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Hchmßem EmMlckr Tageblatt un-Luzeiger Nr. 21.3 Sonnab nd, den 12. September 1925 2. Beilage M-WWM Bon unserrm Svort-Mitarbeiter Die Herbstkampagne für den Turf Hut be gonnen. Aus der „Wuhlheide" bildete das Haupt-Jagdrennen, das seinen Namen „Steep ler-Derby" niemals mehr verdient hat als dies mal, den Auftakt zu den großen Herbstrennen. Der Ausgang des Steepler-Derbys schien offener denn je. Fast ein jeder der zehn Bewerber konnte seine Moriten geltend machen. Da war „Labra dor", „Messina", „Cardinal", „Dorn 2", endlich „Crzhalunke" und „Wippizzo", der den großen Prüsungspreis von Grunewald gewonnen hatte. Als Favorit ging schließlich „Cardinal 2" an den Start. Aber sein Reiter beging den Fehler, mit seinem Hengste die scharfe Fahrt von Messina mitzugehen, die kurz vor der kritischen Einlauss- ecke zurücksiel. In diesem Augenblick war auch „Cardinal 2" geschlagen, und hatte nichts mehr den Angriffen „Wippizzo" cntgegenzuseßen, der hier mit einem plötzlichen Vorstoß in Front ge worfen wurde und dann sofort sein Rennen sicher hatte. In Hoppegarten triumphierte das Gestüt Mydlinghofen. Im Hauptereignis, das den Namen der rheinischen Zuchtstätter trug, kamen nur drei Pferde heraus: „Olympier", „Eleazar" und „Frohsinn". „Olympier", der sich am Start des Jffzeheimers Fiirstenbergrennens äußerst ungebärdig benommen hatte, blieb diesmal bei guter Laune, da der Ablauf auf Anhieb glückte. Der Weinberger gewann im gewöhnlichsten Handgalopp, während „Eleazar" durchweg den zweiten Platz sicher hatte. Die Ruhlebener Kam pagne ist nun beendet. Das Hauptereignis des vorletzten Tages war der als Vorlaufrennen ausgeschriebene Gloria-Preis, der aber nur auf Herrenreiter zugeschnitten war. Kluck holte sich den ersten Verlauf in guter Manier gegen „Odessa" und „Batschari", während im nächsten Lauf Baron Klatawah seinen Gegnern weit überlegen war. Das Programm des Finales brachte mit dem Ruhlebener Pokal nachmals eine bessere Nummer. Hier lief Sudan mit der mäßi gen Kilömeterzeit von 1:33 sein Rennen aus. Das Bergrennen über den Esel, veran staltet vom Essener Automobilklub, war ein vol ler Erfolg. Von 1l1 abgegebenen Meldungen waren bei der Abnahme 105 Maschinen an wesend, von denen 19 Motorräder und 11 Wagen starteten. Die Strecke ging über 3 Kilo meter. Die schnellste Zeit des Tages fuhr Vremme - Barmen auf Original-Bugatti in 2,09°/> Minuten. Die schnellste Zeit für^Sport- wagen erreichte Volkart-Düsseldorf auf Mer cedes-Kompressor. Die der Tourenwagen Noll- Düsseldors auf Nabag-Bugatti, während Pätzold- Köln an der Spitze der Motorräder auf Jmperia mit und ohne Beiwagen blieb. Zum dritten Male veranstaltete die Bezirks gruppe Algäu im A. D. A. C. aus der wohl schönsten Gebirgsstraße Deutschlands von Hinde lang nach Oberjoch über sieben Kilometer bei durchschnittlich 6 bis 8 Prozent Steigung das O b e r j o ch r e n n e n, das sich recht zahlreicher Beteiligung erfreute. 33 Wagen und 13 Kraft räder stellten sich dem Starter, von denen 33 Wagen und sämtliche Motorräder das Ziel pas sierten. Die schnellste Zeit des Tages fuhr in der 2- Liter-Rennwagen-Klasse mit 6:36,2 Minuten der Münchener Hans Kolb auf dem 8-Zylinder- Bugatti. Das entspricht einem Stundendurch schnitt von 63,7 Kilometer, eine hervorragende Leistung. Die zweitschuellste Zeit und damit die beste Zeit aller Motorräder, erzielte mit 7 Min. der Innsbrucker Edi Linser auf Sunbeam. Die schnellste Zeit aller Sport- und Tourenwagen er reichte D. Maier-Burgrieden auf Steiger mit 7:18,3 Min. In diesen Tagen kam im Autodram in Monza das über 800 Kilometer führende Rennen um den Großen Preis von Italien zum Austrag, das gleichzeitag für die Entscheidung der Weltmeisterschaft für Automobile gewertet werden sollte. Alfa Romeo hatte es verschiede nen günstigen Umständen zuzuschreiben, daß die Siegespalme nicht allzu schwer zu erringen war. Die in der 1'/--Liter-Klasse über 500 Kilo meter »in den Großen Preis von Italien der Kleinwagen gestarteten Bugatti haben ebenfalls einen leichten Sieg über Chiribiri, die vorzeitig aus dem Rennen ausschieden. Die Bugatti, die zu gleicher Zeit die 88 Kilometer des Großen Preises der Zweitliterwagen bestritten, haben ganz hervorragende Zeiten erreicht und stehen an dritter Stelle im Eefamtkiassemenr. Die Jubiläumsveranstaltung des Vereins für Radrennen sand am Montag abend bei ausgezeichnetem Besuch ihren Abschluß. Linart hatte bei dem 70-Kilo meter Lau f des Jubiläumspreises für Steher zuerst Anschluß erreicht. Sawall, Thomas, Feja und Grassin folgten. Schon nach 20 Runden ver mochte Feja an Sawall vorbeizugehen, und des sen Anstrengungen, den zweiten Platz wiederzu- erringen, brachten ihn zum Schwimmen, so daß Grassin mühelos vorüberziehen konnte. Das ganze Rennen gestaltete sich zu einem Zwei kampf Linart—Grassin. Von der 67. Runde be drängte der junge Franzose den führenden Bel gier, und einige Male schien es, als ob ihm seine Anstrengungen gelingen sollten. Das scharfe Tempo, das die beiden Ausländer vorge legt hatten, brachte es mit sich, daß die Bahn rekords von 60 und 70 Kilometer unterboten wurden. Linart, der schon am Vortage den ersten Laus überlegen an sich bringen konnte, wurde Sieger und auch im Gesamtklassement belegte er den verdienten ersten Platz. Grassin, der gleich falls hervorragend fuhr, wurde Zweiter. Auf dem Mannsee sand der deutsch-österrei chische Länderwettkampf der V i n n e n j o l l en tlasse statt. Zu diesem waren von österreichi scher Seite die drei Jollen „Schelm", „Sindbad" und „Husch Husch" gemeldet worden, während von deutschen Booten die aus dem Seglerhaus- Preis als beste Boote hervorgegangenen „Ani- tra"-München, „Piccanniny"-Hamburg und „Libelie"-Berlin startbereit waren. Nach der Punktwertung für den deutsch-österreichischen Länder-Wettkampf ergab sich für „Anitra" die Summe von 235 Punkten gegen 230 Punkte auf „Libelle". Das Hamburger Boot erreichte nur 135, die Ocsterreicher „Schelm" 60, „Sindbad" 20 Belm Eiukauf v. jede», Pfd. Verl, man gratis de» neueste» Band der Resi-Ha usdiicherei! Bertr. u. Grostlager der B. M. LV. Nürnberg: Fritz Jungmann, Glauchau. Kasinostr. 1, Tel. 160 Der Väter Erbe Roman von Otfrid von Hanstein CopvUabi 1824 bu Karl Köhler u. Co.. Verlitt-Acblcnövri 161 (Nachdruck verboten) „Und das ist alles wahr?" ' „Soll ich Ihnen den Bürovorsteher Her dringen?" Kuno lief wieder einmal auf und nieder. „Ich danke Ihnen, Herr Gerstel, wenn mein Vater Sie sprechen will, lasse ich Sie rufen." i „Sehr wohl, Herr Juniorchef." - Kuno war in höchster Erregung. Also so hatte Otto gehandelt? Er hatte dreißigtausend Mark aus eigenem? Wo waren die her? Gegeben hatte sie der Vater'ihm nicht. Sollte er in dem Vierteljahr, als er, wie er von der Universität kam und Vater krank war, ihn vertrat . . .? Nein, nein,.das wollte er ja nicht denken; aber wo hatte er das Geld her? Nun nahm er wirklich seinen Hut und ging zum Vater hinüber. Der alte Kommerzienrat saß grießgrämig bei seiner Zeitung, die ihm nicht im geringsten in teressierte. Er hatte gestern wieder für sich allein eine schwere Sitzung abgehalten, und nun brummte ihm der Schädel. „Na, Bengel, was ist los?" „Papa, die Reisenden sind zurück." i „Na, alles in Butter?" i „Im Gegenteil, Papa, wir sind fertig." „Nanu, Junge, bist du übergeschuappt?" Kuno erzählte und hielt es für gut, alles jo schwarz zu schildern, wie es war. Er wollte keine Verantwortung tragen. Der Alte lief auf und nieder. „Dann sind wir also pleite! Rettungslos alle! Im besten Fall liquidieren und das so schnell als möglich. Jeder Tag kostet Geld bei dem Betrieb. Haha, das ist mir ja recht, mir altem Esel! Warum laß ich den Bengel studie ren und ziehe mir die Schlange am eigenen Busen auf. Dazu also fünfzig Jahre der Arbeit! Dazu sein ganzes Leben geschuftet und gerackert. Her gott im Himmel, das überlebe ich nicht." „Papa, rege dich doch nicht so auf! Vielleicht gibt es noch einen Ausweg." „Da soll sich der Deubel nicht aufregen! Und «inen Ausweg gibt's ? Kennst du ihn, du neun mal Schlauer? Keinen Ausweg gibt's, keinen, «der auch gar keinen." ' „, . „Doch gibt's einen. Höre mich nur an. Aber ich weiß nicht, ob wir ihn wühlen dürfen." „Heraus mit der Sprache. Werde lange fra gen, ob wir dürfen. Warum denn vielleicht nicht?" „Es wäre vielleicht nicht sein, Otto gegen über." „Weiter nichts? Auch noch fein soll ich dem gegenüber sein? Also was hast du für Weisheit?" Da sagte ihm Kuno, was Gerstel ihm vor geschlagen. „Und der Kerl weiß wirklich genau, wie man es macht.'! „Papa, um Gotteswillen, in jedem Falle müs sen wir darauf bestehen bleiben, daß wir über zeugt sind, daß die Sache Gerstels Erfindung ist." Meinetwegen, aber den Teufel werde ich mich genieren. Selbsthilfe ist's. Wiedervergeltung. Er stiehlt mir meine Kundschaft, er eichtet meinen Lebensabend zugrunde, er blamiert mich und unser Werk, und da soll ich Rücksicht nehmen? Höre mal, wie kam er eigentlich überhaupt dazu, das Patent für sich zu kaufen? Wem hat es Henderson angeboren? Den Gerlingwerken oder ihm? Wie konnte er so ohne weiteres von der mir zustchenden Option Gebrauch machen? Wenn ich ihn verklage, muß er mir's heransgeben! Ganz natürlich! Aber so ist cs viel besser! Hei, wird der Augen machen, wenn wir den Kitt genau so fabrizieren wie er! Und ohne sein lang weiliges Patent! Natürlich, Junge, laß den Kerl, den Gerstel, kommen. Aber du, halt, da stecken ja noch die Konkurrenzmänner dahinter mit dem Geld." Nun sagte ihm Kuno auch, was er darüber mußte. „Also auch das noch! Auf meinen Namen hat er gepumpt! Und mir dreißigtausend Mark, die er mir, na. sagen wir, die er sich Nebenver dienst gemacht hat, denn gegeben habe ich sie ihm nicht, fängt er an. Du, da fürchte ich auch einen Prozeß nicht. Aber so ist's besser. So ist's viel besser. Der Bursche wird sich hüten, mich zu verklagen. Nun haben wir ihn an der Strippe." Ordentlich vergnügt war der Alte und wollte sofort in die Fabrik. „Nein, Papa, nichts übereilen. Der Gerstel braucht nicht zu wissen, wie wir uns freuen. Der braucht kein Oberwasser zu bekommen." „Du Kuno, geh' mal heute mittag auf die Bank und laß hunderttausend Mark auf Ottos Namen jchreidcn. Wir wollen ganz vornehm sein. Wir kansen's ihm ab, ohne daß er etwas weiß. Dan» können wir erst recht sagen, daß er selbstverständlich nur für uns gekauft hat. Krie gen tut er's ja vorläufig nicht, aber es ist besser so." „Das ist ein vorzüglicher Gedanke, Papa." „And bestelle den Gerstel zu vier Uhr hier herüber. Was geschehen soll, muß bald geschehen und ehe es zu spät ist." Am Nachmittag fand ein große Besprechung zwischen den drei Herren statt, und alles wurde abgemacht. Ein regelrechter Kaufvertrag kam zustande, nach welchem die Gerlingwerke das Eerstelsche Verfahren kauften, dieser erhielt fünf tausend Mark Anzahlung, das hatte der Kom merzienrat selbst vorgeschlagen, damit er Lust und Liebe zur Sache hatte, er wurde Oberinge nieur, und es wurde ihm die ganze Schmelzcrei unterstellt. Alle Beamten und Arbeiter wurden zu stren gem Stillschweigen verpslichtet, und zwei alte Ingenieure, die ein bedenkliches Gesicht machten und den Plan durchschauten, mit ihrem Gehalt pensioniert. Gustav Gerstel hatte seinen Zweck erreicht und ging eifrig an das Werk. Einige Tage später kam ein Schreiben aus Lehrte, und der Kommerzienrat erkannte Ottos Handschrift. „Lieber Vater! Zu meinem lebhaften Bedauern habe ich Deine Inserate und Dein Rundschreiben gelesen. Du hast wohl eingesehen, daß ich damals recht hatte. Ich bitte Dich, laß Dich nicht zu weiteren Unbesonnenheiten Hinreißen. Du weißt, daß Du mir nur schreiben brauchst, wenn Du mich sprechen willst." Der Kommerzienrat war außer sich. „So eine Frechheit! Nun soll ich ihm gar schreiben! Ich glaube, daß es ihm nicht recht war, wie er mein Rundschreiben sah. Und was will er jetzt von mir? Geht ihm trotz der vielen Bestellungen die Puste aus, weil ich ihm meinen Kredit abgeschnitten habe durch meine Veröffent lichung? Soll ich ihm vielleicht noch Betriebs kapital hinsenden, weil er mich ruiniert hat? Warte nur, Jungchen, bald sind die paar Mo nate herum und dann kommt das Gerlingmetall! Dir werden wir schon die Flötentöne beibringen." Auf allen Abteilungen der ausgedehnten Werke wurde mit Hochdruck gearbeitet. Die Zeich ner entwarfen neue, geschmackvolle Wu^er. Man hatte sich verschiedene Gegenstände aus Kunstsil- bcr verschafft, und schon waren die erste Modelle fertig. Man setzte beide Fabrikate allen möglichen Proben aus. Kein Zweifel, Gerstel hatte nicht zu wenig versprochen. Beide waren einander völlig ebenbürtig, wenn es nicht einfach dasselbe war, und dabei konnte selbst ein geübtes Auge sie äußerlich von echtem Silber nicht unter scheiden. Alle Angestellten, die durch den flauen Ge schäftsgang der letzten Atonale schon kopfhänge risch waren, atmeten neu auf. Niemand zerbrach sich den Kopf darüber, wie so aus dem unbedeutenden Ingenieur Gerstel mit einem Male ein großer Erfinder geworden war. Alles arbeitete wieder mit Lust und Liebe, und der alte Kommerzienrat war wieder den ganzen Tag mit in der Fabrik und er sehnte den Tag, an dem er die Reisenden hinaussenden und den großen Schlag gegen die Kunstsilberwerke führen konnte. Nur Kuno, der weiter sah als sein Vater sühlte manchmal etwas wie Herzklopfen, wenn er an das dachte, was die Zukunft bringen sollte. (Fortsetzung folgt) U M MWU erhalten Sie m größter Auswahl bei piano > Schmidt, gm/SA'-.»