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wie sie sich m seinen Arm schmiegte und sich an ihn drängte! Die heimtückischen Geister des Alkohols ließen irgend welche Bedenken in ihm nicht aufkommen. Wieder und immer wieder winkte er das Mädel mit den Augen zu sich heran und tanzte mit ihm, was natürlich nicht unbemerkt blieb. Später als sonst entschloß er sich zum Aufbruch. Nicht mehr ganz taktfest auf seinen Beinen schritt er hinaus. Wenige Schritte hinter dem hellerleuchteten Flur flog ihm ein Mädel entgegen und warf sich an seine Brust. Es war seine Tänzerin. Sie schlang ihre Arme um ihn und bot ihm'ihren heißen Mund. Da tönte eine lachende Stimme hinter ihnen: „Gratuliere Herr Nachbar, zu der Erobe rung." Mit einem harten Griff schob er das Mädel von sich und schritt hastig davon. Er fühlte dunkel, daß ihm etwas passiert war, was unangenehme Folgen haben könnte. Frau Lotte lag mit heftigen Gewissensbissen wach, als ihr Gatte etwas umständlich die Haustür aufschloß. Eilig knipste sie das Licht an, warf sich einen Morgenrock über und ging ihm entgegen. Auf den ersten Blick erkannte sie seinen Zustand. Ohne ihn mit Fragen zu behelligen, half sie ihm beim Entkleiden. Sie fühlte sich schuldig, denn sie hatte ihm Ärger bereitet und ihn allein gelaffen. Am andern Morgen war Walter beim Frühstück merk würdig schweigsam und verdrossen, obwohl Loiting ihm mit gewohnter Zärtlichkeit den Morgengruß geboten hatte. Der Ärger über sich selbst und über die wahrscheinlichen Folgen des kleinen Liebesabenteuers, an dem er zu einem gewissen Teil schuldig war, quälten ihn. Das würde eine böse Klatscherei in der ganzen Nachbarschaft abgeben. Und was würde seine Frau dazu sagen, wenn sie es erfuhr? Und sie erfuhr es brühwarm durch den Fernsprecher. Der freundliche Nachbar erkundigte sich teilnehmend, wie Walter der gestrige Abend bekommen sei. Er habe sich vor züglich amüsiert. Lachend erwiderte Lotting, er habe sich etwas die Nase begossen. »Und eine großartige Erobe rung gemacht!" fuhr der Nachbar fort. „Den ganzen Abend hat er mit der schwarzen Trude getanzt und vor Ler Tür zärtlichen Abschied genommen." Frau Lotte hatte Geistesgegenwart genug, auf diese boshafte Angeberei lachend zu antworten: „So, das freut mich, daß mein Mann noch soviel Beifall bei jungen Mädchen findet." Eine kleine Anwandlung von Ärger und Eifersucht war bereits überwunden, als sie in das Wohnzimmer zurückkehrte, wo Walter in sichtlicher Unruhe aus und ab ging. „Mit wem hast du eben gesprochen?" „Mit dem Nachbar H....." Als sie in diesem Augenblick die Bestürzung ihres Mannes auf seinem Gesicht las, kam sie dix Lust an, Ver geltung zu üben. Mit düsterer Miene ließ sie sich in einen Sessel sallen und schlug die Hände vors Gesicht. „Walter, was soll nun werden? Wenn du mir schon eine Schnitterin vorziehst?" „Aber Lotting, hör' doch!" „Nein, Walter, zwischen uns beiden ist es aus. „Wenn es aus ist, dann ist es aus," erwiderte er » resigniert, „aber anhören kannst du mich wenigstens. Ich leugne ja nicht, daß ich an dem Vorfall schuld bin. Ich hatte in meinem Ärger zu hastig getrunken und habe mit dem Mädel mehrmals getanzt. Daß sie mich vor der Tür umarmte..." „Und abküßte..." warf Lotting ein. „Dafür kann ich nicht. Das habe ich nicht gewollt. Lotte zuckte die Achseln. „Wenn ihr Männer was im Krönchen habt... Und euch solch ein hübsches Mädel in - die Arme fällt..." Er stand einen Augenblick unentschlossen. Dann kniete er vor ihr nieder und zog ihr die Hände vom Gesicht. Verblüfft starrte er in ihre schelmisch lachenden Augen. „Tu Schwerenöter... ich werde mich hüten, dich noch ein mal allein zu lassen. Aber Strafe muß fein... jetzt wirst du..." „Ja, Lotting, alles, was du willst..." „Also zuerst das Auto." Schon nach vierzehn Tagen slitzten sie zum erstenmal aus. Zu dem Nachbar, dem Lotte dafür danken wollte, daß er ihr zu der Erfüllung ihres Wunsches verhalfen hatte. Oer bestrafte Sünder. Humoreske von Fritz Skow'rönne k. Es war ohne Zweifel eine gesegnete, glückliche Ehe. Vier stramme Sprößlinge, drei Buben und ein Mädel, vor Kraft und Gesundheit strotzend, waren dem Herzensbund , entsprossen. Es gehörte zu den größten Seltenheiten, daß I sich mal eine Meinungsverschiedenheit Zwischen Mann und « Frau erhob. Dann wetteiferten beide, sie alsbald aus der ! Welt zu schaffen. Eines Tages jedoch erhob sich ganz k plötzlich am Ehehimmel eine schwere Wolke. „Sag' mal, l Walter," begann Frau Lotte ganz harmlos, „denkst du I denn gar nicht daran, ein Auto anzusthaffen?" „Nein, I Lotting," erwiderte der Mann seelenruhig, „meine Hafer- ' Motoren sind mir lieber. Auf die kann ich mich jederzeit I verlassen." „Ach, lieber Mann, die ner.m Autos sind jetzt I so zuverlässig." I „Mag sein, aber ich will nicht." Der Ton der jungen Frau wurde- merklich schärfer. I „Weshalb willst du nicht?" „Ich mag das Geratter und den Gestank nicht leiden." „Dafür hat man aber die Sch: .lligkeit. Wir könnten ! Hierhin und dorthin ansflitzen. Jetzt sind dir immer deine I Pferde zu schade." Dann gab sie sich einen Ruck. „Walter, > wenn ich dich aber so recht bitte, möchtest du mir nicht den ! Wunsch erfüllen?" „Auch dann nicht." „Auch dann nicht? ! Das werde ich mir merken." Mit Tränen in den Augen l stand sie aus und verließ das Zimmer. Eine Stunde später ging der Hausherr sie zu suchen. ! „Lotting, wir haben doch heute das Fest im Kriegerverein, k Es ist Zeit, daß du dich anziehst." „Ich komme nicht mit." „Aber Lotting, das geht doch nicht. Du als Frau des i Vorsitzenden mußt doch da sein. Was werden die Leute ! sagen?" „Tas ist mir egal. Ich will nicht." „Auch nicht, wenn ich dich sehr bitte?" „Nein, auch dann nicht." ! Erst jetzt merkte Walter, daß er die Folgen der vor- ! herigen Meinungsverschiedenheit zu tragen hatte. Ver- i stimmt kleidete er sich um und ging ohne Abschied davon. I In dem reichlich geschmückten, hell erleuchteten Saal I herrschte bereits Feststimmung. Und jetzt, da der Herr ! Vorsitzende erschienen war, konnte es losgehen. Schon I traten auf oer Bühne die Sänger an. Nach dem Lied, das l mit mehr Begeisterung und Stimmenanfwand als Kunst I gesungen wurde, hatte der Vorsitzende die Festrede zu ' halten. Wie manches Mal schon hatte Walter die Herzen der I einfachen Menschen mit zündenden Worten erhoben und I entflammt! Heute klang seine Rede matt und hob sich müh- ' sam zu dem dreifachen „Hurra!" Vergebens bemühte er I sich, seiner ärgerlichen Stimmung, die in ihm bohrte, Herr I zu werden, denn sie erhielt sortwährend neue Nahrung, i Seine Gutsnachbarn waren natürlich alle mit ihren ° Frauen erschienen. Da fragte bald eine, weshalb feine I Gattin nicht erschienen wäre. Mehr ehrlich als klug er- I Widerte Walter: „Sie hat keine Lust." I „Lust?" kam es spitz zurück. „Ich glaube, das ist un- ' sere Pflicht, auf solchen Festen zu erscheinen." Dann die I andere: „Herr Amimaun, weshalb hatte Ihre Gattin I keine Lust?" — War es da ein Wunder, daß sich Walter, I um solchen Fragen zu entgehen, „unter das Volk mischte", ' um mit diesem oder jenem seiner alten Kriegskameraden I einen Erinnerungsschluck zu'trinken? Endlich begann das von der Jugend schon sehnsüchtig ; erwartete „Lämmerhüpsen". Walter hatte als Vorsitzender » einige Pflichttänze zu erledigen, die ihm sonst nicht schwer- I gefallen waren. Diesmal erschienen sie ihm als eine un- I angenehme Beigabe des Festes, wer! sein junges, statt- ; liches Weib fehlte, mit der er nach zehnjähriger Ehe noch » ebenso gern tanzte wie als Bräutigam. In einer Stirn I mung, die nicht weit von Galgenhumor entfeint war, l setzte er sich hinter eine Flasche Rotspon. Der schwere ; Wein stieg ihm zu Kopf. Mußte er denn hinter der Flasche ' sitzenbleiben, weil seine Frau ihn im Stich gelassen hatte? I Unternehmend musterte er die in seiner Nähe stehenden I Mädel. Wie von seinem Blick angezogen, kam eine auf ; ihn zu und forderte ihn durch einen Knicks zum Tanz auf. » Es war eine seiner Schnitterinnen, ein blitzsauberes, I schmuckes Mädel mit blanken Augen. Und wie sie tanzte,