende Musik ver gessen. Sie hatte viel zu tun, aber sie zeugte von Lust und. Liebe und trug wesentlich zu dem schöllen Gelinge!: des Abends bei. Alles in allem gesagt: der Turnverein von 1856 darf mit dem Erfolge seines diesjährigen Kinder weihnachtsfestes zufrieden sein. Möge es ihn anspornen, das künftige zu noch höherer Stei gerung zn bringen! W. Stg. 6MMt WWe MNrilWNI Versicherungsbetrug eines Skifahrers Einen einzig dastehenden Versicherungs betrug hat laut „B. Z." ein Skifahrer namens Theodor Pertee verübt, indem er einen tödlichen Absturz in den Bergen erdichtete, um sich in den Besitz der Versiche rungssumme über 120 000 Mark zu setzen. Pertee unternahm Anfang August eine Ski tour in die Stubaier Alpen. Auf der Magde burger Hütte ließ er sein Gepäck zurück und wollte angeblich zur Becherhütte wandern, wo er sich mit einem anderen zu treffen beabsich-. iigte. Er traf dort jedoch nicht ein, so daß eine Hilfsexpedition tagelang nach dem Verunglück ten suchte. Man fand schließlich einen Skistock und die zerschmetterten Skier, so das; Lie Expedition annahm, daß Pertee bei einer sausenden Schußfahrt über eine hohe Felswand geschleudert worden und in eine hundert Meter- tiefe Gletscherspalte gestürzt sei. Die Ber gung der Leiche erklärten die Bergführer siir unmöglich. Die Frau des angeblich Verunglückten hatte 6000 Lire für die Bergung der Leiche ausgesetzt. Später trat die Frau an die Versicherungsgesell schaften heran mit dem Ersuchen um Auszahlung der Versicherungssumme. Eine Gesellschaft zahlte auch 15 000 Mark aus, die anderen drei aber ver traten den Standpunkt, das; erst nach der amt lichen Todeserklärung die Summe ausgezahlt werden könnte. Im November erfuhr nun die Polizeidirektion München, daß sich Pertee, ein geborener Elsässer, im Elsaß auf halte und bereits fünf Tage nach seinem angeblichen Ab sturz in der Nähe von Metz eingetroffen war. Frau Pertee wurde verhaftet. statten zur Bearbeitung. Auch hier geht es wieder ngch Fordschem System von Hand zu Hand. Jede der schier erdrückenden Menge von Maschinen hat die Aufgabe, an einem bestimmten Teil eine ganz be stimmte Verrichtung vorzunchmen. Und dabei wird so haargenau gearbeitet, dak die Mähe bis auf ein 2000stcl Millimeter genau stimmen. Aehnlich ist es auch in der Tischlerei und Lackierern, der Vcrnicke- lungsanstalt und was sonst noch zu diesem kaum über sehbaren Werk gehört. Wie peinlich trat! dieses Mas, senbetriebes auf Qualitätsarbeit geachtet wird, siebt man an den groben Mengen Abfall. Auch in den Tischlereien wird manches „vorbeigctischlert". In den Gebäuden, in denen Lacke und Hölzer verarbeitet werden, ist übrigens stets eine gewisse Feuersgesahr vorhanden. Dieser zu begegnen, dient die Springier- Fcucrschutzanlage, die in Tätigkeit tritt, sobald sich an einer Stelle die Luft auf über 68 Grad erwärmt. In solchem Falle schmilzt eine Plombe durch, ein Wasserstrahl crgiebt sich unaufhörlich auf die be drohte Stelle, und eine selbständige Alarmvorrichiunz ruft die Werkfeuerwchr zur Stelle. Dah in einen! derart grobzügig.angelegten Werk auch für die Ar beiter gut gesorgt wird, versteht sich wohl von selbst. Einen Stamm von vorzüglich geschulten Oualitäts- arbeitern sich zu erhalten, war von jeher das Streben der Werkleitnng. Obgleich so durch eine Organün- t>on, die bis ins Kleinste geht, Höchstleistungen er zielt werden, genügt doch die Tagesproduktion von 1000 Nähmaschinen bei weitem nicht der Nachfrage. Ueberall wird noch vervollkommnet und erweitert. Die nöligen Maschinen und Werkzeuge werden be reits zum gröbien Teil im eigenen Betriebe herze- stellt, und dennoch kennt inan kein Rasten im Aus bau des Bestehenden. Das Werk steht im Zeichen er freulichen Aufblühens, und wenn die Idee auch Am den Amerikanern stammt, so ist es doch deutsches Kapital, das dort Hand in Hand mit deutscher Technik und deutschem Kaufmannsgeist arbeitet. GsMMches Tausend Nähmaschinen am Tag Wittenberge ist eine kleine unansehnliche Stadt, den meisten nur dem Namen nach bekannt. Und doch hat deutsche Technik und deutscher Fleth hier ein Wunderwerk geschossen, das in der deutschen Industrie mit an erster Stelle genannt zu werden verdient: die Singer-Werke. Wie eine einzige grobe Maschine mub das ganze Werk enscheinen, so greisen die Funktionen der einzelnen Abteilungen in einander. Bou der riesigen Halle der Erchsrci, in der der Schmelzofen unaufhörlich flüssige Gluten speit, bis zu der Versandabteilung, die alle 65 Sekunden eine fertige Nähmaschine hinabgleiten labt zu Ver laderampe und Kai. Von Hand zu Hand wandert die Arbeit in lebhaftem Rhythmus. Erst wird das slüsiige Eisen in kunstvoll geprobten Formen gc- sormt. Dann gelangen die Einzelteile in dicWcrk- 100 Jahrs Laudrstheater Soudsrshar-M, Am 5. Dezember feiert das Landestheater in Sondershausen (Thüringen) sein hunden- jähriges Bestehen. Es findet eins Uraufsähre g der Mozartschen Oper „Don Giovanni" („Den Juan") statt, mit der vor hundert Jahren dm Gebäude eröffnet wurde, nachdem schon seit 1 'l ein ständiges Ensemble im Schloß gespielt hat!-. Es schließt sich am 6. Dezember die Äufführue; von „Tristan und Isolde", Oper von Rich s Wagner, an, am 7. Dezember ist ein Festkon r der berühmten Loh-Kapelle angefetzt, während für 8. Dezember als Abschluß der Festtage i? Uraufführung des Dramas „Lothar" .z Walter Flex vorbereitet werdet: wird. In aeu Wandelgäageu des Theaters findet eine Thes-, terausstellung statt; auch wird eine Festschrift „Die Geschichte des Hoftheaters" erscheinen. Das gewür-schSe Erlebnis Skizze von Hildegard Diel „Wir müssen eilen — wir bekommen Nebel", mahnle Dr. Krafft, der sichere Führer unseres kleinen Neisebekanntenkreises, als wir. von einer Bergrour in den Walliser Alpen nach Zer matt zurückkehrend, auf einen: Geröliselde, in den majestätischen Anblick des Matterhorns ver- sunken, in ein leichtes Bummelten.po gerieten. „Ich wünschte, wir kämen noch in den Revel", entgagncie übermütig Heia Wangen, eine an mutige Kunstgewerblerin, Lie zum Nerger unseres englischen Wauderkameraden ein war mes und deutlich erwisertes Interesse für den deutsch-amerikanischen Schauspieler Eäsar Wilt- manu zeigte. „Ich möchte brennend gern mal ein recht ncrvenprickelndes Angsterlebnis haben. Aber natürlich eins mit glücklichem Ausgang." „Maren Sie den Teufel nicht an dis Wand", brummte Eäsar Wittmann warnend. Mr. Willens aber erklärte Lachend: „Ich kann Miß Wangen sehr gut verstehen. Ängst ist gesund — härtst die Nerven ab." Hela Wangens Wunsch erfüllte sich prompt. Nach laum zehn Minuten waren wir in so dichtem Nebel, daß wir in einer verlassenen Hoizfällerhütte, die dicht vor einem abfallenden Hochwald wie ein riesiges Gespenst aus dein weißen Luftmeer ragte, Zuflucht juchen mussten. Unser Notquariier bestand aus einem schmalen, mit Gerümpel ungefüllten Raume und eine?.: mit zwei Schemeln möblierten größeren, in dem wir uns lagerten und uns die Zeit mit Plaudern und Verzehren unserer Proviautreste vertrieben. Indes zog sich der Nebel vor dem winzigen Fenster immer dicker zusammen, und mehr und mehr senkte sich die frühe Abenddämmerung der Bergweit über unsere Hütte, Laß es immer fin sterer darin wurde. Da wandelte sich unsere animierte Stimmung allmählich in ein heim liches Unbehagen. „Hat nicht jemand eine Taschenlampe?" fragte Mr. Willens, der sich aus Rucksack und Lodenkragen ein bequemes Bodenlager brreitet hatte. „Jawohl", jagte Dr. Krafft. „Aber den ge ringen Lickstvorrat brauchen wir für den nächt lichen Abstieg. Ich kann nur ab und zu mal ankuipsim." „Dann geben Sie doch eine kleine Probe Ihrer SchausnielürkuiO, Air. Wittmann. Spie len Sie ein improvisiertes Theaterstück. Es ist ja zu blödsinnig, so stumm im Finstern zu liegen." „Das kann ich doch nicht allein", klang es aus der dunkle!' Tü-ecic. „Branchen Sie auch nicht, wir spielen mit. !Das ist um so interessanter. Verteilen Sie nur !die Nebenrollen, Hauptspieler sind Sie." „Na gut, brummte Wittmann und stand auf. „Dazu brauchen wir aber unbedingt Licht. Ich werde mal in den: Gerümpel nebenan nach einer Kerze oder sonstigen Beleuchtungsmilteln suchen Leuchien Sic mir doch mal, Doktor." Die beiden Herren gingen in den Neben- raum und kamen nach längerem Suchen ent täuscht zurück. Sie hatten nichts gefunden. „Da erzählen Sie uns doch eine Geschichte, ! irgendwas aus Ihrem Leben, Las geht ja ohne Licht", bat ich 'den Schauspieler. Und me-ne Freundin, eine Schweizerin, b-K gleichfalls: „Ach ja, eine recht spannende. Führen Sie uns ein Stück wi-L-n Weißen vor Augen." f „Gern", sagte Eäsar Wittmann lachend. „Also — ich war mal' bei einem Freunde, Lessen Farm " Ein. dumpfer Schlag gegen unsere HüiLen- tür übsrdröhnte in diesem Augenblick Cäsar Wittmanns Stimme. Ein kalter Schreck durchfuhr uns. „Ich gehe sehen, was es gibt", sagte der Schauspieler ruhig und ging hinaus. Lange Minuten verstrichen. Ein deutliches Ctimmen- flüstern klang hinter der geschlossenen Tür — Da wurde sie geöffnet und rafch wieder ge schlossen. „Licht, Doktor", klang gleichzeitig Cäsar Wittmanns stimme sonderbar heiser durch die Dunkelheit. Im nächsten Augenblick sahen wir ihn mit seltsam verstörtem Gesicht in dem auf ihn gerichteten Lichtschein stehen. „Verdammte Geschichte! Es Lut mir leid, Sie erschrecken zu müssen. Wir sind Gefangene Ler Räuberbande Beuti, von der wir gestern in der Zeitung lafen. Die Hütte ist von zehn bewaff neten Kerlen umstellt. Widerstand ist ausge schlossen, da wir keine Waffen haben. Der An führer ist noch nicht da, muß aber jeden Moment kommen. Was meinen Sie, Doktor, ob wir den Kerlen unsere Wertsachen anbicten?" „Versuchen Sie's", riet Doktor Krafft „Ich bleibe indes als ärztliches Bcruhigungs- mittel hier." Cäsar Wittmann ging wieder hinaus. Doktor Kraft löschte die Taschenlampe. Bleich und stumm lauschten wir einem jäh ausklingcn- den Gespräch vor der Tür. Eine Helle scharfe Italienerstimme — dazwischen der ruhige Baß des Deutsch-Amerikaners. Plötzlich gellte ein Schrei ein Psiff — dann ein Schuß in nächster Nähe. Hela Wangen, die sich zitternd neben mich auf den Boden gehockt hatte, stieß einen leisen Schrei aus. „Da haben Sie nun Ihr gewünschtes Erleb nis,' Miß Wangen", grollte die Stimme des Engländers hohnvoll durch das Dunkel. Da — ein jäher Luftzug — hartes Tür- jchließen. Die Taschenlampe glühte auf — und wir erstarrten vor Schreck. Eine wuchtige Ge stalt in schwerem Pelz, einen breiten Schlapp hut tief ins Gesicht gestülpt, aus dem ein paar stechende Augen über einem granfilzigen Schnurrbart uns scharf fixierten, stand, einen Revolver in der erhobenen Rechten, eine Taschenlampe und einen Lederbeutcl in der Linken, vor uns." „Guten Abend, meine Herrschaften. Bitte Ihre Wertgegenstände!" Lolior Krafft warf uns bei den mit stark italienischen: Alzent gesprochenen deutschen Worten einen befehlenden Blick zu und legte als Erster Brieftasche, Uhr und Kette in den hinge- haltenen Beutel. „Löschen Sie Ihr Licht", befahl dcr der Italiener und ging Pistole, Taschenlampe und Beutel dicht vor jedes Gesicht haltend, von einem zum andern. Zum Schluß trat er ein zweites Mal vor Mr. Wilkens. „Sie Haden noch goldene Uhr in Innenseite von Weste — her! oder —" Er hielt die Waffe so dicht vor das Gesicht des Engländers, daß die Mündung fast dessen Stirn berührte. Da erblich Mr. Wilkens jäh und reichte mit einem zornigen „Woher wißen Sie das?" die gewünschte Kostbarkeit. „Wo ist der Herr, der draußen mit Ihnen verhandelt hat?" fragte gleichzeitig Hela Wangen mit bebender Stimme. Der Bandit zuckte die Achsel. „Und was wird mit uns?" forschte Doktor Krafft. „Bleiben Geiseln. Werden abtransportiert." Dann waren wir wieder allein. Draußen hallte von neuem die Jtaliener- stimme — Liesmals italienisch. Schweres Schritttrampeln — dumpses Murmeln — Unsere Angst wuchs. Gegenseitiges Fragen, Vermuten, Hofsen schwirrte ein paar Minuten durch die dunkle Stube. „Vielleicht ist es Herrn Wittmann gelungen, zu entkommen, um Hilfe zu holen", flüsterte Hela Wangen. „Der!" lachte da Mr. Wilkens schrill auf. „Dem verdanken wir ja das Unheil! Der steckt doch mit dem Räubergesindel unter einer Decke. Niemand als der wußte von der zweiten Uhr. Lie ich immer bei mir trage. Ich habe ihm nie getraut. Wetten wir, daß er ein Schurke ist. Hundert Pfund wette ich. Was meinen Sie, Doktor?" Starres Entsetzensschweigen folgte den.Wor ten des Engländers. Dann Doktor Kraffts Stimme, jeltfam leise: „Es wäre nicht ausge schlossen —" Da schnellte Hela Wangen vom Boden auf: „Völlig ausgeschlossen ist's, daß Herr Wittmann ein Verbrecher ist. Ich wette die hundert Mund gegen Sie, Mr. Wilkens." „Ich fürchte, daß Mr. Wilkens recht behält", flüsterte gleichzeitig meins Schweizer Freundin mir zu. „Die Uhr und sein Verschwinde sprechen deutlich. Und der Doktor ist mir stzt auch verdächtig — seine hypnotisierende Ruhe —" In diesem Augenblick wurde die Tür xe, öffnet. Eine Taschenlampe blitzte auf — Ci r Wittmann stand vor uns. Er hielt Len LV - beute! des Banditen in den Lich: -Hein und j psissig schmunzelnd: „Schöne«: Grus; reu: Räuberhauptmann Venti, kann den Krain rö t gebrauchen. Na, Fräulein Wangen, war des Angsterlebnis prickelnd genug? Habe ich eck gespielt, Mr. Wilkens?" Wir waren so sprachlos, das wir erst - ch einer Weile erlöst ausatmend fragen koun-cu: „Aber Lie Räuber —?" Da lachte Cäsar Wittmann fröhlich ach. „Die Räuberbande steht hier. Pelz und Pn haben Doktor Krafft und ich vorher beim Li suchen nebenan gesunden und dabei gleich den Spielplan entworfen. Den Schlag an die TA hat mein Bergstock vollführt. Den SchnauZnrt habe ich mir cius Moos gedreht — na, und di- Stimmen und Geräusche draußen habe ich eben geschauspielert — und Browning und Taschen lampe hatte ich wie immer be: mir." „Und was zahlen Sie uns für die ausgc- standene Angst, die unseren Nerven gewaltig geschadet haben kann?" fragte Mr. Wilkens in einer Eesühlsmischung von Freude über die wiedererlangte Uhr und Aerger über dis ver lorene Wette. „Angst ist gesund, härtet die Nerven ab, hat mir heute nachmittag ein Engländer gesagt", erwiderte der Schauspieler mit feinem Spatt- lücheln. „Auf eine harte Probe haben Sie unstre Nerven aber gestellt", konstatierte meine Schwei zer Freundin. Cäsar Wittmann zuckte köchelnd dis Schul tern. „War nicht meine Schuld. Fräulein Wangen hatte sich ein prickelndes Angsterlebnis gewünscht — Mr. Wilkens hatte nm ein Schau- spick gebctcn, wo ich die Hauptrolle übernehmen und Sie alle'mitspielen sollten — die beiden anderen Damen wollten eins Darstellung aus dem wilden Westen — ich habe also nur Ihre allgemeinen Bitten und Wünsche erfüllt, wie Sie sehen." „Und großartig haben Sie das gemacht", stieß Mr. Wilkens mit jäher Begeisterung heraus. „Wittmann, ich muß Ihne!: die Hand schütteln. Sie sind ein genialer Spieler." - Drei Tage später feierten wir auf Auer Walliser Berghöhe den glücklichen Ausgang unseres Angsterlebnisses: Hela Wangens Ver lobung mit dem Näuberhauplmann.
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