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Ergriffen lauscht der Mensch der Schöpfung Frau Maria von Poranska war sanft entschlummert. Helene hatte ihr einige Tage vor ihrem Tode schonend das'Ableben Viktors mitgeteilt. Die alte Frau hatte diese Nachricht fast wie eine Befreiung empfunden. Nun konnte sie mit versöhnlichen Gedanken an ihren Sohn denken, und das hatte ihr das Sterben leicht gemacht. Einige Monate später schlossen Stanislaw und Helene still den Bund fürs Leben. Nur der Notar und Doktor Dubois waxen Trauzeugen bei dem feierlichen Akt. Die Jungvermählten traten sofort eine Reise ins Ausland an. Während ihrer Abwesenheit sollte das Schloß Chmilowo nach dem Wunsche des neuen Majoratsherrn ausgebaut und neu eingerichtet werden. Stanislaw von Poranski brachte dem bisherigen Se kretär seines Vetters großes Vertrauen entgegen und bat ihn, eine Stellung als Verwalter seiner Güter anzuneh men. Saleski, nunmehr glücklicher Bräutigam Annuschkas, zögerte nicht, dieses vorteilhafte Angebot anzunehmen, da auch seine Braut sich mit der veränderten Situation aus gesöhnt hatte. Die standhafte Liebe des ehrenhaften Mannes, der in den Monaten nach dem Tode Viktor von Poranskis, in denen Annuschka eine schwere Nervenkrisis durchzumachen hatte, kaum von ihrem Krankenbett ge wichen war, hatte das Herz des schönen Mädchens be zwungen. Die Liebe Saleskis half ihr, den Weg zu sich selbst zurückzufinden und die Schatten der Vergangenheit für immer aus ihrem Leben zu bannen. Ende. Oer Leopard im Schlafzimmer. (Ein Tropenerlebnis von Fullah.) Sternklare, linde Tropennacht, so recht dazu angetan, dem nach vollendetem Tagewerk angestrengten Europäer Erholung zu spenden, über einer winkeligen Ausbuchtung der Waldsilhouette erscheint mit mildem Licht Frau Luna, die Gebieterin der Nacht, und ihre Adjutantin, Frau Venus, als wollten sie Nachtruhe gebieten. Die Faktorei liegt auf einem Hügel, unten die trägen Wasser eines Flüßchens. Himmlische Ruhe umschmeichelt die durch die brütende Hitze und den Lärm der Arbeit aufgepeitschten Nerven. Vom nahen Negerdorf hört man Rufen und Lachen sowie das eintönige Trommeln der I des Polizeioffiziers den Duellanten gefolgt war. Um » nicht vorzeitig bemerkt zu werden, hatten die beiden Herren » für den letzten Teil des Weges statt der Landstraße einen I weniger gut fahrbaren Seitenweg benutzt, und so erklärte 1 sich ihr verspätetes Eintreffen. Der Polizeioffizier sprang heraus, gefolgt von dem ! Notar Kolakowski. „Halb! Im Namen des Gesetzes! Ich verbiete den I Zweikampf und erkläre Sie, Herr Viktor von Poranski, » unter dem Verdacht des Raubes und der Unterschlagung ! eines Testaments für verhaftet.* Stanislaw fühlte, wie es ihm dunkel vor den Augen , wurde. Die Erlösung von der Gewißheit des sicheren » Todes kam zu jäh. Die Pistole entfiel seiner Hand und ! entlud sich mit lautem Knall. Er hörte ihn nicht mehr. I Von einer tiefen Ohnmacht umfangen war er umgesunken. Viktor wußte, als der Polizeioffizier aus dem Schlit- » ten sprang, daß er das Spiel verloren hatte. Mit einem ! höhnischen Lächeln umkrampfte er die Pistole. Blitzschnell I hob er die Waffe und zielte auf seinen verhaßten Gegner. Da zuckte plötzlich ein anderer Gedanke durch sein Ge- » Hirn. „Lebe, wenn du kannst, für mich bist du tot!" ! Waren das nicht die letzten Worte seiner Mutter gewesen? I Vor ihm lag ein langes Leben voll Schmach und Schande I und Kerkermauern. Er hatte das Spiel verloren! War es nicht besser, ! wenn er selbst das Strafgericht a r sich vollzog? Zum I ersten Male in seinem Leben sagte ihm ein dunkles Gefühl, I daß es nicht Höheres gibt als die Gerechtigkeit, und daß . jede Schuld unerbittlich ihre Sühne heische. ! Ehe es die Umstehenden verhindern konnten, hatte I Viktor die Waffe, die er eben noch gegen seinen Vetter j gebrauchen wollte, gegen die eigene Stirn gerichtet und . abgedrückt. ! Ein Schuß krachte. Viktor von Poranski hatte sich I selbst gerichtet. Krone — er fühlte die Wirkung dieser doch nur tierischen I Sprache. Aber unter dem leichten Musikantenvolke sind der ; Nachtschwärmer so viele wie anderswo. Und noch dazu - nach einem so herrlichen Sonnentage in einer so wunder- I voll klaren Nacht wie heute! So melden sich denn auch, bald hier, ba*d dort, die ! passionierten nächtlichen Tumultuanten mit rüüsichtslo- » fester Ungeniertheit. Das gellt und schreit und klagt und I ruft; es nimmt kein Ende. Niemand ist da, keine Nacht- i Polizei, die Ruhe gebietet. I Der Weiße sitzt im Freien, er träumt von der fernen > Heimat, denkt an liebe Eltern und Geschwister und wohl l auch an anderes Liebes, was so weit, ach, so weit von ihm I entfernt wohl auch seiner gedenkt. ; Mitternacht mag herangekommen sein und es wird » Zeit, sich zur Ruhe zu begeben, denn gar frühzeitig beginnt I in den Tropen die Arbeit des Tages. Im 'Zimmer dumpfe, schwüle Hitze, so daß man der ; Versuchung nicht widersteht, das Fenster offen zu lassen, - ein im Busch nicht ungefährliches Beginnen. Doch, was > tut das, man hat es schon oft getan und macht sich keine I Gedanken darüber. ; Schnell aus den Kleidern in den Pyjama. Das Mos- > kitonetz gut geschlossen. Im Bett noch eine letzte Zigarette I rauchend, liege ich, lauschend den Tönen Ler Tropennacht. > Bald bin ich in Morpheus' Armen ruhig eingcschlafen. ; Es mögen wohl gegen zwei Stunden vergangen sein. ' Da, ein lautes Knurren und leises Schleichen und Lappen I in meinem Zimmer. Irgend jemand mußte in das Haus I eingedrungen sein. Ein Mensch konnte es in keinem Falle ; sein, denn wer würde es gewagt haben, mir zu dieser Zeit ! einen Besuch in meinem Zimmer abzustatten? Meinen I Karabiner, der immer geladen schußbereit hing, konnte ich I vom Bett aus nicht erreichen. ; Angestrengt versuche ich festzustellen, wer der ungebe- ' tene Eindringling sei. Jeden Augenblick konnte ich im i Bett angegriffen werden und wäre, vollständig waffenlos, I ein Kind des Todes gewesen. Ich entzünde ein Streich- ; Holz und sehe zu meinem Entsetzen dicht vor meinem Bett » einen ausgewachsenen Leoparden mit krummem Rücken I und fletschenden Zähnen mich anstarren. Die Bestie war ! ebenso erschrocken wie ich, machte aber, da sie Wohl Hunger ; hatte, keine Miene, zu entfliehen. » Was nun tun? Tausend Gedanken durchschwirrten I in rasender Schnelle mein Hirn. Jeden Moment konnte I sich die wütende Bestie auf mich stürzen. Nur das dünne ; Moskitonetz hielt sie noch zurück und wurde so zu meinem » Lebensretter. An Flucht war nicht zu denken, mein Kara- I biner war nicht erreichbar, eine wirklich nicht beneidens- I werte Sitnuation! ; Da kommt mir der rettende Gedanke! Kurz entschlossen » zünde ich mein Moskitonetz an, das sogleich in lodernden I Flammen zu brennen anfing. - I Das hatte die beutegierige, blutdürstige Bestie denn ; doch nicht erwartet. Mit einem Satz war sie, nach Katzen- » art springend, zum Fenster hinaus und verschwand in der I Dunkelheit. Ich erholte mich bald von meinem Schrecken, habe ; aber nie wieder des Nachts im Busch mein Fenster offen » gelassen. l tanzlustigen Jugend. Vom Muß herauf ertönt das j Grunzen und Plätschern einer im Mondlicht spielenden » und äsenden Flußpferdgesellschaft. Ein wahres Orchester! ! Ein Heer dieser wohlbeleibten Musiker belehrt den I Zuhörer dann jedesmal überzeugend von des Basses ß Grundgewalt. Mit gewaltig tiefen Akkorden setzt der Chor ; ein, daß die Luft im Umkreis erzittert. Dann leitet das . schmetternde Gebrüll in Kadenzen hinüber zu den anderen, I inzwischen akkompagnierenden zarteren Tonkünstlern. > Aus der Ferne schallt das Heulen hungriger, beutesuchen- ; der Hyänen und das schrille Lachen sich streitender Scha- - kale. Und diesen Mitwirkenden verdankt dann die Ten- I felsmusik eine gewisse Abwechslung. In solchem Stadium j ist das Konzert bald im besten Gange. Plötzlich fallen der » dicke Dirigent und sein ganzer kolossaler Anhang mit ! schmetternden Fanfaren von neuem ein, die Satans- i sinfonie ist beim Dakapo. So geht es fort unter gewal- ß tigem Schnaufen und Prusten im nassen Element.