Volltext Seite (XML)
L den Lm Zeichen -er Hun-esperre Der vtotfchret der Kreatur. Hat das Hundefräulein recht? Sind wir alle — Hundsfötte? Ich fürchte, ich fürchte: man kann sie nicht widerlegen. - - - JeanJaeques. Durch einen ganz besonderen Zufall bin ich in .... Besitz eines Schriftstückes gelangt, das durch seinen Inhalt als ein rührendes — äoeument Kumam, hätte ich beinahe gesagt — also als eine rührende Urkunde der Gefühle einer empfindsamen Hundeseele in der furchtbaren Zeit der Hundesperre ausweist. Ich fand es in irgend einem ver schwiegenen Winkel. Det Wind mochte es vom Schreib tisch des unterzeichneten Hundefräuleins Wisla, d. h. vom Schoß seiner Herrin, fort durch ein offenes Fenster auf die Straße entführt haben. Es hat seinen Adressaten verfehlt, <2 nSM 2 s MÄ—Menschen den letzten Heller aus der Tasche ziehen, die dürfen im ganzen Deutschen Reiche frei umherlaufen, und auch in Dingsda. Aber laß uns das Unvermeidliche mit Würde tragen! Was kümmert es schließlich den Mops, wenn ihn der Mond angrinst oder wenn ihn ein — Mensch beleidigt. Einmal muß die schwere Zeit der Not ja doch enden. „Es ist ein großer Frühlingstag der ganzen Welt beschie- den", singt Geibel, der wirklich fast würdig wäre, als Seidenspitz wieder auf die Wett zu kommen, und Heyse, den wir ja halb und halb zu unserem Geschlecht zählen können, sagt ganz ähnlich: „Uber ein Stündlein — ist deine Hundehütte voll Sonne." Sollten wir etwa eine große Hundeprotestversamm lung auf den Hauptmarkt zusammenberufen? Sollte es heißen: „Die Wiska rief, und alle, alle kamen?" Die Spitze und Möpse, die Foxterriers, die Doggen, die Rattler und Dachshunde, die Herren von Neufundland und die frommen Grafen vom St. Bernhard? Imposant wäre es, und auch wirkungsvoll! Aber der Gedaicke widerstrebt mir. Es ist etwas Unfeines, wenn Hunde die Interessen von Hunden vertreten, das müssen andere machen, z. B. die Pferde oder die Esel — die importierten natür lich, die doch wahrscheinlich ebenso für „Tierschutz" schwär men wie der „Tierschutz" für sie. Die einheimHchen Esel find leider „nicht weit her*. Nein, keine von Hunden ausgehende Hundeversamm lung! Ich habe gelernt, zu leiden, ohne zu klagen. Ich klage mich nicht einmal darüber, daß es mit dem vertrau lichen Verkehr zwischen Dir und mir für unabsehbare Zeiten aus ist. An dem Rathaus — weißt Du noch? Auf dem Nicolaiplatz — weißt Du noch? Nur über eines komme ich nicht hinweg — und welcher Hund an meiner Stelle käme darüber hinweg? — Denke Dir, o Schnauzer!, mein Schnauzer!. Ms die selige A. E. A. noch lebte — noch habe ich es niemandem erzählt, auf Hundeehre! —, damals, damals gelang es mir, auf Grund eines ganz genialen Feldzugsplanes, mitten aus dem siedenden Wurstkessel neben der Dölpitzhöhlo ein Paar Würste herauszuholen. Ich verzehrte sie damals nickt; ich war nicht ganz wohl. Und auch später kam ich nicht zum Dinieren. Sie liegt begraben, zehn Hundesprünge vom Rand des Gänseteiches neben der Gondelstation. Und nun? Alle, die sonst aus der A. E. A. eine Wmst oder einen Knochen oder sonst was fortgeschleppt haben, können sich jetzt des wohlerworbenen Besitzes freuen Nur ich, ich, ich! Oh, ich Allerärmste! Wer hilft mir? Kannst Du mir helfen? Wenn Du es kannst, dann tue es. Die Haare fallen mir ans vor Kummer, ich werdd täglich bleich und bleicher. Und, bei meinem zierlichen Schwänzchen, ich sterbe, wie Putti starb, wenn ich die Wur st nicht kriege. Aber ich sehe, daß es wahr ist: Weß das Herz doll ist, deß geht es über. Ich habe ja einen ganzen Bandwurm zusammengeschrieben, und ich Habs doch ebensowenig einen Bandwurm, als Putti einen Floh hatte. Nochmals: diese elende Sippschaft, die — Menschen, sind nicht wert, daß sie da sind. Sie sind auf Len Hund gekommen; — aber das ist eine Beleidigung für unsere Rasse. Sie verdienen, daß eine Hundekälte über sie herein bricht. Sie müßten selbst Maulkörbe tragen, so niederträchtig sind sie, so nie—der — trächtig. Lebe wohl, mein Herzblatt, meine Vorderpfote, meine Römernase. Meine Herrschaft ruft. Ich glaube gar, ich soll „abgerichtet" werden, — weil ich jetzt so viel Zeit Habel — soll mich anstrengen, so zu werden und mich zu gebärden wie ein — Wau — wie ein — wau — wie ein — Mensch. Ach, meine Herrschaft ist doch auch nichts Wetter als ein — ein — ... Deine unglückliche Wiska. kL. Aber friß die Wurst nicht selbst. — wenn dieser nicht etwa durch die heutige Veröffent- I lichung Kunde von ihm erhält. Es ist aus rosa Papier mit « dem lieblichsten Hundepsötchen geschrieben. Es wäre eine , Unterlassungssünde, wenn ich es nicht bekannt gäbe. Das Schriftstück lautet: „Herzallerliebster Zamperl, süßestes Schnauzer!! Das Schreckliche ist geschehen. Diese rohen zwei- I beinigen Wesen, die Beelzebub entstehen ließ, um uns zu I peinigen, nämlich die Menschen (wobei ich meine Herr- ; schäft natürlich ausnehme) haben über Dingsda die Konti- > nentalsperre verhängt. Wir aus dem edlen Geschlecht von I Wauwau dürfen nicht mehr ohne Maulkorb umherwan- I dein; wir dürsen das Weichbild der Stadt nicht mehr über- ! schreiten; es ist uns verwehrt, Eisenbahn zu fahren, als ' wären wir Anarchisten. Wie Pestkranke hat man uns unter I Kontrolle gestellt, uns unsere goldene Hundefreiheit, die ' ich meine, meuchlings entzogen. Und dies gerade in einer f Zeit, wo nach trüben Tagen ein Wetter herrscht, das so ' herrlich ist, so sonnig, daß man es nicht besser benennen I kann als mit dem ehrendsten aller Ausdrücke — ein wahres i Hundewetter. Und warum, Du zuckersüßes Schnauzer!? Weil in ! Lichtcnwalde einer aus unserer internationalen Adels familie toll geworden ist, vielmehr, weil irgend ein Vieh- ' doktor behauptet, daß der mitleidwürdige Standes- ! genösse toll geworden sei. Erstens -laube ich es nicht — ' was versteht so ein plumpes zweibeiniges Ungeheuer, so . ein — Mensch, von Hundenatnren. Zweitens finde ich es ! unanständig, sür einen vereinzelten Fall die Allgemeinheit I büßen zu lassen — wir sind doch wahrhaftig noch nicht in > Bremen und Glasgow; so wett wie Bremen oder Glasgow » — das muß ich nun doch trotz aller wohlberechtigten Ab- ! Neigung gegen meine Vaterstadt sagen — so weit ist Dings- I da noch lange nicht. Und drittens: ist es ein Wunder, ' wenn man in diesen Zeiten toll wird? Müßten diese » irdischen Teufel, die — Menschen, nicht eigentlich alle fünf ! Schritte weit ein Tollhaus bauen, wenn sie alle Ihres- I gleichen „sperren" wollten, die nicht mehr ganz bei I Groschens sind? Aber freilich: was kommt darauf an, » ob zwei wohlgezählte Drittel von dieser aus Tröpfen und ! Schurken zusammengesetzten — Menschengesellschaft ver- I rückt ist! E in toller Hund, es ist wahr, wiegt schwerer ! als 100 tolle Zweibeiner. Aber liegt denn Lichtenwalde bei Dingsda, oder muß I ich schreiben Dingsda bei Lichteuwalde? Oh, Unglücks- I wort Lichtenwaldel Man sollte den Ort in Finsterwalde , umtaufen! ; O wie recht hatte Putti, daß sie vor drei Wochen dieser i Jammerwelt „Ade" sagte. „Genossen," bellte sie auf dem I Sterbelager wehmütig, „ich gehe in den Hund-Himmel ein. Folgt mir bald. Denn ich sehe etwas Schwarzes in der ! Zeiten Hintergründe heranschreiten. Es sieht aus wie ein i riesiger Hundefänger, der einen ungeheuren Strick trägt. I Ich fürchte, ich fürchte: Euch wird dieser Strick gedreht . werden." Damit hauchte sie ihre edle Seele aus. Fast I dachte ich im Übermut der Lebensfreude, sie wollte uns i einen Floh ins Ohr setzen. Oh, sie hatte keinen Floh. Es i war Wahrheit, gramvolle Wahrheit, was sie sprach. Wäre » ich nicht so vernünftig, ich glaube, ich schösse mich tot — frei i nach Heine. Es ist hundsgemein, nein, es ist — menschen- 1 gemein. Glaubst Du aber, diese ungerechteste aller Wesen — j» die Menschen — hätten wenigstens alles, was Hund ! heißt, „gesperrt"? Oh, Schnauzer!, nein. Wer die soge- I nannten Schweinehunde und Bluthunde, die ihren