Volltext Seite (XML)
E LsniechsliMgsbsilags M zum D H HohLusiem-EmflchÄler TsgeLlaii und Anzeiger §§r Kampf r.ms Mazorat Ein KulLurroman von Fritz Skowronnek. ; (2. Fortsetzung.) Tie Neigung und Sehnsucht des Vaters teilte der j Sohn jedoch nicht. Er hatte kein Verlangen nach einem > Lande, das er nicht kannte. Er, der im freien Amerika groß ! geworden und seine Erziehung genossen hatte, empfand keinen Grund zur Rückkehr in die Heimat seiner Väter. Er hatte einen ihm sympathischen und sehr einträglichen ; Wirkungskreis gesunden und weigerte sich, seinem Vater Zu folgen. Das heftige Temperament Herrn von Poranskis war ausgebraust und hatte mit Anwendung von Gewalt gedroht. Doch war das für den energischen jungen Manu, der in der fremden Umgebung, in die er durch den frühen Tod seiner Mutter schon als kleiner Knabe gekommen war, und der niemals den Einfluß seines Vaters tief innerlich gefühlt hatte, nur ein Grund mehr, hartnäckig aus seinem Willen zu bestehen. * Ein völliger Bruch zwischen Vater und Sohn war die Folge dieser Weigerung. Als Herr von Poranski in einer grauen November nacht nach fast zwanzigjähriger Abwesenheit in Lemberg ankam und durch die wenig erleuchteten Straßen dem Hotel zuschritt, in dem er als flotter Kavalier oft gewohnt hatte, als er nun suchte und suchte und schließlich inne wurde, daß das Hotel nicht mehr bestand und sich an seinem Platz ein großes Kaufhaus mit breiten Schaufenstern erhob, da kam er sich fremder in der Heimat vor als drüben in Amerika, wo seine Phantasie sich oft getreu und lebhaft das Land seiner Jugend hcrvorgczaubert hatte. Er wollte schon am nächsten Morgen zu der Witwe seines Bruders hinausfahrcn, um wegen der Gntsttber- nahme zu verhandeln. Er sagte sich wohl mehreremal, daß er ja der Ehrenretter der Familie sei, aber er scheute sich, die Reise anzutreten. Die Heimat lag zu schwer auf ihm. Ja, wenn er sie nach und nach erreicht hätte!. Aber er war von Triest, wo er sich ausschifsen ließ, sofort nach Lemberg gefahren. Er hatte darauf gebrannt, so schnell als möglich unter heimatlichem Himmel zu stehen, und kam sich nun fremd und einsam vor. Was er in sich fühlte, setzte er auch bei den anderen voraus. Er wollte darum seine Schwägerin erst auf sein Kommen vorberciten. Und wer weiß, bei ihr hieß cs vielleicht sogar alte Wunden anfreißen. Er hatte dieser Frau in der Jugend einst »ahe- gestanden. Vergangen und vergessen, aber gerade deshalb konnte die Erinnerung weher tun. Er wollte seiner Schwägerin schreiben und erst in einigen Tagen abrcisen. Er fühlte, daß er ihr dann freier gcgenübertreten könnte als heute. Fremd, von niemand erkannt, ging Herr von Poranski am nächsten Morgen durch die Straßen Lembergs. Nur der alte Stadtteil war größtenteils unverändert geblieben, die Neustadt war gar nicht wiedcrzuerkennen durch die Ausdehnung, die sie in den zwanzig Jahren seiner Ab wesenheit gewonnen hatte. Kein Wunder, denn zwei Jahrzehnte sind Spielraum genug für die Veränderung von Menschen und Dingen. Aber hier und da merkte Herr von Poranski doch, daß der eine oder der andere sich nach (Nachdruck verboten.) » , ihm umsah, als käme er ihnen bekannt vor. Herr von i ! Poranski erkannte sie wohl, aber er scheute sich, an sie her- I anzutreten, um nicht neugierig ausgesragt zu werden. Der , Ruin seines Hauses, den er auszuhalte» gekommen war, ! seine ganze amerikanische Vergangenheit, die in ihrer rast- I losen Arbeitsamkeit den stolzen Geschlechtern der euro- j päischen Kulturwelt wenig imponieren mochte, lösten in » ihm Empfindungen aus, die sein Innerstes M tief be- ! wcgten, um sie beim ersten Schritt in die Heimat jedem I darznlegcn. Er ahnte dabei selber nicht, wie schnell und > einschneidend auf ihn, der sich hier als Fremder vorkam, ; die Luft der heimatlichen Erde schon eingewirkt hatte, » denn seine Scheu bewies, daß er selber bereits wieder der I stolze Aristokrat geworden war, als der er sich hier vor > zwanzig Jahren alle Gesellschaftskreise und alle Herzen ; erobert hatte. Wie einer, der die Ausführung eines schweren Ent- I schlusses um Stunden, ja uin Minuten verschieben möchte, > ging Herr von Poranski durch die Straßen Lembergs. « Er hatte gestern seiner Schwägerin geschrieben, daß er ! hier sei, daß er aber erst in einigen Tagen nach Chmilowo I kommen könne. Diese Tage in seiner alten Vaterstadt zu j bleiben, wo jeder Stein ihm eine Erinnerung an die Ju- ; gend zurückrief und wo man ihn schließlich doch kennen i mußte, dagegen sträubte sich fein Empfinden. Erst von I Chmilowo aus sollten die Leute erfahren, daß der einst so ; leichtsinnige Junker von'Poranski wieder in der Heimat ; war; mit einer Tat wollte er sich bei ihnen einführen, i Denn von dem Ruin seines Bruders wußte hier natürlich I jeder mehr als nötig war. Er entschloß sich schnell, er wollte nach Wien fahren. ! Er brauchte Lebensmut für Chmilowo. Er ahnte auch I hier wieder nicht, wie ihn die Heimat bereits mit allen I Banden nmstrickte. Wratislaw von Poranski hatte sein ; leidenschaftliches Temperament in Amerika nicht verloren. » Noch am selben Abend stieg er in Wien aus dem Eilzuge, l Wie ein mit kräftigem Nuderschlage in volle See steuern- I des Schiff fuhr er hinaus in das verlassene Traumland I seiner Jugend und seiner Erinnerungen. Er zauderte nicht lange. In einem Caft überlegte er ! das Programm für den Abend. Er brauchte nicht lange I nachzndcnken, um alle die Orte vor seinem inneren Auge ; auflcuchicn zu sehen, in denen er seine schönsten Stunden i verlebt batte. Das waren Zeiten! Lange, lange war das I her. Er mußte wehmütig lächeln. Wie eine dichte Wolke ! verdeckte ihm heute die Gegenwart die funkelnden Sterne ; der Vergangenheit. Jclonka! Schön war sie, brennend schön wie eine I Tropenbiume. Den länglichen, schmalen Kopf krönten ; ticfschwarzc, seidcnfeine Haare. Die dunklen Augen - konnten lieben und versengend hassen. Es steckte Rasse in l diesem Mädchen, das die sichere Gleichförmigkeit des I Alltagslebens dem blendenden Schein der Bühne geopfert I hatte. Als gefeierte Sängerin eines Wiener Vorstadt- » theaters hatte Poranski sie kennengelernt. Vielleicht I